European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T030105.20070524 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 Mai 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0301/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97121290.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G05B 19/042 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schaltungsanordnung | ||||||||
Name des Anmelders: | Leopold Kostal GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 2. Februar 2005, den Einspruch zurückzuweisen und das europäische Patent Nr. 0846992 aufrechtzuerhalten.
Der Einspruch war mit mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit u.a. gegenüber den Dokumenten
D6: DE 4 416 995 A1
D7: Datenblatt zum Schaltkreis MC33298, Revision 2, Motorola, Inc. 1996 und
D8: A. Watson Swager: "Power ICs weighing the benefits of integration"; EDN Design Feature, 7.7.1994
begründet worden.
II. Am 3. März 2005 wurde die Beschwerde eingereicht und die Beschwerdegebühr durch Abbuchungsauftrag entrichtet.
In der Beschwerdebegründung vom 13. Juni 2005 wurde beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber D7 zu widerrufen.
III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte in ihrer Erwiderung vom 27. September 2005, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Sie bezweifelte insbesondere, dass das Dokument D7 vor dem Prioritätstag veröffentlicht worden sei und damit gegenüber dem Streitpatent einen zu berücksichtigenden Stand der Technik darstelle. Sie bestritt, dass das Dokument D8 belege, dass der in D7 beschriebene Schaltkreis bereits im Jahr 1994 der Öffentlichkeit zugänglich war. Ferner argumentierte sie, dass der Gegenstand des erteilten Patents gegenüber D7, falls D7 überhaupt als Stand der Technik anzusehen sei, auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
IV. Mit Schreiben vom 15. November 2006 reichte die Beschwerdeführerin eine ältere Version des Datenblatts der Firma Motorola für den Schaltkreis mit der Bezeichnung MC33298 ein, die im weiteren als Dokument D7a bezeichnet wird, und führte aus, dass es sich dabei um die erste Version (Revision 1) des Datenblattes gemäß Dokument D7 handele und dieses im April 1994 gedruckt und veröffentlicht worden sei.
Darüber hinaus trug die Beschwerdeführerin in diesem Schreiben weitere Argumente vor, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber D7 vorweggenommen sei oder zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, bzw. gegenüber einer Zusammenschau des Dokuments D7 mit D6 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
V. In einem der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2007 beigefügten Bescheid teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung bezüglich der Vorveröffentlichung des Dokuments D7 sowie der Zulassung des verspätet eingereichten Dokuments D7a mit und kündigte an, in der mündlichen Verhandlung neben der Frage der Zugänglichkeit der Dokumente D7 und D7a die Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit gegenüber D7 bzw. D7a (falls zugelassen) sowie D7 bzw. D7a (falls zugelassen) und D6 zu diskutieren.
VI. In der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin einen Hilfsantrag ein und beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent wie erteilt, hilfsweise mit den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag aufrecht zu erhalten.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VIII. Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:
"Schaltungsanordnung - insbesondere für Kraftfahrzeug-Bordnetze - mit mehreren von einem Mikrocomputer (1) beeinflußbaren, zur Ansteuerung von jeweils einem zugehörigen Verbraucher (71-7n) vorgesehenen Leistungshalbleiter-Endstufen (51-5n), die über jeweils einen mit dem Mikrocomputer kommunizierenden, aus einem Rechnersystem (21-2n) und einer Interface-Einrichtung (31-3n) bestehenden, zur Überwachung und Ansteuerung von zumindest einer Leistungshalbleiter-Endstufe (51-5n) bestimmten Schaltungskomplex (41-4n) an den Mikrocomputer (1) angeschlossen sind, wobei das Rechnersystem (21-2n) eines jeden Schaltungskomplexes (41-4n) mit zumindest einem einer der zugeordneten Leistungshalbleiter-Endstufen (51-5n) zugehörigen physikalischen Größe entsprechenden Wert beaufschlagt ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Rechensystem (21-2n) eines jeden Schaltungskomplexes (41-4n) über die jeweils mit demselben verbundene Interface-Einrichtung (31-3n) der jeweils zugehörigen Leistungshalbleiter-Endstufe (51-5n) derart zugeordnet ist, daß jeder Schaltungskomplex (41-4n) einerseits auf unzulässige, recht zeitkritische Veränderungen der physikalischen Größe(n) direkt durch die Hardware der Interface-Einrichtung (31-3n) und andererseits auf unzulässige, weniger zeitkritische Veränderungen der physikalischen Größe(n) durch eine über den zum Mikrocomputer (1) bestehenden Kommunikationskanal (6) programmierbare Sicherungsfunktion reagiert, wobei diese programmierbare Sicherungsfunktion für die weniger zeitkritischen Veränderungen im Rechnersystem (21-2n) hinterlegt und auf die nachgeschaltete Leistungshalbleiter-Endstufe (51-5n) und/oder den zugehörigen Verbraucher (71-7n) abgestimmt ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 wie erteilt durch die Einschränkung, dass die Interface-Einrichtung als so genannter ASIC-Baustein und das Rechnersystem als gegenüber dem Mikrocomputer begrenzt leistungsfähiger d.h. mit den zugeordneten Steuerungs- und Überwachungsaufgaben voll ausgelasteter Mikrocomputer ausgebildet ist.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Technologischer Hintergrund
In einer Schaltungsanordnung zur Ansteuerung einer größeren Anzahl von Verbrauchern, z.B. Servopumpen, Kraftstoffpumpen, Lüfterantrieben, Glühlampen oder Ähnlichem in Kraftfahrzeugen, über zugehörige Leistungsendstufen, die von einem Mikrocomputer nach vorgegebenen Kriterien beeinflusst werden, müssen die Verbraucher und auch die damit verbundenen Leistungsendstufen vor Überlastung geschützt werden.
