T 0992/04 () of 14.12.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T099204.20041214
Datum der Entscheidung: 14 Dezember 2004
Aktenzeichen: T 0992/04
Anmeldenummer: 98102030.8
IPC-Klasse: B65G 1/137
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kommissionieranlage
Name des Anmelders: Pierau Unternehmensberatung GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erweiterung durch Änderung (nein)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 98 102 030.8 Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß die geänderte Anmeldung im Widerspruch zu Artikel 123 (2) EPÜ stünde und daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen

D1 = Neues Kommissionierkonzept für Großverteiler, F+H Fördern und Heben International, 41 (1991) Oktober, No. 10, Mainz, DE, und

D3 = WO 97/03903 A

den Erfordernissen des Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) nicht genüge.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: 1 bis 9 wie eingereicht am 14. Dezember 2004,

Beschreibung: Seiten 1, 1a, 2, 2a, und 5 eingereicht am 14. Dezember 2004, Seiten 3, 4 und 6 wie ursprünglich eingereicht,

Figuren: 1-2 wie ursprünglich eingereicht.

III. Der geltende unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Kommissionieranlage mit einem ersten Stetigförderer (3) zum Sammeln von für einen bestimmten Abnehmer vorgesehenen, von einer Bedienungsperson aufgelegten Waren (2) und zum Transportieren derselben zu einer Packstation (7), der in Abschnitte unterteilt ist, die eine Identifizierung aufweisen, wobei nach dem Sammelbereich eine automatische Leseeinrichtung (6) zum Lesen von Markierungen der Waren (2) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass sie einen zweiten Förderer (10) zum mit der Warenförderung auf dem ersten Förderer (3) synchronen Zuführen und Abführen von Kartons (8) unterschiedlicher Größe für die für den Abnehmer bestimmten Waren (2) in die bzw. aus der Packstation (7) umfasst und dass die Leseeinrichtung (6) eine Fehlermeldung ausgibt, wenn die gesammelten Waren (2) nicht richtig oder nicht vollständig zusammengestellt sind."

IV. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der geltende Anspruch 1 sei als Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 9 zusammen mit der in den in den Passagen auf Seite 2, Zeilen 23 bis 29, Seite 3, Zeilen 1 bis 6, Seite 5, Zeilen 7 bis 12 und 34 bis 38 der ursprünglichen Beschreibung enthaltene Information entstanden. Die Beschreibung sei an den geltenden Anspruch angepaßt worden.

Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ seien damit erfüllt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der aus der Entgegenhaltung Dl bekannten Kommissionieranlage durch den zweiten Förderer, der die passenden Kartons zur Packstation zu- und abführt und durch die Leseeinrichtung, welche eine Fehlermeldung ausgibt, wenn die gesammelten Waren nicht richtig oder nicht vollständig zusammengestellt sind.

Aufgabe der Erfindung sei es, die aus der Entgegenhaltung Dl bekannte Kommissionieranlage so zu gestalten, daß die Übereinstimmung von Warenbestellung und Warenlieferung sichergestellt werde.

Diese Aufgabe werde durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

Daß die zu kommissionierenden Waren nach der Zusammenstellung auf Richtigkeit zu überprüfen sind und daß die Waren verpackt werden müssen, werde in der Entgegenhaltung D3 nur stichpunktartig angedeutet. Über die Art der Kontrolle und des Zu- bzw. Abführens von Kartons unterschiedlicher Größe sei in der Entgegenhaltung D3 kein Hinweis zu finden.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei somit mangels entsprechender Anregungen im Stand der Technik erfinderisch.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 123 (2) EPÜ

Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich vom ursprünglichen Anspruch 1 durch folgende Änderungen:

Der Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 ist durch den ursprünglichen Anspruch 1 gebildet worden, wobei die Ausdrücke "von einer Bedienperson" und "automatisch" hinzugefügt wurden. Diese Änderungen stützen sich jeweils auf Seite 5, Zeilen 7 bis 12 und Seite 2, Zeilen 26 bis 29 der ursprünglich eingereichten Beschreibung.

