T 1053/04 () of 18.11.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T105304.20051118
Datum der Entscheidung: 18 November 2005
Aktenzeichen: T 1053/04
Anmeldenummer: 97122619.6
IPC-Klasse: A61F 13/58
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Windelverschluss mit einem Fasteningträger
Name des Anmelders: Koester GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: 3M Innovative Properties Company
AVERY DENNISON CORPORATION
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 R 29(2)
Schlagwörter: Neuheit (Haupt- und Hilfsanträge 1 bis 4) - nein
Zulässigkeit der Änderungen (Hilfsanträge 5 bis 13) - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0284/94
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 22. Dezember 1997 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 16. Januar 1997 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 97122619.6 wurde das europäische Patent Nr. 853 935 erteilt.

II. Gegen das erteilte Patent wurden, gestützt auf die Einspruchsgründe der Artikel 100 a) (Einsprechende 01 und Einsprechende 02) sowie 100 b) (Einsprechende 02) EPÜ zwei Einsprüche eingelegt und der Widerruf des Patents beantragt. Die Einsprechende 01 brachte noch vor, die Priorität sei zu Unrecht beansprucht worden.

III. Die Einspruchsabteilung widerrief das Patent mit ihrer am 26. Juli 2004 zur Post gegebenen Entscheidung.

Sie kam zu dem Ergebnis, daß beide Einsprüche zulässig waren. Die Erfindung sei durch einen einschlägigen Fachmann ausführbar. Die Priorität könne nicht wirksam beansprucht werden, da der Wortlaut des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung im Prioritätsdokument verallgemeinert worden war. Der geänderte Hauptantrag mit zwei nebengeordneten unabhängigen Ansprüchen sei nach Regel 29 (2) EPÜ nicht zulässig. Die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 seien gegenüber dem Dokument D3 (US-A-4 643 729) nicht neu.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 26. August 2004 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und am 29. November 2004 die Beschwerdebegründung eingereicht.

V. Die Beschwerdekammer hat in ihrem mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten Bescheid vom 18. August 2005 ihre vorläufige Einschätzung der Sachlage mitgeteilt.

Danach bestünden weder gegen die Zulässigkeit der Einsprüche noch gegen die Ausführbarkeit der Erfindung Bedenken. Die wirksame Inanspruchnahme der Priorität scheine aus den genannten Gründen ausgeschlossen zu sein.

Der Hauptantrag mit zwei unabhängigen Ansprüchen dürfte nicht mit dem Erfordernis der Regel 29 (2) EPÜ im Einklang stehen. Die Hilfsanträge 1 bis 4 schienen zurecht mangels Neuheit abgewiesen worden zu sein. Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten weiteren Hilfsanträge 5 bis 8 erschienen ebenfalls teilweise wegen mangelnder Neuheit als nicht gewährbar, gegebenenfalls werde in Bezug auf Hilfsantrag 7 die erfinderische Tätigkeit zu diskutieren sein.

VI. Am 18. November 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Entgegenhaltung D3 erneut diskutiert wurde.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 und 9 bis 13, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder der Hilfsanträge 5 bis 8, eingereicht mit Schreiben vom 26. November 2004, in der Reihenfolge 5, 8, 6, 7.

Die Beschwerdegegnerinnen Einsprechenden beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Windelverschluss mit einem Fasteningträger (1), der einen Befestigungsbereich (1') zur Befestigung des Fasteningträgers (1) an einer Windel (9), einen Fasteningmittel (6) umfassenden Fasteningbereich (1'') und einen zwischen dem Befestigungsbereich (1') und dem Fasteningbereich (1'') angeordneten Zwischenbereich (1''') umfasst, wobei eine nicht wieder fixierbare Halteeinrichtung (7) zur Fixierung des Fasteningbereiches (1''), wobei ein Haltetape (3) an der Windel (9) auf Höhe des Zwischenbereichs (1''') an der Windel (9) befestigt und über die Halteeinrichtung (7) an der dem Zwischenbereich (1''') zugewandten Seite des Fasteningbereichs (1'') des Fasteningträgers (1) mit dem Fasteningbereich (1'') des Fasteningträgers (1) verbunden ist,

dadurch gekennzeichnet, daß sich das Haltetape (3) bis in den Fasteningbereich (1'') erstreckt und an diesem befestigt ist, wobei die Halteeinrichtung (7) durch die strukturelle Einheit des Haltetapes (3) gebildet und durch Zerstören der strukturellen Einheit gelöst wird."

