T 0468/05 () of 30.8.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T046805.20070830
Datum der Entscheidung: 30 August 2007
Aktenzeichen: T 0468/05
Anmeldenummer: 97951992.3
IPC-Klasse: A63F 9/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Transportables Gesellschaftsspiel
Name des Anmelders: Ullerich, Ingo, et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag - Neuheit (verneint) - Zweckangaben
Hilfsanträge - erfinderische Tätigkeit (verneint) - fachübliche Überlegungen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0287/86
T 0637/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Prüfungsabteilung hat mit der am 24. Januar 2005 zur Post gegebenen Entscheidung die europäische Patentanmeldung Nr. 97 951 992.3 zurückgewiesen, weil dem Gegenstand des Anspruches 1 im Hinblick auf Figur 4 der Druckschrift D1 (DE-A-3 816 338) die Neuheit fehle und er im Hinblick auf die Druckschriften D4 (GB-A-2 239 812) und D1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Gegen diese Entscheidung haben die Anmelder am 15. März 2005 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 19. März 2005 eingegangen.

III. Am 30. August 2007 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Mit der Ladung hat die Beschwerdekammer den Beschwerdeführern (Anmelder) ihre Bedenken zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Anmeldungsgegenstandes mitgeteilt und dabei insbesondere auf die im Recherchenbericht genannte Druckschrift D5 (US-A-4 648 602) hingewiesen.

IV. Die Beschwerdeführer beantragen die Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Ansprüchen zu erteilen:

Hauptantrag mit den Ansprüchen 1-7, eingereicht mit der Bechwerdebegründung, oder hilfsweise mit einem der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 12. Juli 2007.

V. Anspruch 1 des Hauptantrages lautet:

"Transportables Gesellschaftsspiel mit einer zentralen Würfelfläche (17,17'), einer die Würfelfläche (17,17') umgebenden aufragenden Seitenwand (20,20'), wobei die aufragende Seitenwand (20,20') nach außen geneigt ist, einer die Würfelfläche (17,17') umgebenden und an das obere Ende der Seitenwand (20,20') angrenzenden umlaufenden Spielbahn (16,16') für Spielsteine oder -figuren (15)".

Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 weist das folgende zusätzliche Merkmal auf: "und einem Behälter (30) für Spielmaterialien, die Spielsteine oder -figuren (15), der in die von der Seitenwand (20, 20') und der Würfelfläche (17) gebildete Ausnehmung (18) einsetzbar ist, ohne über sie hinauszuragen".

Anspruch 1 des Hilfsantrages 2 weist im Vergleich zu Hilfsantrag 1 das folgende zusätzliche Merkmal auf: "wobei der Behälter (30) mit nur geringem Spiel von der Seitenwand (20, 20') innerhalb der Würfelfläche (17, 17') gehalten wird".

Anspruch 1 des Hilfsantrages 3 weist im Vergleich zu Hilfsantrag 2 das folgende zusätzliche Merkmal auf: "und wobei die Würfelfläche (17, 17'), die Seitenwand (20, 20') und die Spielbahn (16, 16') fest in einer mit einem Deckel (12) verschließbaren Kofferschale (11) angeordnet sind".

Anspruch 1 des Hilfsantrages 4 weist im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrages das folgende zusätzliche Merkmal auf: "wobei unter der Spielbahn (16, 16') Streifen aus magnetischem Material angeordnet sind, so dass Magnetelemente (28) aufweisende Spielsteine oder -figuren (15) auf der Spielbahn (16, 16') gehalten werden".

VI. Die Beschwerdeführer haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag:

Eine "Spielbahn für Spielsteine oder -figuren" im Sinne des Patentanspruches 1 sei eine fortlaufende Bahn linear aneinander grenzender Spielfelder. Eine solche Spielbahn sei insbesondere aus der Druckschrift D5 nicht bekannt. Zwar sei der dort gezeigte Rand 22 - wie die Beschwerdeführer ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung anerkannt haben - als Spielbahn für Spielsteine oder Spielfiguren geeignet, jedoch müsste jeder Teil der Druckschrift D5 nach der Rechtsprechung im Gesamtzusammenhang gewürdigt werden. Gemäß diesem werde der obere Rand dieses Würfelspiels nämlich durch sechs Schreibtafeln gebildet, die jeweils einem Spieler zur Aufzeichnung seiner Würfelergebnisse zugeordnet sind, und könne somit nicht gleichzeitig als Spielbahn dienen.

Hilfsantrag 1:

Durch das hinzugefügte Merkmal wird eine vereinfachte Aufstellung des Gesellschaftsspiel und damit eine schnellere Spielbereitschaft erreicht, wobei das Gesellschaftsspiel auch kompakt verpackt werden kann.

In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer haben die Beschwerdeführer bestätigt, dass nur drei Möglichkeiten zur Verpackung des aus Druckschrift D5 bekannten Gesellschaftsspiels in Betracht kommen. Entweder werden die Spielmaterialien direkt oder mittels eines separaten Behälters in die abgesetzte Würfelfläche gelegt oder sie werden außerhalb davon untergebracht.

