European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T013705.20070425 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 April 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0137/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96105851.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08L 23/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rohr aus Polyethylen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften | ||||||||
Name des Anmelders: | Basell Polyolefine GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | TOTAL PETROCHEMICALS RESEARCH FELUY S.A. Borealis Technology OY |
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Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Artikel 100 c) - Erweiterung (Haupt- und Hilfsantrag) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 739 937 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 96 105 851.8 der Basell Polyolefine GmbH, angemeldet am 15. April 1996 unter Beanspruchung der Priorität der deutschen Voranmeldungen DE 19515678 (28. April 1995), wurde am 9. Mai 2001 bekannt gemacht (Patentblatt 2001/19).
Das erteilte Patent enthielt 9 Ansprüche, wobei Anspruch 1 wie folgt lautete:
"Hochfestes Rohr aus Ethylenpolymer mit bimodaler Molmassenverteilung, dadurch gekennzeichnet, dass das Ethylenpolymer eine Spannungsrißbeständigkeit SRB, gemessen in Ethylenglykol bei einer Temperatur von 80ºC und einer Zugspannung von 5 MPa, von >= 1400 h und eine Bruchzähigkeit BZ, gemessen bei einer Temperatur von 0ºC, von >= 7 mJ/mm**(2) besitzt und Comonomere mit 4 bis 6 Kohlenstoffatomen in einer Menge von 0 bis 0,1 Gew.-% im niedermolekularen Anteil und in einer Menge von 2,5 bis 4 Gew.-% im höhermolekularen Anteil enthält und einen Schmelzflussindex MFI5/190ºC von <= 0,35 g/10 min besitzt."
II. Gegen das Patent wurde am 11. Februar 2002 von ATOFINA Research S.A., jetzt TOTAL PETROCHEMICALS RESEARCH FELUY (Einsprechender 01), und Borealis Technology Oy (Einsprechender 02) Einspruch erhoben. Die Einsprüche stützten sich auf Artikel 100 a) (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderischer Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ. Die Einsprechende 01 nannte außerdem Artikel 100 c) EPÜ als Einspruchsgrund.
III. Mit der am 29. September 2004 verkündeten und am 9. Dezember 2004 schriftlich begründeten Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das europäische Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit. Der Entscheidung lagen die mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 eingereichten Ansprüche 1-8 zu Grunde.
Anspruch 1 unterschied sich vom erteilten Anspruch 1 lediglich dadurch, dass vor der Angabe des Schmelzflussindexes folgendes Merkmal eingefügt worden war:
" , wobei das Verhältnis des Gewichts des nieder molekularen Anteils zum Gewicht des höhermolekularen Anteils im Bereich von 0,5 bis 2,0 liegt, ".
IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung legte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 27. Januar 2005 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 18. April 2005 eingereicht.
Der Beschwerdeführer argumentierte, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lag, auf der notwendigen erfinderischen Tätigkeit beruhe.
V. In seiner Erwiderung vom 2. September 2005 trug der Beschwerdegegner 01 (Einsprechender 01) vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
VI. Der Beschwerdegegner 02 (Einsprechender 02) machte in seiner Eingabe vom 31. Oktober 2005 Einwände unter Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) geltend.
VII. Im Schreiben vom 23. März 2007 nahm der Beschwerdeführer zu den Ausführungen der Beschwerdegegner Stellung.
VIII. Mit Schreiben vom 11. April 2007 beantragte der Beschwerdegegner 01, die Ausführungen des Beschwerdeführers vom 23. März 2007 nicht zuzulassen, da die Ausführungen verspätet eingegangen waren. Außerdem wurde ein Antrag auf Kostenverteilung gestellt.
IX. Die im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens von den Parteien eingereichten Dokumente sind für diese Entscheidung nicht von Bedeutung, so dass nicht näher auf sie eingegangen werden muss.
