T 0287/05 () of 30.6.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T028705.20090630
Datum der Entscheidung: 30 Juni 2009
Aktenzeichen: T 0287/05
Anmeldenummer: 98119748.6
IPC-Klasse: F02M 25/07
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 50 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur Abgasrückführung für einen Verbrennungsmotor
Name des Anmelders: Behr GmbH & Co. KG
Pierburg GmbH
Name des Einsprechenden: Gustav Wahler GmbH u. Co. KG
Modine Europe GmbH
DaimlerChrysler AG
Cooper-Standard Automotive (Deutschland) GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 123
European Patent Convention 1973 Art 111
European Patent Convention 1973 Art 114
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Zulässigkeit - Einreichen einer Vielzahl unsubstantiierter Hilfsanträge
Zulässigkeit - Hilfsanträge 1, 2 (bejaht)
Zulässigkeit - spät im Beschwerdeverfahren zitierte Druckschriften bzw. mündliche Offenbarung (verneint)
Neuheit - Haupt-, Hilfsantrag 1 (verneint)
Neuheit - Hilfsantrag 2 (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/91
T 0644/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat mit der Entscheidung vom 3. Januar 2005 festgestellt, dass das europäische Patent 0 916 837 im Umfang des Hilfsantrages 2 den Erfordernissen des europäischen Patentübereinkommens genüge.

II. Gegen das Patent waren vier Einsprüche eingelegt worden, mit denen die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100a EPÜ 1973 und der unzulässigen Erweiterung nach Artikel 100c 1973 geltend gemacht worden sind.

Im Prüfungs- und Einspruchsverfahren spielten insbesondere die folgenden Unterlagen eine Rolle:

P: DE-A-2 802 095;

E10: JP 9-88727 (E10*: Maschinenübersetzung der E10);

E11: "Senkung von Diesel-Emissionen durch Rückführung von gekühltem Abgas", Reiner Lutz, Seiten IV VI, ATC Automobiltechnische Zeitschrift 99 (1997);

E3: DE-U-29 611 034;

D2: Unterlagen zu einer Präsentation bei Ford;

D3: Eidesstattliche Versicherung;

D7: JP-A-08 014 114;

D8: JP-A-09 079 094.

Die Einspruchsabteilung befand, dass der erteilte Anspruch 1 des Hauptantrages unzulässig erweitert worden sei und dass der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages 1 im Hinblick auf Druckschrift E10 nicht neu sei.

Mit Schreiben vom 5. November 2005, also ca. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, hatten die Patentinhaberinnen 27 Hilfsanträge ohne Substantiierung eingereicht. Die Einspruchsabteilung hat es abgelehnt, sämtliche Hilfsanträge zum Verfahren zuzulassen, weil dadurch eine Gleichbehandlung aller Parteien nicht mehr gewährleistet werden könnte. Insbesondere würde eine Stellungnahme zu einer solch großen Anzahl von Hilfsanträgen einen unzumutbaren Aufwand für die Einsprechenden mit sich bringen, zumal die Ansprüche zusätzliche, nicht recherchierte Merkmale aufwiesen und der Zweck der Änderungen nicht angegeben sei. Die Einspruchsabteilung hat den Patentinhaberinnen aber während der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben, weitere Hilfsanträge einzureichen. Von den drei eingereichten Hilfsanträgen wurde der zweite für gewährbar befunden.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende I (Beschwerdeführerin I) am 22. Februar 2005 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 27. April 2005 eingegangen.

Auch die Einsprechende II (Beschwerdeführerin II) hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, die am 25. Februar 2005 zusammen mit der Beschwerdegebühr eingegangen ist. Die Beschwerdebegründung ist am 24. März 2005 eingegangen.

Die Patentinhaberinnen haben am 28. Februar 2005 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 13. Mai 2005 eingegangen.

Einsprechende IV (Beschwerdeführerin IV) hat am 3. März 2005 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 13. Mai 2005 eingegangen.