Hilfsantrag 2:

Die Auswahl aus mehreren Möglichkeiten zur Festlegung des Behälters in dem Gesellschaftsspiel, z.B. durch Magneten, Klettverschlüsse oder eine genaue Passung erfordere erfinderische Überlegungen.

Hilfsantrag 3:

Die Anordnung der Würfelfläche, der Seitenwand und der Spielbahn in einer fest mit einem Deckel verschließbaren Kofferschale hätte den überraschenden Vorteil, dass das Spiel seitlich und nach oben auf einfache Weise fixiert wäre.

Hilfsantrag 4:

Da es aus Druckschrift D2 nicht bekannt sei, die Spielsteine gegen Verrücken durch Erschütterungen, die durch das Würfeln hervorgerufen werden, zu sichern, könne der Gegenstand des Anspruches 1 nicht durch Druckschrift D2 nahegelegt sein.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 EPÜ und den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ und ist deshalb zulässig.

2. Hauptantrag - Anspruch 1 - Neuheit

2.1 Hinsichtlich der Druckschrift D5 ist lediglich streitig, ob daraus eine die Würfelfläche umgebende und an das obere Ende der Seitenwand angrenzende umlaufende Spielbahn für Spielsteine oder -figuren im Sinne der Anmeldung bekannt ist.

2.2 In Anspruch 1 wird die Spielbahn mittels der Zweckangabe "für Spielsteine oder -figuren" definiert.

Eine Zweckangabe in einem Vorrichtungsanspruch ist dahingehend zu verstehen, dass die Vorrichtung für den angegebenen Zweck geeignet ist (siehe beispielsweise T 287/86 vom 28. März 1988, Gründe 2.1 und T 637/92 vom 21. November 1995, Gründe 4.5; beide nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

Daraus ergibt sich, dass in Anspruch 1 nicht etwa die Spielsteine oder Spielfiguren an sich beansprucht werden sondern lediglich eine Bahn, die zum Spielen mit Spielsteinen oder -figuren geeignet ist.

2.3 Eine bekannte Vorrichtung, die für den im Anspruch genannten Zweck geeignet ist und auch sonst alle darin aufgeführten Merkmale aufweist, ist deshalb neuheitsschädlich für dessen Gegenstand. Ist sie für diesen Zweck ungeeignet, so ist sie nicht neuheitsschädlich (siehe T 287/86, a.a.o., T 637/92, a.a.o).

2.3.1 Auf dem aus Druckschrift D5 bekannten Rand 22 können Spielsteine oder -figuren abgelegt werden oder sie können dort über Spielfelder bewegt werden, die durch die sechs Schreibtafeln 24 gebildet oder dort aufgezeichnet werden. Deshalb stellt der Rand 22 eine Bahn im Sinne der Anmeldung dar, die auch zum Spielen mit Spielsteinen oder Spielfiguren geeignet ist.

2.3.2 Die Kammer stimmt mit den Beschwerdeführern überein, dass zur Ermittlung des Offenbarungsgehalts einer Druckschrift, dessen einzelne Teile nicht losgelöst von den übrigen Teilen betrachtet werden dürfen. Jeder Teil muss im Gesamtzusammenhang der Druckschrift gewürdigt werden.

Jedoch teilt die Kammer nicht die daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Zwar wird in Druckschrift D5 explizit lediglich beschrieben, den Rand 22 zur Aufzeichnung der Würfelergebnisse zu verwenden. Jedoch schließt dies nicht aus, dass der Rand auch zum Spielen mit Spielsteinen oder Spielfiguren geeignet ist. Ob dies gleichzeitig mit der Aufzeichnung möglich ist oder nicht, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Somit ist aus Druckschrift D5 eine die Würfelfläche umgebende und an das obere Ende der Seitenwand angrenzende umlaufende Spielbahn für Spielsteine oder -figuren bekannt.

2.4 Da auch die anderen Merkmale des Anspruches 1 aus Druckschrift D5 bekannt sind, ist dessen Gegenstand nicht neu und erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 54 (1) und (2) EPÜ.

Deshalb kann dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden.

3. Hilfsantrag 1 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit

3.1 Von dem aus der Druckschrift D5 bekannten transportablen Gesellschaftsspiel unterscheidet sich der Gegenstand dieses Anspruches durch das Merkmal, dass ein Behälter für Spielmaterialien, die Spielsteine oder -figuren vorgesehen ist, der in die von der Seitenwand und der Würfelfläche gebildete Ausnehmung einsetzbar ist, ohne über sie hinauszuragen.

3.2 Im Hinblick auf die damit erzielten Wirkungen ist die Aufgabe, ein kompakt transportables Gesellschaftsspiel zu schaffen, das einfach und schnell aufgebaut werden kann. Im Hinblick auf diese Aufgabenstellung wird als der zuständige Fachmann ein Spielegestalter angesehen.