X. Am 25. April 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
a) Der Beschwerdegegner 02 hat vorgetragen, dass Anspruch 1, der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lag, eine Änderung enthalte, die gegen Artikel 100 c) EPÜ verstoße, da der Bezug für die Parameter Spannungsrissbeständigkeit SRB und Bruchzähigkeit BZ unzulässigerweise von einem Rohr auf ein Ethylenpolymer geändert worden sei. So würden sich SRB und BZ im Anspruch 1 des Hauptantrags auf ein Material beziehen, das nicht extrudiert worden sei, nämlich das Ethylenpolymer, während sich SRB und BZ in Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung auf ein extrudiertes Material, das Rohr, beziehen würden. Dieser Einwand würde zwar erstmals unter Artikel 100 c) EPÜ erhoben, aber die Frage, ob die Parameter SRB und BZ an einem extrudierten oder nicht extrudierten Material zu messen seien, sei bereits ausgiebig vor der Einspruchsabteilung unter Artikel 100 b) EPÜ diskutiert worden. Die Sachlage hinsichtlich dieses Einwandes sei sehr komplex und betreffe letztendlich sowohl Artikel 100 b) als auch Artikel 100 c) EPÜ.
b) Die Kammer ließ die Diskussion über Artikel 100 c) EPÜ zu.
c) Nach Ansicht des Beschwerdeführers handele es sich bei der Änderung in Anspruch 1 lediglich um eine Klarstellung des ursprünglichen Anspruchs 1, in dem der Rückbezug des Wortes "es" unklar gewesen sei. Auch bestritt der Beschwerdeführer, dass es im Hinblick auf SRB und BZ einen Unterschied zwischen einem nicht extrudierten und einem extrudierten Ethylenpolymer gäbe. In diesem Zusammenhang wurde auch eine schriftliche Fortsetzung des Verfahrens beantragt, um entsprechende Beweise liefern zu können.
d) Die Kammer wies darauf hin, dass in Anspruch 1 nur Teile der ursprünglich offenbarten Messbedingungen aufgenommen worden seien. Auch dies verstoße gegen Artikel 100 c) EPÜ.
e) Der Beschwerdeführer reichte neue Ansprüche 1-5 als Hilfsantrag ein. Anspruch 1 des Hilfsantrags lautete:
"Hochfestes Rohr aus Ethylenpolymer mit bimodaler Molmassenverteilung, dadurch gekennzeichnet, dass das Ethylenpolymer eine Spannungsrißbeständigkeit SRB, gemessen nach der in der Beschreibung definierten internen Meßmethode in Ethylenglykol bei einer Temperatur von 80ºC und einer Zugspannung von 5 MPa, von >= 1400 h und eine Bruchzähigkeit BZ, gemessen nach der in der Beschreibung definierten internen Meßmethode bei einer Temperatur von 0ºC, von >= 7 mJ/mm**(2) besitzt und Comonomere mit 4 bis 6 Kohlenstoffatomen in einer Menge von 0 bis 0,1 Gew.-% im niedermolekularen Anteil und in einer Menge von 2,5 bis 4 Gew.-% im höhermolekularen Anteil enthält, wobei das Verhältnis des Gewichts des niedermolekularen Anteils zum Gewicht des höhermolekularen Anteils im Bereich von 0,5 bis 2,0 liegt, und einen Schmelzflussindex MFI5/190ºC von <= 0,35 g/10 min besitzt."
f) Die Beschwerdegegner vertraten die Auffassung, dass der Hilfsantrag nicht zugelassen werden sollte, da er, abgesehen von Einwänden unter Regel 29(6) EPÜ und Artikel 84 EPÜ, den Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ nicht beheben könne.
g) Die Kammer ließ den Hilfsantrag zu. Bei der Diskussion unter Artikel 100 c) EPÜ, die sowohl für Anspruch 1 des Hauptantrags als auch Anspruch 1 des Hilfsantrags galt, wies die Kammer darauf hin, dass gemäß Beschreibung des Streitpatents das Ethylenpolymer Zusatzstoffe enthalten könne. Dies müsse bei der Frage, an welchem Material SRB und BZ letztendlich zu messen seien, berücksichtigt werden.
h) Der Beschwerdegegner 01 zog seinen Antrag auf Kostenverteilung zurück.
XI. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1-8, eingereicht an 12. Dezember 2003 (Hauptantrag) oder auf der Basis der Ansprüche 1-5, eingereicht während der mündlichen Verhandlung (Hilfsantrag).
Zusätzlich beantragte der Beschwerdeführer, das Verfahren schriftlich fortzusetzen.
