European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T121104.20060203 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 Februar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1211/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96919803.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B05D 7/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Mehrschichtlackierung | ||||||||
Name des Anmelders: | E.I. DU PONT DE NEMOURS AND COMPANY | ||||||||
Name des Einsprechenden: | PPG Industries, Inc. | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das Patent Nr. 0 839 073 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 (a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das Patent in der erteilten Fassung, im Hinblick auf die Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen
E5: JP 63-317695 A (in englischer Übersetzung) und
E6: US 5 178 736 A,
die Erfordernisse des Artikels 100 (a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ nicht erfülle und dass die im Artikel 100 (a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nicht entgegenstünden.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat sich während des Beschwerdeverfahrens nicht geäußert.
IV. Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Verfahren zur Herstellung einer Mehrschichtlackierung, bei dem auf einem elektrisch leitfähigen Substrat eine erste Überzugsschicht aus einem elektrophoretisch abscheidbaren wässrigen Überzugsmittel (i), das zu einer im eingebrannten Zustand elektrisch leitfähigen Überzugsschicht führt, elektrophoretisch aufgetragen und anschließend eingebrannt wird, worauf weitere Überzugsschichten aufgebracht werden, dadurch gekennzeichnet, dass man nach dem Einbrennen der ersten Überzugsschicht eine elektrisch isolierende zweite Überzugsschicht aus einem von (i) verschiedenen elektrophoretisch abscheidbaren wässrigen Überzugsmittel (II) elektrophoretisch abgeschieden und eingebrannt wird, worauf als dritte Überzugsschicht eine Basislackschicht aus einem farb- und/oder effektgebenden Überzugsmittel aufgetragen und mit einer vierten, transparenten Überzugsschicht aus einem Klarlacküberzugsmittel überlackiert und mit dieser gemeinsam eingebrannt wird, worauf gegebenenfalls eine oder mehrere weitere transparente Überzugsschichten aufgetragen werden, wobei die Gesamttrockenschichtdicke des Lackaufbaus bei 90 bis 130 µm und die Trockenschichtdicke der transparenten Überzugsschicht bzw. der transparenten Überzugsschichten bei 40 bis 80 µm liegt."
V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
E5 sei ausdrücklich darauf ausgerichtet, einen besonderen Kantenschutz dadurch zu erzielen, dass die beiden elektrophoretisch abgeschiedenen Überzüge "nass-in-nass" appliziert und "gemeinsam" eingebrannt werden.
In E6 werde kein Mehrschichtverfahren unter Einbeziehung einer Basis- und Klarlackschicht beschrieben. E6 richtet sich, so wie die E5, auf die Problematik des Kantenschutzes bei Elektrotauchlackierungen und löse dieses Problem durch ein Zwei-Schichten-Verfahren, in dem ein erster Elektrotauchlacküberzug aufgebracht und gehärtet und anschließend ein zweiter Elektrotauchlacküberzug aufgebracht werde. Dabei sei es wichtig, dass der erste Elektrotauchlacküberzug eine ganz bestimmte Zusammensetzung aufweise.
Eine Kombination von E5 mit E6 könne daher nur dann vorliegen, wenn der Fachmann spezielle Formteilchen einsetzen würde. Selbst dann hätte der Fachmann aber keinen Anlass sich der Vorschrift von E5 zu widersetzen und den ersten elektrophoretisch abgeschiedenen Überzug vor dem Auftrag des zweiten Überzugs einzubrennen, um die Aufgabe gemäß Streitpatent zu lösen.
Entscheidungsgründe
1. Anspruch 1
1.1 Die Entgegenhaltung E5, welche von der Einspruchsabteilung als nächstliegender Stand der Technik angesehen wurde, betrifft ein Verfahren, bei dem eine erste und eine zweite Elektrotauchlackschicht aufgetragen, gemeinsam gehärtet und anschließend mit einer Basislack- und Klarlackschicht überschichtet werden. Auf Seite 15, letzter Absatz der E5 ist angegeben, dass es bei einem Verfahren gemäß der E5, bei dem derartige Mehrschichtlackierungen appliziert werden, eine wesentliche Bedingung ist, den Elektrotauchlacküberzug der zweiten Stufe einzubrennen, wenn der Elektrotauchlacküberzug der ersten Stufe sich noch in ungehärtetem oder in zumindest halb ungehärtetem Zustand befindet.
1.2 Ausgehend aus dem aus der E5 bekannten Verfahren, kann die objektive Aufgabe darin gesehen werden, dieses Verfahren so zu verbessern, dass es den, bedingt durch hohe Klarlackschichtdicken, besonderen Anforderungen eines herausragenden Glanzes und Decklackstandes genügt, ohne dabei das normale Maß der Gesamtschichtdicken von Kraftfahrzeuglackierungen zu überschreiten, siehe Spalte 1, Zeilen 39 bis 44 der Streitpatentschrift.
1.3 Diese Aufgabe wird bei dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 dadurch gelöst, dass ein erstes Überzugsmittel so ausgewählt wird,
dass es zu einer im eingebrannten Zustand elektrisch leitfähigen Überzugsschicht führt,
dass dieses erste Überzugsmittel direkt nach seiner elektrophoretischen Auftragung auf einem leitfähigen Substrat eingebrannt wird, und
dass eine zweite Überzugsschicht auf dieser ersten eingebrannten Überzugsschicht elektrophoretisch aufgebracht und anschließend eingebrannt wird, worauf als dritte Überzugsschicht eine Basislackschicht aus einem farb- und/oder effektgebenden Überzugsmittel aufgetragen und mit einer vierten, transparenten Überzugsschicht aus einem Klarlacküberzugsmittel überlackiert und mit dieser gemeinsam eingebrannt wird, worauf gegebenenfalls eine oder mehrere weitere transparente Überzugsschichten aufgetragen werden, wobei die Gesamttrockenschichtdicke des Lackaufbaus bei 90 bis 130 µm und die Trockenschichtdicke der transparenten Überzugsschicht bzw. der transparenten Überzugsschichten bei 40 bis 80 µm liegt.
1.4 Diese Lösung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents kann durch die Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen E5 und E6 aus folgenden Gründen nicht nahe gelegt werden.
1.4.1 Erstens, keine der Entgegenhaltungen E5 oder E6 setzt sich auseinander oder erwähnt die unter Punkt 1.2 oben erwähnte Aufgabe. Beide Entgegenhaltungen, die E5 auf Seite 5, letzter vollständiger Absatz, und die E6, auf Spalte 2, Zeilen 42 bis 45, stellen sich die Aufgabe, eine verbesserte Beschichtung von scharfen Ecken des zu beschichtenden Substrats zu erreichen.
1.4.2 Zweitens, die Entgegenhaltung E5 schlägt zur Verbesserung der Beschichtung von scharfen Ecken ein Beschichtungsverfahren vor, bei welchem auf einer ersten Elektrotauchlackschicht eine zweite Elektrotauchlackschicht aufgetragen, dann beide Elektrotauchlackschichten gemeinsam gehärtet und anschließend mit einer Basislack- und Klarlackschicht überschichtet werden.
Zur Lösung der gleichen Aufgabe, nämlich der Verbesserung der Beschichtung von scharfen Ecken, schlägt die E6 ein Zwei-Schichten-Lackierverfahren, bei dem eine erste, ganze spezielle, im Anspruch 1 der E6 angegebene Pigmente enthaltene Elektrotauchlackschicht aufgebracht und gehärtet wird, auf der anschließend eine zweite Elektrotauchlackschicht aufgebracht wird.
Dies bedeutet, dass zum Erzielen desselben Ergebnisses, die E5 ein Vier-Schichten-Lackierverfahren vorschlägt, wobei die E6 sich mit einem Zwei-Schichten-Lackierverfahren begnügt.
Sollte daher der Fachmann die in der E6 enthaltene Lehre in das Vier-Schichten-Lackierverfahren integrieren wollen, dann würde er alle vier Schichten der E5 durch das gleiche Ergebnis bezüglich der Verbesserung der Beschichtung von scharfen Ecken erzielende zwei Schichten der E6 ersetzen. Für ein Ersetzen nur der zwei ersten Schichten der E5 durch die zwei Schichten der E6 erhält der Fachmann weder in der E5 noch in der E6 einen Hinweis.
1.4.3 Die Einspruchsabteilung ist gemäß dem dritten und vierten Absatz des Kapitels 2.1 der Entscheidungsgründe davon ausgegangen, dass die E6 sich als Aufgabe stellt, die Schichtdicken der elektrophoretisch aufgetragenen Schichten zu reduzieren. Diese Annahme kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht nachvollziehen.
Die Einspruchsabteilung verweist in die o.g. Absätze der Entscheidungsgründe auf die E6, vgl. Spalte 2, Zeilen 11 bis 22, wonach angeblich der Fachmann auf die Reduktion der Schichtdicken der elektrophoretisch aufgetragenen Schichten hingewiesen wird. Es ist anzunehmen, dass die Einspruchsabteilung diesen Schluss daraus gezogen hat, da in dem Satz zwischen den Zeilen 20 und 22 der Spalte 2 der E6 angegeben wird:
"This is an advantage because less paint is used to get the same coverage...." ("Dies ist ein Vorteil, da weniger Farbe zur Erzielung desselben Deckungsgrades benutzt wird...").
Jedoch bezieht sich diese Stelle nicht auf eine zweifache elektrophoretische Abscheidung, sondern auf einen elektrostatischen Sprühauftrag auf einen elektrisch leitfähigen Film, vgl. E6, Spalte 2, Zeilen 18 bis 20.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass in der E6 eine Schichtdickenreduzierung bei den elektrophoretisch aufgetragenen Schichten nicht angesprochen ist.
1.4.4 Die Einspruchsabteilung hat gemäß dem fünften Absatz des Kapitels 2.1 der Entscheidungsgründe "das vollständige, nacheinander Einbrennen der ersten und zweiten Lage als eine Alternative zum Nassauftrag" angesehen, und das unter der Annahme, dass die E6 auf Spalte 2, Zeilen 18 bis 22 dem Fachmann, die Vorteile eines solchen Verfahrensaustausches in Bezug auf die gestellte Aufgabe der Schichtdickenreduzierung der elektrophoretisch aufgetragenen Schichten, erläutert. Auch diese beiden Annahmen der Einspruchsabteilung können von der Kammer aus folgenden Gründen nicht nachvollzogen werden.
In dem von der Einspruchsabteilung zitierten Abschnitt der E6, vgl. Spalte 6, Zeilen 18 bis 22, wird die Problematik der Beschichtung von scharfen Ecken eines zu beschichtenden Substrats mittels eines "nass-in-nass"-Verfahrens angesprochen. Zur Lösung dieses Problems wird in der E6 ein Zwei-Schichten-Lackierverfahren vorgeschlagen, bei dem eine erste, ganze spezielle, im Anspruch 1 der E6 angegebene Pigmente enthaltene Elektrotauchlackschicht aufgebracht und gehärtet wird, auf der anschließend eine zweite Elektrotauchlackschicht aufgebracht wird. Das Hauptmerkmal der E6 ist auf die Zusammensetzung der in der ersten Elektrotauchlackschicht enthaltenden Pigmente gerichtet, siehe Spalte 2, Zeilen 52 bis 63 und Anspruch 1.
Eine Austauschbarkeit zwischen eines elektrophoretisch zwei Schichten bildenden "nass-in-nass"-Lackierverfahrens durch ein gemäß Anspruch 1 der E6 Lackierverfahren zwecks Schichtdickenreduzierung der elektrophoretisch aufgetragenen Schichten ist in der E6 weder explizit noch implizit angesprochen worden.
Aus den o.g. Gründen beruht das Verfahren des erteilten Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
1.5 Ansprüche 2 bis 5
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5, welche vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens des Anspruchs 1 betreffen, beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten.