T 1447/04 () of 28.2.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T144704.20070228
Datum der Entscheidung: 28 Februar 2007
Aktenzeichen: T 1447/04
Anmeldenummer: 00934928.3
IPC-Klasse: H03M 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Anordnung zum Codieren und Decodieren von Nutzdaten sowie Computer-Erzeugnisse und computerlesbare Speichermedien
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - verneint (alle Anträge)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 00 934 928.3.

II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhe. In den Entscheidungsgründen bezog sich die Prüfungsabteilung auf das allgemeine Fachwissen und auf folgenden Stand der Technik:

D2: A. J. Goldsmith et al., "Joint Design of Fixed - Rate Source Codes and Multiresolution Channel Codes", IEEE Transactions on Communications, Band 46, Nr. 10, Oktober 1998, Seiten 1301 - 1312.

III. In einer Mitteilung vom 30. August 2006 bezog sich die Kammer zusätzlich auf folgendes Dokument:

D3: M. Ruf et al.,"Operational Rate - Distortion Performance for Joint Source and Channel Coding of Images", IEEE Transactions on Image Processing, Band 8, Nr. 3, März 1999, Seiten 305 - 320.

IV. Am 28. Februar 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 5. Dezember 2002 zu erteilen (Hauptantrag), oder, hilfsweise, ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 8 des ersten Hilfsantrages, eingereicht mit Schreiben vom 8. September 2004, oder der Ansprüche 1 bis 6 des zweiten Hilfsantrages, eingereicht mit Schreiben vom 30. Januar 2007, zu erteilen.

VI. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zur Codierung von Nutzdaten,

- bei dem die Nutzdaten gemäß einem Quellcodierungsverfahren codiert werden, wobei die Nutzdaten komprimiert werden,

- bei dem dem Quellcodierungsverfahren mindestens ein vorgegebener Fehlerparameter zugeordnet ist, mit dem eine Fehleranfälligkeit dieses Codierungsverfahren (sic) beschrieben wird,

- bei dem gemäß einem Kanalcodierungsverfahren die codierten Nutzdaten kanalcodiert werden,

- bei dem gemäß dem Kanalcodierungsverfahren zu den codierten Nutzdaten Redundanzdaten gebildet werden zur empfangsseitigen Fehlerkorrektur,

- wobei ein im Rahmen des Kanalcodierungsverfahren (sic) eingesetztes Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten abhängig von dem zum Quellcodierungsverfahren zugeordneten Fehlerparameter bestimmt wird. (sic)

- wobei das Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten aus einem Minimum einer den Fehlerparameter beschreibenden Fehlerrate-Verzerrungsfunktion (300) bestimmt wird, und wobei die Fehlerrate aus einer von diesem Verhältnis abhängigen Kanalfehlerfunktion (320) gebildet wird."

Anspruch 2 gemäß dem ersten Hilfsantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zur Codierung von Nutzdaten,

- bei dem die Nutzdaten gemäß einem Quellcodierungsverfahren codiert werden, wobei die Nutzdaten komprimiert werden,

- bei dem dem Quellcodierungsverfahren mindestens ein vorgegebener Fehlerparameter zugeordnet ist, mit dem eine Fehleranfälligkeit dieses Codierungsverfahrens beschrieben wird,

- bei dem gemäß einem Kanalcodierungsverfahren die codierten Nutzdaten kanalcodiert werden,

- bei dem gemäß dem Kanalcodierungsverfahren zu den codierten Nutzdaten Redundanzdaten gebildet werden zur empfangsseitigen Fehlerkorrektur,

- wobei ein im Rahmen des Kanalcodierungsverfahrens eingesetztes Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten abhängig von dem dem Quellencodierungsverfahren zugeordneten Fehlerparameter bestimmt wird, und

- wobei das Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten bei einer gegebener (sic) Summe aus Redundanzdaten und Nutzdaten derart bestimmt wird, dass mittels einer den Fehlerparameter beschreibenden Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion die Verzerrung minimiert wird."