IV. Mit der am 13. Mai 2005 eingegangenen Beschwerdebegründung haben die Patentinhaberinnen beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten und angekündigt, dass sie im weiteren Beschwerdeverfahren Hilfsanträge zu stellen beabsichtigen, allerdings abwarten wollten, bis die Einsprechenden ihre Beschwerden begründet hätten. Sie haben sich insbesondere vorbehalten, die Hilfsanträge 1 bis 3 der angefochtenen Entscheidung im Beschwerdeverfahren weiterzuverfolgen.

Mit der Erwiderung auf die Beschwerden der Einsprechenden I, II, IV haben sie keine neuen Hilfsanträge eingereicht. Mit Schreiben vom 29. Mai 2009, also ca. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, haben sie Hilfsanträge 1 bis 41 "zu den Akten gereicht".

V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat am 30. Juni 2009 stattgefunden, in der die Patentinhaberinnen die Hilfsanträge 1 bis 13 zurückgenommen haben und die Kammer die Hilfsanträge 14 und 15 als Hilfsanträge 1 und 2 zum Verfahren zugelassen hat, nicht jedoch die Unterlagen D2 und D3 und die Druckschriften D7 und D8. Wie schriftlich angekündigt, waren die Beschwerdeführerin I (Einsprechende I) und die Verfahrensbeteiligte (Einsprechende III) nicht erschienen. Da sie aber ordnungsgemäß geladen waren, wurde die mündliche Verhandlung gemäß Regel 115 (2) EPÜ ohne sie fortgesetzt.

VI. Die Beschwerdeführerinnen III (Patentinhaberinnen) beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise auf Basis der Hilfsanträge 1 bis 3, vormals Hilfsanträge 14, 15 und 17 aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdeführerinnen I, II, IV (Einsprechende I, II, IV) beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent Nr. 0 916 837 zu widerrufen.

Die Einsprechende III hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt.

VII. Anspruch 1 des Hauptantrages entspricht der erteilten Fassung und hat folgenden Wortlaut:

"Vorrichtung zur Abgasrückführung für einen Verbrennungsmotor mit einem Abgaskühler (10), der einen Strömungsweg für flüssiges Kühlmittel und einen Strömungsweg für Abgase aufweist, und mit einem die rückgeführte Abgasmenge bestimmenden, mittels eines Stellelementes (13) verstellbaren Ventil (11), wobei der Abgaskühler (10) und das Ventil (11) unmittelbar aneinander anschließen und eine Baueinheit bilden, dadurch gekennzeichnet, dass das Stellelement (13) an einem Bauteil (23, 24) des Abgaskühlers (10) angebracht ist, das von dem durch den Abgaskühler (10) strömenden Kühlmittel mitgekühlt ist".

In Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 ist angegeben worden, dass das Bauteil (23, 24) ein Flansch ist.

In Anspruch 1 des Hilfsantrages 2 ist im Vergleich zu Hilfsantrag 1 das Merkmal aufgenommen worden "dass das Ventil (11) auf der Abgaszuströmseite des Abgaskühlers (10) angeordnet ist".

VIII. Die Beschwerdeführerinnen III argumentierten im Wesentlichen wie folgt:

a) Die Hilfsanträge 1 bis 3 seien zum Verfahren zuzulassen, weil sie bereits von der Einspruchsabteilung berücksichtigt worden sind.

b) Der Gegenstand des Anspruches 1 sei bei korrekter Auslegung neu. Von dem in den Figuren 2 und 3 der E10 dargestellten Ausführungsbeispiel unterscheide er sich dadurch, dass kein Abgaskühler im Sinne des Anspruches vorhanden sei, der unmittelbar an das Ventil anschließe und mit ihm eine Baueinheit bilde und durch die kennzeichnenden Merkmale. Der Mantel des Wärmetauschers 60 sei nicht mit einem als wärmeleitendes Element ausgebildeten Flansch für das Stellelement versehen. Der Ventilschließkörper 59b und Ventilsitz 59a seien nicht auf der Abgaszuströmseite des Wärmetauschers 60 angeordnet, also vor ihm, sondern in seiner Mitte.