Die Beschwerdegegner beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags (Punkt III) wie auch der erteilte Anspruch 1 (Punkt I) sind auf ein hochfestes Rohr aus Ethylenpolymer mit bimodaler Molmassenverteilung gerichtet, wobei das Ethylenpolymer eine bestimmte Spannungsrissbeständigkeit SRB und eine bestimmte Bruchzähigkeit BZ aufweisen muss. Im Gegensatz dazu lautet Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung wie folgt (Hervorhebung durch die Kammer):
"Hochfestes Rohr aus Ethylenpolymer mit bimodaler Molmassenverteilung, dadurch gekennzeichnet, dass es eine Spannungsrißbeständigkeit von >= 1400 h und eine Bruchzähigkeit BZ von >= 7 mJ/mm**(2) besitzt."
2.2 Der Beschwerdegegner 02 begründete seinen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ mit der geänderten Zuordnung der Parameter SRB und BZ. So beziehen sich SRB und BZ im Anspruch 1 des Hauptantrags auf ein Material, das nicht extrudiert worden sei, nämlich das Ethylenpolymer, während sich SRB und BZ in dem ursprünglich Anspruch 1 auf ein extrudiertes Material, das Rohr, beziehen. Da die Extrusion des Rohrherstellungsprozesses die Parameter SRB und BZ aber beeinflusse, erhielte man für nicht extrudierte und extrudierte Materialien unterschiedliche Messwerte. Somit führe die geänderte Zuordnung der Parameter, die nicht durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt sei, zu einer Verschiebung der Werte und verstoße damit gegen Artikel 100 c) EPÜ.
2.3 Obwohl der Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ im Beschwerdeverfahren erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist, ließ die Kammer die Diskussion über diesen Einwand zu, da Artikel 100 c) EPÜ ein Einspruchsgrund gewesen ist und die Frage, ob SBR und BZ an nicht extrudiertem Ethylenpolymer oder an extrudiertem Material zu messen sind, bereits vor der Einspruchsabteilung eine Rolle gespielt hat, wenn auch im Zusammenhang mit Artikel 100 b) EPÜ.
2.4 Rein grammatikalisch könnte sich das Wort "es" im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 sowohl auf das Rohr als auch auf das Ethylenpolymer beziehen. Im vorliegenden Fall wird aber ein Rohr beansprucht, so dass davon auszugehen ist, dass sich das kennzeichnende Merkmal auf den beanspruchten Gegenstand bezieht.
2.4.1 Auch die Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung assoziiert die Parameter SRB und BZ mit einem Rohr, wie aus folgenden Textstellen ersichtlich ist:
Seite 5, Zeilen 3-4:
"Die Spannungsrißbeständigkeit des erfindungsgemäßen Rohres wird nach einer internen Messmethode ermittelt."
Seite 5, Zeilen 21-24:
"Die Bruchzähigkeit des erfindungsgemäßen Rohres wird ebenfalls nach einer internen Messmethode an Probestäben mit den Abmessungen 10 x 10 x 80 mm, die aus einer 10 mm dicken Pressplatte herausgesägt wurden, bestimmt."
Seite 7, Zeilen 27-29:
"Die an dem fertigen Rohr gemessenen Eigenschaften sind in der nachfolgenden Tabelle 2 angegeben."
Tabelle 2 listet unter anderem SRB und BZ. Ein ähnliches Zitat findet sich auf Seite 8, Zeilen 8-10 für das Vergleichsbeispiel.
Diese Textstellen legen den Schluss nahe, dass sich die im ursprünglichen Anspruch 1 genannten Parameter SRB und BZ in der Tat auf ein fertiges, extrudiertes Rohr beziehen, wie der Beschwerdegegner 02 argumentiert hat.
2.4.2 Im Gegensatz dazu wird bei der Beschreibung der Messmethoden für SRB und BZ auf Seite 5, Zeilen 3-19 und Zeilen 21-37 der ursprünglichen Anmeldung ausgeführt, dass SRB und BZ nicht am Rohr selbst sondern an Probekörpern gemessen werden, die aus einer Pressplatte herausgesägt werden (Seite 5, Zeilen 14-16 und 21-24). Es bleibt aber offen, aus welchem Material die Probekörper herzustellen sind. Im Prinzip sind zwei Möglichkeiten denkbar: Die Probekörper sind (a), wie der Beschwerdeführer argumentiert, aus nicht extrudiertem Ethylenpolymer herzustellen, oder (b), wie der Beschwerdegegner 02 argumentiert, aus dem fertigen, extrudierten Rohr, wobei das Rohr zerkleinert und durch Wiederaufschmelzen zu Pressplatten verarbeitet wird. Nur eine Antwort auf die Frage, welche dieser beiden Möglichkeiten der Fachmann in Erwägung ziehen würde, erlaubt eine definitive Entscheidung über den vom Beschwerdegegner 02 gemachten Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ.