Anspruch 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zur Codierung von Nutzdaten,

- bei dem die Nutzdaten gemäß einem Quellcodierungsverfahren codiert werden, wobei die Nutzdaten komprimiert werden,

- bei dem dem Quellcodierungsverfahren mindestens ein vorgegebener Fehlerparameter zugeordnet ist, mit dem eine Fehleranfälligkeit dieses Codierungsverfahrens beschrieben wird,

- bei dem gemäß einem Kanalcodierungsverfahren die codierten Nutzdaten kanalcodiert werden,

- bei dem gemäß dem Kanalcodierungsverfahren zu den codierten Nutzdaten Redundanzdaten gebildet werden zur empfangsseitigen Fehlerkorrektur,

- wobei ein im Rahmen des Kanalcodierungsverfahrens eingesetztes Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten abhängig von dem dem Quellencodierungsverfahren zugeordneten Fehlerparameter bestimmt wird, und

- wobei das Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten bei einer gegebenen Summe aus Redundanzdaten und Nutzdaten derart bestimmt wird, dass mittels einer den Fehlerparameter beschreibenden Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion die Verzerrung minimiert wird."

Die Anträge der Beschwerdeführerin umfassen weitere unabhängige Ansprüche, die sich auf Verfahren und entsprechende Anordnungen zur Codierung von Nutzdaten beziehen. Da diese Ansprüche ohne Relevanz für die vorliegende Entscheidung sind, muss deren Wortlaut hier nicht angegeben werden.

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag basiere auf einer erfindungsgemäßen Nutzung eines mit der Quellcodierung verbundenen Fehlerparameters, der durch eine unter dem Begriff RED (Rate Error Distortion) bekannte Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion beschrieben werde. Nach der Erfindung werde die einer gewählten Quellcodierung zugeordnete Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion im Rahmen einer der Quellcodierung nachgeordneten Kanalcodierung verwendet, um bei einer konstanten Übertragungsdatenrate ein optimales Verhältnis zwischen den durch die Quellcodierung codierten Nutzsignalen und den von der Kanalcodierung hinzugefügten Redundanzdaten zu ermitteln.

Wie es aus der Darstellung der Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion und der Kanalfehlerfunktion gemäß den Figuren 3A und 3B hervorgehe, erfolge die Auswahl einer möglichst optimalen Kanalcodierung zu einer vorgegebenen Quellcodierung sinnbildlich über eine Multiplikation der nichtlinearen Charakteristik des Kanalcoders in die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion des Quellcoders hinein. Das beanspruchte Verfahren stütze sich somit auf eine nichttriviale dreidimensionale Operation. Abhängig von dem jeweils gewünschten Optimierungsparameter, d. h. Verzerrung oder Nutzdatenrate, könne bei einer gegebenen Quell- oder Kanalcodierung eine korrespondierende optimale Kanal- bzw. Quellcodierung vorteilhaft in einem Schritt bzw. unter Weitergabe eines Parameters ermittelt werden.

Das Dokument D2 beschreibe ein iteratives Verfahren zur Dimensionierung einer Quell- und Kanalcodierung mit dem Ziel einer Minimierung der Verzerrung bei der End-zu-End-Übertragung. Bei diesem Verfahren werde entsprechend der Beschreibung und der Figur 2 in einem ersten Schritt bei einer gegebenen Datenrate eine Quellencodierung gesucht, welche die zu erwartende Verzerrung minimiere. In einem zweiten Schritt werde ein Code zur Kanalcodierung bestimmt. Dabei werde abhängig von der im ersten Schritt gewählten Datenrate der Quellcodierung bei einer vorgegebenen Gesamtdatenrate aus einer Anzahl von Codes der Code mit einer zu erwartenden minimalen Verzerrung ausgewählt. In einem dritten Schritt werde der bestimmte Kanalcode wieder zurück zum ersten Schritt gereicht und ein neuer Quellcode bestimmt. Diese Schritte seien iterativ für alle möglichen Datenraten der Quellcodierung bis zum Konvergieren des Quellcoder / Kanalcoder-Paares auf die minimale Verzerrung wiederholt.

In D2 werde auch ein alternatives Verfahren beschrieben. Dabei handele es sich um eine so genannte quellenoptimierte Dimensionierung der Kanalcodierung. Für eine gegebene Datenrate der Quellcodierung würden die oben beschriebenen Schritte lediglich ein einziges Mal durchlaufen, d. h. es existiere keine Rückkopplung der ermittelten Kanalcodierung zu der Quellcodierung und somit kein iterativer Prozess. Die Schritte 1 und 2 würden jedoch für alle Datenraten der Quellcodierung von null bis zur Gesamtdatenrate wiederholt, bis schließlich eine zu einer bestimmten Datenrate der Quellcodierung korrespondierende Kombination aus Quell- und Kanalcode als ein gemeinsamer Code mit einer minimalen Verzerrung ausgewählt werde.

Beide o. g. Ansätze offenbarten somit in einer jeweiligen Abfolge eine Auswahl bzw. eine Dimensionierung der Kanalcodierung basierend auf lediglich einer einzigen Information, nämlich auf der im Rahmen der Quellcodierung mit der Maßgabe der Minimierung der Verzerrung ermittelten Datenrate der Quellcodierung. Aus diesem Grund seien mehrere Iterationen dieser beiden Schritte für eine Vielzahl möglicher Datenraten der Quellcodierung erforderlich, um schließlich eine Kombination von Quell- und Kanalcodierung zu ermitteln, die eine minimale Verzerrung gewährleiste. Diese mehrfachen Iterationen seien jedoch sehr zeitaufwändig und entsprechend in der Praxis der Datenübertragung bei schnell veränderlichen Übertragungsverhältnissen nur unzureichend einsetzbar.

Das erfindungsgemäße Verfahren nach Anspruch 1 hingegen umgehe derart nachteilige mehrfache Iterationen durch das Bereitstellen eines Fehlerparameters, d. h. einer Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion gemäß Figur 3, welche die Fehleranfälligkeit der verwendeten Quellcodierung beschreibe. Dieser Fehlerparameter werde von der Kanalcodierung in Verbindung mit einer dem Kanalcoder eigenen nichtlinearen Charakteristik zur Ermittlung eines Verhältnisses von Nutzdaten zu Redundanzdaten verwendet, wobei sich dieses Verhältnis aus einem Minimum der Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion bei gegebener maximaler erlaubter Verzerrung ergebe. Die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion als Beschreibung des Fehlerparameters diene somit nicht der Ermittlung einer geeigneten Kombination von Quell- und Kanalcodierung mit dem Ziel einer Minimierung der End-zu-End-Verzerrung, sondern der Ermittlung einer geeigneten Kanalcodierung auf der Basis einer vorgegebenen maximal erlaubten Verzerrung bei einer konstanten Kanalrate.

Selbst wenn sowohl eine Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion als auch eine Kanalfehlerfunktion aus dem Stand der Technik bereits bekannt seien, lasse sich weder aus D2 noch aus D3 herleiten, dass die Nutzung eines durch die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion beschriebenen Fehlerparameters für die Dimensionierung der Kanalcodierung für einen Fachmann auf dem Gebiet der Kodierung naheliegend gewesen wäre.

Aufgrund der grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem erfindungsgemäßen Verfahren und dem vorliegenden Stand der Technik weise somit der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf.

Die Patentansprüche der beiden Hilfsanträge bezögen sich auf Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens, die auf dem Offenbarungsgehalt der Figuren 3A und 3B basierten. Da die vorangehenden Analysen und Abgrenzungen gegenüber dem Stand der Technik auch für diese Ausgestaltungen gälten, sei auch diesen Ansprüchen eine erfinderische Tätigkeit zuzuerkennen.

Entscheidungsgründe

1.1 Die Beschwerde ist zulässig.

2.1 Die vorliegende Anmeldung befasst sich mit der Aufgabe, "ein möglichst optimiertes Verhältnis zwischen dem Fehlerschutz im Rahmen der Kanalcodierung und dem Fehlerschutz im Rahmen der Quellcodierung zu ermitteln" (veröffentlichte Anmeldung: Seite 2, Zeilen 14 bis 17).

Da der von der Kanalcodierung gewährleistete Fehlerschutz von der Anzahl der Redundanzdaten und die durch ein Quellcodierungsverfahren erreichbare subjektive "Qualität" der zu codierenden Nutzdaten sowohl von der Nutzdatenrate als auch von der Fehlerrate des Übertragungskanals abhängen, soll ein optimiertes Verhältnis zwischen dem Kanalfehlerschutz und dem von der Quellcodierung gebotenen Fehlerschutz zu einem optimierten Verhältnis zwischen Redundanzdatenrate und Nutzdatenrate führen, so dass eine möglichst gute Qualität der übertragenen Nutzdaten bei der zur Verfügung stehenden Kanaldatenrate erreicht wird (vgl. veröffentlichte Anmeldung: Seite 2, Zeilen 19 bis 33, und Seite 3, Zeilen 3 bis 8).

2.2 Der der vorliegenden Anmeldung zugrunde liegende Lösungsansatz bei der Bestimmung eines Quellcoder-/ Kanalcoder-Paares besteht im wesentlichen darin, ein Codierungsverfahren für die Nutzdaten (d. h. eine Datenkompression), das bei einer bestimmten tolerierten Fehlerrate der Datenübertragung die gewünschte "Qualität" der übertragenen und decodierten Nutzdaten gewährleistet, mit einem Codierungsverfahren für die Datenübertragung (d. h. eine Kanalcodierung) mit entsprechendem Fehlerschutz zu kombinieren. Da für die Kanalcodierung lediglich die Redundanzdaten verwendet werden, die für den gewünschten Fehlerschutz einzusetzen sind, soll diese Kombination von Quellcodierung und Kanalcodierung für eine Optimierung des Verhältnisses zwischen der Nutzdatenrate und der Redundanzdatenrate sorgen.

Hauptantrag

3.1 Die in Anspruch 1 des Hauptantrages aufgeführten Verfahrensschritte können sinngemäß wie folgt zusammengefasst werden:

a) die Nutzdaten (z. B. digitalisierte Bilder) werden gemäß einem Quellcodierungsverfahren codiert, wobei die Nutzdaten komprimiert werden;

b) dem Quellcodierungsverfahren ist eine Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion ("Fehlerparameter") zugeordnet, mit der die durch die Datenkomprimierung entstehende Verzerrung der decodierten Nutzdaten in Abhängigkeit von der Nutzdatenrate und der Fehlerrate des Übertragungskanals angegeben wird;

c) die codierten Nutzdaten werden kanalcodiert und bei dieser Codierung werden Redundanzdaten zur empfangsseitigen Fehlerkorrektur gebildet;

d) das Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten wird im Rahmen des Kanalcodierungsverfahrens aus einem Minimum der o.g. Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion bestimmt, wobei als Fehlerrate in die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion eine Kanalfehlerfunktion eingesetzt wird, welche die Fehlerrate des Übertragungskanals als Funktion der Nutzrate und der Kanalrate darstellt.

Dieses Verfahren entspricht im wesentlichen dem auf Seiten 11 bis 14 der veröffentlichten Anmeldung angegebenen Ausführungsbeispiel.

3.2 Es ist ersichtlich, dass die Verfahrenschritte a) und c) Teil jedes beliebigen Verfahrens zur Codierung von zu übertragenden Daten sind.

Die Verfahrensschritte b) und d) betreffen die Bestimmung einer Funktion, welche die durch die Datenkomprimierung (d. h. Quellcodierung) und die Fehlerrate des Übertragungskanals herbeigeführte Verzerrung der Nutzdaten darstellt, wenn das Verhältnis zwischen Nutzdatenrate und Redundanzdatenrate bei einer vorgegebenen Kanalrate variiert wird.

4.1 Dokument D2 befasst sich mit der Aufgabe, ein Quellcodierungsverfahren und ein Kanalcodierungsverfahren zu optimieren, wobei Optimierungskriterium ist, die durch beide Codierungen und entsprechende Decodierungen entstehende Verzerrung der Nutzdaten zu minimieren. Für ein bestimmtes Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) des Übertragungskanals und eine vorgegebene Übertragungsrate wird somit ein optimales Verhältnis zwischen Nutzdatenbits and Redundanzbits erreicht (siehe "Abstract").