Gemäß erteiltem Anspruch 1 ist zwischen dem Mikrocomputer und den Leistungsendstufen ein Schaltungskomplex vorgesehen, über den bei geringer Belastung des vorgeschalteten Mikrocomputers beliebige Sicherungseigenschaften einstellbar sein sollen. Dazu umfasst der Schaltungskomplex ein Rechnersystem und eine Interface-Einheit, über die physikalische Größen erfasst werden und deren Hardware direkt auf unzulässige, recht zeitkritische Veränderungen der physikalischen Größen reagiert. Auf unzulässige, weniger zeitkritische Veränderungen der physikalischen Größen reagiert dagegen eine über einen zum Mikrocomputer bestehenden Kommunikationskanal programmierbare Sicherungsfunktion, die im jeweiligen Rechnersystem hinterlegt und auf die nachgeschaltete Leistungshalbleiter-Endstufe und/oder den zugehörigen Verbraucher abgestimmt ist.
1.2 Interpretation des erteilten Anspruchs 1
Im erteilten Anspruch 1 werden die Begriffe "Interface-Einrichtung", "Rechner-" bzw. "Rechensystem", "recht zeitkritische Veränderung der physikalischen Größe", "weniger zeitkritische Veränderung der physikalischen Größe" sowie "programmierbare Sicherungsfunktion" verwendet, die nach Auffassung der Kammer vage und daher interpretationsbedürftig sind.
Unter dem Begriff Interface-Einrichtung wird in Übereinstimmung mit Spalte 3, Zeilen 45 bis 55 der Patentschrift eine hardwarenahe Schaltungsvorrichtung verstanden, über die an den Leistungshalbleiter-Endstufen auftretende physikalische Größen wie z.B. die elektrische Spannung, der elektrische Strom und die Temperatur erfasst werden und den jeweiligen Rechnersystemen zugeführt werden. Bei einer unzulässigen, recht zeitkritischen Veränderung dieser Größen erfolgt eine entsprechende Reaktion direkt durch die Hardware der betroffenen Interface-Einrichtung, z.B. durch Abschaltung.
Der Begriff "Rechensystem" scheint versehentlich für den Begriff "Rechnersystem" verwendet worden zu sein und wird als Synonym für "Rechnersystem" angesehen.
Ein Rechnersystem ist in Übereinstimmung mit der Patentschrift, Spalte 4, Zeilen 7 bis 14 und 22 bis 26 sowie Spalte 3, Zeile 56 bis Spalte 4, Zeile 4 ein vorzugsweise begrenzt leistungsfähiger Mikrocomputer mit einer Software, in der eine Sicherungsfunktion hinterlegt, d.h. über den zum (vorgeschalteten) Mikrocomputer bestehenden Kommunikationskanal programmiert ist.
Der Patentschrift sind keine näheren Angaben darüber zu entnehmen, wie sich recht zeitkritische Veränderungen von weniger zeitkritischen Veränderungen physikalischer Größen unterscheiden. Die Kammer interpretiert diese Begriffe daher dahingehend, dass es sich um unterschiedliche Veränderungen physikalischer Größen handelt.
