T 0616/05 () of 1.8.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T061605.20060801
Datum der Entscheidung: 01 August 2006
Aktenzeichen: T 0616/05
Anmeldenummer: 99920444.9
IPC-Klasse: G09F 15/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Präsentationsvorrichtung
Name des Anmelders: BS-Ausstellungstechnik GmbH
Name des Einsprechenden: EXPO Display Service Handelsgesellschaft mbH
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 68(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 10
Schlagwörter: Ausreichende Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung (verneint)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 1 078 349 gemäß Artikel 102 (2) EPÜ.

Folgende Dokumente wurden in der Entscheidung der Einspruchsabteilung berücksichtigt:

D1 = DE 93 01 769 U

D2 = FR 2 754 929 A

Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat mit der Beschwerdeschrift das Erkenntnis des Obersten Patent- und Markensenates von Österreich als Anlage B7 eingereicht, welches am 12. Januar 2005 über das parallele österreichische Gebrauchsmuster AT 2755 U (= B2) ergangen ist.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents lautet:

"Präsentationsvorrichtung (1) mit einem Sockel (5), mit zu einem Ständer-Stab zusammensteckbaren bzw. zusammengesteckten flexiblen Einzelstäben (3) für einen mit den Sockel (5) über eine Steckverbindung verbindbaren bzw. verbundenen flexiblen Ständer (2) und mit einer Halteeinrichtung für einen Präsentationsträger (6), z.B. ein Plakat, eine Folie oder dergl., zu dessen Verbindung mit dem Sockel (5) und dem Ständer (2), dadurch gekennzeichnet, dass zumindest zwei Querstreben (4) vorgesehen sind, die mit den Einzelstäben (3) von zwei Ständer-Stäben zur Erzielung einer Doppel-H-Struktur zusammensteckbar bzw. zusammengesteckt sind."

Die Ansprüche 2 bis 17 sind vom Anspruch 1 abhängig.

III. Der Einspruch gegen das Patent in vollem Umfang berief sich auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ, und zwar darauf, dass die beanspruchte Präsentationsvorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe.

In der Beschwerde hingegen richtet er sich nur gegen die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang der Ansprüche 1 bis 3.

IV. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 aus folgenden Gründen erfinderisch sei:

- Dokument D2 stelle, wie von der Patentinhaberin vorgetragen, den nächstliegenden Stand der Technik dar. Die Präsentationsvorrichtung gemäß dem erteilten Anspruch 1 unterscheide sich von der Vorrichtung dieses Dokuments D2 dadurch, dass (i) zwei Ständerstäbe und (ii) zumindest zwei Querstreben vorhanden seien und (iii) dass die Querstreben mit den Einzelstäben der Ständerstäbe zusammensteckbar seien.

- Das Merkmal (i) sei durch Dokument D1 nahegelegt, da dieses Dokument eine Präsentationsvorrichtung mit zwei Ständerstäben, die mit einer einzigen Querverbindung verbunden seien, offenbare. Die Merkmale (ii) und (iii) seien jedoch nicht durch D1 nahegelegt, da die in diesem Dokument offenbarte Querverbindung als Abstandshalter und nicht als Versteifungselement verwendet sei.

Die beanstandete Entscheidung enthält keine Begründung weshalb Dokument D1, wie von der Einsprechenden vorgetragen, als nächstliegender Stand der Technik nicht in Frage komme.

V. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragte die Beschwerdeführerin und Einsprechende die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents im Umfang der Ansprüche 1 bis 3.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise, das Patent aufrechtzuerhalten im Umfang der Patentansprüche gemäß dem am 27. Juni 2006 eingereichten Hilfsantrag.

VI. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin und Einsprechende folgendes aus:

- Die Einspruchsabteilung habe das allgemeine Fachwissen nicht berücksichtigt, insbesondere die Tatsache, dass mehrere Querstreben eine höhere Versteifung bewirkten als eine einzige. Aus diesem Grund benötige der Fachmann kein Dokument, das eine Mehrzahl von Querstreben lehre, da dies nichts anderes als eine "handwerkliche Vervielfachung" sei. Die Verdoppelung von Maßnahmen für ihren bestimmungsgemäßen Zweck sei stets allgemein bekannt und könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Ferner versteife die im Dokument D1 offenbarte Querverbindung, allein durch ihr Vorhandensein, die Struktur. Dies widerspreche in keiner Weise ihrer Abstandhaltefunktion.