D2 (Seite 1302, rechte Spalte, dritter Absatz) bezieht sich auf drei Verfahren zur Bestimmung eines optimalen Quellcoder-/Kanalcoder-Paares: ein "source-optimized channel code", ein "channel-optimized source code" und ein "joint iterative design of a source-optimized channel code, and a channel-optimized source code". Bei allen Verfahren wird unter Berücksichtigung des Signal-Rausch-Verhältnisses eine optimale Aufteilung der Bits zwischen Nutzdatenbits und Redundanzbits ("optimal bit allocation") erreicht (Seite 1304, linke Spalte, zweiter und dritter Absatz).

4.2 Der Zweck des in D2 auf Seite 1304 unter "III. Joint Code Design Algorithms" beschriebenen Verfahrens ist die Minimierung der Verzerrung, die bei der Datenübertragung durch den Einsatz einer Quellcodierung und einer Kanalcodierung zu erwarten ist, und folglich die optimale Aufteilung der zur Verfügung stehenden Kanalrate zwischen Nutzdatenrate und Redundanzdatenrate (Seite 1304, rechte Spalte, letzter Absatz und Seite 1305, linke Spalte, erster Absatz). Unter der Annahme eines fehlerfreien Übertragungskanals wird zunächst eine Quellcodierung ("COVQ code") bestimmt, welche die zu erwartende Verzerrung zwischen den Quelldaten und den decodierten Daten minimiert (Seite 1305, linke Spalte, zweiter und letzter Absatz). Unter allen Kanalcodierungen RCPC, die eine mit der vorgegebenen Übertragungsrate R kompatible Redundanzdatenrate Rc aufweisen, wird dann die Kanalcodierung mit einem Fehlerschutz gewählt, der die zu erwartende Verzerrung minimiert (Seite 1306, linke Spalte, letzte zwei Absätze).

4.3 D2 lehrt daher, bei der Auswahl der Quellcodierung und der Kanalcodierung eine Funktion anzuwenden, welche die zu erwartende Verzerrung der Nutzdaten nach der Datencodierung, der Datenübertragung und der entsprechenden Decodierung darstellt, und als Kriterium für die Aufteilung der Übertragungsrate zwischen Nutzdatenrate und Redundanzdatenrate die Minimierung dieser Funktion zu nehmen. Während D2 versucht, sowohl die Quellcodierung als auch die Kanalcodierung zu optimieren, sind im beanspruchten Verfahren die Quellcodierung und somit die zu minimierende Funktion, nämlich die der Quellcodierung zugeordnete Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion, vorgegeben.

5.1 Auch das Dokument D3 befasst sich mit der Aufgabe, für einen bestimmten Übertragungskanal ein optimiertes Verhältnis zwischen dem Fehlerschutz im Rahmen der Kanalcodierung und dem Fehlerschutz im Rahmen der Quellcodierung zu ermitteln (vgl. D3, "Abstract"). Dabei wird eine Funktion ("rate-distortion function") verwendet, welche die durch die Quellcodierung und die Kanalcodierung herbeigeführte Verzerrung der Quelldaten in Abhängigkeit von der maximalen Kanalrate beschreibt (siehe "Abstract").

5.2 In D3 wird zunächst die wegen der Datenkompression zu erwartende Verzerrung der Nutzdaten (z. B. eines Bildes) als Funktion der Nutzdatenrate Rs ermittelt. Mit anderen Worten wird in D3 einer bestimmten Quellcodierung eine Verzerrungsfunktion zugeordnet (siehe D3: Seite 307, linke Spalte, Punkt 3). Im Teil III (Seite 307) von D3 wird die Auswirkung der Kanalfehler auf die Verzerrung der übertragenen und decodierten Nutzdaten eingehend untersucht. Die durch die Quellcodierung und Kanalcodierung herbeigeführte Verzerrung Ds+c ergibt sich aus der Summe der durch die Quellcodierung und die Kanalcodierung entstehenden Datenfehler (siehe Funktion (16) auf Seite 308).

Im Teil IV ("Operational Rate - Distorsion Behavior") von D3 (Seite 311) wird die gesamte Verzerrung Ds+c als Funktion der Übertragungsrate Rs+c dargestellt, die zur Übertragung der codierten Nutzdaten und der zur Fehlerkorrektur dienenden Redundanzdaten verwendet wird. D3 weist ferner auf die Möglichkeit hin, die Nutzdatenrate ("source bits") und die Redundanzdatenrate ("channel code rate") derart zu bestimmen, dass die gesamte Verzerrung bei einer vorgegebenen maximalen Übertragungsrate minimiert, oder dass eine vorgegebene Verzerrung mit der kleinsten Übertragungsrate erreicht wird.

6.1 Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin insbesondere geltend gemacht, dass sich das beanspruchte Verfahren vom vorliegenden Stand der Technik im wesentlichen darin unterscheide, dass die erwünschte Optimierung der Quell- und Kanalcodierungen in zwei voneinander unabhängigen Schritten vorgenommen werde. Dies sei möglich, weil nach dem erfindungsgemäßen Verfahren die Kanalcodierung keine Auswirkung auf die Quellcodierung bzw. auf deren Parameter habe. Nach der Wahl der Quellcodierung und der Bestimmung der für die zu übertragende Information erforderlichen Nutzdatenrate könne somit anhand der Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion die Abhängigkeit der Verzerrung von der Fehlerrate ermittelt werden. Bei einer vorgegebenen maximalen Verzerrung könne dann der Bereich der Fehlerraten bestimmt werden, bei denen die erwünschte Qualität der übertragenen Nutzdaten gewährleistet sei. Anhand der Kanalfehlerfunktion 320 (Figur 3B) lasse sich dann z.B. die maximale Nutzdatenrate bestimmen, die bei der tolerierten Verzerrung noch übertragen werden könne.

6.2 Diese von der Beschwerdeführerin angebotene Auslegung des erfindungsgemäßen Verfahrens stützt sich lediglich auf die Figuren 3A und 3B und setzt voraus, dass die Nutzrate bei der Quellcodierung der Nutzrate bei der Kanalübertragung nicht gleichzusetzen ist. Dies könnte in der Tat der Fall sein, wenn der Kanal mehrere Datenströme von verschiedenen Quellcodern gleichzeitig übertragen würde.

In der Beschreibung (veröffentlichte Anmeldung: Seite 11, Zeilen 21 bis 23) wird aber angegeben, dass z. B. digitalisierte Bilder "Nutzdaten" darstellen, die "quellcodiert", d. h. komprimiert werden sollen. Die dem ausgewählten Codierungsverfahren zugeordnete Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion und die Kanalfehlerfunktion dienen dann dazu, ein optimiertes Verhältnis der erforderlichen Redundanzrate zu der Nutzdatenrate zu ermitteln, so dass durch die Kombination der gewählten Quellcodierung mit dem durch die Redundanzdaten gebotenen Kanalfehlerschutz die beste Qualität erreicht wird. Die angestrebte Optimierung erfordert aber zwangsläufig, dass die Nutzdatenrate auch unter Berücksichtigung der Kanalfehlerrate bestimmt wird (siehe veröffentlichte Anmeldung: Funktion (3) auf Seite 14).

In der Tat beschreibt die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion "eine Verzerrung 301 als Qualitätsmaß in Abhängigkeit einer Nutzdatenrate (bit/sec) und einer Fehlerrate 303 des jeweiligen Kanals (Fehler/bit)" (veröffentlichte Anmeldung: Seite 13, Zeilen 14 bis 17). Je niedriger die Nutzdatenrate und je höher die Fehlerrate sind, desto größer ist die Bildverzerrung. Laut Beschreibung (veröffentlichte Anmeldung: Seite 13, Zeilen 22 bis 37) wird durch die Kanalfehlerfunktion die Abhängigkeit der Anzahl der Kanalfehler von der Nutzdatenrate bei vorgegebener konstanter Kanalrate angegeben. Durch Einsetzen der Kanalfehlerfunktion in die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion ergibt sich eine Funktion, welche die durch die gewählten Quell- und Kanalcodierungsverfahren erreichbare "Qualität" der zu codierenden und zu übertragenden Nutzdaten in Abhängigkeit von der Nutzdatenrate bei einer konstanten Kanalrate beschreibt. Durch Variieren der Nutzdatenrate kann das Minimum dieser Verzerrungsfunktion und somit eine optimierte Qualität erreicht werden.