c) Auch die in den Druckschriften D7 und D8 offenbarten Vorrichtungen seien nicht neuheitsschädlich, weil dort kein Wärmetauscher offenbart sei, der den Zweck des in Anspruch 1 beschriebenen Abgaskühlers erfülle. Mit diesen Vorrichtungen solle das Stellelement vor Überhitzung geschützt werden, nicht aber das Abgas gekühlt werden. Deshalb seien diese Dokumente prima facie nicht relevant und sollten nicht zugelassen werden.

d) Die Unterlagen D2 und D3 zu der Präsentation bei Ford sollten nicht zugelassen werden, weil der gesamte diesbezügliche Vortrag zu unsubstantiiert sei und sich anhand dieser Unterlagen insbesondere nicht zweifelsfrei klären lasse, ob die Präsentation tatsächlich als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht gelten könne.

e) Der Gegenstand des Anspruches 1 dieser Anträge beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von der aus den Figuren 2 und 3 der E10 bekannten Vorrichtung gäbe es im Stand der Technik keine Anregung, die zugrundeliegende Aufgabe gemäß diesem Anspruch zu lösen.

IX. Die einsprechenden Beschwerdeführerinnen I, II und IV argumentierten wie folgt:

a) Das Vorgehen der Patentinhaberinnen hinsichtlich der Hilfsanträge 1 bis 41 würde einen unzumutbaren Aufwand für die Einsprechenden zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung mit sich bringen und es stelle sich die Frage, ob dieses Verhalten einen Verfahrensmissbrauch darstelle.

Auch die in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegten Hilfsanträge 1 bis 3 könnten nicht zugelassen werden, weil seit dem Einlegen der Beschwerde bis zu ihrer Einreichung mehr als 4 Jahre vergangen und auch diese Anträge in keiner Weise substantiiert worden seien.

b) Dem Gegenstand des Anspruches 1 des Haupt- und des Hilfsantrages 1 fehle es im Hinblick auf die in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 an der erforderlichen Neuheit.

c) Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrages 2 sei unzulässig erweitert worden, weil die Änderung, dass der Flansch von dem durch den Abgaskühler strömenden Kühlmittel mitgekühlt wird, nicht von den ursprünglich eingereichten Unterlagen gestützt würden. Darüber hinaus seien die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrages 2 unklar, weil sich deren Kennzeichen widersprächen.

d) Der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages 2 sei nicht neu, weil sich auch das zusätzliche Merkmal aus der Druckschrift E10 ergäbe. Weil die Ventilstange verhältnismäßig lang sei, würde der Fachmann diesen Figuren die Information entnehmen, dass das Ventil bewusst auf der Zuströmseite angeordnet werden sollte. Darüber hinaus wurde auf Figur 6 verwiesen, die einen Abgaskühler zeige, der mit dem Ventil keine Baueinheit bilden würde.

Darüber hinaus stellte die Beschwerdeführerin II die Neuheit dieses Gegenstandes im Hinblick auf die Druckschriften D7 und D8 und die Beschwerdeführerin IV im Hinblick auf die Präsentation bei Ford im Hinblick auf die Unterlagen D2 und D3 in Frage.

e) Zumindest fehle es dem Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages 2 jedoch an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit, weil er zumindest durch den Stand der Technik nahegelegt sei. In der mündlichen Verhandlung ist ausgeführt worden, dass es sich um eine naheliegende Auswahl aus höchstens drei Möglichkeiten handele. Das Ventil könne nur auf der Abgaszuström-, der Abgasabströmseite oder in der Mitte des Abgaskühlers vorgesehen werden. Die Wahl einer dieser Möglichkeiten könne eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Die beschriebene Anordnung des Ventils sei aber auch aus Bild 2 der Druckschrift E11 bekannt. Darüber hinaus offenbare diese Druckschrift diese Anordnung auch für den gleichen Zweck, weil der Fachmann erkennen würde, dass die Ausführungen zur Verschmutzung des Abgaswärmeüberträgers für alle Bauteile dieser Vorrichtung gelten würden.

Auch aus den Druckschriften E3 und der im Prüfungsverfahren genannten Druckschrift P sei die spezielle Anordnung des Ventils nach Anspruch 1 bekannt.

Die Beschwerdeführerin II machte auch geltend, dass dieser Gegenstand ausgehend von der in Druckschrift E3 offenbarten Vorrichtung im Hinblick auf die Lehre der Druckschrift E10 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhen würde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht worden und deshalb zulässig.

2. Zulässigkeit - Hilfsanträge 1 und 2

2.1 Es steht gemäß Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen.

2.1.1 Weder mit der Beschwerdebegründung noch mit der Erwiderung auf die Beschwerden der einsprechenden Beschwerdeführerinnen I, II und IV, haben die Beschwerdeführerinnen III einen Hilfsantrag zur Aufrechterhaltung des Patents gestellt. Erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer haben sie hilfsweise beantragt, das Patent auf Basis der Hilfsanträge 1-3, vormals 14, 15 und 17 aufrechtzuerhalten.

Diese neuen Anträge stellen somit eine Änderung des Vorbringen dar.

2.1.2 Hauptzweck des mehrseitigen Beschwerdeverfahrens ist nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 9/91 (Amtsblatt EPA 1993, 408, Nr. 18), der unterlegenen Partei eine Möglichkeit zu geben, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich anzufechten. Dieser Zweck umfasst also primär die Überprüfung der Entscheidung durch die Beschwerdekammer.

Im vorliegenden Fall, hat die Einspruchsabteilung über die Hilfsanträge 1 und 2 entschieden. Da sich die Beschwerdeführerinnen III im Beschwerdeschriftsatz das Recht vorbehalten haben, im Beschwerdeverfahren die Hilfsanträge 1 bis 3 der angefochtenen Entscheidung weiterzuverfolgen, haben sie zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht auf die Möglichkeit verzichten wollten, die Entscheidung der Einspruchsabteilung auch im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 3 überprüfen zu lassen. Für die einsprechenden Beschwerdeführerinnen I, II und IV konnte es deshalb keine Überraschung sein, wenn sich die Beschwerdeführerinnen III zumindest auf dieser Grundlage entsprechend der Zweckbestimmung des mehrseitigen Beschwerdeverfahrens verteidigen.

Deshalb hat die Beschwerdekammer die Hilfsanträge 1 und 2 zum Verfahren zugelassen. Aufgrund der nachfolgenden Ausführungen war es nicht erforderlich über die Zulassung des Hilfsantrages 3 zu entscheiden.

2.2 In diesem Zusammenhang legt die Beschwerdekammer Wert auf die Feststellung, dass die Nicht-Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 27 durch die Einspruchsabteilung nicht zu beanstanden ist.

2.2.1 Die Beschwerdeführerinnen III haben sowohl im Einspruchsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren jeweils kurz vor der mündlichen Verhandlung eine große Anzahl von Hilfsanträgen ohne ausreichende Substantiierung gestellt bzw. vorgelegt.

2.2.2 Die Prüfung einer solch großen Anzahl von unsubstantiierten Hilfsanträgen würde nicht nur die Organe des Amtes sondern auch die anderen Verfahrensbeteiligten unverhältnismäßig belasten. Es ist nicht deren Aufgabe Spekulationen darüber anzustellen, welchem Zweck die Änderungen dienen und auf welche Passagen sie sich in den ursprünglichen Unterlagen stützen. Es wäre äußerst schwierig, sich auf eine solche Fülle von Anträgen umfassend vorzubereiten.

3. Zulässigkeit - Druckschriften D7 und D8

3.1 Die Beschwerdebegründung bzw. die Erwiderung darauf haben gemäß Artikel 12 (2) VOBK den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten zu enthalten.