- Die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 beanspruchten Maßnahmen beträfen zwei gesonderte, voneinander unabhängige Teilaufgaben, nämlich

i) Zerlegbarkeit in einen kompakten zerlegten Zustand, und

i) Festigkeit im zusammengebauten Zustand.

Diese Teilaufgaben stellten widersprechende technische Anforderungen und seien durch gesonderte Maßnahmen erfüllt, nämlich (i) Zusammensteckbarkeit gemäß Dokument D2 und (ii) eine weitere Querstrebe gemäß dem allgemeinen Fachwissen.

- Im Gegensatz zu der von der Einspruchsabteilung dargelegten Meinung sei Dokument D1 der nächstliegende Stand der Technik, von dem aus die erfinderische Tätigkeit zu beurteilen sei. Die Präsentationsvorrichtung gemäß Anspruch 1 sei eine triviale Kombination der Dokumente D1 und D2 und des allgemeinen Fachwissens.

- Die im Dokument D1 offenbarte Querverbindung 3 sei auf die Stäbe 2 aufgesteckt (vgl. Figur 5). Insbesondere sei ein Zusammenstecken nichts anderes als ein Verbinden. Aus diesem Grund sei das Merkmal einer Zusammensteckbarkeit der Querverbindungen durch das Dokument D1 offenbart. Die in diesem Dokument dargestellten Stellringe 18 entsprächen einer Steckverbindung mittels T-Stücken, wobei die Gewindestifte 20 das Mittelstück des T-Stücks seien. Ferner seien T-Verbindungstücke auch aus D2 bekannt.

- Der im Dokument D1 verwendete Präsentationsträger müsse nicht zwangsläufig aus festem Material sein, da dieses Merkmal erst im Anspruch 7 dieses Dokuments vorkomme. Aus diesem Grund beinhalte der Offenbarungsgehalt der D1 auch Präsentationsträger, die nicht aus festem Material bestünden (z.B. Fotos) und die deshalb nicht zu einer Versteifung der Struktur beitragen könnten.

- Das im Dokument D2 offenbarte elastische Seil, das sich im Inneren der Ständerstäbe befinde, sei vollkommen irrelevant und erfülle keine Aufgabe außer dem Zusammenhalt der Einzelstäbe. Sein Weglassen sei daher für den Fachmann naheliegend.

- Der Oberste Patent- und Markensenat habe in seinem Erkenntnis die Ansprüche 1 und 3 des österreichischen Gebrauchsmusters B2 endgültig für nichtig erklärt. Die Ansprüche 1 und 3 entsprächen, abgesehen von einer Umgruppierung der Merkmale, den Gegenständen der Ansprüche 1 und 3 des vorliegenden Patents. Diese Gegenstände seien deshalb nicht einmal für gebrauchsmusterwürdig angesehen worden. Es sei allgemein bekannt, dass für den Gebrauchsmusterschutz lediglich das Vorliegen eines erfinderischen Schrittes gefordert sei, der dogmatisch geringer sei als jene erfinderische Tätigkeit, welche für Patente nach dem EPÜ und den harmonisierten Patentrechten verlangt werde. Anspruch 1 des Streitpatents sei mit dem dem Obersten Patent- und Markensenat vorgelegten Anspruch 1 in der Sache identisch, da beide Ansprüche ein Zusammenstecken der Querstreben mit den Ständerstäben forderten.

VII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin folgendes aus:

- Der Präsentationsvorrichtung gemäß Streitpatent liege ein "Stecksystem" zugrunde, bei dem der flexible Ständer aus Einzelelementen, nämlich den Einzelstäben der zwei Ständerstäbe sowie der Querstreben, zusammengesteckt werde. Aufgrund dieses "Stecksystems" sei es möglich, die Vorrichtung einerseits in zerlegtem Zustand in einer kompakten, kleinen Verpackung unterzubringen, andererseits sie mit wenigen Handgriffen und ohne Zuhilfenahme von Werkzeugen aufzubauen bzw. zu demontieren. Nichtsdestoweniger werde im zusammengebauten Zustand eine hohe Stabilität und Standfestigkeit erzielt. Dabei sei die angestrebte Stabilität des Ständers von besonderer Bedeutung, wenn flexible Präsentations träger verwendet würden, da ein solcher flexibler Präsentationsträger glatt gespannt gehalten werden könne, wenn die Ständerstruktur eine entsprechend hohe Verwindungsfestigkeit aufweise.

- Die Vorrichtungen gemäß Dokument D1 oder D2 würden keine ausreichende Verwindungsfestigkeit aufweisen. Insbesondere werde in der D1 auf die Verwendung eines Präsentationsträgers aus festen Material hingewiesen (wie z.B. Kapablock, Aluminium oder Holz), um eine glatte Präsentationsfläche zu ermöglichen.

- Gemäß Streitpatent sei, im Unterschied zur D1, als ganz wesentliches Element noch mindestens eine weitere Querstrebe vorgesehen, wobei diese weitere Querstrebe ebenfalls über eine Steckverbindung mit den Einzelstäben verbunden werde. Diese Maßnahme sei keineswegs eine einfache Vervielfachung, sondern führe zu einem geänderten Konstruktionsprinzip, bei dem in die Ständerstruktur ein rechteckiger Versteifungsrahmen eingebaut werde. Ein derartiger Rahmen im Ständer führe zu einer wesentlich erhöhten Versteifung der ganzen Struktur.

- Das im Dokument D2 eingesetzte elastische Seil sei keineswegs ein irrelevantes Merkmal, welches der Fachmann ignorieren könne, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Vorrichtung, der eine ausreichende Versteifung derselben ermögliche.

- Die Präsentationsvorrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents erlaube Präsentationsträger verschiedener Größen zu verwenden, da die Spannweite der Ständerstäbe leicht durch ein Entfernen oder Hinzufügen eines Einzelstabes veränderbar sei. Die bekannten Vorrichtungen seien in dieser Hinsicht unflexibel und unveränderlich.

- Es sei ferner unrichtig, dass Anspruch 1 des österreichischen Gebrauchsmusters B2, abgesehen von einer Umgruppierung der Merkmale, dem Anspruch 1 des Streitpatents entspreche. Dies zeige ein Vergleich der auf Seite 4 des Erkenntnisses B7 wiedergegebene Wortlaut des Anspruchs 1 der B2 mit dem Anspruch 1 des Streitpatents. Im Anspruch 1 der B2 werde nur angeführt, dass "der Ständer (2) ... sowie zumindest zwei Querstreben (4) zu einer Erzielung einer Doppel-H-Struktur des Ständers (2) aufweist". Im Gegensatz dazu sei im Anspruch 1 des Streitpatents angeführt, dass "die zumindest zwei Querstreben 4 ... mit den Einzelstäben zusammensteckbar bzw. zusammengesteckt sind" (Unterstreichung hinzugefügt). Der Oberste Patent- und Markensenat habe in dem betreffenden Erkenntnis dargelegt, dass die ursprüngliche Formulierung des Anspruchs 1 der B2 nicht alle zur Lösung der gestellten Aufgabe notwendigen Merkmale enthalte, da auch eine Schraubverbindung der Querstrebe, wie aus D1 bekannt, möglich sei. Dies erfordere jedoch ein Werkzeug für die Montage bzw. Demontage.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Verfahrensfragen

Die Einsprechende und jetzige Beschwerdeführerin ging in ihrer Argumentation über das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit im Einspruchsverfahren von Dokument D1 als nächstliegendem Stand der Technik aus (s. Seite 6 der Einspruchsbegründung vom 3. September 2002). Im Gegensatz hierzu ging die Patentinhaberin und jetzige Beschwerdegegnerin von Dokument D2 aus. Die Ansicht der Patentinhaberin wurde von der Einspruchsabteilung in der beanstandeten Entscheidung ohne weitere Begründung übernommen. Deshalb enthält die angefochtene Entscheidung keine Auseinandersetzung mit den Argumenten der Einsprechenden, weshalb die beanspruchte Präsentationsvorrichtung eine erfinderische Tätigkeit auch hinsichtlich der D1 beinhaltet (s. Punkt 4 der Begründung). Da der Einspruch von der Einspruchsabteilung gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen wurde, hätte eine solche Auseinander setzung mit der Argumentation der unterlegenen Partei stattfinden müssen. Das Fehlen derselben lässt Zweifel aufkommen, ob die Argumente der Einsprechenden ausreichend berücksichtigt worden sind. In jedem Fall stellt das Fehlen einer solchen Auseinandersetzung einen Begründungsmangel der Entscheidung dar, der gegen Regel 68 (2) EPÜ verstößt.

Obwohl dieser Mangel eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz nahelegt, hat die Kammer im vorliegenden Fall davon abgesehen, da eine anhängige Verletzungsklage in Österreich, bis zur Entscheidung in der vorliegenden Sache ausgesetzt worden ist. (Artikel 10 VOBK).

3. Gegenstand des Streitpatents

Das vorliegende Patent betrifft eine Präsentations vorrichtung, die zum Vorführen von Plakaten, Werbematerialien, Graphiken, Fotografien, usw. verwendet werden kann, wobei ein Träger 6 zwischen dem Sockel 5 und dem oberen Ende 9 des Ständers unter Spannung gehalten wird. Der flexible Ständer 2 wird unter Ausnutzung seiner Elastizität gebogen, um den Präsentationsträger 6 zu spannen. Die Ständerstäbe 2 sind aus mehreren Einzelstäben 3 gebildet und durch mindestens zwei Querstreben 4 miteinander so verbunden, so dass eine Doppel-H-Struktur entsteht. Die Einzelstäbe 3 sowie die Querstreben 4 sind über Steckverbindungen miteinander lösbar verbindbar (vgl. [0002], [0026], [0028] und Figur 1 und 2 des Streitpatents).

Streitpatent

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

4. Stand der Technik

4.1 Dokument D1 offenbart eine Präsentationsvorrichtung für einen Präsentationsträger 6, die insbesondere für Plakate, Schriftstücke, Fotografien oder als Projektionsfläche geeignet ist. Zwei an einem Sockel 4, 5 befestigte Stangen 1 werden durch jeweils ein Seil 2 gekrümmt, so dass sich der aus einem festen Material (z.B. Kapablock, Aluminium, Holz, etc.) bestehende Präsentationsträger 6 an den Seilen 2 befestigen lässt. Die Stangen 1 sind durch eine Querverbindung 3 auf Abstand gehalten, wobei die Querverbindung 3 mittels Schraubverbindungen an den Stangen 1 befestigt wird. Die Schraubverbindung wird durch die an den Stangen 1 befestigten Stellringe 18, die Gewindestifte 20 und die Hutmuttern 21 ermöglicht. Der Präsentationsträger 6, bzw. die ihn haltenden U-Profile, sowie die Querverbindung 3 halten einen gleichmäßigen Abstand zwischen den Seilen bzw. Stangen und erhöhen die Stabilität der Struktur (vgl. Seiten 1 und 2; Figur 1 und 5).

D1

4.2 Die in Dokument D2 offenbarte Präsentationsvorrichtung besteht aus einem aus mehreren Einzelstäben 23-25 gebildeten Ständer 22, der durch ein T-Verbindungsstück 8' mit einem als Sockel dienenden Rahmen 11 verbunden ist. Der Ständer 22 wird durch eine schräg anliegende Stütze 29 an dem hinteren Teil des Rahmens 11 abgestützt. Der Präsentationsträger 2 wird zwischen das obere und untere Ende des Ständers montiert, so dass dieser hierdurch gekrümmt wird und den Träger spannt. Ein elastisches Seil 30, das im Inneren der Einzelstäbe 23-25 und der Stütze 29 verläuft, verbindet das obere Ende des Ständers mit dem auf dem Rahmen liegenden Ende der Stütze 29, so dass das Seil sich im zusammengebauten Zustand unter Spannung befindet (vgl. Seite 1, Zeilen 15 bis 33; Seite 2, Zeile 24 bis Seite 3, Zeile 2; Seite 3, Zeilen 19 bis 22; Seite 5, Zeilen 18 bis 35; Figur 1).

D2

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

5. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1 Wie schon unter Punkt 2 angesprochen, wird als nächstliegender Stand der Technik von der Beschwerdeführerin und Einsprechenden Dokument D1, von der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin dagegen Dokument D2 betrachtet. Da die Beschwerde im vorliegenden Fall zurückgewiesen wird, ist ein besonderes Augenmerk auf die Argumentationslinie der unterlegenen Partei, d.h. der Beschwerdeführerin, zu richten. Ob das Patent auch gegenüber Dokument D2 als nächstliegender Stand der Technik Bestand hat, wie von der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin vorgebracht, ist eher zweitrangig, da die Kammer sich im Besonderem mit den Argumenten der unterlegenen Partei auseinanderzusetzen hat. Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin eine Position vertreten würde, die gegen ihren ausdrücklichen Antrag, nämlich das Patent aufrechtzuerhalten, spricht.

5.2 Dokument D1 offenbart eine (Darstellung unter Verwendung des Wortlauts des Anspruchs 1 des Streitpatents, wobei die entsprechenden Bezugszeichen der D1 eingefügt wurden) (vgl. D1, Figur 1):

Präsentationsvorrichtung mit einem Sockel (4, 5), mit zwei Ständerstäben (1) für einen mit dem Sockel (4, 5) über eine Steckverbindung verbindbaren bzw. verbundenen flexiblen Ständer und mit einer Halteeinrichtung (2) für einen Präsentationsträger (6) zu dessen Verbindung mit dem Sockel (4, 5) und dem Ständer, wobei eine Querstrebe (3) vorgesehen ist, die mit den Stäben (1) verbunden ist.

5.3 Die Kammer kann dem Argument der Beschwerdeführerin und Einsprechenden nicht folgen, dass Dokument D1 auch ein Zusammenstecken der Querstreben mit den Ständerstäben offenbare. Es ist eindeutig, dass D1 eine Schraubverbindung und keine Steckverbindung zwischen den Ständerstäben und der Querstrebe vorsieht, da die Querstrebe 3 zwar auf den Gewindestift 20 gesteckt, aber erst durch Anziehen der Hutmutter 21 mit dem Ständerstab 2 verbunden wird (vgl. Figur 5). Wesentlich für eine Schraubverbindung bzw. Steckverbindung ist es, dass die jeweilige Maßnahme erst die Verbindung herstellt, d.h. im ersten Fall das Schrauben, im zweiten das Stecken. Ein anderes Verständnis dieser Bezeichnungen ist ausgeschlossen und kann mit objektiven Tatsachen nicht begründet werden.

5.4 Die Präsentationsvorrichtung gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich deshalb von dieser bekannten Vorrichtung dadurch:

a) dass die Ständerstäbe aus zusammensteckbaren Einzelstäben bestehen;

b) dass zumindest zwei Querstreben vorgesehen sind; und dass

c) die Querstreben mit den Einzelstäben zusammensteckbar sind.

5.5 Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat geltend gemacht, dass hiermit zwei verschiedene Teilaufgaben gelöst seien, nämlich einerseits die Zerlegbarkeit der Vorrichtung zu ermöglichen und andererseits die Festigkeit derselben im zusammengebauten Zustand zu erhöhen. Diese Aufgaben seien durch getrennte Maßnahmen gelöst, nämlich einerseits durch eine Zusammensteckbarkeit der Bestandteile gemäß Dokument D2 und andererseits durch das Hinzufügen einer zweiten Querstrebe gemäß dem allgemeinen Fachwissen.

5.6 Dokument D2 offenbart, wie der Oberste Patent- und Markensenat von Österreich zutreffend bemerkt hat (vgl. B7, Seite 8, Mitte 2. Absatz), zwar eine zusammenklappbare jedoch keine zerlegbare Präsentationsvorrichtung, da der aus Einzelstäben bestehende Ständerstab 22 durch ein im Innern geführtes elastisches Seil 30 unter Spannung zusammengehalten wird (vgl. z.B. D2, Seite 5, Zeilen 19 bis 35). Dieses in der Lehre der D2 mehrmals als wesentliches Merkmal dargestellte Seil verhindert jedoch ein Trennen der Einzelstäbe voneinander. Ein Trennen derselben ist jedoch erforderlich wenn, wie von der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin geltend gemacht, die Zahl der Einzelstäbe verändert werden muss, um die Spannweite der Ständerstäbe an eine unterschiedliche Länge des Präsentationsträgers anzupassen. Diese Längenanpassung ist weder mit der Vorrichtung der D1 noch derjenigen der D2 möglich, es sei denn man hat für die Vorrichtung der D1 eine Vielzahl von einheitlichen Ständerstäben verschiedener Längen vorrätig. Wie in B7 angeführt, begründet schon das Weglassen eines nach der Lehre der Entgegenhaltung notwendigen Elements einen erfinderischen Schritt (vgl. Seite 8, vorletzter Satz).

5.7 Ferner ist die Kammer nicht überzeugt, dass, wie von der Beschwerdeführerin und Einsprechenden behauptet, das Anbringen einer zweiten Querstrebe naheliegend sei, da nicht pauschal davon ausgegangen werden kann, dass eine Verdoppelung einer Maßnahme zwangsläufig naheliegend ist. Es ist vielmehr auf ein Zusammenwirken aller Merkmale der beanspruchten Erfindung zu achten, wobei das Aufteilen der Erfindungsaufgabe in verschiedene Teilaufgaben, die durch einzelne Merkmale unabhängig voneinander gelöst werden, nicht den Blick auf den insgesamt erreichten Beitrag der Erfindung verstellen darf. Im vorliegenden Fall ist nicht nur eine Verdoppelung der Ständerstäbe und der Querstreben beansprucht, sondern zusätzlich das Zusammenfügen der Querstreben mit den Ständerstäben durch Steckverbindungen. Alle beanspruchten Merkmale tragen dazu bei, eine Struktur festzulegen, die mehrere Vorteile gegenüber den aus dem Stand der Technik bekannten Strukturen aufweist.

5.8 Die Kammer ist auch nicht überzeugt, dass, wie von der Beschwerdeführerin und Einsprechenden vorgetragen, die Präsentationsvorrichtung gemäß D1 für Präsentationsträger, die nicht aus einem festem Material bestehen, geeignet ist. Obwohl Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung die Natur des Präsentationsträgers nicht vorschreibt und dies erst im Anspruch 7 geschieht, bedeutet dies nicht, dass der Offenbarungsgehalt der D1 auch flexible Präsentationsträger umfasst. Es besteht ein Unterschied zwischen dem Offenbarungsgehalt einer Entgegenhaltung und dem Schutzbereich eines Anspruchs, wobei für die Beurteilung, ob eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, die Offenbarung der Entgegenhaltung und nicht der Schutzumfang eines möglicherweise vorhandenen Anspruchs maßgeblich ist. Im Fall des Dokuments D1 ist der Präsentationsträger regelmäßig und konsequent als aus festem Material bestehend dargestellt, wie z.B. aus der Befestigungsanleitung desselben an die Seile hervorgeht (vgl. Seite 3). Die Befestigung eines nicht festen Präsentationsträgers ist im Dokument D1 nicht offenbart, und der Fachmann müsste deshalb aktiv werden, um diese weitere Aufgabe zu lösen (z.B. durch Anbringen entsprechender Halteklammern). Es wird ferner in der D1 ausdrücklich offenbart, dass der Präsentationsträger zusammen mit der Querverbindung für eine ausreichende Stabilität der Struktur sorgt (s. Seite 1, 3. Absatz). Diese stabilisierende Rolle kann von einem flexiblen Präsentationsträger nicht übernommen werden.

5.9 Wie von der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin zutreffend vorgetragen, bestand somit die Notwendigkeit für eine Vorrichtung, die, zusätzlich zu einer einfachen Montage/Demontage und einer Zerlegbarkeit derselben, auch die Möglichkeit anbietet, flexible Präsentationsträger so anzubringen, dass diese nicht gewellt oder schief dargeboten werden. Diese Aufgabe wird durch keine der aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtungen gelöst, da zu diesem Zweck in der D1 ein fester Präsentationsträger erforderlich ist und das Dokument D2 diese Aufgabe nicht berücksichtigt. Der weitere Aspekt der erfindungsgemäßen Präsentationsvorrichtung, auch für unterschiedlich lange Präsentationsträger anpassbar zu sein, eine Aufgabe die keine der bekannten Vorrichtung löst, begründet ferner das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit, bei der das Zusammenwirken aller Merkmale der Vorrichtung zum Tragen kommt.

5.10 Die Kammer sieht auch keinen Widerspruch zwischen der Zurückweisung der Beschwerde (d.h. das Anerkennen einer erfinderischen Tätigkeit bei der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents) und dem Umstand, dass der Oberste Patent- und Markensenat den Anspruch 1 der B2 für nichtig erklärt hat, da wie von der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin zutreffend vorgetragen, eine unterschiedliche Sachlage vorliegt. Wie auf Seite 4 der B7 zu lesen ist, betrifft der Anspruch 1 der B2 eine Präsentationsvorrichtung, in der die Querstreben die Stäbe lediglich verbinden. Die aus Dokument D1 bekannte Querstrebe 3 verbindet auch die Ständerstäbe, jedoch in diesem Fall mit einer Schraubverbindung. Der Oberste Patent- und Markensenat erachtete, dass durch das Fehlen des Merkmals einer Steckverbindung zwischen den Querstreben und den Einzelstäben die gestellte Aufgabe der einfachen Montage/Demontage der Struktur ohne Zuhilfenahme von Werkzeuge nicht gelöst werde (vgl. B7, Seite 7, 2. Absatz). Gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ist es jedoch erforderlich, dass die Querstreben mit den Einzelstäben zusammensteckbar bzw. zusammengesteckt sind. Die vom Obersten Patent- und Markensenat erhobenen Bedenken bestehen deshalb im vorliegenden Fall nicht.

6. Die Kammer kommt aus den oben genannten Gründen zu dem Schluss, dass die Präsentationsvorrichtung gemäß Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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