Der Begriff "programmierbare Sicherungsfunktion" wird in Übereinstimmung mit der Patentschrift, Spalte 3, Zeilen 17 bis 23 und Spalte 5, Zeilen 10 bis 15 so interpretiert, dass die Sicherungseigenschaften durch Abstimmung der Sicherungsfunktion auf die nachgeschaltete Leistungshalbleiter-Endstufe und/oder den zugehörigen Verbraucher anpassbar sind.
1.3 Dokumente D7 und D7a
Die Beschwerdegegnerin hat während des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens und in ihrer Beschwerdeerwiderung bestritten, dass das Dokument D7, ein Datenblatt der Motorola, Inc. für den Schaltkreis MC33298, der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Patents zugänglich geworden ist. Die Beschwerdeführerin hat daraufhin D7a, eine ältere Version des Datenblatts für den gleichen Schaltkreis, eingereicht. Dieses inhaltlich mit Dokument D7 weitgehend übereinstimmende Dokument ist mit einem Copyright-Vermerk " Motorola, Inc. 1994" versehen. Ferner ist auf der letzten Seite "Printed in USA (4/94)" vermerkt.
In Ausübung ihres Ermessens lässt die Kammer das Dokument D7a im Verfahren zu. Die Beschwerdegegnerin hat hiergegen keine Einwände erhoben und die öffentliche Zugänglichkeit von D7a nicht bestritten. Zwar kann bei von Firmen gedruckten Dokumenten wie Datenblättern oder Werbeprospekten nicht immer ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie an die Öffentlichkeit gelangt sind. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Dokument D7a um das Datenblatt eines renommierten Unternehmens für ein offensichtlich zum Massenvertrieb bestimmtes Produkt handelt und dass das Druckdatum dieses Datenblatts mehr als zweieinhalb Jahre vor dem Prioritätstag des Patents liegt. In Ermangelung jeglichen Anhaltspunkts, der insoweit zu Zweifeln Anlass geben könnte, ist die Kammer davon überzeugt, dass D7a der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Patents zugänglich war. Dies bedeutet, dass die in D7 enthaltenen technischen Informationen zumindest insoweit, als sie sich mit den in D7a enthaltenen Informationen decken, zum Stand der Technik gehören.
1.4 Erfinderische Tätigkeit
D7a bzw. D7 wird als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass die nachfolgend unter Bezugnahme auf D7 näher dargestellten technischen Informationen in gleicher Weise auch in D7a enthalten sind. D7 ist eine in einem integrierten Baustein enthaltene Schaltungsanordnung mit einem Leistungsschalter zu entnehmen, die zwischen einen Mikrocontroller und mehrere Verbraucher geschaltet werden kann. Die Schaltungsanordnung umfasst mehrere MOSFETs (siehe D7, Seite 9, rechte Spalte), denen jeweils ein Schaltungskomplex mit einem "Gate Control", einem "Open Load Detect", einem "Short Circuit Detect" und einem "Over Temperature Detect" zugeordnet ist. Signale der Detect-Einheiten werden dem "Gate Control" zur Ansteuerung zugeführt (siehe D7, Figur 1). Diese verschiedenen Schutzschaltungen sind mit unterschiedlichen Zeitkonstanten versehen. Über eine Strombegrenzungsschaltung wird der Ausgangsstrom der Schaltungsanordnung überwacht und begrenzt. Ferner wird die Spannung am Drain des MOSFETs überwacht. Schließlich wird die Temperatur des Bausteins gemessen (siehe D7, Seite 14, rechte Spalte, 4. Absatz).
Über eine Interface-Logik ist das "Gate Control" mit dem Mikrocontroller verbunden. Der Baustein kommuniziert mit dem Mikrocontroller unter Verwendung eines Protokolls (siehe D7, Seite 10, linke Spalte, letzter Absatz). Vom Mikrocontroller wird dabei ein Datenwort eingelesen, das in einem Shiftregister abgelegt und über eine Logik abgearbeitet wird (siehe D7, Seite 9, Figur 11 und zugehörige Beschreibung). Dadurch können die Zustände der Ausgänge individuell vorgegeben, d.h. über einen Kommunikationskanal programmiert werden (siehe D7, Seite 9, rechte Spalte, letzter Absatz). Der Baustein ist insbesondere für Automobilanwendungen geeignet (siehe D7, Seite 1, zweiter Satz).
Der aus D7 bzw. D7a bekannte Schaltungskomplex wird über die verschiedenen Detect-Einheiten mit zumindest einem einer der zugeordneten Leistungshalbleiter-Endstufen zugehörigen physikalischen Größe, zum Beispiel der Temperatur, entsprechenden Wert beaufschlagt. Der Schaltungskomplex reagiert unabhängig vom Systemtakt oder irgendeinem logischen Signal, d.h. direkt durch die Hardware, auf eine Überhitzung des Bausteins, die als unzulässige, recht zeitkritische Veränderung der physikalischen Größe Temperatur anzusehen ist (siehe D7, Seite 13, rechte Spalte, vorletzter Absatz).
