T 0010/05 () of 23.9.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T001005.20050923
Datum der Entscheidung: 23 September 2005
Aktenzeichen: T 0010/05
Anmeldenummer: 02012663.7
IPC-Klasse: B29C 45/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Horizontalspritzgießmaschine
Name des Anmelders: Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 02 012 663.7 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass weder der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag noch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf Grundlage des Anspruchs 1, eingereicht als Hauptantrag am 9. Januar 2004.

IV. In der angefochtenen Entscheidung wurden die folgenden Dokumente genannt:

D1: US-A-3 838 961

D2: EP-A-0 794 045

D3: US-A-4 330 257

V. Anspruch 1 lautet:

"1. Horizontalspritzgießmaschine mit einer festen und einer beweglichen Werkzeugaufspannplatte, mit zwischen den Werkzeugaufspannplatten verlaufenden Holmen, sowie mit einer zwischen den Werkzeugaufspannplatten angeordneten, parallel zur Maschinenlängsachse verschiebbaren und von den Holmen losgelösten Dreheinrichtung für Spritzgießwerkzeuge, dadurch gekennzeichnet, dass die Dreheinrichtung eine auf dem Maschinenbett zwischen der festen und der beweglichen Werkzeugaufspannplatte gelagerte Grundplatte (14) aufweist, dass auf der Oberseite der Grundplatte (14) ein um eine vertikale Achse drehbar gelagerter Drehteller (13) angeordnet ist, dass Antriebsmittel (49) zum Drehen des Drehtellers (13) vorgesehen sind, und dass mehrere Linearführungen (23,24,25) vorgesehen sind, wobei für die Grundplatte (14) einerseits und die bewegliche Werkzeugaufspannplatte (4) andererseits verschiedene Linearführungen vorgesehen sind."

VI. Zur erfinderischen Tätigkeit beim Gegenstand des Anspruchs 1 führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes aus:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der in Dokument D1 gezeigten Spritzgießmaschine nicht nur durch die Anordnung des Drehtellers auf der Oberseite der Grundplatte der Dreheinrichtung, sondern auch dadurch, dass die Dreheinrichtung auf dem Maschinenbett zwischen der festen und der beweglichen Werkzeugaufspannplatte gelagert sei. Durch diese beiden Unterschiede ergebe sich eine stehende Dreheinrichtung im Arbeitsbereich zwischen den Werkzeugaufspannplatten.

Bei der in Dokument D2 gezeigten Spritzgießmaschine sei die Dreheinrichtung nicht von den Holmen losgelöst und weise eine horizontale Drehachse auf. Selbst wenn man dem Hinweis in Spalte 6, Zeilen 4 bis 10, des Dokuments D2 folgen und die Drehachse der Dreheinrichtung senkrecht anordnen würde, bliebe es dennoch bei der Verbindung der Dreheinrichtung mit den Holmen.

Ausgangspunkt der Anmeldung sei Dokument D1. Die dort gezeigte Anordnung der Dreheinrichtung erfordere immer zwei feststehende Platten und erlaube den Zugang zu den Werkzeugteilen nur von der Seite her. Daher habe die Anmeldung zur Aufgabe, eine Horizontalspritzgießmaschine zu schaffen, bei der die Holme unbelastet seien und der Zugang zu den Werkzeugteilen einfacher sei. Dokument D2 könne zur Lösung dieser Aufgabe keine Anregung geben. Selbst wenn ein Fachmann die Dokumente D1 und D2 kombinieren würde, entstünde nicht der Gegenstand des Anspruchs 1, sondern eine Maschine, bei der die Dreheinrichtung wie bei Dokument D2 an einem auf die Holme abgestützten Tragrahmen befestigt und wie bei Dokument D1 senkrecht gelagert wäre, was aber weder eine Loslösung der Dreheinrichtung von den Holmen noch eine leichtere Zugänglichkeit zu den Werkzeugteilen bedeute.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Ausgangspunkt der Anmeldung ist Dokument D1 (vgl. Absätze [0003] und [0004] der veröffentlichten Fassung der Anmeldung). Bei der Spritzgießmaschine gemäß Dokument D1 ist die Dreheinrichtung für das Werkzeug von den zwischen den Werkzeugaufspannplatten verlaufenden Holmen losgelöst. Die Grundplatte der Dreheinrichtung für das Werkzeug stützt sich auf zwei direkt auf dem Maschinenbett gelagerte Platten, und nicht auf die Holme, ab. Somit sind die Holme nicht durch das Werkzeug und die Dreheinrichtung belastet. Zugang zum Werkzeug ist aber nur von der Seite her möglich, da der Drehteller unter der ihn tragenden Grundplatte angeordnet ist (vgl. Figur 3 in Dokument D1). Damit kann die der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe darin gesehen werden, bei Beibehaltung des bereits aus dem Dokument D1 bekannten Merkmals, die Holme nicht durch das Werkzeug zu belasten, zusätzlich noch die Zugänglichkeit zum Werkzeug zu verbessern (vgl. Absatz [0004] der Anmeldung).