7.1 Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich somit von dem aus D2 bzw. D3 hervorgehenden Verfahren zur Codierung von Nutzdaten im wesentlichen dadurch, dass die Verzerrungsfunktion, die zur Bestimmung des Verhältnisses von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten minimiert werden soll, durch Einsetzen einer Kanalfehlerfunktion in die dem gewählten Quellcodierungsverfahren zugeordnete Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion gebildet wird.

7.2 In der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung wird es durch Verweise auf entsprechende Textquellen als bekannt bezeichnet, "für eine bestimmte Art einer Szene, beispielsweise für verschiedene Anwendungen (Internet-Anwendungen, Homeshopping, Werbevideos) und für eine bestimmte Art eines Quellcodierungsverfahrens eine sogenannte Rate-Error-Distortion (RED), die im weiteren als Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion bezeichnet wird, zu ermitteln. Die Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion beschreibt eine durch das Quellcodierungsverfahren erreichbare subjektive "Qualität" der zu codierenden Nutzdaten in Abhängigkeit sowohl einer Datenrate (bit/sec) und einer Fehlerrate des zu Verfügung stehenden Kanals (Fehler/bit)" (veröffentlichte Anmeldung: Seite 2, Zeile 35 bis Seite 3, Zeile 8).

Ferner wird in der Anmeldung auf die aus dem Stand der Technik bekannte Möglichkeit hingewiesen, die Abhängigkeit der Kanalfehler von der Nutzdatenrate bei vorgegebener konstanter Kanalrate für ein spezifisches, vorgegebenes Kanalcodierungsverfahren zu ermitteln (veröffentlichte Anmeldung: Seite 3, Zeilen 10 bis 13).

7.3 Es liegt für den Fachmann auf der Hand, dass das Einsetzen einer Kanalfehlerfunktion in die einem vorgegebenen Quellcodierungsverfahren zugeordnete Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion die Verzerrung als Funktion der Nutzdatenrate und der Kanaldatenrate ergibt, und dass eine solche Verzerrungsfunktion gemäß der Lehre von D2 oder D3 zur Bestimmung eines optimalen Verhältnisses zwischen Nutzdatenrate und Redundanzdatenrate verwendet werden könnte.

7.4 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass sich das beanspruchte Verfahren aus einer naheliegenden Kombination der aus D2 oder D3 bekannten Lehre zur Optimierung der Quell- und Kanalcodierungen bei Minimierung der Datenverzerrung mit dem allgemeinen Fachwissen bezüglich der Darstellung der Fehleranfälligkeit einer Quellcodierung bzw. einer Kanalcodierung mittels einer Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion bzw. einer Kanalfehlerfunktion ergibt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPC.

Hilfsanträge

8.1 Anspruch 2 des ersten Hilfsantrages entspricht dem Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages und unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der letzte Verfahrensschritt wie folgt lautet:

- "wobei das Verhältnis von Redundanzdaten zu den codierten Nutzdaten bei einer gegebenen Summe aus Redundanzdaten und Nutzdaten derart bestimmt wird, dass mittels einer den Fehlerparameter beschreibenden Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion die Verzerrung minimiert wird."

8.2 Wie oben angegeben, ist eines der in D3 aufgeführten Kriterien zur Bestimmung des optimalen Verhältnisses zwischen Nutzdatenrate und Redundanzdatenrate die Minimierung der Verzerrung bei einer konstanten Übertragungsrate. Das Verfahren gemäß Anspruch 2 des ersten Hilfsantrages unterscheidet sich vom Stand der Technik lediglich durch die Verwendung der bekannten Fehlerrate-Verzerrungs-Funktion zur Ermittlung der gesamten Verzerrung des Quellcoder- / Kanalcoder-Paares und leistet somit keinen erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik.

9. Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass keine der von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge eine Basis für die Erteilung eines Patents bieten kann. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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