2.4.3 Im vorliegenden Fall muss darüber aber nicht endgültig entschieden werden, da die Änderung in Anspruch 1 des Hauptantrags aus folgenden Überlegungen gegen Artikel 100 c) EPÜ verstößt.
Wie die oben zitierten Textstellen in der Beschreibung zeigen, assoziiert die ursprüngliche Anmeldung die Parameter SRB und BZ eindeutig mit einem Rohr. Nach Ansicht der Kammer kann der Fachmann bei der Interpretation der relevanten Textstellen, die die Messmethoden betreffen, daher nur zu dem Schluss kommen, dass auf jeden Fall Rohrmaterial zur Herstellung der Probekörper verwendet werden muss, sei es nun nicht extrudiertes Rohrmaterial oder Material, das aus dem extrudierten, fertigen Rohr gewonnen wird. Im Gegensatz dazu beziehen sich die Parameter SRB und BZ in Anspruch 1 des Hauptantrags (wie auch im erteilten Anspruch 1) auf das Ethylenpolymer, d. h. "reines" Ethylenpolymer. Rohrmaterial ist aber nicht mit "reinem" Ethylenpolymer gleichzusetzen. Ethylenpolymer für das erfindungsgemäße Rohr kann nämlich weitere Zusatzstoffe enthalten. Gemäß Absatz [0009] des Streitpatents (Seite 3, Zeilen 13-23 der ursprünglich eingereichten Anmeldung) können dies Wärmestabilisatoren, Antioxidantien, UV-Absorber, Lichtschutzmittel, Metalldesaktivatoren, peroxidzerstörende Verbindungen, basische Costabilisatoren in Mengen von 0 bis 10 Gew.-% sein, aber auch Füllstoffe, Verstärkungsmittel, Weichmacher, Gleitmittel, Emulgatoren, Pigmente, optische Aufheller, Flammschutzmittel, Antistatika, Treibmittel oder Kombinationen von diesen in Gesamtmengen von 0 bis 50 Gew.-%.
Keine der Textstellen in der ursprünglichen Anmeldung verknüpft SRB und BZ mit einem "reinem" Ethylenpolymer. Vielmehr würde der Fachmann diese Parameter, wie bereits ausgeführt, mit einem Rohrmaterial assoziieren (nicht extrudiert oder extrudiert). Niemand kann aber ernsthaft behaupten, dass "reines" Ethylenpolymer immer die gleichen Werte für SRB und BZ aufweist wie ein Ethylenpolymer, das Zusatzstoffe enthält (im vorliegenden Fall kann das Ethylenpolymer z. B. bis zu 50 Gew.-% Füller enthalten!), sei es nun in nicht extrudiertem oder extrudiertem Zustand. Die Verknüpfung von SBR und BZ mit dem "reinen" Ethylenpolymer in Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. im erteilten Anspruch 1 führt daher zu einer Verschiebung der Lehre hinsichtlich der Parameter SRB und BZ, die in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart ist. Somit enthält Anspruch 1 des Hauptantrags eine Änderung, die gegen Artikel 100 c) EPÜ verstößt.
2.4.4 Die vom Beschwerdeführer beantragte schriftliche Fortsetzung des Verfahrens ist unter den gegebenen Umständen nicht angebracht. Dieser Antrag wurde nämlich im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdegegner 02 behaupteten und vom Beschwerdeführer bestrittenen Unterschied zwischen einem nicht extrudierten und einem extrudierten Ethylenpolymer gestellt. Die Beantwortung dieser strittigen Frage hat aber für die vorliegende Entscheidung keine Bedeutung mehr, da, wie unter Punkt 2.4.3 gezeigt, der Unterschied zwischen "reinem" Ethylenpolymer und Rohrmaterial ausschlaggebend ist. Dieser entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, bedarf keiner weiteren Klärung und führt zwangsläufig immer zur Zurückweisung des Hauptantrags. Mit anderen Worten, die Klärung der strittigen Frage "nicht extrudiert/ extrudiert" kann den Tenor der Entscheidung nicht ändern und würde nur zu einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens führen. Die Zurückweisung des Antrags auf schriftliche Fortsetzung des Verfahrens stellt somit keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, da sich der Beschwerdeführer zu den Gründen äußern konnte, auf die sich die Entscheidung stützt (Artikel 113(1) EPÜ).
2.5 Im Gegensatz zum ursprünglichen Anspruch 1 (Punkt 2.1, oben) enthält Anspruch 1 des Hauptantrags (wie auch der erteilte Anspruch 1) Angaben zu den Messbedingungen für SRB ("gemessen in Ethylenglykol bei einer Temperatur von 80ºC und einer Zugspannung von 5 MPa") und BZ ("gemessen bei einer Temperatur von 0ºC").
2.5.1 Diese Details sind, wie auch die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung unter Punkt 3 festgestellt hat, auf Seite 5, Zeilen 12-14 und Zeile 31 offenbart. Dennoch fällt auf, dass nur ein Teil der auf Seite 5 erwähnten Messbedingungen in Anspruch 1 aufgenommen worden ist. Für SRB werden auf Seite 5 noch die Abmessungen der Probekörper und die Kerbtiefe näher spezifiziert. Für BZ werden z. B. der Hammer, der Fallwinkel, die Pendellänge und die Auftreffgeschwindigkeit genau definiert. Die Einspruchsabteilung hat das Herauslösen einzelner Messbedingungen aus dem ursprünglichen Kontext als gewährbar erachtet, wobei sie angenommen hat, dass es sich bei den aufgenommenen Details um die wesentlichen Bedingungen der beschriebenen Messmethoden handelt. Diese Argumentation hat der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vertreten.
2.5.2 Die Kammer kann dieser Argumentation aber nicht folgen, weil die ursprüngliche Beschreibung nicht einige Messbedingungen als wesentlich und andere als weniger wesentlich herausstellt. Im Gegenteil, alle Messbedingungen werden als gleich relevant dargestellt. Das Herauslösen einzelner Messbedingungen aus dem ursprünglich dargestellten Kontext schafft daher einen Grad der Verallgemeinerung, der so in der ursprünglichen Beschreibung nicht offenbart ist. Daher verstößt auch diese in Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltene Änderung gegen Artikel 100 c) EPÜ.
2.6 Zusammenfassend ist festzustellen, dass Anspruch 1 des Hauptantrags gegen Artikel 100 c) EPÜ verstößt. Somit ist der Hauptantrag als Ganzes zurückzuweisen.
3. Hilfsantrag (Artikel 100 c) EPÜ)
3.1 Die Beschwerdegegner vertraten die Auffassung, dass der vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung eingereichte Antrag nicht zugelassen werden sollte, da er, abgesehen von weiteren Mängeln, die Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ nicht beheben könne. In Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens ließ die Kammer diesen Antrag aber allein schon deshalb zu, um die verfahrensrechtliche Fairness zu gewährleisten. Dieser Antrag ist nämlich die Reaktion des Beschwerdeführers auf einen erst in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ. Unter dem Gebot der verfahrensrechtlichen Fairness haben eventuelle Erfolgsaussichten des Antrags in den Hintergrund zu treten.
3.2 Anspruch 1 das Hilfsantrags (siehe Punkt X e), oben) unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass nach den Textstellen "SRB, gemessen" und "BZ, gemessen" folgender Text eingefügt worden ist:
"nach der in der Beschreibung definierten internen Meßmethode".
3.3 Diese Passage sollte dem Einwand Rechnung tragen, dass die teilweise Aufnahme der Messbedingungen im Anspruch 1 des Hauptantrags gegen Artikel 100 c) EPÜ verstößt. In der Tat werden durch den Verweis auf die Beschreibung alle in der Beschreibung genannten Messbedingung miteinbezogen. Nach Ansicht der Kammer verstößt der Verweis auf die Beschreibung im vorliegenden Fall auch nicht gegen Regel 29(6) EPÜ, da diese in Ausnahmefällen einen solchen Verweis erlaubt, und im vorliegenden Fall die explizite Aufnahme aller in der Beschreibung genannten Messbedingungen dem Erfordernis einer knappen Fassung des Anspruchs entgegen steht.
3.4 Dennoch ist der Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht gewährbar, da er im Hinblick auf SRB und BZ immer noch die in Punkt 2.4.3 unter Artikel 100 c) EPÜ beanstandete Verschiebung bei der Messung von SRB und BZ von Rohrmaterial auf Ethylenpolymer enthält.
Somit ist auch der Hilfsantrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.