2. Im Anspruch 1 ist definiert, dass die Grundplatte der Dreheinrichtung der Spritzgießmaschine zwischen der festen und der beweglichen Werkzeugaufspannplatte auf dem Maschinenbett gelagert ist ("dass die Dreheinrichtung eine auf dem Maschinenbett zwischen der festen und der beweglichen Werkzeugaufspannplatte gelagerte Grundplatte (14) aufweist"). In Dokument D1 ist die Grundplatte 16 der Dreheinrichtung zwar (zwangsläufig) auch auf dem Maschinenbett gelagert, aber sie ist nicht zwischen den beiden Werkzeugaufspannplatten, sondern über die feste Werkzeugaufspannplatte 11 selbst und eine außerhalb des von den beiden Werkzeugaufspannplatten gebildeten Zwischenraums jenseits der beweglichen Werkzeugaufspannplatte 12 angebrachte Seitenplatte 38 auf dem Maschinenbett gelagert (vgl. Figur 3 in Dokument D1).

Im Anspruch 1 ist weiterhin definiert, dass der um eine vertikale Achse drehbare Drehteller der Dreheinrichtung für das Werkzeug auf der Oberseite der Grundplatte angeordnet ist.

Damit weist der Gegenstand des Anspruchs 1 zwei Unterschiede gegenüber Dokument D1 auf, nämlich zum einen die Lagerung der Grundplatte der Dreheinrichtung zwischen der festen und der beweglichen Aufspannplatte und zum anderen die Anbringung des Drehtellers auf der Oberseite der Grundplatte.

Mit diesen beiden Unterschieden wird die gestellte Aufgabe (siehe oben, Punkt 1) gelöst. Die Dreheinrichtung belastet die Holme nicht, und durch die Abstützung der Dreheinrichtung zwischen den beiden Werkzeugaufspannplatten wird es möglich, den Drehteller auf der Oberseite der Grundplatte anzubringen und damit eine bessere Zugänglichkeit zum Werkzeug zu schaffen.

Dokument D1 selbst kann zu diesen Unterschieden keine Anregung geben, da die Trägerkonstruktion für die Grundplatte die bewegliche Werkzeugaufspannplatte übergreift und damit eine Anordnung des Drehtellers auf der Oberseite der Grundplatte, mit der dann das Werkzeug außerhalb des Bereichs der Spritzaggregate zu liegen käme, ausscheidet.

3. Dokument D2 zeigt eine Spritzgießmaschine, bei der die Dreheinrichtung 412 für das Werkzeug, die zwischen einer festen Werkzeugaufspannplatte 416 und einer beweglichen Werkzeugaufspannplatte 488 angeordnet ist (vgl. Figur 20), mit den Holmen, denen entlang sie verschoben werden kann, in Verbindung steht (vgl. Figur 6), also nicht losgelöst von den Holmen ist. Die Dreheinrichtung weist in allen Ausführungsbeispielen des Dokuments D2 eine horizontale Achse auf, die aber gemäß Spalte 6, Zeilen 4 bis 10, auch vertikal angeordnet werden kann. Da hierzu keine abweichenden konstruktiven Angaben gemacht werden, ist davon auszugehen, dass auch dann die Verbindung der Dreheinrichtung mit und ihre Führung entlang der Holme beibehalten wird. Im Falle einer vertikalen Anordnung der Dreheinrichtung könnte man die in Figur 6 gezeigten seitlichen Trägerplatten 32a und 32b als Grundplatten mit Drehteller im Sinne des Anspruchs 1 der Anmeldung ansehen. Einer der beiden Drehteller wäre dann auf der Oberseite der zugehörigen Grundplatte angeordnet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich demnach von der in Dokument D2 gezeigten Spritzgießmaschine dadurch, dass die Dreheinrichtung von den Holmen losgelöst ist.