Auf ein unzulässiges Anwachsen des Ausgangsstroms, das als weniger zeitkritische Veränderung dieser physikalischen Größe anzusehen ist, reagiert der Schaltungskomplex durch eine Stromlimitierung auf 3 bis 6 Ampere (siehe D7, Seite 14, rechte Spalte, letzter Absatz), falls der Stromlimitierungsmodus durch den Mikrocontroller aktiviert ist. Die Aktivierung des Stromlimitierungsmodus erfolgt über den SFPD-Pin durch Einstellen des Zustands am Ausgang, so dass beispielsweise beim Einschalten einer Glühlampe, bei dem ein höherer Strom auftritt und zugelassen werden soll, der Stromlimitierungsmodus deaktiviert werden kann. In diesem Zustand ist nur der Überhitzungsschutz aktiv (siehe D7, Seite 15, Abschnitt mit dem Titel "SFPD-Pin voltage selection"). Die Sicherungsfunktion ist somit über einen parallelen Ausgang des Mikrocontrollers, der die Spannung am SFPD-Pin steuert, programmierbar (siehe D7, Seite 15, rechte Spalte, 2. Absatz). Die Verbindung zwischen dem Mikrocontroller und dem SFPD-Pin stellt einen Kommunikationskanal dar.
Die Schaltungsanordnung gemäß erteiltem Anspruch 1 unterscheidet sich von dem aus D7a bzw. D7 bekannten integrierten Schaltkreis somit nur durch die Aufteilung des Schaltungskomplexes in ein Rechnersystem und eine Interface-Einrichtung. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Aufteilung konkret-gegenständlich oder abstrakt-funktional zu verstehen ist. Selbst im Falle einer Interpretation im Sinne einer konkret-gegenständlichen Aufteilung kann keine erfinderische Tätigkeit darin liegen, die in dem aus D7a bzw. D7 bekannten integrierten Schaltkreis durch den Einsatz von Hardwarekomponenten, auswählbaren, abgespeicherten Sicherungsfunktionen, die Ansteuerung durch einen Mikrocontroller sowie die Verwendung von Adressspeichern und Logikeinheiten realisierten Funktionen gegenständlich zu trennen, da es sich insoweit um eine naheliegende Design-Option handelt.
Da die von der Beschwerdegegnerin der Aufteilung in Rechnersystem und Interface-Einrichtung zugeschriebene Wirkung, dass der vorgeschaltete Mikrocomputer von Schutzfunktionen entlastet werde und somit kostengünstiger ausgeführt werden könne, auch bei Verwendung des aus D7a bzw. D7 bekannten Schaltungskomplexes erzielt wird, kann es dahingestellt bleiben, ob das Gate Control dem Rechnersystem und die Detect-Einheiten der Interface-Einrichtung entsprechen, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen und von der Beschwerdegegnerin bestritten wurde.
Zu dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass D7a bzw. D7 keine programmierbare Sicherungsfunktion zu entnehmen sei, da in der aus D7a bzw. D7 bekannten Schaltungsanordnung über das Eingabewort nur der Zustand der Ausgänge beeinflussbar sei und somit nur bereits in dem Schaltungskomplex hinterlegte Sicherheitsfunktionen ein- bzw. ausgeschaltet werden könnten, worin keine Programmierbarkeit zu sehen sei, stellt die Kammer fest, dass, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, die einfachste Form eines Programms darin besteht, eine Entscheidung bezüglich eines Parameters zu treffen und in Abhängigkeit des Ergebnisses dieser Entscheidung unterschiedliche Schritte auszuführen. Die Aktivierung des Strombegrenzungsmodus über die an dem SFPD-Pin anliegenden Spannungspegel stellt einen solchen Entscheidungsablauf dar, so dass D7a bzw. D7 nach Auffassung der Kammer eine in diesem Sinne programmierbare Sicherungsfunktion zu entnehmen ist. Dieses Merkmal kann somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
2. Hilfsantrag
2.1 Zulassung
Der Hilfsantrag wurde erst in der mündlichen Verhandlung, d.h. in einem sehr späten Stadium des Beschwerdeverfahrens eingereicht. Es liegt somit gemäß Artikel 10b (1) VOBK im Ermessen der Kammer, den Hilfsantrag im Verfahren zuzulassen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag entspricht einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 3 und ist auf einen Gegenstand gerichtet, der bereits in der Einspruchsschrift (Seite 20) explizit angegriffen worden ist. Der Hilfsantrag führt somit keinen neuen, für die Beschwerdeführerin überraschenden Sachverhalt ins Verfahren ein. Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen keine Einwände gegen die Zulassung des Hilfsantrags vorgebracht.