Die Druckschriften D7 und D8 sind mit dem Einspruchsschriftsatz der Einsprechenden III eingereicht worden. Im Beschwerdeverfahren wurden sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bezüglich des Hilfsantrags 2 erwähnt.

Da der auf diese Druckschriften gestützte Sachvortrag nicht mit der Beschwerdebegründung vorgebracht worden ist, gilt er als verspätet.

3.2 Deshalb ist zu prüfen, ob diese Druckschriften prima facie so hoch relevant sind, dass sie höchstwahrscheinlich der Aufrechterhaltung des Patents im geänderten Umfang auf Basis des Hilfsantrags 2 entgegenstünden. Denn nur dann könnten sie nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern zugelassen werden.

3.2.1 Beide Druckschriften zeigen ein Abgasrückführventil, bei dem das Gehäuse (D7: 2; D8: 4) eines Stellmotors von einem Ventilgehäuse (D7: 6; D8: 10A) durch ein Zwischengehäuse (D7: 12; D8: der vom Kühlrohr 14 umschlossene Gehäuseteil) getrennt sind. Das Zwischengehäuse dient zum Schutz des Motors vor Überhitzung durch das heiße Ventilgehäuse (D7: Abstract, erster Satz; D8: Abstract, letzter Satz). Dies wird dadurch erreicht, dass das Zwischengehäuse gekühlt wird, so dass der Stellmotor auf einem Gehäuse sitzt, das im Vergleich zum Ventilgehäuse eine niedrigere Temperatur aufweist. Das Zwischengehäuse dient also dazu, die Übertragung von Wärmeenergie vom Ventilgehäuse auf den Stellmotor zu verhindern.

Eine nennenswerte Kühlung des Abgases wird mit der Anordnung und Dimensionierung der Kühlelemente weder bezweckt noch erreicht. Dazu hätten diese im Bereich des Ventilgehäuses angeordnet und entsprechend dimensioniert werden müssen.

Somit offenbaren diese Druckschriften keinen Abgaskühler im Sinne des beanspruchten Gegenstandes.

3.2.2 Nach Auffassung der Kammer sind diese Druckschriften deshalb nicht so relevant, dass sie die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 prima facie in Frage stellen könnten. Deshalb hielt es die Kammer für geboten, von ihrer Befugnis nach Art. 13 (1) VOBK Gebrauch zu machen und diese Druckschriften nicht zum Verfahren zuzulassen.

4. Zulässigkeit - Präsentation (Unterlagen D2, D3)

4.1 Gemäß Artikel 13 (3) VOBK werden Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem bzw. den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist. Bei dieser Vorschrift kommt es auf die Relevanz des Vorbringens nicht an.

4.2 Die Präsentation wurde erstmalig im Beschwerdeverfahren, ca. 1 Monat vor der mündlichen Verhandlung im Hinblick darauf genannt, dass auch die Anordnung des Ventils auf der Zuströmseite bekannt gewesen sei.

4.2.1 Bei der Zulassung von sehr spät vorgebrachten mündlichen Offenbarungen als Stand der Technik hält es die Beschwerdekammer für geboten, strenge Maßstäbe anzulegen.

4.2.2 Im Hinblick auf die gegensätzlichen Standpunkte der Beteiligten hierzu hat die Beschwerdekammer erhebliche Zweifel, ob nicht nach den Umständen von einer stillschweigenden Geheimhaltungsverpflichtung bei der Präsentation ausgegangen werden muss. Aus den vorgelegten Unterlagen scheint sich zu ergeben, dass die Präsentation eher zum Zwecke einer gemeinsamen (Weiter-)Entwicklung stattfand, bei der – entgegen der Feststellung in Unterlage D3 - zumindest von einem stillschweigenden Geheimhaltungsvorbehalt auszugehen ist, und nicht etwa zur Präsentation eines fertig entwickelten Produkts. Auch ist der Unterlage D3 nicht entnehmbar, welche Funktion die "verantwortlichen Mitarbeiter" bei Ford hatten und ob diese als Öffentlichkeit anzusehen wären.

Diese Zweifel hätten im Rahmen eines rechtzeitig darauf gerichteten Vorbringens noch geklärt werden können. Die Berücksichtigung dieses Vorbringens in der mündlichen Verhandlung hätte jedoch zu einer Vertagung der Verhandlung geführt.

4.2.3 Somit konnten die zu dieser Präsentation genannten Unterlagen D2 und D3 nicht zum Verfahren zugelassen werden.

5. Hauptantrag und Hilfsantrag 1

5.1 Die Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 offenbaren einem Fachmann eine Vorrichtung zur Abgasrückführung für einen Verbrennungsmotor mit einem Abgaskühler 60, der einen Strömungsweg für flüssiges Kühlmittel 62 (siehe Absatz [0020] der Maschinenübersetzung E10*) und einen Strömungsweg für Abgase aufweist. Mit einem durch ein Stellelement 59c verstellbares Ventil 59 kann die Menge des rückgeführten Abgases geregelt werden.

In den Figuren ist deutlich zu erkennen, dass das Kühlrohr 61 das Innenrohr 58 nicht nur im Bereich der Ventilschließelemente 59a und 59b umschließt, sondern über einen längeren Bereich. Deshalb werden die Abgase durch das Kühlwasser im Mantel 61a gekühlt. Da der Ventilsitz 59a des Ventils 59 auf der Innenseite des Abgasrohres 58 angeordnet ist und dieses Rohr gleichzeitig die Innenbegrenzung des Abgaskühlers 60 ist, schließen das Ventilgehäuse und der Abgaskühler unmittelbar aneinander an und bilden eine Baueinheit.

Den Figuren ist auch entnehmbar, dass das Stellelement 59c an der Außenwand des Kühlers 60 angeordnet ist. Zwar wird nicht explizit beschrieben oder gezeigt, wie das Stellelement mit dem Rohr verbunden ist. Dies ist aber auch nicht erforderlich, weil der Fachmann weiß, dass zur lösbaren Verbindung zweier Maschinenteile definierte Montageflächen erforderlich sind. Solche Flächen werden üblicherweise als Flansch bezeichnet. Ein Flansch dient der Positionierung von Bauteilen und der Übertragung von Kräften zwischen ihnen. Dies ist auch zwischen dem Stellelement 59c und dem Kühler 60 erforderlich. Deshalb ist für den Fachmann in dieser Druckschrift implizit ein Stellelement offenbart, das an einem Flansch des Abgaskühlers angebracht ist und von dem durch den Abgaskühler strömenden Kühlmittel mitgekühlt wird.

5.2 Somit sind sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Haupt- und Hilfsantrages 1 aus dieser Druckschrift bekannt, so dass dessen Gegenstand nicht mehr neu ist (Artikel 54 (2) EPÜ 1973) und keinem dieser Anträge stattgegeben werden konnte.

6. Hilfsantrag 2

6.1 Artikel 123 (2) EPÜ 1973

6.1.1 Anspruch 1 dieses Antrages wurde im Vergleich zu dem auf Anspruch 2 rückbezogenen Anspruch 4 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung folgendermaßen geändert:

a) Der Abgaskühler weist einen Strömungsweg für flüssiges Kühlmittel und einen Strömungsweg für Abgase auf: diese Änderung ist in den Absätzen [0014] und [0015] der veröffentlichten Anmeldung offenbart.

b) Das Bauteil des Abgaskühlers an dem das Stellelement angebracht ist, ist ein Flansch: diese Änderung ist in Spalte 3, Zeilen 43-46 und 54-56 offenbart.

c) Der Flansch wird von dem durch den Abgaskühler strömenden Kühlmittel mitgekühlt: gemäß dem ursprünglichen Anspruch 2 steht das Bauteil, an dem das Stellelement befestigt ist mit dem Abgaskühler in wärmeleitender Verbindung. Deshalb wird bei der Ausführungsform gemäß den Figuren 1 und 2 das Bauteil, d. h. der Flansch 23, von dem durch den Abgaskühler strömenden Kühlmittel mitgekühlt. Dies ist auch bei der Ausführungsform nach den Figuren 3 und 4 der Fall, wo das Kühlmittel nicht nur den Abgaskühler kühlt, sondern auch den Flansch 24 durchströmt und mitkühlt. Auch diese Änderung ist somit ursprünglich offenbart.

