T 0159/05 (Zündsatz/DELPHI) of 15.12.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T015905.20091215
Datum der Entscheidung: 15 Dezember 2009
Aktenzeichen: T 0159/05
Anmeldenummer: 01103794.2
IPC-Klasse: C06C 7/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anzündelement und fein abstufbare Zündsätze
Name des Anmelders: Delphi Technologies, Inc.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit (ja) - nach Einschränkung
Zurückverweisung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die am 24. Juni 2004 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung EP 01 103 794 zurückzuweisen. Diese Patentanmeldung ist eine Teilanmeldung der früheren Anmeldung EP 95 932 725.

II. Die Prüfungsabteilung befand, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4 nicht neu sei im Hinblick auf jede der Entgegenhaltungen D1 und D3.

Der Gegenstand des Anspruchs 6 sei nicht neu im Hinblick auf jede der Entgegenhaltungen D2, D4 und D6.

Die Gegenstände der Ansprüche 7 und 8 seien ihrerseits nicht neu im Hinblick auf jede der Entgegenhaltungen D2, D4 und D6.

D1: DE 4 302 476 A;

D2: FR 2 015 074 A;

D3: FR 2 612 177 A;

D4: GB 788 025 A;

D5: DE 1 238 824 B;

D6: US 3 017 300 A;

D7: US 3 865 008.

III. Der Anmelder hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung mit Schreiben vom 16. August 2004 Beschwerde eingelegt. Zusammen mit der Beschwerdebegründung vom 4. November 2004 hat der Beschwerdeführer einen Satz von geänderten Ansprüchen 1 bis 9 eingereicht.

IV. Die unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 6 des geänderten Anspruchssatzes lauten wie folgt:

"1. Zündsatz, dadurch gekennzeichnet, dass er aus mindestens einem Initialsprengstoff, ausgewählt aus Bleiazid, Diazodinitrophenol, Silberazid, Pikrat oder Trizinat, vorzugsweise aus Bleipikrat, mindestens einem wärmeableitenden Zusatz, ausgewählt aus Zirkon, Aluminium, Titan, Ferrotitan, aus den Boriden und Hydriden der genannten Metalle, vorzugsweise aus Zirkon, Zirkonborid oder Zirkonhydrid, einem Oxidationsmittel, ausgewählt aus Alkali-, Erdalkalinitraten, Alkali-, Erdalkalichloraten oder -perchloraten, vorzugsweise aus KClO3 oder KClO4 und einem Bindemittel, ausgewählt aus Polyvinylacetat, Polysulfon oder Polyethersulfon, vorzugsweise Polyvinylacetat, besteht."

"4. Zündsatz, dadurch gekennzeichnet, dass er aus einem wärmeableitenden Initialsprengstoff, einem Bindemittel mit einer Temperaturbeständigkeit > 85 ºC und gegebenenfalls wärmeableitenden Zusätzen, ausgewählt aus Zirkon, Aluminium, Titan, Ferrotitan, aus den Boriden und Hydriden der genannten Metalle, vorzugsweise aus Zirkon, Zirkonborid oder Zirkonhydrid, besteht."

"6. Zündsatz, dadurch gekennzeichnet, dass er aus einem Bestandteil, der heiße Reaktionspartikel erzeugt, einem Oxidationsmittel und einem Bindemittel mit einer Temperaturbeständigkeit > 85 ºC besteht."

Die abhängigen Ansprüche 2, 3, 5, 7 und 9 betreffen besondere Ausführungsarten der Zündsätze gemäß den jeweils übergeordneten unabhängigen Ansprüchen 1, 4 oder 6.

V. Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:

Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüche 1 bis 3 seien im Hinblick auf die Auswahl der wärmeableitenden Zusätze und die Auswahl der Oxidationsmittel vervollständigt worden. In keinem der Dokumente D1, D3, D5 und D7 seien Zündsätze offenbart, die ausschließlich aus den erfindungsgemäßen Initialsprengstoffen, wärmeableitenden Zusätzen, Oxidationsmitteln und Bindemitteln bestünden.

Im Anspruch 4 seien sowohl die Bindemittel, als auch die gegebenenfalls vorhandenen wärmeableitenden Zusätze näher spezifiziert worden. Außerdem sei die Anwesenheit von weiteren Bestandteilen ausgeschlossen worden. Im Dokument D1 werde ein körniger Inertstoff beschrieben, der nicht den erfindungsgemäß vorgesehenen wärmeableitenden Zusätzen entspreche.

In den Anspruch 6 sei das Merkmal der Anwesenheit eines Bindemittels mit einer Temperaturbeständigkeit > 85 ºC aufgenommen worden. Solche Bindemittel würden in den Dokumenten D1, D4 und D6 nicht offenbart.

Somit seien die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 6 neu. Da der Fachmann keine Veranlassung gehabt habe, die in diesen Ansprüchen angegebenen Bestandteile für einen Zündsatz ernstlich in Erwägung zu ziehen, beruhten die Ansprüche auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Der Beschwerdeführer beantragt, die Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 4. November 2004, zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen der Ansprüche

1.1 Der unabhängige Anspruch 1 beruht auf dem Anspruch 13 der ursprünglich eingereichten Stammanmeldung WO 96/08454 (= EP 95 932 725).

Die spezifische Auswahl der Bestandteile ist an folgenden Textstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart:

Initialsprengstoffe: Seite 3, Zeilen 13 - 15, sowie Anspruch 14.

Wärmeableitender Zusatz: Seite 3, Zeilen 5 - 10, sowie Anspruch 20.

Oxidationsmittel: Seite 3, Zeilen 15 - 18.

Bindemittel: Seite 3, Zeilen 22 - 25, sowie Anspruch 22.

Der abhängige Anspruch 2 beruht auf dem Anspruch 23 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Der abhängige Anspruch 3 beruht auf Seite 3, Zeilen 29 - 33 und Seite 5, Zeilen 6 - 7, sowie Anspruch 24 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

1.2 Der unabhängige Anspruch 4 beruht auf dem Anspruch 15 der ursprünglich eingereichten Stammanmeldung WO 96/08454 (= EP 95 932 725).

Dass das Bindemittel eine Temperaturbeständigkeit > 85 ºC aufweisen soll, ist auf Seite 3, Zeilen 18 - 22 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart.

Die spezifische Auswahl der wärmeableitenden Zusätze geht aus Seite 3, Zeilen 5 - 10, sowie aus dem Anspruch 20 hervor.

Der abhängige Anspruch 5 beruht auf dem Anspruch 16 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

1.3 Der unabhängige Anspruch 6 beruht auf dem Anspruch 18 der ursprünglich eingereichten Stammanmeldung WO 96/08454 (= EP 95 932 725).

Dass das Bindemittel eine Temperaturbeständigkeit > 85 ºC aufweisen soll, ist auf Seite 3, Zeilen 18 - 22 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart.

Der abhängige Anspruch 7 beruht auf dem Anspruch 19 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Der abhängige Anspruch 8 beruht auf dem Anspruch 21 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Der abhängige Anspruch 9 beruht auf dem Anspruch 22 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

1.4 Da alle Änderungen eine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung besitzen, genügt der geltende Anspruchssatz den Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ.

2. Neuheit - Artikel 52(1) und 54 EPÜ

2.1 Unabhängiger Anspruch 1

Der Zündsatz gemäß Anspruch 1 besteht aus folgenden vier Bestandteilen:

(a) Mindestens ein Initialsprengstoff aus der Gruppe von Bleiazid, Diazodinitrophenol, Silberazid, Pikrat und Trizinat;

(b) mindestens ein wärmeableitender Zusatz aus der Grupe von Zirkon, Aluminium, Titan, Ferrotitan, sowie der Boride und Hydride der genannten Metalle;

(c) ein Oxidationsmittel aus der Gruppe der Alkali-nitrate, Erdalkalinitrate, Alkalichlorate, Erdalkalichlorate, Alkaliperchlorate und Erdalkaliperchlorate;

(d) ein Bindemittel aus der Gruppe von Polyvinylacetat, Polysulfon und Polyethersulfon.

In keinem der Dokumente D1 bis D7 wird die spezifische Kombination der Bestandteile (a), (b), (c) und (d) beschrieben.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu im Hinblick auf diesen Stand der Technik.

2.2 Unabhängiger Anspruch 4

Der Zündsatz gemäß Anspruch 4 besteht aus einem wärmeableitenden Initialsprengstoff, einem Bindemittel mit einer Temperaturbeständigkeit > 85 ºC und gegebenenfalls wärmeableitenden Zusätzen aus der Gruppe von Zirkon, Aluminium, Titan, Ferrotitan, sowie der Boride und Hydride der genannten Metalle.

Keines der Dokumente D1 bis D7 offenbart Zusammensetzungen aus einem wärmeableitenden Initialsprengstoff und einem Bindemittel mit einer Temperaturbeständigkeit von mehr als 85 ºC.

Der Gegenstand des Anspruchs 4 ist somit neu im Hinblick auf diesen Stand der Technik.

2.3 Unabhängiger Anspruch 6

Der Zündsatz gemäß Anspruch 6 besteht aus einem Bestandteil, der heiße Reaktionspartikel erzeugt, einem Oxidationsmittel und einem Bindemittel mit einer Temperaturbeständigkeit > 85 ºC.

In keinem der Dokumente D1 bis D7 wird ein Zündsatz beschrieben, der aus der spezifischen Kombination der drei oben genannten Bestandteile besteht.

Der Gegenstand des Anspruchs 6 ist somit neu im Hinblick auf diesen Stand der Technik.

2.4 Abhängige Ansprüche

Die Ansprüche 2, 3, 5, 7, 8 und 9 sind alle auf die jeweils übergeordneten unabhängigen Ansprüche 1, 4 oder 6 zurückbezogen. Sie erfüllen deshalb das Erfordernis des Neuheit.

2.5 Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass auch die übrigen im Recherchenbericht genannten Dokumente die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 9 nicht vorwegnehmen.

2.6 Demnach erfüllen die nunmehr geltenden geänderten Ansprüche 1 bis 9 das Erfordernis der Neuheit gegenüber dem im Recherchenbericht genannten Stand der Technik.

3. Zurückverweisung

3.1 Aus den obigen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer mit den geänderten Ansprüchen 1 bis 9 den einzigen in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwand, nämlich den der mangelnden Neuheit, ausgeräumt hat. Gleichwohl sieht die Kammer davon ab, eine Entscheidung in der ganzen Angelegenheit zu treffen, da die Prüfungsabteilung insbesondere zur Frage der erfinderischen Tätigkeit bisher keine beschwerdefähige Entscheidung getroffen hat.

3.2 Zwar verleiht Artikel 111(1) EPÜ den Beschwerdekammern die Befugnis, über die Gründe der angefochtenen Entscheidung hinaus tätig zu werden; dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beschwerdekammern die Streitanmeldungen im Hinblick auf die Patentierbarkeitserfordernisse in vollem Umfang durchführen. Dies ist Aufgabe der Prüfungsabteilung. Das Verfahren vor den Beschwerdekammern ist auch im ex parte-Verfahren primär auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ausgerichtet (siehe G 0010/93, ABl. EPA 1995, 172, Entscheidungsgrund 4).

3.3 Im vorliegenden Fall, bei dem eine abschließende Prüfung noch aussteht, verweist die Kammer in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111(1) EPÜ die Angelegenheit zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die erste Instanz zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die erste Instanz zurückverwiesen.

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