3.3 Für diesen Fachmann ist es eine fachübliche Überlegung, die Spielmaterialien, die Spielsteine oder -figuren in einem Behälter unterzubringen, der in die von der Seitenwand und der Würfelfläche gebildete Ausnehmung einsetzbar ist.

Zur Verpackung des aus Druckschrift D5 bekannten Gesellschaftsspiels und seiner Spielmaterialien, das heißt der Kreide und der Würfel, stehen den Fachmann nur drei Möglichkeiten zur Verfügung. Das direkte Einlegen der Kreide 28 in die abgesetzte Würfelfläche 12 scheidet schon wegen der damit verbundenen Verunreinigung der Würfelfläche aus. Die Spielmaterialien außerhalb des Gesellschaftsspiels unterzubringen, kommt für ihn im Hinblick auf die aufgabengemäß geforderte Kompaktheit des Gesellschaftsspiels nicht in Betracht. Somit muss er sich für die dritte Möglichkeit entscheiden, die Spielmaterialien mittels eines separaten Behälters in der abgesetzten Würfelfläche zu verstauen. Dies zeigt, dass erfinderische Überlegungen dazu nicht erforderlich sind.

3.4 Somit ergibt sich der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, so dass die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt sind.

Deshalb kann auch dem Hilfsantrag 1 nicht stattgegeben werden.

4. Hilfsanträge 2 und 3 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit

4.1 Im Vergleich zu Hilfsantrag 1 weist Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 2 das zusätzliche Merkmal auf, dass der Behälter mit nur geringem Spiel von der Seitenwand innerhalb der Würfelfläche gehalten wird. Dadurch wird ein Wackeln des Behälters in der abgesetzten Würfelfläche während des Transportes vermieden.

Nach Auffassung der Kammer stellt dies eine rein fachübliche Maßnahme dar, die der Fachmann aus den ihm zu diesem Zweck bekannten Maßnahmen jeweils nach den Umständen auswählen wird.

4.2 Im Vergleich zu Hilfsantrag 2 weist Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 3 das zusätzliche Merkmal auf, dass die Würfelfläche, die Seitenwand und die Spielbahn fest in einer mit einem Deckel verschließbaren Kofferschale angeordnet sind. Damit wird ein besonders einfacher Transport und eine schnellere Aufstellung des Gesellschaftsspiels ermöglicht

Der zuständige Fachmann kennt eine Vielzahl von Gesellschaftsspielen, die fest in einer Kofferschale angeordnet sind. Dies gilt beispielsweise für Würfelspiele, siehe beispielsweise Druckschrift D1, Figuren 3, 4 und 7 oder andere Brettspiele, wie beispielsweise Backgammon, Halma, Mühle, Dame, Schach oder Solitär. Einen unerwarteten Vorteil der beanspruchten Anordnung kann die Kammer deshalb nicht erkennen.

4.3 Im Rahmen der von dem genannten Spielegestalter angestellten Überlegungen (siehe oben zu Hilfsantrag 1), erfordert das Vorsehen dieser zusätzlichen Merkmale deshalb keine erfinderischen Überlegungen.

Somit kann auch den Hilfsanträgen 2 und 3 nicht stattgegeben werden.

5. Hilfsantrag 4 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit

5.1 Von dem aus der Druckschrift D5 bekannten transportablen Gesellschaftsspiel unterscheidet sich der Gegenstand dieses Anspruches durch das Merkmal, dass unter der Spielbahn Streifen aus magnetischem Material angeordnet sind, so dass Magnetelemente aufweisende Spielsteine oder -figuren auf der Spielbahn gehalten werden.

5.2 Damit wird erreicht, dass die Spielsteine bzw. -figuren nicht durch versehentliches Berühren oder Erschütterungen, beispielsweise durch das Würfeln, verrückt werden (siehe Seite 4, Absatz 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung).

Die Aufgabe besteht deshalb darin, ein Gesellschaftsspiel mit verbessertem Schutz der Spielsteine bzw. -figuren gegen Verrücken auf der Spielbahn zu schaffen.

5.3 Aus Druckschrift D2 ist es bekannt (siehe Figuren 6 bis 9 und Spalte 8, Zeilen 34 bis 41) Spielfiguren mit magnetischen Elementen zu versehen, damit diese nicht unbeabsichtigt auf der Spielbahn verrückt werden können.

Deshalb ist es für den hier zuständigen Fachmann, d.h. einem Spielegestalter, naheliegend diese Lehre auch bei dem aus Druckschrift D5 bekannten Gesellschaftsspiel anzuwenden. Im Hinblick auf die eindeutige Lehre der Druckschrift D2, wie ein unbeabsichtigtes Verrücken der Spielsteine bzw. -figuren auf der Spielbahn vermieden werden kann, kommt es auf den Grund, also ob das Verrücken der Spielsteine bzw. -figuren durch versehentliches Berühren oder durch Erschütterungen hervorgerufen wird, in diesen Zusammenhang nicht an.

5.4 Somit ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruches 1 dieses Hilfsantrages für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, so dass die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt sind.

Deshalb kann auch dem Hilfsantrag 4 nicht stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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