6.1.2 Damit verstoßen die Änderungen in Anspruch 1 nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ 1973.

6.2 Artikel 84 EPÜ 1973

In Anspruch 2 des Hilfsantrages 2 wird durch die Verwendung des unbestimmten Artikels vor "Bauteil" der Eindruck erweckt, dass es sich dabei um ein, im Vergleich zu dem in Anspruch 1 genannten, weiteres Bauteil handeln würde. Da eine solche Ausführungsform in der Patentschrift weder dargestellt noch beschrieben ist, widersprechen sich diese Ansprüche.

Weil diese Unklarheit jedoch nicht auf eine Änderung im Einspruchsverfahren zurückgeht, konnte sie im Beschwerdeverfahren nicht weiter berücksichtig werden (siehe hierzu die oben genannte Entscheidung G 9/91, Nr. 19).

Für den Fachmann ergibt sich allerdings eindeutig aus den Zeichnungen und der Verwendung der Bezugszeichen, dass es sich bei dem in Anspruch 2 genannten Bauteil um dasselbe Bauteil des Anspruch 1 handelt, welches mit einem oder mehreren Kanälen für das Kühlmittel versehen ist.

6.3 Neuheit

6.3.1 Nach dem Wortlaut des letzten Merkmals des Anspruches 1 muss das Ventil auf der Abgaszuströmseite des Abgaskühlers angeordnet sein. Das Ventil muss also stromaufwärts vor dem Abgaskühler liegen, weil nur dort das Abgas dem Abgaskühler zuströmt.

Bei der in den Figuren 2 und 3 der in 10 dargestellten Vorrichtung sitzen die Ventilschließelemente 59a, 59b des Ventils 59 jedoch in der Mitte des Abgaskühlers.

6.3.2 Somit ist der Gegenstand des Anspruches 1 dieses Hilfsantrages neu gegenüber dem geltend gemachten Stand der Technik (Artikel 54 (2) EPÜ 1973).

6.4 Erfinderische Tätigkeit

6.4.1 Den nächstliegenden Stand der Technik bildet die in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 dargestellte Vorrichtung zur Abgasrückführung für einen Verbrennungsmotor.

Im Gegensatz dazu ist in Druckschrift E3 keine zur Abgasrückführung bei einem Verbrennungsmotor geeignete Vorrichtung beschrieben, die ein die rückgeführte Abgasmenge bestimmendes Ventil aufweist. Vielmehr soll mit dieser Anordnung die Aufheizung des Motorblocks des Verbrennungsmotors nach dem Starten erheblich beschleunigt werden. Deshalb kommt diese Anordnung nicht als nächstliegender Stand der Technik in Betracht.

6.4.2 Aufgabe

a) Gemäß der gefestigten Rechtssprechung der Beschwerdekammern wird bei der objektiven Ermittlung der erfindungsgemäß gelösten technischen Aufgabe zunächst von der in der Patentschrift formulierten Aufgabe ausgegangen. Erst wenn sich herausstellt, dass diese nicht gelöst wird oder wenn ein unzutreffender Stand der Technik zu ihrer Definition herangezogen wurde, muss untersucht werden, welche andere technische Aufgabe objektiv bestand (siehe beispielsweise T 644/97 vom 22. April 1999, 2.3., erwähnt in "Rechtssprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts" 5. Auflage, 2006, Seite 148).

b) In der Beschreibungseinleitung der Patentschrift ist die oben genannte, den nächstliegenden Stand der Technik offenbarende Druckschrift E10 nicht aufgeführt. Offensichtlich wurde zur Definition der in der Anmeldung genannten Aufgabe ein anderer Stand der Technik herangezogen, der nicht den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert. Deshalb muss untersucht werden, welche andere technische Aufgabe objektiv bestand.

