T 1342/04 () of 20.3.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T134204.20070320
Datum der Entscheidung: 20 März 2007
Aktenzeichen: T 1342/04
Anmeldenummer: 98101988.8
IPC-Klasse: G02F 1/139
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 26 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anzeigeeinrichtung mit einer Flüssigkristallzelle
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 98 101 988.8 (Veröffentlichungsnummer EP 0 857 995 A1) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand insbesondere des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Es wurde auf die folgenden Dokumente verwiesen:

D1: GB-A-2 003 290

D2: JP-A-54 099 450

D3: JP-A-54 061 554

D4: DE-A-3 742 506

III. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Anmelderin einen neuen Anspruch 1 eingereicht und wie folgt argumentiert:

Der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 unterscheide sich von den im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen dadurch, dass er LCD-Anzeigen unterschiedlicher Technologien und STN-Flüssigkristallzellen enthalte. Die entgegengehaltenen Dokumente D1, D2 und D3 beschrieben jeweils eine Anzeigeeinrichtung mit einer durchleuchtbaren nematischen Flüssigkristallzelle, deren Flüssigkristallsubstanz einen Farbstoff enthalte und die in Anzeigebereichen bezüglich ihres Transmissionsvermögens schaltbar sei, und mit einem auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle angeordneten Farbfilter.

Gegenstand von D1 sei das Erzeugen einer unterschiedlichen Farbdarstellung in ein- bzw. ausgeschaltetem Zustand der Zelle sowie die Erhöhung des entsprechenden Farbkontrasts.

D2 befasse sich mit Farbdarstellungen auf einem Display in Abhängigkeit einer Ansteuer-Spannung.

D3 schließlich beschreibe ein T-Farb-Display, bei dem eine Hintergrundfarbe in Abhängigkeit von einer Ansteuerspannung veränderbar sei.

Sämtliche genannten Entgegenhaltungen hätten Farbänderungen in Abhängigkeit von Ansteuerungszuständen einer Flüssigkristallzelle zum Gegenstand. Demgegenüber betreffe die vorliegende Erfindung eine völlig andere Problematik:

Aufgabe sei es, eine farbstoffdotierte STN-Flüssigkristallzelle zu schaffen, deren Farbe unabhängig von der Intensität eines einfallenden Auflichtes sei. Die Abhängigkeit der Zellenfarben von der Auflichtintensität sei ein spezielles von farbstoffdotierten STN-Zellen abhängendes Problem und trete bei TN-Zellen (Twistwinkel 90º), wie sie sämtlich Gegenstand von D1 bis D3 seien, überhaupt nicht auf. Bei den aus D1 bis D3 bekannten Vorrichtungen mit TN-Zellen handele es sich somit nicht nur um völlig von der Erfindung verschiedene Gegenstände, sondern D1 bis D3 lägen auch vollkommen andere Aufgaben zugrunde. Somit habe eine Anordnung nach Anspruch 1 dem Fachmann bei der vorliegenden, unveränderten Aufgabe, eine Anzeigeeinrichtung mit einer durchleuchtbaren, farbstoffdotierten STN-Flüssigkristallzelle zu schaffen, in welcher sich die Farbe des Anzeigehintergrundes der STN-Zelle auch bei starkem Auflicht nicht von der Farbe des Anzeigehintergrundes anderer in der Anzeigeeinrichtung vorhandener Flüssigkristallzellen unterscheide, nicht nahegelegen und sei somit erfinderisch.

IV. Zur Vorbereitung der von der Patentinhaberin hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung hat die Kammer in einer Anlage zur Ladung eine vorläufige Stellungnahme abgegeben.

Der geänderte Anspruch 1 enthalte anscheinend nicht alle Merkmale, die zur Lösung der o. g. Aufgabe nötig seien. Es fehle insbesondere ein sich auf den Zusammenhang zwischen der Hintergrundfarbe der Flüssigkristallanzeige "einer anderen Technologie" und der "dritten Farbe" beziehendes Merkmal. In diesem Sinne sei der Anspruch 1 nicht klar bzw. wäre nicht durch die Beschreibung gestützt, falls diese ein entsprechendes Merkmal offenbaren würde (Artikel 83, 84 und 123(2) EPÜ).

Für die vorliegende Fassung des Anspruchs 1 scheine in gleicher Weise die Begründung der Prüfungsabteilung zu gelten, dass der Fachmann bei TN-Zellen (siehe D1 bis D4) bekannte Maßnahmen, wie z. B. das Anordnen von Farbfiltern auf der vom Beobachter abgewandten Seite, prinzipiell auch bei STN-Zellen verwenden würde, was daher naheliegend wäre. Es sei daher nicht ersichtlich, dass der Gegenstand eines klargestellten Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würde (Artikel 56 EPÜ).

V. Mit einer weiteren Eingabe hat die Anmelderin neue Versionen eines Anspruchs 1 gemäß einem Haupt- und einem Hilfsantrag eingereicht zusammen mit weiteren Ausführungen zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit gegenüber D1 und D5 (WO 90/03593, bisher noch nicht genannt, aber im Recherchenbericht aufgeführt).

VI. In der mündlichen Verhandlung, die am 20. Februar 2007 stattgefunden hat, hat die Anmelderin beantragt, ein Patent auf der Grundlage des Anspruchs 1 gemäß dem zuletzt eingereichten Haupt- und Hilfsantrag zu erteilen. Die Kammer hat am Ende der mündlichen Verhandlung die Entscheidung verkündet.

VII. Die Versionen des Anspruchs 1, die der Entscheidung zu Grunde liegen, lauten wie folgt:

Hauptantrag:

"1. Anzeigeeinrichtung mit einer durchleuchtbaren STN-Flüssigkristallzelle, deren Flüssigkristallsubstanz einen Farbstoff enthält und die in Anzeigebereichen bezüglich ihres Transmissionsvermögens schaltbar ist, und mit einem auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle angeordneten optischen Element, dadurch gekennzeichnet, dass das optische Element ein Farbfilter (4) ist und derart mit einem Farbstoff versehen ist, dass auf die Flüssigkristallzelle (2) beobachterseitig einfallendes Licht (5) so von dem Farbstoff der Flüssigkristallzelle (2) in einer ersten und von dem Farbstoff des Farbfilters (4) in einer zweiten Farbe reflektiert wird, dass das Mischlicht aus den jeweils reflektierten Lichtanteilen eine von der ersten und von der zweiten Farbe verschiedene dritte Farbe aufweist, dass der Farbstoff des Farbfilters (4) fluoreszierend ist."

Hilfsantrag:

"1. Anzeigeeinrichtung mit einer durchleuchtbaren STN-Flüssigkristallzelle und mit einer Flüssigkristallanzeige einer anderen Technologie, wobei die Flüssigkristallsubstanz der Flüssigkristallzelle einen Farbstoff enthält und die Flüssigkristallzelle in Anzeigebereichen bezüglich ihres Transmissionsvermögens schaltbar ist, und mit einem auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle angeordneten optischen Element, dadurch gekennzeichnet, dass das optische Element ein Farbfilter (4) ist und derart mit einem Farbstoff versehen ist, dass auf die

Flüssigkristallzelle (2) beobachterseitig einfallendes Licht (5) so von dem Farbstoff der Flüssigkristallzelle

(2) in einer ersten und von dem Farbstoff des Farbfilters (4) in einer zweiten Farbe reflektiert wird, dass das Mischlicht aus den jeweils reflektierten Lichtanteilen eine von der ersten und von der zweiten Farbe verschiedene dritte Farbe aufweist, dass der Farbstoff des Farbfilters (4) fluoreszierend ist."

Entscheidungsgründe

1. Die Druckschrift D1, siehe Figuren 1 und 2 mit sie erläuternder Beschreibung, insbesondere Seite 4, Zeilen 37 bis 39, offenbart eine Anzeigeeinrichtung mit einer durchleuchtbaren TN-Flüssigkristallzelle (53), deren Flüssigkristallsubstanz einen Farbstoff ("dichroic blue dye") enthält und die in Anzeigebereichen bezüglich ihres Transmissionsvermögens schaltbar ist, und mit einem auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Flüssigkristallzelle angeordneten optischen Element, welches ein Farbfilter (45, 55) ist und mit einem fluoreszierenden Farbstoff versehen ist. Daher wird auch auf die Flüssigkristallzelle (53) beobachterseitig einfallendes Licht zwangsläufig (vgl. auch Punkt 4 unten) so von dem Farbstoff der Flüssigkristallzelle in einer ersten Farbe (Blau) und von dem Farbstoff des Farbfilters in einer zweiten Farbe (Gelb-Grün) reflektiert, dass das Mischlicht aus den jeweils reflektierten Lichtanteilen eine von der ersten und von der zweiten Farbe verschiedene dritte Farbe (Mischlicht aus Blau und Gelb-Grün) aufweist.

2. Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem aus D1 bekannten Stand der Technik nur dadurch, dass statt der TN- eine STN-Flüssigkristallzelle verwendet wird. Demzufolge besteht die objektiv zu lösende Aufgabe darin, die in D2 beschriebene Anordnung hinsichtlich des Ansprechverhaltens, Kontrasts und Blickwinkels weiter zu verbessern, wie es bekanntermaßen mit STN- gegenüber TN-Zellen gelingt. Es ist daher für einen Fachmann naheliegend, bei der aus D1 bekannten Anzeigeeinrichtung eine STN-Flüssigkristallzelle einzusetzen, wodurch er zu einem Gegenstand gelangt, der unter die Definition des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag fällt.

3. Die Anmelderin hat zuletzt argumentiert, dass bei der aus D1 bekannten Anordnung ein verstärkter Farbkontrast dadurch erhalten werde, dass einmal (Figur 3a) Gelb durchgelassen und Blau zurückgehalten werde, während bei einer Umschaltung (Figur 3b) Blau durchgelassen und Gelb gesperrt werde. Eine Mischung finde hier gerade nicht statt. Dies treffe auch für die in D5 beschriebene Anzeigeeinrichtung zu, bei der entweder in einem ersten Zustand die Anzeige in der Farbe des in dem Flüssigkristall gelösten Farbstoffs erscheine und in einem zweiten Zustand in der Farbe des Reflektors. Ein graues Display könne nach der Lehre von D5 mit einem entsprechenden dem Flüssigkristall zugesetzten Farbstoff erhalten werden.

4. Diese Argumente sind jedoch nicht überzeugend, da die in D1 und D5 vorhandenen Angaben hinsichtlich der Farben im "on"- und "off-state" sich allenfalls auf Ideal- oder Grenzfälle beziehen, während in Wirklichkeit eine Mischung des von dem gefärbten Flüssigkristallmaterial und dem fluoreszierenden Farbfilter zurückgestreuten Lichts anzunehmen ist. Diese Interpretation wird durch die von der Anmelderin in D5 zitierte Stelle, Seite 22, Zeilen 3 bis 18 gestützt, wonach im "off-state" der Flüssigkristallfilm einen großen Teil ("a large fraction") des Lichts daran hindert, den hinteren Reflektor zu erreichen, und so ein großer Teil der Reflektion ("much of the reflection") von der Anzeigeeinrichtung in der Farbe des gelösten Farbstoffs erfolgt. Außerdem werde Licht, das dennoch den hinteren Reflektor erreiche, bevorzugt ("preferentially") von dem blauen Farbstoff absorbiert. Das bedeutet, dass auch in D5 die für "on"- und "off-state" genannten Farben im Grunde Mischfarben sind.

5. Die Anmelderin hat in der Beschwerdebegründung darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe der vorliegenden Anmeldung sei, eine farbstoffdotierte STN-Flüssigkristallzelle zu schaffen, deren Farbe unabhängig von der Intensität eines einfallenden Auflichtes sei. Die Abhängigkeit der Zellenfarben von der Auflichtintensität sei ein spezielles von farbstoffdotierten STN-Zellen abhängendes Problem und trete bei TN-Zellen (Twistwinkel 90º), wie sie sämtlich Gegenstand von D1 bis D3 seien, überhaupt nicht auf.

6. Die Kammer möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Anspruch 1, insbesondere mangels einer Präzisierung der auszuwählenden Farben (vgl. z.B. Spalte 2, Zeilen 4 bis 9), keine Merkmale erkennen lässt, die eine Abhängigkeit von der Auflichtintensität vermindern würden. Abgesehen davon, dass es auch nicht nachgewiesen ist, dass bei STN-Zellen diese Probleme entscheidend gravierender sind als bei TN-Zellen, würde der Fachmann prinzipiell bei TN-Zellen im Zusammenhang mit dem Auflicht getroffene Maßnahmen, wie die in D1 beschriebene Einfärbung des Flüssigkristallmaterials und die Verwendung eines fluoreszierenden Hintergrundfarbfilters, auch bei STN-Zellen einsetzen.

7. Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag enthält zusätzlich das Merkmal "und mit einer Flüssigkeitsanzeige einer anderen Technologie". Diese Merkmal bezieht sich auf die in der Beschreibung formulierte Aufgabe, nach der "sich die Farbe des Anzeigenhintergrundes der STN-Zelle auch bei starkem Auflicht nicht von der Farbe des Anzeigehintergrundes anderer in der Anzeigeeinrichtung vorhandener Flüssigkristallzellen unterscheidet". Der Anspruch definiert jedoch keinen Zusammenhang zwischen diesen Farben, worauf die Kammer in ihrem Ladungsbescheid hingewiesen hatte. Das bloße Kombinieren einer Flüssigkeitsanzeige einer anderen Technologie mit einer STN-Zelle, die entsprechend der TN-Zelle von D1 aufgebaut ist, war daher ebenfalls naheliegend. Das zu dem Hilfsantrag von der Anmelderin vorgetragene Argument, dass damit ein weiterer Unterschied zum Stand der Technik herausgestellt werde, kann die Kammer daher hinsichtlich der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstands nicht überzeugen.

8. Auch bei voller Würdigung aller wesentlichen Argumente der Anmelderin kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß dem Haupt- und dem Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation