European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T003605.20060210 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 Februar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0036/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03000486.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 16/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Bereitstellung von Atemgas | ||||||||
Name des Anmelders: | Weinmann Geräte für Medizin GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Therapeutisches Verfahren (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) hat am 8. Dezember 2004 gegen die am 3. November 2004 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 03 000 486.5 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr ist ebenfalls am 8. Dezember 2004 entrichtet worden und auch die Beschwerdebegründung ist an diesem Tag eingegangen.
II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß die Patentanmeldung im Hinblick auf Artikel 52 (4) EPÜ nicht patentierbar sei, weil die Ansprüche 1 bis 11 auf ein Verfahren zum therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers gerichtet seien.
III. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Basis folgender Ansprüche zu erteilen:
- 1 bis 15 vorgelegt mit Schreiben vom 26. September 2003, und
- 16 bis 20 vorgelegt mit Schreiben vom 29. März 2004.
IV. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Verfahren zur Bereitstellung von Atemgas, bei dem das Atemgas aus einer Umgebung angesaugt und von mindestens zwei Hubförderern (13, 14) in Richtung auf eine Beatmungsmaske (10) abgegeben wird, sowie bei dem die Hubförderer (13, 14) hinsichtlich ihrer Bewegungsabläufe relativ zueinander zeitlich phasenversetzt angesteuert werden und bei dem von einem zweiten Hubförderer (14) ein Druck vor einer Rücklaufbewegung eines ersten Hubförderers (13) erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Hubförderer (13, 14) von einer gemeinsamen Regelung positioniert werden."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 betreffen weitere Ausgestaltungen des Verfahrens und die Ansprüche 16 bis 20 sind auf eine Vorrichtung zur Bereitstellung von Atemgas gerichtet.
V. Die Prüfungsabteilung begründete die Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Das Verfahren beinhalte die Bereitstellung von Atemgas, das in Richtung auf eine Beatmungsmaske abgegeben werde. Es hätte keinen Sinn das Atemgas auf die Beatmungsmaske abzugeben, wenn an die Beatmungsmaske kein Patient angeschlossen sei. Das Verfahren betreffe also eine Beatmung von einem Patienten, was gegen Artikel 52 (4) EPÜ verstoße. Die Versorgung der Beatmungsmaske mit Atemgas erfolge nicht ohne einen bestimmten Zweck, sondern diene einzig und allein der Beatmung des Patienten und betreffe somit ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers. Bei einer Patentierung des geltenden Anspruchs 1 würde ein Anästhesist daran gehindert werden, das Verfahren nach Anspruch 1 an einem Patienten auszuführen, was der Grundintention des Artikels 52 (4) EPÜ widersprechen würde.
VI. Die Beschwerdeführerin hat dagegen zur Stützung ihres Antrags vorgebracht, daß das beanspruchte Verfahren ausschließlich ein Steuerverfahren für ein technisches Gerät betreffe. Da die Steuerung unabhängig davon funktioniere, ob ein Patient dieses Gerät, nämlich eine Beatmungsmaske trage oder nicht, bestehe keinerlei Wechselwirkung mit einem Patienten. Folglich sei das anmeldungsgemäße Verfahren nicht vom Patentschutz ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 52 (4) EPÜ
2.1 Gemäß Artikel 52 (4) EPÜ gelten Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers, die am menschlichen Körper vorgenommen werden nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen. Durch den Ausschluss bestimmter Verfahren sollen diejenigen, die sie als Teil der medizinischen Behandlung von Menschen oder Tieren anwenden, darin nicht durch Patente behindert werden (siehe z. B. T 329/94, ABl. EPA 1998; T 116/85, ABl. EPA 1989, 13).
Was die Ausnahmen von der Patentierbarkeit angeht, so sollte Artikel 52 (4) EPÜ jedoch eng ausgelegt werden (siehe z. B. T 329/94, ABl. EPA 1998, 241; T 385/86, ABl. EPA 1988, 308).
In der Entscheidung T 426/89 (ABl. EPA 1992, 172), die einen der vorliegenden Anmeldung ähnlichen Fall betrifft, wurde festgestellt, dass das Programmieren eines Herzschrittmachers lediglich eine an einem Gerät durchgeführte Maßnahme ist, an sich jedoch noch keine unmittelbare therapeutische Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers darstellt, wie sie allein durch die Bestimmungen des Artikels 52 (4) EPÜ von der Ausübung von Patentrechten freigehalten werden soll.
Auch in T 789/96 (ABl. EPA 2002, 364) wurde festgestellt, dass eine Verfahren kein therapeutisches Verfahren im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ ist, wenn ermittelte Parameter nicht verwendet werden, um eine andere unmittelbar auf den Körper einwirkende Größe zu steuern.
2.2 Das in den Ansprüchen 1 bis 11 vorgeschlagene Verfahren zur Bereitstellung vom Atemgas wird ausschließlich durch Merkmale definiert, welche die Funktionsweise des Beatmungsgeräts betreffen. Alle Verfahrenschritte bestehen nämlich aus an den Fachmann gerichteten Anweisungen, wie das Gerät aufgebaut sein soll, um das Atemgas bereitzustellen. Eine therapeutische Behandlung des menschlichen Körpers, die am Körper vorgenommen wird, ist in den vorliegenden Ansprüchen dagegen nicht beschrieben.
Es ist zwar richtig, wie die erste Instanz bemerkt hat, dass das beanspruchte Verfahren den Zweck hat, einem Patienten Atemgas zuzuführen. Im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsabteilung bedeutet dies aber nicht, dass es somit auch ein Verfahren zur Beatmung eines Patienten betrifft.
Schon seinem einleitenden Wortlaut nach ist das beanspruchte Verfahren lediglich auf eine Bereitstellung von Atemgas, nicht aber auf die Beatmung eines Patienten gerichtet, so daß keinerlei Einwirkung auf den menschlichen Körper vorgesehen ist. Darüber hinaus haben sämtliche Verfahrensschritte keinerlei therapeutische Wirkung, sondern betreffen ausschließlich Maßnahmen an einem technischen Gegenstand zur Bereitstellung vom Atemgas. Solche Maßnahmen könne aber nicht als therapeutische Behandlung des menschlichen Körpers in Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ angesehen werden. Vielmehr definiert sie kein nicht gewerblich anwendbares Verfahren im Sinne des Artikels 57 EPÜ.
Somit kann auch keine Rede davon sein, dass eine Patentierung der vorliegender Ansprüche einem Anästhesisten an der freien Ausübung eines therapeutischen Verfahrens hindern würde.
2.3 Folglich sind die vorliegenden Ansprüche 1 bis 11 im Hinblick auf Artikel 52 (4) EPÜ patentierbar.
3. Da die Zurückweisung der vorliegenden Anmeldung ausschließlich damit begründet wurde, dass das in den Ansprüchen 1 bis 11 definierte Verfahren keine patentfähige Erfindung im Sinne von Artikel 52 (4) EPÜ darstelle, hält es die Kammer für sachdienlich, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur Weiterbehandlung auf der Grundlage folgender Ansprüche zurückverwiesen:
- 1 bis 15 vorgelegt mit Schreiben vom 26. September 2003, und
- 16 bis 20 vorgelegt mit Schreiben vom 29. März 2004.