European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T049505.20070305 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 März 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0495/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98811061.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 47/08 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Integral geformter Kunststoffverschluss | ||||||||
Name des Anmelders: | SOPLAR SA | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Seaquist Löffler Kunststoffwerke GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Stützung des geänderten Anspruchs durch die Beschreibung (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 933 304 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Im Einspruchsverfahren wurden die Entgegenhaltungen
D1: US-A-3 135 456
D3: EP-A-0 056 469
D4: EP-A-0 812 287 und
D5: EP-A-0 640 167
berücksichtigt.
Nach der angefochtenen Entscheidung sind die Kunststoffverschlüsse nach den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 2 in der erteilten Fassung gegenüber D3 nicht neu; gleiches gelte auch bezüglich der Entgegenhaltungen D1, D4 und D5.
II. Dem Beschwerdeverfahren liegen die folgenden Anträge zugrunde:
Die Beschwerdeführerin beantragte Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der am 22. Juni 2005 eingereichten Ansprüche 1 bis 9.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
III. Der mit der Beschwerdebegründung eingereichte Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Integral geformter Kunststoffverschluss bestehend aus einem Unterteil (1) und einer damit über ein eine Schnappwirkung erzeugendes Scharnier (3) verbundenen Kappe (2), wobei die Kappe (2) und das Unterteil (1) gekrümmte, vorzugsweise kreis- oder ovalzylindrisch geformte, im geschlossenen Zustand zumindest im Scharnierbereich fluchtend übereinanderstehende Mantelwände (10,20) aufweisen, und das Scharnier (3) aus einem durchgehenden einstückigen beweglichen Teil (4) besteht, das über eine durchgehende Dünnstelle oder Filmscharnier (7) mit dem Unterteil (1) und über eine zweite Dünnstelle oder Filmscharnier (6) mit der Kappe (2) verbunden ist, wobei beide Dünnstellen oder Filmscharniere (6,7) gemeinsam einen solchen Verlauf aufweisen, dass die das Teil begrenzenden Dünnstellen in der Scharniermitte
(44) einander am nächsten, von dort aus relativ zueinander voneinander weg verlaufen, wobei das bewegliche Teil von den beiden Filmscharnieren (6,7) und zwei frei beweglichen Rändern (5) begrenzt ist, dadurch gekennzeichnet, dass über das bewegliche Teil (4) von einem Rand (5) zum anderen Rand (5) sich eine Auswölbung (43) erstreckt, wobei zwischen der Auswölbung (43) und den Filmscharnieren (6,7) äussere flügelartige Bereiche (45) ohne zugelastische Dehnbarkeit verbleiben, während die Auswölbung des beweglichen Teils im zentrischen Bereich (41) als stauchbare Druckfeder und in den seitlichen Bereichen (42) als längenveränderbare Zugfeder gestaltet ist, wobei dies dadurch realisiert ist, dass die Auswölbung in Bezug auf ihre Ueberhöhung und/oder Weite vom Zentrum (44) des beweglichen Teiles zu den Seitenrändern hin zunimmt."
IV. Das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für die vorliegende Entscheidung wesentlich ist, wie folgt zusammenfassen:
a) In dem geänderten Anspruch 1 seien die Funktionen des Kunststoffverschlusses in Zusammenhang mit der körperlichen Ausgestaltung dieses Verschlusses dargelegt, damit der Gegenstand dieses Anspruchs unabhängig von etwaigen Interpretationen des Anspruchs neu gegenüber D1 sei.
b) Dazu werde im letzten Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 dargelegt, dass sich die Auswölbung über den beweglichen Teil hinweg erstreckt, um zu verdeutlichen, dass der eigentliche bewegliche Teil in seiner Gestaltung erhalten bleibe.
c) In dem Anspruch 1 sei auch das Merkmal des Anspruchs 2 der erteilten Fassung aufgenommen worden, nach dem "die Auswölbung in Bezug auf ihre Ueberhöhung und/oder Weite vom Zentrum (44) des beweglichen Teiles zu den Seitenrändern hin zunimmt.". Damit ergebe sich auch, dass dieses Merkmal, wie alle übrigen Merkmale des geänderten Anspruchs 1, in der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung offenbart sei.
V. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Es sei bereits im Einspruchsverfahren auf eine mögliche Auslegung der Begriffe "Auswölbung", "Ueberhöhung" und "Weite" des in den geänderten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmals des Anspruchs 2 in der erteilten Fassung eingegangen worden.
b) Nachdem dieses Merkmal im nunmehr geänderten Anspruch 1, aufgrund der zu einer neuen Merkmalskombination führenden Anspruchsänderung, darauf geprüft werden müsse, ob es zu einem geänderten Anspruch 1 führe, der die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfülle sei festzustellen, dass dieses Merkmal im Widerspruch zu den Figuren 5 bis 8 und dem zugehörigen Teil der Beschreibung stehe.
c) Damit läge dem Beschwerdeverfahren kein Anspruch 1 zugrunde, dessen Patentfähigkeit zu prüfen sei.
VI. In einer auf den 22. Dezember 2006 datierten Mitteilung zur Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung zunächst die Zulässigkeit der Anspruchsänderungen des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Erfordernisse der Artikel 84 und 123 EPÜ zu prüfen sein werde. Dabei war insbesonders auch auf das letzte kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 Bezug genommen worden, betreffend das nach der vorläufigen Auffassung der Kammer zu prüfen sei, ob es, wie von der Beschwerdegegnerin angesprochen, im Widerspruch zu den Figuren 6 - 8 stehe und der Beschreibung.
VII. Die mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren fand am 5. März 2007 statt. Wie seitens der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. Februar 2007 angekündigt, fand die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensverlauf
Die mündliche Verhandlung wurde übereinstimmend mit Regel 71 (2) EPÜ ohne die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin durchgeführt, die ihre Nichtteilnahme vorab angekündigt hatte. Der Entscheidung liegt ausschließlich ein Sachverhalt zugrunde, der in der Einspruchserwiderung sowie der Mitteilung der Kammer zur Ladung bereits angesprochen worden ist. Die Beschwerdeführerin hatte folglich die Möglichkeit sich hierzu zu äußern, so dass das Erfordernis der Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Artikel 113 (1) EPÜ eingehalten worden ist.
2. Anspruchsänderungen
Dem Beschwerdeverfahren liegt ein mit der Beschwerdebegründung eingereichter geänderter Anspruch 1 zugrunde, durch den die nebengeordneten erteilten Ansprüche 1 und 2 ersetzt werden. An den geänderten Anspruch 1 schließen sich die erteilten Ansprüche 3 - 10 mit geänderter Nummerierung als Ansprüche 2 - 9 an.
2.1 Der geänderte Anspruch 1 (im folgenden Anspruch 1) weist sämtliche Oberbegriffsmerkmale der diesbezüglich übereinstimmenden nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung auf. Im Oberbegriff des Anspruchs 1 ist die Definition des beweglichen Teils präzisiert durch Aufnahme des Merkmals, nach dem das "bewegliche Teil von den beiden Filmscharnieren (6, 7) und zwei frei beweglichen Rändern (5 7) begrenzt ist"
2.2 Der Anspruch 1 weist weiterhin kennzeichnende Merkmale der Ansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung auf.
Nach der Beschwerdeführerin sollen damit die Funktionen des streitpatentgemäßen Verschlusses, auf die der erteilte Anspruch 1 im Wesentlichen gerichtet war, und die zugehörigen strukturellen Merkmale, auf die der erteilte Anspruch 2 im Wesentlichen gerichtet war, verdeutlicht werden.
Die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 lauten in der Bezeichnung nach der Mitteilung der Kammer vom 22. Dezember 2006 wie folgt:
a) "über das bewegliche Teil (4) von einem Rand (5) zum anderen Rand (5) sich eine Auswölbung erstreckt, wobei
b) zwischen der Auswölbung (43) und den Filmscharnieren (6, 7) äussere flügelartige Bereiche (45) ohne zugelastische Dehnbarkeit verbleiben,
c) während die Auswölbung des beweglichen Teils im zentrischen Bereich (41) als stauchbare Druckfeder und in den seitlichen Bereichen (42) als längenveränderbare Zugfeder gestaltet ist, wobei
d) dies dadurch realisiert ist, dass die Auswölbung in Bezug auf ihre Überhöhung und/oder Weite vom Zentrum (44) des beweglichen Teiles zu den Seitenrändern hin zunimmt".
3. Die Erörterung des Anspruchs 1 in der mündlichen Verhandlung bezog sich im Wesentlichen auf die zuvor bereits in der Beschwerdeerwiderung vom 3. April 2006 (Abschnitt II.) und der Mitteilung der Kammer vom 22. Dezember 2006 (Abschnitte 4., 4.1) angesprochene Frage, ob der das Merkmal d) aufweisende Anspruch 1 im Widerspruch zu der Beschreibung und der Zeichnung des Streitpatents steht und folglich ob dieser Anspruch entsprechend den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ durch die Beschreibung gestützt ist.
3.1 In verfahrensrechtlicher Hinsicht schließt sich die Kammer der diesbezüglichen Auffassung der Beschwerdegegnerin an, nach der der Anspruch 1 aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen unter Berücksichtigung der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 9/91 (ABl. EPA, 1993, 408; Gründe, Nr. 19) darauf zu prüfen ist, ob er die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ erfüllt.
Vorliegend führen die Änderungen des Anspruchs 1 dazu, dass eine zuvor weder in den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 2 noch in den abhängigen Ansprüchen in der erteilten Fassung definierte Beziehung zwischen dem funktionellen Merkmal c), das den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung entspricht, und dem strukturellen Merkmal d), das den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 2 in der erteilten Fassung entspricht, definiert wird. Dabei wird, abweichend von den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung, durch das entsprechende Merkmal c) des Anspruchs 1 die Funktion als Druck- bzw. Zugfeder nicht mehr dem beweglichen Teil zugeordnet, sondern der im Merkmal d) hinsichtlich ihrer Struktur weiter definierten Auswölbung.
Damit ist die Kammer befugt die sich aufgrund des Merkmals d) des Anspruchs 1 ergebende Änderung dahingehend zu prüfen, ob die Definition der Struktur der Auswölbung den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ genügt.
3.2 In materiellrechtlicher Hinsicht schließt sich die Kammer den Ausführungen der Beschwerdegegnerin an, nach denen mit dem die Struktur des Verschlusses betreffenden Merkmal d) die Erstreckung eines mit "Auswölbung" bezeichneten Elements durch Bezugnahme auf deren "Ueberhöhung" und "Weite" definiert werde. Weiterhin stimmt die Kammer mit der von der Beschwerdegegnerin, in der mündlichen Verhandlung und zuvor in der Beschwerdeerwiderung (Abschnitt II.) wie auch bereits in der Einspruchsschrift (Abschnitt III.8), vertretenen Auffassung überein, nach der der Begriff "Auswölbung" keine Definition betreffend die Querschnittsform dieses Elements umfasse. Danach ist der Querschnitt der Auswölbung nicht darauf beschränkt, dass er zumindest bereichsweise einen hohlraumartig ausgebildeten Bereich aufweist, wie dies in den Figuren 6, 7 für ein Ausführungsbeispiel und in den Figuren 9, 10 für eine alternative Ausgestaltung dargestellt ist.
3.3 Nach Auffassung der Kammer ist einerseits unter dem Begriff "Auswölbung" im Hinblick auf die Querschnittsform dieses Elementes zu verstehen, dass diese unterschiedlich gestaltet sein kann (Streitpatent, Spalte 5, Zeilen 49 - Spalte 6, Zeile 3), in einer bevorzugten Ausführungsform als "halbzylindrische Wulst" (Spalte 5, Zeilen 54, 55) ausgestaltet ist, und dass die Querschnittsform nicht notwendigerweise bereichsweise zu den Seitenrändern hin "immer mehr von der Innenseite her ausgehöhlt ist" (Spalte 6, Zeilen 21 - 28) und damit hohlraumförmige Bereiche aufweist.
Andererseits ist es, damit die strukturelle Ausgestaltung der Auswölbung nach dem Merkmal d) zu der Funktion nach dem Merkmal c) führt, erforderlich, dass sich der Querschnitt der Auswölbung ausgehend von dem zentrischen Bereich zu den Seitenrändern hin verändert, sei es durch eine entsprechend gewölbte Gestaltung bzw. Materialdickenänderung (vgl. Spalte 5, Zeile 45 - Spalte 6, Zeile 28; Spalte 7, Zeile 53 - Spalte 8, Zeile 13).
4. Da wie obenstehend dargelegt das Merkmal d) des geänderten Anspruchs 1 mit den angesprochenen Beschreibungsteilen des Streitpatents nicht im Einklang steht, erfüllt dieser Anspruch nicht das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ, nach dem die Patentansprüche von der Beschreibung gestützt sein müssen.
Der Anspruch 1 genügt somit nicht den Erfordernissen des EPÜ, welche eine Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ voraussetzt.
Die Beschwerde ist damit zurückzuweisen.
5. Auf die Frage ob, wie von der Beschwerdegegnerin angesprochen, der Anspruch 1 auch aufgrund seiner weiteren Änderungen die Erfordernisse des Artikels 84 bzw. des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt, war somit nicht mehr einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.