T 0360/05 (Trocknungsvorrichtung/LTS) of 18.8.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T036005.20090818
Datum der Entscheidung: 18 August 2009
Aktenzeichen: T 0360/05
Anmeldenummer: 00922506.1
IPC-Klasse: B01D 53/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 28 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Trocknungsvorrichtung und Verfahren zu seiner Herstellung
Name des Anmelders: LTS LOHMANN Therapie-Systeme AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein): naheliegende Variante der bekannten Vorrichtung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Europäische Patentanmeldung Nr. 00922506.1 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf Dokument

D5: US 4 036 360 A

zurückgewiesen worden ist.

II. In ihrer Beschwerdebegründung verteidigte die Beschwerdeführerin zunächst den der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatz.

III. In ihrem Ladungsbescheid vom 24. Februar 2009 äußerte die Kammer unter anderem ihre bezüglich der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) negative vorläufige Auffassung. Dabei nahm sie Bezug auf D5 und das von der Anmelderin eingereichte Dokument

D6: Römpps Chemie Lexikon, 8. Auflage, Bd. 3, 1983, Seiten 1605 und 2347, Stichwörter "Haftklebstoffe" und "Leime".

IV. Mit ihrem Antwortschreiben vom 10. Juli 2009 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag ein, bestehend aus einem Satz geänderter Ansprüche, einer geänderten Beschreibung und einem geänderten Figurenblatt. Der geänderte Anspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"1. Aktivierbare Trocknungsvorrichtung umfassend

a) eine für Wasserdampf durchlässige Schicht,

b) eine flächenförmige Matrix, die ein polymeres Material mit mindestens einem darin enthaltenen, regenerierbaren Trockenmittel enthält, die selbst haftklebend ist und

c) eine abhäsiv ausgerüstete Trägerschicht, die die Matrix bedeckt und von der Trocknungsvorrichtung vor deren Verwendung abgezogen wird."

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin seien durch die vorgenommenen Änderungen sämtliche von der Kammer erhobenen Einwände ausgeräumt worden. Insbesondere argumentierte sie, dass D5 keine aktivierbare und haftklebende Vorrichtung offenbare. In ihrer Argumentation stützte sie sich zusätzlich auf die folgenden, nachpublizierten Dokumente:

D7: Ausdrucke von Römpp Online, Stand 2002, Stichworte "Prepolymere" und "Polyurethan-Harze"

D8: Gerd Habenicht, "Kleben", 5. Auflage, 2006; Seiten 96 und 97: "2.2.2.1 Feuchtigkeitshärtende Einkomponenten-Polyurethanklebstoffe"

V. In einem weiteren Bescheid vom 28. Juli 2009 hielt die Kammer - unter Berücksichtigung der Argumente der Beschwerdeführerin - an ihrer negativen vorläufigen Meinung betreffend die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf D5 fest.

VI. Am 18. August 2009 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet wurde.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die erfinderische Tätigkeit kann wie folgt zusammengefasst werden:

Das als nächstliegender Stand der Technik angezogene Dokument D5 offenbare eine Trockenmittelzusammensetzung, welche ein Trockenmittel und bestimmte organische Harze enthalte. D5 offenbare auch "regenerierbare" Trockenmittel wie Silicagel und CaSO4. Eine "Aktivierung" der Trockenvorrichtung sei jedoch weder in D5 noch in einem anderen Dokument des Standes der Technik erwähnt. Die verwendeten Harze weisen eine Kombination aus Wasserdampf-Durchlässigkeit und mechanischer Stärke auf. Die angestrebte Härte der Trockenmittelzusammensetzung werde laut D5 jedoch nur mit den bevorzugten prepolymerisierten Polyurethanen erreicht, was auch durch Anspruch 1 und das Beispiel der D5 betont werde. Der Fachmann hatte demnach keine Veranlassung, diese speziellen Polyurethane durch andere zu ersetzen oder sie zu modifizieren. Derartige prepolymerisierte Polyurethane seien als feuchtigkeitshärtende Einkomponenten-Klebstoffe bekannt (D7, D8). Die daraus gebildeten Trockenmittelzusammensetzungen seien nicht haftklebend. Das in der Ausführungsmöglichkeit "3" der D5 angesprochene Verkleben einer Trockenmittelzusammensetzungs-Schicht auf Basis dieser speziellen, prepolymerisierten Polyurethane mit dem Inneren einer Verpackung könne lediglich erfolgen, solange diese Beschichtung noch streichfähig und nicht ausgehärtet sei. Der Fachmann hatte keine Veranlassung, andere oder die besagten Prepolymere zu modifizieren.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Basis des Hauptantrags mit den Patentansprüchen 1 bis 7, den Beschreibungsseiten 1 bis 16 und der Figur 1, alle eingereicht mit Schreiben vom 10. Juli 2009.

Entscheidungsgründe

Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

1. Die Anmeldung betrifft Vorrichtungen zur Verringerung des Feuchtigkeitsgehalts eines die Vorrichtung umgebenden, abgeschlossenen Gasraums; siehe Seite 1, erster Absatz der veröffentlichten Anmeldung (WO 00/57991 A1).

2. Dokument D5 betrifft ebenfalls derartige Trocknungsvorrichtungen. Erwähnt werden insbesondere Vorrichtungen, mittels derer empfindliche Erzeugnisse wie Pharmazeutika oder Kameras in ihrer Verpackung vor Feuchtigkeit geschützt werden sollen (Spalte 1, Zeilen 5 bis 14). In D5 ist ferner eine spezielle Ausführungsform "3" einer Trocknungsvorrichtung offenbart, welche aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann.

2.1 Diese Ausführungsform "3" (D5, Spalte 4, Zeilen 14 bis 16) umfasst eine permeable Stützschicht aus Papier "permeable backing, e.g. paper"), welche mit einer Trockenmittelzusammensetzung "dessicant composition" beschichtet ist. In der Anwendung wird diese Beschichtung an das Innere einer Verpackung geklebt ("adhesively bond the coating itself to the inside of a package").

2.2 Gemäß der vorliegenden Anmeldung ist Papier ein Material, das sich sowohl als wasserdampfdurchlässige Schicht als auch als Stützschicht eignet (siehe Seite 7, Zeilen 1 bis 2 und Zeilen 13 bis 15). Die Stützschicht gemäß D5 ist aus Papier und permeabel, es handelt sich demnach unstreitig um eine Schicht im Sinne von Merkmal a) des vorliegenden Anspruchs 1.

2.3 Die auf die Stützschicht aus Papier - implizit flächig - aufgetragene Trockenmittelzusammensetzung gemäß D5 umfasst eine organische, polymere Matrix als Bindemittel sowie das eigentliche Trocknungsmittel.

2.3.1 Als Matrixmaterial werden gemäß D5 Polymere herangezogen, die eine hohe Dampfdurchlässigkeit ("moisture vapor transmission") aufweisen und sich als Bindemittel für das Trocknungsmittel eignen, insbesondere Polyurethane. D5 ist also keineswegs - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurde - auf den Einsatz der bevorzugten prepolymerisierten Polyurethane ("prepolymerized polurethanes") beschränkt. Die Verwendung letzterer ist laut D5 ausdrücklich lediglich dann erforderlich, wenn Trockenmittelzusammensetzungen besonderer mechanischer Belastbarkeit ("toughness") erhalten werden sollen. Diesbezüglich sei auf D5, Spalte 2, Zeilen 7 bis 22, und Spalte 3, Zeilen 3 bis 7, verwiesen.

2.3.2 Als Beispiele geeigneter Trocknungsmittel ("dessicants") sind in D5 (Spalte 2, Zeilen 23 bis 31) im Speziellen Aluminiumoxid, Bauxit, Zeolith, wasserfreies Calciumsulfat, und Silicagel angegeben. Es wurde von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht, dass darunter Trocknungsmittel seien, die nicht regenerierbar im Sinne der Anmeldung sind. Vielmehr kommen die meisten dieser Trocknungsmittel auch laut Anmeldung (Seite 8, Zeilen 13 bis 17) als bevorzugte, regenerierbare Trocknungsmittel in Frage kommen.

2.4 Gemäß D5 kommen also regenerierbare Trockenmittel zum Einsatz, die in einer wasserdampfdurchlässigen polymeren Matrix gebunden sind. Folglich sind die in D5 beschriebenen Trocknungsvorrichtungen ebenfalls als - implizit - "aktivierbar" im Sinn der Anmeldung anzusehen, selbst wenn ein derartiges Aktivieren in D5 nicht angesprochen wird. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung seitens der Beschwerdeführerin nicht weiter bestritten.

3. Ausgehend von D5 kann die zu lösende technische Aufgabe darin gesehen werden, eine Variante der in D5 beschriebenen Ausführungsform bereitzustellen.

4. Als Lösung dieser Aufgabe wird nunmehr die Vorrichtung gemäß dem geänderten Anspruch 1 vorgeschlagen, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass die Polymermatrix selbst haftklebend ist und eine darauf angebrachte , abhäsiv ausgerüstete Trägerschicht ("release liner") umfasst.

5. Die oben angegebene technische Aufgabe wird ganz offensichtlich durch die beanspruchte Vorrichtung auch tatsächlich gelöst.

6. Allerdings ergibt sich die anspruchsgemäße Lösung der besagten technischen Aufgabe aus folgenden Gründen in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

6.1 Zunächst sei festgehalten, dass die Art und Weise, wie im Fall der Ausführungsform "3" die Trockenmittelzusammensetzungs-Beschichtung an das Innere der Verpackung geklebt werden soll, in D5 nicht ausdrücklich angesprochen ist. Insbesondere ist nicht direkt und unmittelbar offenbart, dass diese Beschichtung "haftklebend" sein könne und vor dem Verkleben mit der Verpackung mit einer abhäsiv ausgerüsteten Trägerschicht ("release liner") zu versehen sei.

6.2 Jedoch stehen dem Fachmann, der die Ausführungsform "3" der D5 in die Praxis umsetzen möchte, nach Auffassung der Kammer verschiedene - an sich bekannte - alternative Möglichkeiten zu Verfügung, mittels derer ein Verkleben der Trockenvorrichtung mit dem Inneren der Verpackung bewerkstelligt werden kann:

- durch ein von der Beschwerdeführerin angesprochenes Anpressen der auf die permeable Papierstützschicht aufgetragenen Matrixpolymers-Schicht unmittelbar nach der Beschichtung; aber auch

- mit Hilfe eines zusätzlich aufzutragenden Klebstoffs;

- durch Anschmelzen und Anpressen des Matrixpolymers; oder aber

- durch Haftklebung.

6.3 Haftkleber sind dem Fachmann an sich hinlänglich bekannt, siehe beispielsweise D6 (Seite 1605, Stichwort "Haftklebstoffe"). Polyurethane, welche gemäß D5 als Matrixpolymere zum Einsatz kommen können, sind auch laut der vorliegenden Anmeldung ein bevorzugtes Matrixmaterial (siehe Seite 4, Zeile 17), selbst wenn, wie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde, gegebenenfalls eine gewisse Menge eines als solches bekannten Tackifiers hinzugefügt werden müsste, um eine ausreichende Haftklebekraft zu bewirken. In diesem Zusammenhang sei auf Seite 5, Zeile 31 bis Seite 6, Zeile 14, der Anmeldung verwiesen, wo sich folgende Angaben finden: "In einer weiteren Ausführungsform kann die trockenmittelhaltige Matrix haftklebend sein, worunter die Fähigkeit verstanden wird, daß die Matrix durch einmaliges Andrücken an eine Oberfläche mit einem gewissen Druck dauerhaft mit dieser verbunden ist. Dazu kann es erforderlich sein, der Matrix Substanzen zuzusetzen, die diese Eigenschaft beeinflussen. Zu solchen Substanzen zählen Klebrigmacher (Tackifier, Klebharze). Geeignete Klebrigmacher sind dem Fachmann bekannt, zum Beispiel: Kolophoniumester und hydrierte Ester des Kolophoniums, Kohlenwasserstoffharze etc., die gegebenenfalls in solchen Mengen der Matrix zugegeben werden, bis die gewünschte Haftklebereigenschaft erreicht ist. Bei der Wahl der Menge des Klebrigmachers sind die speziellen Matrixmaterialien zu berücksichtigen. Auch hier können auch die anderen Bestandteile der trockenmittelhaltigen Matrix Einflüsse auf die Haftklebereigenschaft haben, so dass man keine exakten Grenzen für die mengenmäßigen Anteile angeben kann. Die Mengenbereiche liegen daher im Allgemeinen zwischen etwa 5 und 70% Klebrigmacher in der Matrix."

6.4 Die Kammer folgert daraus, dass der Fachmann schon allein aufgrund des allgemeinen Fachwissens die Haftkleber-Variante als eine mögliche Variante der Umsetzung der Lehre von D5, Ausführungsform "3", ins Auge gefasst hätte. In D5 wird zudem ausdrücklich die Möglichkeit angesprochen, die Eigenschaften des Matrixpolymers durch funktionelle Zusätze weiterer Polymere zu modifizieren (Spalte 3, Zeilen 10 bis 18). Ausgehend von D5 stünde demnach in den Augen des Fachmanns dem gegebenenfalls erforderlichen Hinzufügen eines Tackifiers nichts entgegen.

6.5 Der von D5 ausgehende und mit der besagten Aufgabe konfrontierte Fachmann würde demnach die Bereitstellung einer - implizit aktivierbaren - Trocknungsvorrichtung ins Auge fassen, welche eine wasserdampfdurchlässige Stützschicht aus Papier mit einer Beschichtung aus einem haftklebenden Polyurethan umfasst. Das Versehen eines haftklebenden Produkts mit einem "release liner", welcher vor der Verwendung abgezogen wird, ist eine übliche Maßnahme, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wurde. Folglich würde der Fachmann derart in naheliegender Weise zu einer Trocknungsvorrichtung mit allen Merkmalen von Anspruch 1 gelangen.

7. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ). Daher kann dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation