T 1201/04 () of 1.8.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T120104.20060801
Datum der Entscheidung: 01 August 2006
Aktenzeichen: T 1201/04
Anmeldenummer: 97953616.6
IPC-Klasse: H02K 15/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Läufer und Verfahren zur Herstellung eines Läufers
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - ja nach Änderung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 97 953 616.6.

II. In den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung bezog sich die Prüfungsabteilung lediglich auf folgenden Stand der Technik:

D1: EP-A-0 365 233

D2: US-A-5 043 612.

III. Am 1. August 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 7 eingereicht während der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 und 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung,

Seiten 3, 5 und 6 wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen Figur 1 bis 5 wie ursprünglich eingereicht.

V. Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:

"Läufer für einen Elektromotor, mit einer Läuferwelle, mit einem Läuferkern und mit einem Kommutator, die koaxial zu einer Längsachse angeordnet sind, wobei der Läuferkern Wicklungsschlitze mit wenigstens einer darin angeordneten Läuferwicklung sowie eine dem Kommutator zugewandte erste Stirnfläche und eine dem Kommutator abgewandte zweite Stirnfläche, die Läuferwelle einen zwischen Läuferkern und Kommutator liegenden ersten Abschnitt und einen von der zweiten Stirnfläche des Läuferkerns ausgehenden und dem Kommutator abgewandten zweiten Abschnitt und der Kommutator eine dem Läuferkern zugewandte Verbindungsstirnfläche sowie eine zur Längsachse koaxiale Innenbohrung hat, wobei die Wicklungsschlitze (6), die erste Stirnfläche (8) und die zweite Stirnfläche (9) des Läuferkerns (3) sowie der erste Abschnitt (12) und der zweite Abschnitt (13) der Läuferwelle (2) mit einer ersten gesinterten Epoxidschicht (14) bedeckt sind, und der Kommutator (7) an seiner Verbindungsstirnfläche (23) wenigstens eine Vertiefung (32) und ausgehend von der Verbindungsstirnfläche (23) wenigstens eine sich in Richtung der Längsachse (1) zur Innenbohrung (24) hin erstreckende Ausnehmung (29) hat und die erste gesinterte Epoxidschicht (14) zur Fixierung des Kommutators (7) in die wenigstens eine Vertiefung (32) und die wenigstens eine Ausnehmung (29) eingreift, dadurch gekennzeichnet, dass die Innenbohrung (24) des Kommutators (7) gegenüber dem Umfang der Läuferwelle (2) eine Spielpassung aufweist, und ein Teil der Epoxidschicht (14) in einen zwischen dem Umfang der Läuferwelle (2) und der Wandung der Innenbohrung (24) gebildeten Ringspalt eindringt."

Ansprüche 2 bis 4 sind vom Anspruch 1 abhängig.

Der unabhängige Anspruch 5 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:

"Verfahren zur Herstellung eines Läufers für einen Elektromotor, der koaxial zu einer Läuferachse angeordnet eine Läuferwelle, einen Läuferkern und einen Kommutator aufweist, wobei der Läuferkern Wicklungsschlitze für wenigstens eine darin anordenbare Läuferwicklung sowie eine dem Kommutator zugewandte erste Stirnfläche und eine dem Kommutator abgewandte zweite Stirnfläche, die Läuferwelle einen zwischen Läuferkern und Kommutator liegenden ersten Abschnitt und einen von der zweiten Stirnfläche des Läuferkerns ausgehenden und dem Kommutator abgewandten zweiten Abschnitt und der Kommutator eine dem Läuferkern zugewandte Verbindungsstirnfläche sowie eine zur Längsachse koaxiale Innenbohrung hat, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der Innenbohrung (24) des Kommutators (7) und dem Umfang der Läuferwelle (2) eine Spielpassung ausgebildet wird, und dass nach dem Aufpressen des Läuferkerns (3) auf die Läuferwelle (2) der erste (12) und der zweite Abschnitt (13) der Läuferwelle (2) sowie die erste Stirnfläche (8), die zweite Stirnfläche (9) und die Wicklungsschlitze (6) des Läuferkerns (3) elektrostatisch mit Epoxidpulver (14) pulverbeschichtet werden, danach das Epoxidpulver (14) auf seine Plastifizier-und Aushärtetemperatur erwärmt wird und danach der Kommutator (7) auf die Läuferwelle (2) in seine Endlage geschoben wird, wobei ein Teil des plastifizierten Epoxids (14) von dem ersten Abschnitt (12) verschoben wird und sich an der Verbindungsstirnfläche (23) anlegt, und ein Teil der Epoxidschicht (14) in einen zwischen dem Umfang der Läuferwelle (2) und der Wandung der Innenbohrung (24) gebildeten Ringspalt eindringt."

Ansprüche 6 und 7 sind vom Anspruch 5 abhängig.

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anspruch 1 betreffe einen Läufer für einen Elektromotor mit einem Kommutator, der mit einer Spielpassung zur Läuferwelle gefertigt sei. Die Fixierung des Kommutators auf der Läuferwelle sei durch eine Epoxidschicht gewährleistet, die, wenn der Kommutator auf der Läuferwelle in seine Endlage verschoben werde, in einen zwischen dem Umfang der Läuferwelle und der Wandung der Innenbohrung des Kommutators gebildeten Ringspalt eindringe. Obwohl D1 die Verwendung einer zwischen dem Läuferkern und dem Kommutator eines Elektromotors aufgebrachten Epoxidschicht lehre, werde der Kommutator durch Presssitz mit der Läuferwelle verbunden, so dass kein Epoxid zwischen die Läuferwelle und die Innenbohrung des Kommutators eindringen könne. Da keines der vorliegenden Dokumente auf die Möglichkeit hinweise, die Innenbohrung des Kommutators eines Elektromotors mit Spielpassung auszubilden und den Kommutator durch Epoxid mit der Läuferwelle zu befestigen, beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Der Anspruch 5 betreffe ein Verfahren zur Herstellung eines Läufers für einen Elektromotors und enthalte Verfahrensschritte, die den im Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen entsprächen. Aus ähnlichen Gründen weise auch das beanspruchte Verfahren eine erfinderische Tätigkeit auf.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2.1 Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin unterscheidet sich von Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen durch folgende zusätzliche Merkmale:

- die Innenbohrung des Kommutators weist gegenüber dem Umfang der Läuferwelle eine Spielpassung auf,

- ein Teil der Epoxidschicht dringt in einen zwischen dem Umfang der Läuferwelle und der Wandung der Innenbohrung des Kommutators gebildeten Ringspalt ein.

Die o. g. Merkmale sind in der ursprünglich eingereichten Beschreibung jeweils auf Seite 4, Zeilen 33 bis 35, und auf Seite 4, Zeilen 16 bis 26, bzw. auf Seite 5, Zeilen 5 bis 11, offenbart.

Die Merkmale des neu eingereichten Anspruchs 4, nämlich: "wobei eine Wulst (22) der Epoxidschicht (14) in radialer Richtung die Vertiefungen (32) überdeckt und sich darin verkrallt", leiten sich von Seite 5, Zeilen 18 bis 20, der ursprünglich eingereichten Beschreibung ab.

2.2 Die Verfahrensansprüche 5 und 7 entsprechen jeweils den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 4 und sind auch durch die o. g. Stellen der ursprünglichen Beschreibung gestützt. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Änderungen der Beschreibung dienen lediglich dazu, die Anmeldungsunterlagen mit dem neu eingereichten Anspruchssatz in Einklang zu bringen.

2.3 Da der Gegenstand der vorliegenden Anmeldungsunterlagen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, sind die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.

3.1 Unter den vorliegenden Dokumenten stellt D1 den nächstliegenden Stand der Technik dar. D1 offenbart einen Läufer für einen Elektromotor, der folgende im Anspruch 1 aufgeführte Merkmale aufweist:

- eine Läuferwelle 20, einen Läuferkern 22 und einen Kommutator 21, die koaxial zu einer Längsachse angeordnet sind;

- der Läuferkern 22 hat Wicklungsschlitze mit darin angeordneten Läuferwicklungen, sowie eine dem Kommutator 21 zugewandte erste Stirnfläche und eine dem Kommutator abgewandte zweite Stirnfläche (siehe Figur 1);

- die Läuferwelle 2 hat einen zwischen Läuferkern und Kommutator liegenden ersten Abschnitt und einen von der zweiten Stirnfläche des Läuferkerns ausgehenden und dem Kommutator abgewandten zweiten Abschnitt (siehe Figur 1);

- der Kommutator 21 hat eine dem Läuferkern 22 zugewandte Verbindungsstirnfläche 31 sowie eine zur Längsachse koaxiale Innenbohrung (siehe Figuren 2 und 3);

- die Wicklungsschlitze, die erste Stirnfläche des Läuferkerns 22 sowie der erste Abschnitt der Läuferwelle 20 sind mit einer Epoxidschicht bedeckt (D1, Spalte 3, Zeilen 1 bis 6);

- der Kommutator 21 hat an seiner Verbindungs stirnfläche 31 eine Vertiefung 35 und ausgehend von der Verbindungsstirnfläche eine sich in Richtung der Längsachse zur Innenbohrung hin erstreckende Ausnehmung 32 (Figur 3);

- die Epoxidschicht greift zur Fixierung des Kommutators in die Vertiefung 35 und in die Ausnehmung 32 ein (Figur 2).

Wie in D1 angegeben (Spalte 2, Zeilen 34 bis 38), sind der Läuferkern und der Kommutator mit einem Presssitz auf der Läuferwelle befestigt.

Die Epoxidschicht wird durch Sprühen eines Epoxidharzes (D1, Spalte 3, Zeilen 1 bis 4) aufgebracht.

3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus D1 bekannten Läufer dadurch, dass:

a) die zweite Stirnfläche und der zweite Abschnitt der Läuferwelle mit einer Epoxidschicht bedeckt sind;

b) die Epoxidschicht eine gesinterte Epoxidschicht ist;

c) die Innenbohrung des Kommutators gegenüber dem Umfang der Läuferwelle eine Spielpassung aufweist, und

d) ein Teil der Epoxidschicht in einen zwischen dem Umfang der Läuferwelle und der Wandung der Innenbohrung des Kommutators gebildeten Ringspalt eindringt.

3.3 Wie von der Prüfungsabteilung festgestellt, handelt es sich beim Merkmal a) um eine triviale Maßnahme, die keinen erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik leisten kann. Merkmal b) definiert eine bekannte, auf dem Gebiet der Elektromotoren verwendete Epoxidschicht (siehe z. B. D2, Spalte 1, Zeilen 55 bis 64 und Spalte 2, Zeilen 9 bis 31).

Die Fertigung der Innenbohrung des Kommutators mit einer Spielpassung zur Läuferwelle gemäß dem Merkmal c) vereinfacht bei der Montage des erfindungsgemäßen Läufers das Aufschieben des Kommutators auf die Läuferwelle und vermeidet eine Beschädigung der Oberfläche der Läuferwelle sowie innere Spannungen im Kommutator (siehe veröffentlichte Anmeldung, Seite 1, Zeile 36 bis Seite 2, Zeile 8). Der zwischen dem Umfang der Läuferwelle und der Wandung der Innenbohrung des Kommutators gebildete Ringspalt nimmt gemäß Merkmal d) einen Teil der Epoxidschicht auf. Wie in der Beschreibung angegeben (Seite 4, Zeilen 26 bis 29) wird beim beanspruchten Läufer der Kommutator ausschließlich durch das Epoxid in axialer Richtung fixiert und gegen Verdrehen gesichert.

3.4 In D1 wird angegeben (Spalte 2, Zeilen 33 bis 37), dass der Läuferkern und der Kommutator dazu neigen, die Läuferwelle entlang zu kriechen, obwohl beide mit einem Presssitz auf der Läuferwelle aufgebracht sind. D1 (Spalte 3, Zeilen 1 bis 13) schlägt daher vor, beim Besprühen des Läuferkerns mit Epoxidharz einen Teil des flüssigen Harzes entlang der Läuferwelle zur Verbindungsstirnfläche des Kommutators hin fließen zu lassen, und, solange das Epoxid noch zähflüssig ist, den Läuferkern und den Kommutator zusammenzupressen. Die dabei zwischen dem Läuferkern und dem Kommutator gebildete, dickere Epoxidschicht soll dazu dienen, die Kriechfestigkeit des Kommutators und des Läuferkerns entlang der Läuferwelle zu erhöhen. Wegen der Montage mit Presssitz dürfte jedoch ausgeschlossen sein, dass ein Teil der Epoxidschicht zwischen den Kommutator und die Läuferwelle eindringen kann.

3.5 Obwohl es aus D1 bekannt ist, eine Epoxidschicht einzusetzen, um einen im Presssitz auf einer Läuferwelle montierten Kommutator zu sichern, deutet keines der vorliegenden Dokumente auf die Möglichkeit hin, die Innenbohrung des Kommutators eines Läufers mit Spielpassung gegenüber der Läuferwelle auszubilden und die Befestigung des Kommutators in seiner Endlage mit der Läuferwelle durch eine in den Ringspalt zwischen der Läuferwelle und der inneren Wandung des Kommutators eindringende Epoxidschicht sicher zu stellen.

Angesichts des vorliegenden Standes der Technik hätte der Fachmann in der Tat keinen Anlass gehabt, sich von der üblichen Lehre bezüglich der Montage des Kommutators auf der Läuferwelle mit Presssitz abzuwenden und zur beanspruchten Merkmalskombination c) und d) zu gelangen.

3.6 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass es für den Fachmann ausgehend von D1 nicht naheliegend gewesen wäre, einen Läufer gemäß Anspruch 1 zu entwickeln.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen Ausgestaltungen eines Läufers gemäß Anspruch 1 und weisen somit auch eine erfinderische Tätigkeit auf.

3.7 Der unabhängige Anspruch 5 und die abhängigen Ansprüche 6 und 7 beziehen sich auf Verfahren zur Herstellung eines Läufers für einen Elektromotor und beruhen auf Kombinationen von Verfahrensschritten, die jeweils den in den Ansprüchen 1, 3 oder 4 aufgeführten Merkmalskombinationen entsprechen. Wie es sich aus den vorstehenden Entscheidungsgründen ergibt, erfüllen auch die o. g. Verfahrensansprüche das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ.

4. Da die vorliegenden Anmeldungsunterlagen den Erfordernissen des EPÜ genügen, kann dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Patents stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 7 eingereicht während der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 und 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung,

Seiten 3, 5 und 6 wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen Figur 1 bis 5 wie ursprünglich eingereicht.

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