Der unabhängige Anspruch 2 gemäß Hauptantrag hat denselben Oberbegriff wie Anspruch 1 und folgenden kennzeichnenden Teil:

"... dadurch gekennzeichnet, daß die Halteeinrichtung (7) eine Perforation, vorzugsweise des Haltetapes (3) umfasst."

Hilfsantrag 1 enthält als unabhängigen Anspruch 1 den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag.

Hilfsantrag 2 enthält als unabhängigen Anspruch 1 den Anspruch 2 gemäß Hauptantrag.

Hilfsantrag 3 stimmt im Oberbegriff mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags überein. Der kennzeichnende Teil lautet:

"... dadurch gekennzeichnet, dass die Halteeinrichtung (7) eine Perforation, vorzugsweise des Haltetapes (3), umfasst und sich das Haltetape (3) bis in den Befestigungsbereich (1') des Fasteningträgers (1) erstreckt und in diesem Bereich (1') an der Windel (9) einerseits und an dem Fasteningträger (1) andererseits befestigt ist."

Hilfsantrag 4 stimmt im Oberbegriff mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags überein. Der kennzeichnende Teil lautet:

"... dadurch gekennzeichnet, dass sich das Haltetape (3) bis in den Fasteningbereich (1'') erstreckt und an diesem befestigt ist, wobei die Halteeinrichtung (7) durch die strukturelle Einheit des Haltetapes (3) gebildet und durch Zerstören der strukturellen Einheit gelöst wird und sich das Haltetape (3) bis in den Befestigungsbereich (1') des Fasteningträgers (1) erstreckt und in diesem Bereich (1') an der Windel (9) einerseits und an dem Fasteningträger (1) andererseits befestigt ist."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 lautet:

"Windel mit einem Windelverschluss mit einem Fasteningträger (1), der einen Befestigungsbereich (1') zur Befestigung des Fasteningträgers (1) an der Windel (9), einen Fasteningmittel (6) umfassenden Fasteningbereich (1'') und einen zwischen dem Befestigungsbereich (1') und dem Fasteningbereich (1'') angeordneten Zwischenbereich (1''') umfasst, wobei der Windelverschluss mit seinem Befestigungsbereich (1') und seinem Zwischenbereich (1''') einen Rand der Windel umgreift,

gekennzeichnet durch eine nicht wieder fixierbare Halteeinrichtung (7) zur Fixierung des Fasteningbereiches (1''), wobei ein Haltetape (3) an der Windel (9) auf Höhe des Zwischenbereichs (1''') an der Windel (9) befestigt und über die Halteeinrichtung (7) an der dem Zwischenbereich (1''') zugewandten Seite des Fasteningbereichs (1'') des Fasteningträgers (1) mit dem Fasteningbereich (1'') des Fasteningträgers (1) verbunden ist."

Hilfsantrag 8 umfasst zwei nebengeordnete unabhängige Ansprüche, die im Oberbegriff jeweils die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 enthalten, an den sich als kennzeichnender Teil anschließt:

im Anspruch 1:

"... dadurch gekennzeichnet, daß sich das Haltetape (3) bis in den Fasteningbereich (1'') erstreckt und an diesem befestigt ist, wobei die Halteeinrichtung (7) durch die strukturelle Einheit des Haltetapes (3) gebildet wird und durch zerstören der strukturellen Einheit gelöst wird."

im Anspruch 2:

"... dadurch gekennzeichnet, dass die Halteeinrichtung (7) eine Perforation, vorzugsweise des Haltetapes (3), umfasst."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 stimmt mit dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 überein.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 stimmt mit dem Anspruch 2 des Hilfsantrags 8 überein.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 9 entspricht im Wortlaut dem des Hilfsantrags 7 mit einer Änderung in der dritten Zeile. Das Wort "Fasteningmittel" ist ersetzt durch "Hakenmaterial".

Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 enthält im Oberbegriff die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5, an den sich als kennzeichnender Teil anschließt:

"... dadurch gekennzeichnet, dass das Haltetape (3) in dem Befestigungsbereich (1') und in dem Fasteningbereich (1'') an dem Fasteningträger (1) befestigt ist und sich über die Länge des Fasteningträgers (1) erstreckt, wobei die Fasteningmittel (6) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite des Haltetapes (3) befestigt und das Haltetape (3) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite auf Höhe des Befestigungsbereichs (1') und des Zwischenbereichs (1''') mit Befestigungsmitteln versehen ist, und die Halteeinrichtung (7) eine Sollbruchstelle ist, die durch eine Perforation des Haltetapes erzeugt ist."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 ist aus Anspruch 1 und Anspruch 2 des Hilfsantrags 5 gebildet, welcher lautet:

"2. Windelverschluss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß das Haltetape (3) in dem Befestigungsbereich (1') und in dem Fasteningbereich (1'') an dem Fasteningträger (1) befestigt ist, wobei die Fasteningmittel (6) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite des Haltetapes (3) befestigt und das Haltetape (3) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite auf Höhe des Befestigungsbereichs (1') und des Zwischenbereichs (1''') mit Befestigungsmitteln versehen ist."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 12 ist aus Anspruch 1 und Anspruch 2 des Hilfsantrags 8 gebildet, welcher dem des Hilfsantrags 5 entspricht.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 13 ist aus Anspruch 1 und Anspruch 3 des Hilfsantrags 7 gebildet, welcher dem Anspruch 2 des Hilfsantrags 5 entspricht.

VII. Die Beschwerdeführerin brachte vor, daß die Entgegenhaltung D15-1 bis D15-7 als verspätet zurückgewiesen werden sollte.

Die Einführung neuen Standes der Technik erst einen Monat vor der mündlichen Verhandlung sei nicht zulässig. denn es sei nicht nachgewiesen, daß die behauptete Vorbenutzung relevanter sei als das im Verfahren befindliche Material. Den Unterlagen sei nicht entnehmbar, wie der angeblich vorbenutzte Windelverschluss tatsächlich ausgesehen habe, es sei lediglich erkennbar, daß der Gegenstand eine Perforation umfasste, weitere Merkmale seien nicht nachgewiesen.

Im Hinblick auf den Hauptantrag vertrat sie die Auffassung, die Formulierung von zwei nebengeordneten Ansprüchen mit alternativen Lösungen sei zulässig, denn beide seien gegenüber dem erteilten Hauptanspruch eingeschränkt und durch den Rückbezug der erteilten Unteransprüche gedeckt.

Die beanspruchten Lösungen seien neu gegenüber der Entgegenhaltung D3, weil der dort offenbarte Windelverschluss keine Zwischenbereich aufweise, wie er in den Ansprüchen definiert sei. D3 (Spalte 2, Zeilen 1 bis 4) ziele gerade darauf ab, einen dreiteiligen Aufbau zu vermeiden. Der Fachmann erkenne beim Gegenstand in der Ausführung nach den Figuren 1 bis 3 nur zwei Bereiche, so daß mangelnde Neuheit nur unter rückblickender Betrachtung in Kenntnis der Erfindung behauptet werden könne. Zudem sei dort das tragende Element das "support band 4", während bei der Erfindung der Fasteningträger 1 das tragende Element darstelle, mit welchem vom Aufbau her allenfalls das "extensible central part 2" vergleichbar sei, das jedoch aufgrund seiner Elastizität die Trägerfunktion nicht ausführen könne.

Zumindest sei der Gegenstand des Hilfsantrags 3 neu, denn danach erstrecke sich das Haltetape bis in den Befestigungsbereich des Fasteningträgers, was anhand der Klebestelle 2 erkennbar sei. Dagegen seien die Klebebereiche in D3 versetzt zueinander angeordnet.

Die Änderung von "Windelverschluss" in "Windel mit einem Windelverschluss" (Hilfsanträge 5 bis 13) sei ursprünglich offenbart und zugleich eine Einschränkung des Schutzbereichs, denn als möglicher Verletzungsgegenstand komme nun nicht mehr der Windelverschluss allein, sondern nur in Kombination mit einer Windel in Betracht.

Das weiter geänderte Merkmal in den Hilfsanträgen 5 bis 13 "wobei der Windelverschluss mit seinem Befestigungsbereich (1') und seinem Zwischenbereich (1''') einen Rand der Windel (9) umgreift" sei in den Anmeldeunterlagen gleichlautend wie im Patent (Spalte 5, Zeile 58 bis Spalte 6, Zeile 4) ursprünglich offenbart und daher unter Artikel 123 (2) EPÜ zulässig. Der offenbarten Kombination werde zumindest in den Hilfsanträgen 11 bis 13 Rechnung getragen, wo durch Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 2 in den Hauptanspruch dieser dem Fachmann klar verständliche Zusammenhang hergestellt werde.

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 02) führte aus, mit den Unterlagen D15-1 bis D15-7 sei der lückenlose Nachweis geführt, daß ein patentgemäßer Windelversschluss mit Perforation offenkundig vorbenutzt worden sei. Zumindest gehe daraus hervor, daß vor dem Prioritätstag des Patents in der Fachwelt diese Art von Windelverschlüssen mit Halteeinrichtung entwickelt wurde.

Nach Meinung der Beschwerdegegnerinnen sei der Hauptantrag mit zwei nebengeordneten unabhängigen Ansprüchen unter Regel 29 (2) EPÜ nicht zulässig, weil der Gegenstand des erteilten Anspruchs 6 offensichtlich eine Weiterbildung der Ausführung nach Anspruch 3 darstelle.

Jedenfalls seien beide unabhängigen Lösungen nicht neu gegenüber D3, denn dort (Spalte 3, Zeilen 31 bis 35) würden genau drei Abschnitte erwähnt. Beim in der Einleitung von D3 beschriebenen Stand der Technik handle es sich um eine ganz andere Ausführungsform, mit der die hier vorliegende nichts gemein habe. Die Klebeschicht 10 sei nur optional vorhanden, so daß der Gegenstand von D3 mit dem Patentgegenstand in den Augen des Fachmannes unmittelbar vergleichbar sei, denn es komme auf die Funktion der Elemente an, nicht jedoch auf deren Bezeichnung. Streng genommen sei die Erfindung eine verschlechterte Ausführung der aus D3 bekannten Konstruktion.

Als Befestigungsbereich sei in D3 der Bereich der Klebestellen 6 und 8 zu betrachten. Der Versatz der Klebestellen in D3 sei lediglich fertigungsbedingt, weil der Windelverschluss als Band aufgewickelt werde und das Aufeinanderliegen der Klebestreifen vermieden werden solle.

Die Änderung von "Windelverschluss" in "Windel mit einem Windelverschluss" sei unter Artikel 123 (3) EPÜ nicht zulässig, da es sich um einen völlig unterschiedlichen Gegenstand, ein aliud handle und im Verletzungsfall ganz andere Parteien betroffen wären.

Die Einfügung des Merkmals in den Hilfsanträge 5 bis 13 "wobei der Windelverschluss mit seinem Befestigungsbereich (1') und seinem Zwischenbereich (1''') einen Rand der Windel (9) umgreift" sei nur im Zusammenhang mit der Klebstoffbeschichtung 4 ursprünglich offenbart. Die Isolation eines Teilmerkmals aus der konkreten Kombination eines Ausführungsbeispiels sei daher unter Artikel 123 (2) EPÜ unzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulassung neuer Entgegenhaltungen

Die Beschwerdeführerin (Einsprechenden 02) hat am 18. Oktober 2005, also einen Monat vor der mündlichen Verhandlung, Unterlagen D15-1 bis D15-7 eingereicht, mit denen sie die offenkundige Vorbenutzung eines Windelverschlusses mit Perforation geltend machte. Die Kammer vermag ihren Ausführungen zum Nachweis dieser Vorbenutzung nicht zu folgen. Zwar ergibt sich aus Produktbeschreibung, Lieferscheinen und Rechnungen, daß ein Windelverschluss vorbenutzt wurde, es fehlt jedoch der Nachweis, wie dieser Verschluss aufgebaut war, denn die Produktdarstellungen D15-3 enthalten keine Produkt-Typenbezeichnung, wie sie z. B. in der Form "E5465 - geperforeerde RT" den anderen Unterlagen entnehmbar ist. Darüber hinaus tragen die Zeichnungen den Vermerk "AVERY-DENNISON - Confidential", so daß sie prima facie nicht öffentlich zugänglich waren. Deshalb wird mangels erforderlicher Relevanz die Entgegenhaltung D15 in diesem späten Stadium nicht zum Verfahren zugelassen.

3. Hauptantrag

3.1 Änderungen

Gegen die Zulässigkeit der geänderten Ansprüche unter Regel 29 (2) EPÜ wurden von den Beschwerdegegnerinnen Bedenken vorgebracht. Die Frage der Zulässigkeit zweier unabhängiger Ansprüche brauchte von der Kammer jedoch nicht entschieden werden, weil die Gegenstände dieser Ansprüche aus anderem Grund nicht patentfähig sind.

3.2 Neuheit (Anspruch 1)

Aus D3 ist ein Windelverschluss mit einem Fasteningträger 2 bekannt, der einen Befestigungsbe reich 1 zur Befestigung an einer Windel 11, einen Fasteningmittel 9 umfassenden Fasteningbereich 3 und einen zwischen dem Befestigungsbereich und dem Fasteningbereich angeordneten Zwischenbereich 2 umfasst, sowie eine nicht wieder fixierbare Halteeinrichtung 5 zur Fixierung des Fasteningbereiches. Ein Haltetape 4 ist an der Windel 11 auf Höhe des Zwischenbereichs 2 befestigt und über die Halteeinrichtung 5 an der dem Zwischenbereich 2 zugewandten Seite des Fasteningbereichs 1 des Fasteningträgers 2 mit dem Fasteningbereich 3 des Fasteningträgers 2 verbunden. Das Haltetape 4 erstreckt sich bis in den Fasteningbereich 3 und ist an diesem befestigt, wobei die Halteeinrichtung 5 durch die strukturelle Einheit des Haltetapes 4 gebildet und wird durch Zerstören der strukturellen Einheit gelöst (Figuren 1 bis 3; Spalte 3, Zeilen 31 ff.).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zeigt der Aufbau dieses Windelverschlusses in der Funktion deutliche Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Anspruchs 1, zumal der Zwischenbereich 2 auch ausdrücklich erwähnt ist, auch wenn die einzelnen Elemente anders bezeichnet sind. So entspricht das "support band 4" mit der perforierten Linie funktional dem Haltetape des Patents und das "central part 2" dem Fasteningträger des Patents, da es auch Trägerfunktion hat. Es ist beim vorliegenden Sachverhalt unerheblich, daß in D3 eine weitere Klebestelle 10 dargestellt ist, denn diese ist nur fakultativ vorhanden - sie ist nicht im Anspruch 1 dieser Druckschrift enthalten, sondern kommt erst im Anspruch 2 vor - und braucht daher beim Neuheitsvergleich nicht berücksichtigt werden.

Da somit alle Merkmale des Anspruchs 1 bekannt sind, ist sein Gegenstand nicht neu (Artikel 54 (1) EPÜ).

3.3 Neuheit (Anspruch 2)

Das gegenüber dem Anspruch 1 weitere Merkmal des Anspruchs 2, daß die Halteeinrichtung eine Perforation 5 umfasst, ist in D3 (a.a.O.) ebenfalls offenbart, denn dort ist das Haltetape 4 mit einer Perforation versehen. Daher mangelt auch dem Gegenstand des Anspruchs 2 die Neuheit (Artikel 54 (1) EPÜ).

4. Hilfsanträge 1 und 2

4.1 Die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 entsprechen dem Anspruch 1 bzw. dem Anspruch 2 des Hauptantrags. Da deren Gegenstände nicht neu sind, können auch diese Hilfsanträge nicht gewährt werden(Artikel 54 (1) EPÜ).

5. Hilfsanträge 3 und 4

Die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 und 4 enthalten zusätzlich zu den Merkmalen der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 das weitere Merkmal, daß "sich das Haltetape (3) bis in den Befestigungsbereich (1') des Fasteningträgers (1) erstreckt und in diesem Bereich (1') an der Windel (9) einerseits und an dem Fasteningträger (1) andererseits befestigt ist". Dieses Merkmal ist ebenfalls aus D3 entnehmbar. Als Befestigungsbereich sind dort jeweils die Bereiche der Klebestellen 6, 8 und 7, 9 zu betrachten, denn auch im Patent ist nur von einem "Bereich" die Rede, ohne näher anzugeben, wodurch dieser Bereich begrenzt ist. Die Figuren 2 und 3 zeigen, daß sich das Haltetape 4 in den Befestigungsbereich des Fasteningträgers 2 erstreckt und in diesem Bereich an der Windel einerseits (Klebestelle 8) und an dem Fasteningträger andererseits (Klebestelle 6) befestigt ist.

Somit sind auch die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 3 und 4 nicht neu, so daß auch diese Anträge keine Erfolg haben (Artikel 54 (1) EPÜ).

6. Hilfsanträge 5 bis 13 (Änderungen)

6.1 Sämtliche Hilfsanträge 5 bis 13 enthalten die folgenden Änderungen:

Bezeichnung des Gegenstands von "Windelverschluss" in "Windel mit einem Windelverschluss"

Einfügung des Merkmals "wobei der Windelverschluss mit seinem Befestigungsbereich (1') und seinem Zwischenbereich (1''') einen Rand der Windel (9) umgreift".

6.2 Die Kammer hat keine Bedenken gegen die Änderung der Bezeichnung, da der geänderte Gegenstand einerseits in den ursprünglichen Unterlagen sowie im Patent (Abschnitt 0002) offenbart ist es sich hierbei um eine Beschränkung des Schutzumfangs handelt. Fiel unter den ursprünglichen Schutz jeder Windelverschluss mit den Merkmalen des Anspruchs, so wird der Schutzumfang eingeschränkt auf den Windelverschluss nur in Kombination mit einer Windel (Artikel 123 (2), (3) EPÜ).

6.3 Zur Offenbarung der zweiten Änderung verwies die Beschwerdeführerin auf die Beschreibung des Ausführungsbeispiels in den ursprünglichen Unterlagen sowie in der Patentschrift (Abschnitt 0028). Dort heißt es:

"Hierbei umgreift der Windelverschluss in seinem Befestigungsbereich 1' und seinem Zwischenbereich 1''' einen Rand der Windel 9 von der Windelaußenseite 9a ausgehend bis hin zur Windelinnenseite 9b. Durch die Klebstoffbeschichtung 4 wird eine feste Verbindung der vorderen und hinteren Haltetapebereiche 3' und 3''' an der Windel gewährleistet. Das durchgehende Haltetape bedingt eine ausreichende Fixierung des Haltetapes 3 an der Windelinnenseite 9b."

6.4 In den Anspruch wurde nur der erste Satz dieser Offenbarungsquelle aufgenommen. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Aufnahme von in der Beschreibung offenbarten Merkmalen normalerweise erlaubt. Handelt es sich jedoch um Merkmale, die in einer bestimmten Kombination zueinander stehen, so darf kein Merkmal aus dieser Kombination isoliert werden, sondern ist nur die Aufnahme der Kombination von Merkmalen zulässig (T 284/94, ABl. 1999, 464). Im vorliegenden Fall enthält der zweite Satz eine wesentliche technische Information darüber, in welcher Weise die feste Verbindung des Haltetapes mit der Windel gewährleistet ist, was durch den ersten Satz allein nicht zum Ausdruck kommt, denn ein "Umgreifen" sagt über die Art der Verbindung nichts aus, noch nicht einmal, daß überhaupt eine feste Verbindung vorhanden ist. Die Kammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß die Aufnahme des isolierten Merkmals aus der Kombination unter Artikel 123 (2) EPÜ nicht zugelassen werden kann.

6.5 Die Beschwerdeführerin meinte, diesem Offenbarungsmangel dadurch Rechnung zu tragen, daß sie in den Hilfsanträgen 11 bis 13 die Merkmale des Anspruch 2 in den Anspruch 1 einbezog. Dieser lautet:

"Windelverschluss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß das Haltetape (3) in dem Befestigungsbereich (1') und in dem Fasteningbereich (1'') an dem Fasteningträger (1) befestigt ist, wobei die Fasteningmittel (6) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite des Haltetapes (3) befestigt und das Haltetape (3) an der dem Fasteningträger (1) abgewandten Seite auf Höhe des Befestigungsbereichs (1') und des Zwischenbereichs (1''') mit Befestigungsmitteln versehen ist."

6.6 Ersichtlich sagen diese Merkmale nichts über die feste durchgehende Klebeverbindung aus, wie sie in der Textstelle der Beschreibung angegeben ist, wobei auch jegliche Bezugnahme auf die Haltebereiche 3' und 3''' im Zusammenwirken mit der Windelaußenseite 9a und der Windelinnenseite 9b fehlt. Die Merkmale des Anspruchs 2 genügen deshalb nicht, die Offenbarungslücke infolge des fehlenden Satzes "Durch die Klebstoffbeschichtung 4 wird eine feste Verbindung der vorderen und hinteren Haltetapebereiche 3' und 3''' an der Windel gewährleistet" im Zusammenhang mit dem ersten Satz der Offenbarungsstelle zu schließen.

6.7 Da diesen Mangel alle Hilfsanträge 5 bis 13 aufweisen, sind sie aufgrund von Artikel 123 (2) EPÜ nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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