Dokument D2 selbst kann zu diesem Unterschied keine Anregung geben, da ein Fachmann die Dreheinrichtung auch bei senkrechter Anordnung nicht von den Holmen loslösen würde.

4. Damit stellt sich die Frage, ob eine Kombination der Dokumente D1 und D2 zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen kann.

Geht man, wie bei der Anmeldung geschehen, von Dokument D1 aus, das bereits einen Teil der gestellten Aufgabe gelöst hat, nämlich die Holme zu entlasten, würde ein Fachmann zur Lösung des anderen Teils der Aufgabe, die Zugänglichkeit zum Werkzeug zu verbessern, wohl kaum eine Kombination mit Dokument D2 ins Auge fassen, da dort erstens nur eine vage Andeutung für eine Dreheinrichtung mit vertikaler Drehachse gemacht wird, zweitens die Dreheinrichtung nicht von den Holmen losgelöst ist und drittens auch bei Drehen der Dreheinrichtung in die Vertikale mit den dann oben und unten angebrachten Trägerplatten (Seitenplatten 32a und 32b) und dem Versorgungsblock S (vgl. Spalte 7, Zeilen 30. bis 39 und Figur 4) oder dem Antrieb (vgl. Spalte 6, Zeilen 18 bis 26 und Figur 4) keine leichte Zugänglichkeit zum Werkzeug hergestellt wäre. Das Dokument D2 kann dem Fachmann somit keine Anregung dazu geben, wie er, unter Beibehaltung der Loslösung der Dreheinrichtung von den Holmen, die Zugänglichkeit zum Werkzeug bei der Spritzgießmaschine gemäß Dokument D1 erhöhen kann, weswegen eine Kombination mit dem Dokument D1 nicht als nahe liegend angesehen werden kann. Aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den Dokumenten D1 und D2 sind bei einer Kombination der beiden Dokumente, wenn sie dennoch ins Auge gefasst werden würde, mehrere Ergebnisse denkbar und möglich. Es ergibt sich aber nicht zwangsläufig der Gegenstand des Anspruchs 1.

Diese Überlegungen gelten auch, wenn man umgekehrt von Dokument D2 ausgeht. Auch dann gibt es wegen der bei beiden Dokumenten deutlich unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien keine Veranlassung zur Kombination mit Dokument D1. Würde man diese Kombination aber dennoch vornehmen, ergäben sich auch hier mehrere mögliche Ergebnisse, nicht zwangsläufig aber der Gegenstand des Anspruchs 1.

5. Dokument D1 ist eine Weiterentwicklung von Dokument D3 (vgl. Absätze [0002] und [0003] der Anmeldung) hinsichtlich der Entlastung der Holme. Eine Kombination der Dokumente D1 und D3 ergibt in diesem Fall nach Auffassung der Kammer somit nicht mehr als Dokument D1 selbst.

Schließlich ergäbe eine Kombination der Dokumente D2 und D3 wiederum keine Loslösung der Dreheinrichtung von den Holmen, da ein derartiges Merkmal in keinem der beiden Dokumente gezeigt ist.

6. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die Anmeldung entspricht nach Auffassung der Kammer auch den formalen Erfordernissen des EPÜ (Artikel 84, 123(2) EPÜ, Regeln 27, 29 EPÜ) und dem Erfordernis des Artikels 83 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung: Seiten 1 bis 7, ursprünglich eingereicht;

Ansprüche: Anspruch 1, eingereicht am 9. Januar 2004 als Hauptantrag;

Ansprüche 2 bis 13, ursprünglich eingereicht;

Zeichnungen: Seiten 1/5 bis 5/5, ursprünglich eingereicht.

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