T 1219/04 (Snowboard) of 20.11.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T121904.20061120
Datum der Entscheidung: 20 November 2006
Aktenzeichen: T 1219/04
Anmeldenummer: 97948790.7
IPC-Klasse: A63C 5/03
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Teilbares Snowboard mit Bindungs- und Verbindungssystem
Name des Anmelders: Ritter, Michael et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 82
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 R 80
European Patent Convention 1973 R 100
Schlagwörter: Beschwerde eingelegt von dem zweitgenannten Anmelder
Bestellung eines neuen gemeinsamen Vertreters
Öffentliche Zustellung
Vertrauensschutz für die Benutzer des EPA
Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 948 790.7.

Die Prüfungsabteilung, die sich in ihrer Entscheidung auf den mit Schreiben vom 21. Juli 1998 eingereichten Satz von Patentansprüchen 1 bis 24 bezog, vertrat die Auffassung, dass die Patentanmeldung nicht einheitlich im Sinne von Artikel 82 EPÜ war, da sich die unabhängigen Patentansprüche 1 bis 13 auf zwei verschiedene Erfindungen bezogen, die keine allgemeine erfinderische Idee verwirklichten.

II. Die mit 1. Dezember 2003 datierte Entscheidung wurde zunächst an die Firma "Boards Unlimited Sportartikel GmbH&Co.KG zugestellt, wobei dieser Zustellversuch laut Postbericht erfolglos blieb, da zwischenzeitlich eine Übertragung der Anmeldung von der genannten Firma auf Michael Ritter und Stefan Schiele erfolgt war, die mit Wirkung vom 27. November 2003 im Europäischen Patentregister eingetragen worden war. Daraufhin wurde die Zustellung am 23. Januar 2004 wiederholt, wobei in diesem Fall die Zustellung an den zweitgenannten Anmelder Stefan Schiele erfolgte.

III. Mit dem am 24. März 2004 per Telefax empfangenen Schreiben wurde gegen diese Entscheidung von Stefan Schiele Beschwerde eingelegt und begründet. Am 25. März 2004 wurde die Beschwerdegebühr entrichtet.

Mit diesem Beschwerdeschreiben wurde ein neuer Satz von Patentansprüchen 1 bis 12 eingereicht und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Prüfung der Anmeldung auf der Basis dieser Patentansprüche durchzuführen.

IV. Mit Schreiben vom 2. April 2004 stellte die Prüfungsabteilung den Zurückweisungsbeschluss unter Hinweis auf Regel 100 EPÜ und die irrtümlich bereits an den zweitgenannten Anmelder ergangene Zustellung nunmehr auch an den in der Übertragungsurkunde erstgenannten Anmelder Michael Ritter zu. Gleichzeitig wurde die mittlerweile eingelangte Beschwerde des zweitgenannten Anmelders mit dem Ersuchen um Unterfertigung oder Vorlage neuer Unterlagen ebenfalls an den erstgenannten Anmelder übermittelt.

Eine entsprechende Information des zweitgenannten Anmelders ist dem Akt nicht zu entnehmen.

Da sämtliche Zustellversuche an den erstgenannten Anmelder jedoch scheiterten, hat die Prüfungsabteilung am 18. August 2004 mit ihm telefonisch Kontakt aufgenommen und sodann neuerlich wirksam zugestellt. Mit Schreiben vom 24. August 2004 teilte der erstgenannte Anmelder mit, dass er nunmehr die Entscheidung der Prüfungsabteilung erhalten habe, jedoch selbst keine Beschwerde einlegen wolle. Auf die Tatsache der bereits eingelegten Beschwerde des zweitgenannten Anmelders ging er nicht ein.

V. Die Prüfungsabteilung legte am 11. Oktober 2004 die Beschwerde des zweitgenannten Anmelders gegen den Zurückweisungsbeschluss der Beschwerdekammer vor.

VI. Der zweitgenannte Anmelder ließ über seinen mittlerweile bestellten Vertreter mit Schreiben vom 2. März 2005 mitteilen, dass er dem Vertretungsrecht des erstgenannten Anmelders im Sinne der Regel 100 EPÜ widerspreche. Die Kammer hat dieses Schreiben dem erstgenannten Anmelder zugestellt und unter Hinweis auf Regel 100(1) EPÜ zur Bestellung eines neuen, gemeinsamen Vertreters aufgefordert. Für den Fall der Nichtbestellung innerhalb der eingeräumten Frist wurde angekündigt, dass die Kammer sodann den zweitgenannten Anmelder zum gemeinsamen Vertreter bestellen werde. Diese Mitteilung der Beschwerdekammer wurde infolge der Nichtzustellbarkeit an den erstgenannten Anmelder durch die Post durch öffentliche Bekanntmachung im Europäischen Patentblatt 16/2006 vom 19. April 2006 zugestellt. Sie wurde gemäß Regel 80 EPÜ am 19. Mai 2006 wirksam.

Entscheidungsgründe

1. Der dem Verfahren zugrunde liegende Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsabteilung hätte korrekterweise unmittelbar dem gemeinsamen Vertreter der beiden Anmelder, Michael Ritter, als dem erstgenannten Anmelder zugestellt werden müssen und daher die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde auch von diesem eingereicht werden müssen. Durch die Zustellung an den zweitgenannten Anmelder aus einem Versehen der Prüfungsabteilung, das ihm gegenüber nie aufgeklärt wurde, musste beim zweitgenannten Anmelder der Eindruck entstehen, die negative Entscheidung sei rechtswirksam zugestellt worden und daher hätte auch die Beschwerdefrist korrekt zu laufen begonnen. Um einen drohenden Rechtsnachteil abwenden zu können, hat er das im EPÜ vorgesehene Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen und diese auch den sonstigen Vorschriften des EPÜ gemäß eingereicht. Die Beschwerdekammer sah unter diesen Umständen keine Veranlassung, diese Beschwerde deshalb abzulehnen, weil sie nicht vom gemeinsamen Vertreter der beiden Anmelder unterfertigt war. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage, 2001, S. 285ff und insbesondere die dort zitierten Entscheidungen G 5/88, G 7/88 und G 8/88, ABl. EPA 1991, 137) sollten die vom Amt getroffenen Maßnahmen das in diese Verfahren gesetzte berechtigte Vertrauen der Beteiligten nicht verletzen. Übertragen auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der zweitgenannte Anmelder darauf vertrauen durfte, dass er zu Recht den Zurückweisungsbeschluss des Amtes erhalten hat und seine Reaktion darauf, die Einreichung einer Beschwerde, somit ebenfalls korrekt erfolgte.

Die Beschwerde ist daher zulässig.

2. Der Satz von Patentansprüchen, der mit dem Beschwerdeschreiben vom 24. März 2004 eingereicht wurde, unterscheidet sich von dem mit Schreiben vom 21. Juli 1998 eingereichten Satz von Patentansprüchen 1 bis 24, auf den sich die angefochtene Entscheidung bezieht, dadurch, dass der unabhängige Anspruch 13 sowie die von ihm abhängigen Patentansprüche 14 bis 24 gestrichen wurden.

Durch diese Änderung entfällt der einzige Zurückweisungsgrund. Daher hält es die Kammer für geboten, von ihrer Befugnis gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Sache zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückverwiesen.

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