Unter diesen Umständen übt die Beschwerdekammer ihr Ermessen zugunsten der Beschwerdegegnerin aus und lässt den verspätet eingereichten Hilfsantrag zu.
2.2 Interpretation
Bezüglich der mit dem erteilten Anspruch 1 übereinstimmenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag wird auf die Interpretation unter Punkt 1.2 verwiesen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag umfasst darüber hinaus die Einschränkung, dass die Interface-Einrichtung als sogenannter ASIC-Baustein und das Rechnersystem als gegenüber dem Mikrocomputer begrenzt leistungsfähiger d.h. mit den zugeordneten Steuerungs- und Überwachungsaufgaben voll ausgelasteter Mikrocomputer ausgebildet ist.
Die Kammer stellt fest, dass der Begriff Mikrocomputer im Anspruch 1 zweifach verwendet wird. Zum einen handelt es sich um den Mikrocomputer, der die Leistungshalbleiter-Endstufe beeinflusst und mit dem Schaltungskomplex kommuniziert, zum anderen wird der Begriff für eine Ausgestaltung des Rechnersystems verwendet. Offensichtlich bezeichnet der Mikrocomputer, der zur Ausgestaltung des Rechnersystems verwendet wird, einen anderen technischen Gegenstand als der zuerst genannte Mikrocomputer. Er wird als begrenzt leistungsfähig bezeichnet, wobei dieser an sich vage Begriff durch den Zusatz "mit den zugeordneten Steuerungs- und Überwachungsaufgaben voll ausgelastet" erläutert wird.
Zur Interpretation des Begriffs "begrenzt leistungsfähiger Mikrocomputer" ist die Beschreibung heranzuziehen. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung, dass das Rechnersystem einen Adressspeicher, einen Datenbus und eine Logik zur Verarbeitung der Speicherinhalte aufweisen muss, um die programmierbare Sicherungsfunktion speichern und deren Ablauf ansteuern zu können. Nach Auffassung der Kammer umfasst ein begrenzt leistungsfähiger Mikrocomputer, wie er der Beschreibung zu entnehmen ist, weniger Merkmale, als der Fachmann unter dem Begriff Mikrocomputer üblicherweise verstehen würde. Im Lichte der Beschreibung erkennt der Fachmann, dass für den Mikrocomputer in dem Rechnersystem anstelle eines Prozessors eine Logik zur Verarbeitung der Speicherinhalte ausreichend ist, und würde, da in der Technik stets ein verringerter Aufwand angestrebt wird, den Begriff "begrenzt leistungsfähiger Mikrocomputer" so verstehen.
2.3 Erfinderische Tätigkeit
Bezüglich der mit dem erteilten Anspruch 1 übereinstimmenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag wird auf die Argumentation unter Punkt 1.4 verwiesen.
Die aus D7a bzw. D7 bekannte Schaltungsanordnung ist für Automobilanwendungen geeignet (siehe D7, Seite 1, 1. Absatz). In diesem Sinne ist sie applikationsspezifisch und stellt somit einen ASIC-Baustein dar. Die Ausbildung der Komponenten des Schaltungskomplexes, die die Funktion der Interface-Einrichtung erfüllen, als sogenannter ASIC-Baustein ist daher ausgehend von D7a bzw. D7 naheliegend und kann keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Der aus D7a bzw. D7 bekannte Schaltungskomplex weist mindestens ein Shiftregister, das einen Speicher darstellt, und eine Logik zur Verarbeitung der in das Shiftregister eingelesenen Inhalte auf. Ferner wird über die Logik ein Programmablauf gesteuert. Die Ausgänge der Schaltungsanordnung sind über das Einlesen eines Eingabeworts programmierbar. Der Schaltungskomplex aus D7a bzw. D7 erfüllt somit die Funktionen eines begrenzt leistungsfähigen Mikrocomputers, wobei der Begriff wie im Punkt 2.2 ausgeführt interpretiert wird. Die Ausbildung des Rechnersystems als begrenzt leistungsfähigen Mikrocomputer kann somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag erfüllt somit nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
3. Da keine weiteren Anträge vorlagen, war die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.