T 0477/05 (Scherenhubtisch/GEISLER) of 22.2.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T047705.20070222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2007
Aktenzeichen: T 0477/05
Anmeldenummer: 00925204.0
IPC-Klasse: F16H 21/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 20 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Scherenhubtisch
Name des Anmelders: Geisler GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: HHT Hebetechnik GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 R 101(7)
Schlagwörter: Fortfall der Parteifähigkeit (ja)
Beendigung des Beschwerdeverfahrens (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/99
T 0353/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
G 0001/13
T 2340/10
T 2136/11
T 0854/12

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 8. Februar 2005 wies die Einspruchsabteilung den Einspruch der nunmehrigen Beschwerdeführerin gegen das Europäische Patent Nr. EP-B-1181468 zurück.

II. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 5. April 2005 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerde wurde mit am Montag, den 20. Juni 2005 eingegangenem Schriftsatz begründet.

III. Mit Schreiben vom 9. Januar 2007 legte die Beschwerdeführerin einen Abdruck des Beschlusses des Amtsgerichts Heidelberg vom 2. Oktober 2006 vor, in dem festgestellt wurde, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels Masse abgelehnt wurde.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2007 reichte die Beschwerdegegnerin einen Auszug aus dem Bundesanzeiger Ausgabe 0241 vom 22. Dezember 2006 vor, in dem festgestellt wurde, dass die Firma der Beschwerdeführerin im Handelsregister gelöscht wurde.

IV. Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 und die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. Februar 2007 die Einstellung des Beschwerdeverfahrens, da die Beschwerdeführerin wegen Vermögenslosigkeit ihre Rechtsfähigkeit und damit ihre Parteifähigkeit verloren habe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllte bei Einreichung die formellen Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 EPÜ.

Die Beschwerdeführerin war eine dem deutschem Recht unterliegende Kapitalgesellschaft und als eine im Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach deutschem Recht rechtsfähig und damit auch parteifähig. Gemäß der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer vom 18. Februar 2002 (G 3/99, ABl. EPA 2002, 347, Entscheidungsgründe Punkt 9) bestimmt sich die Rechtspersönlichkeit eines namentlich genannten Rechtssubjekts nach dem EPÜ auf derselben Grundlage wie vor den nationalen Gerichten, nämlich anhand der Fähigkeit, im eigenen Namen zu klagen oder verklagt zu werden. Die Beschwerdeführerin war daher zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde und ihrer Begründung auch im Verfahren vor der Beschwerdekammer parteifähig.

2. Die Kammer hat die Zulässigkeit einer Beschwerde darüber hinaus in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen. Ein Fortfall der Parteifähigkeit der Beschwerdeführerin während des Verfahrens macht die Fortführung der Beschwerde unzulässig, was die Kammer gegebenenfalls von Amts wegen in einer förmlichen Entscheidung aussprechen muss. In diesem Verfahren ist die Partei, deren Parteifähigkeit in Frage gestellt ist, zu hören. Diese kann durch ihren bestellten Vertreter entsprechend Regel 101(7) EPÜ zu diesem Streitpunkt wirksam Verfahrensanträge stellen, da das Ergebnis der Entscheidung zu diesem Streitpunkt von der zur Entscheidung berufenen Kammer nicht vorweggenommen werden kann.

3. Im vorliegenden Verfahren haben die Parteien durch Vorlage des Beschlusses über die Ablehnung der Insolvenzeröffnung vom 2. Oktober 2006 und dem Auszug aus dem Bundesanzeiger über die Löschung der Firma wegen Vermögenslosigkeit vom 22. Dezember 2006 nachgewiesen, dass die Beschwerdeführerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung während des Beschwerdeverfahrens vermögenslos und deren Firma im Handelsregister gelöscht wurde. Nach deutschem Recht ist eine wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöschte Firma im Regelfall nicht mehr rechts- und damit nicht mehr parteifähig (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. September 1981 - IV ZR 21/80, BGH NJW 1982, 238).

Die Kammer ist auf Grund der von den Parteien vorgelegten Urkunden von der Vermögenslosigkeit und damit dem Wegfall der Rechts- und Parteifähigkeit der Beschwerdeführerin nach nationalem Recht überzeugt. Entsprechend dem Grundsatz, dass sich die Parteifähigkeit vor dem Europäischen Patentamt nach dem jeweiligen nationalem Prozessrecht richtet, muss der Fortfall der Parteifähigkeit der Beschwerdeführerin auch im vorliegenden Verfahren Berücksichtigung finden.

4. Beide Parteien haben im Hinblick auf die während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Vermögenslosigkeit und dem dadurch eingetretenen Wegfall der Parteifähigkeit der Beschwerdeführerin die Einstellung des Beschwerdeverfahrens beantragt.

Die Beschwerdeführerin war zu diesem Verfahrensgegenstand weiterhin entsprechend Regel 101(7) EPC durch ihren im Beschwerdeverfahren bestellten Vertreter wirksam vertreten.

Auf der Grundlage dieser Anträge war somit die Unzulässigkeit der Fortführung der Beschwerde nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.

Gegenstand der Beschwerde sind daher nur noch die geänderten Verfahrensanträge auf Einstellung des Beschwerdeverfahrens.

Eine Überprüfung der von der ersten Instanz entschiedenen Sachfragen von Amts wegen kommt nicht in Betracht, da das Verfahrensrecht nicht ausdrücklich den Beschwerdekammern eine solche Befugnis zur Weiterführung des Verfahrens zuweist (vgl. die ähnliche Rechtslage bei der Rücknahme der Beschwerde des einzigen Beschwerdeführers in G 8/91, ABl. EPA 1993, 346, Entscheidungsgründe, Punkte 5 ff.).

5. Da die Kammer zu der Überzeugung gelangte, dass die Beschwerdeführerin vermögenslos und damit nicht mehr parteifähig ist, war den übereinstimmenden Anträgen der Parteien auf Einstellung des Beschwerdeverfahrens stattzugeben.

6. Obwohl beide Parteien übereinstimmend die Einstellung des Beschwerdeverfahrens beantragten, hielt es die Kammer für sachgerecht, die Feststellung der Beendigung des Beschwerdeverfahrens durch eine formelle Entscheidung auszusprechen (vgl. auch die Entscheidung T 353/95, der nur ein entsprechender Antrag der Beschwerdegegnerin zu Grunde lag).

7. Mit der Beendigung des Beschwerdeverfahrens wird die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 8. Februar 2005 rechtskräftig.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Das Beschwerdeverfahren ist beendet.

Quick Navigation