c) Der Gegenstand des Anspruches 1 unterscheidet sich von der aus den Figuren 2 und 3 der E10 bekannten Vorrichtung nur dadurch, dass das Ventil auf der Abgaszuströmseite des Abgaskühlers angeordnet ist. Damit wird erreicht, siehe Patentschrift [0007], dass die Gefahr des Festsetzens von Abgasrückständen am Ventil und seinen Elementen relativ gering ist.

d) Deshalb bestand die zu lösende technische Aufgabe darin, die Vorrichtung gemäß den Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 derart auszubilden, dass sich die Gefahr des Festsetzens von Abgasrückständen am Ventil und seinen Elementen verringert, ohne das Stellelement thermisch stärker zu belasten.

6.4.3 Nicht naheliegende Lösung

a) Selbst wenn es zutreffend wäre, dass es nur drei Möglichkeiten zur Anordnung des Ventils gäbe, hat die Argumentation der Einsprechenden, es sei naheliegend, eine daraus auszuwählen, die Kammer nicht überzeugt. Denn nach der ständigen Rechtssprechung der Beschwerdekammern kommt es nicht darauf an, ob der Fachmann den beanspruchten Gegenstand hätte auffinden können, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrundeliegenden technischen Aufgabe bzw. gerade in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich getan hätte. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.

b) Druckschrift E11

i) Der Fachmann würde die Anordnung des Ventils nach Bild 2 der E11 nicht auf die Vorrichtung der Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 übertragen, weil es sich um verschiedene Systeme handelt. In Bild 2 der E11 wird ein Hochdrucksystem dargestellt, bei dem das Rückführventil zwischen dem Motorauslaß und einer Turbine angeordnet ist. Demgegenüber handelt es sich bei dem in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 gezeigten System um ein Niederdrucksystem, bei dem das Rückführventil nach der Turbine angeordnet ist.

Zwar wird im letzten Satz der Systembeschreibung 2 der Druckschrift E11 auch erwähnt, dass eine Abgasrückführung im Niederdruckbereich möglich sei, dass damit aber Verschmutzungs- und Korrosionserscheinungen im Verdichter und im Ladeluftkühler verbunden seien.

Schon aus diesem Grund hatte der Fachmann keine Veranlassung, die Lehre der Druckschrift E11 zu berücksichtigen.

ii) Aber selbst wenn er dies getan hätte, z.B. weil zumindest der Aspekt der oben genannten Aufgabe, Verschmutzungen zu vermeiden, dort angesprochen ist, würde ihn die Anwendung dieser Lehre zu einer im Vergleich zum beanspruchten Gegenstand anderen Vorrichtung führen. Dann würde er nämlich bei der in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift E10 gezeigten Vorrichtung im Mantelraum des Wärmetauschers 60 Winglets vorsehen, womit aber nicht Verschmutzungen im Ventilsitzbereich vermieden würden.

c) Auch aus den Druckschriften E3 und P ist es nicht bekannt, zur Vermeidung eines Festsetzens von Abgasrückständen am Ventil dieses unmittelbar vor dem Abgaskühler anzuordnen. Deshalb hatte der Fachmann auch keine Veranlassung, diese Druckschriften zu berücksichtigen.

d) Deshalb ergibt sich der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages 2 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

6.5 Da die Beschreibung noch nicht an den Anspruchssatz des Hilfsantrages angepaßt worden ist, hat die Kammer die Sache gemäß Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ 1973 an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen, damit dies dort erfolgt.

7. Hilfsantrag 3

Bei dieser Sachlage war es nicht erforderlich, den Hilfsantrag 3 zu berücksichtigen.

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Entscheidungsformel

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die 1. Instanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Ansprüchen und Zeichnungen und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 6 des Hilfsantrages 2 (vormals Hilfsantrag 15);

- Zeichnungen: Figuren 1 bis 4, wie erteilt.

Quick Navigation