Der kennzeichnende Teil des geltenden Anspruchs 1 ist durch die Hinzufügung der Ausdrücke "sie einen zweiten Förderer zum mit der Warenförderung auf dem ersten Förderer synchronen Zuführen und Abführen von Kartons unterschiedlicher Größe für die für den Abnehmer bestimmten Waren in die bzw. aus der Packstation umfasst" und "die Leseeinrichtung eine Fehlermeldung ausgibt, wenn die gesammelten Waren nicht richtig oder nicht vollständig zusammengestellt sind" entstanden. Der erste Ausdruck ist durch die Zusammenfassung der zusätzlichen Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 und 9 und der auf Seite 5, Zeilen 34 bis 38 und Seite 3, Zeilen 1 bis 6 enthaltenen Information entstanden. Der zweite Ausdruck wurde auf Seite 2, Zeilen 23 bis 29 der ursprünglichen Beschreibung offenbart.

Ferner ist die Beschreibung an den geänderten Anspruch 1 angepaßt worden.

Somit gehen diese Änderungen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die geänderten Anmeldungsunterlagen erfüllen daher die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

2. Neuheit

Da keine der Entgegenhaltungen eine Kommissionieranlage gemäß dem geltenden Anspruch 1 offenbart, ist die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 anzuerkennen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik wird durch die Entgegenhaltung D1 dargestellt. Diese Entgegenhaltung offenbart eine Kommissionieranlage mit einem Stetigförderer zum Sammeln von für einen bestimmten Abnehmer vorgesehenen Waren und zum Transportieren derselben zu Packstationen. Der Stetigförderer ist als ein in durch drei unterschiedliche Farben gekennzeichnete Abschnitte unterteiltes Förderband ausgebildet. Für jede dieser Farben ist ein Kommissionierer zuständig, welcher die Waren einzeln auf den jeweils nächsten freien Abschnitt seiner Farbe legt. Das Förderband wird unter einem Lesegerät hindurchgeführt, welches einen Barcode auf der Ware liest. An drei den unterschiedlichen Farben zugeordneten Packstationen werden die Waren vom Förderband abgeworfen und dort gemäß dem Rüstauftrag zu einer Packeinheit verpackt. Anhand der mit dem Lesegerät gelesenen Barcodes wird automatisch zu jeder Packeinheit die passende Rechnung erstellt.

Ziel dieser Kommissionieranlage ist eine Übereinstimmung zwischen Lieferung und Rechnung zu erreichen. Dabei werden Abweichungen zwischen der Warenbestellung und Warenlieferung nicht kontrolliert und somit in Kauf genommen.

3.2. Aufgabe

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die aus der Entgegenhaltung D1 bekannte Kommissionieranlage so weiterzubilden, daß die o. g. Nachteile vermieden werden und daß durch automatisierte Kontrolle der Übereinstimmung von Warenbestellung und Warenzusammenstellung ein schnelleres und zuverlässigeres Arbeiten der Kommissionieranlage erreicht wird.

3.3. Lösung

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Kommissionieranlage einen zweiten Förderer zum mit der Warenförderung auf dem ersten Förderer synchronen Zuführen und Abführen von Kartons unterschiedlicher Größe für die für den Abnehmer bestimmten Waren in die bzw. aus der Packstation umfaßt und daß die Leseeinrichtung eine Fehlermeldung ausgibt, wenn die gesammelten Waren nicht richtig oder nicht vollständig zusammengestellt sind.

Durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 wird erreicht, daß die Übereinstimmung von Rüstauftrag und Warenzusammenstellung kontrolliert wird, daß bei Abweichungen eine Fehlermeldung ausgegeben wird und daß die Waren im Anschluß an die Kontrolle ohne weiteres menschliches Zutun zu ihren Kartons befördert werden.

3.4. Zu dieser erfindungsgemäßen Lösung kann aus dem Stand der Technik aus folgenden Gründen keine Anregung entnommen werden:

Bei der Kommissionieranlage gemäß Entgegenhaltung D3 werden die zu kommissionierenden Waren zunächst vom Kommissionierer in Behältern abgelegt, welche oberhalb eines Stetigförderers liegen. Durch das Drücken einer Quittiertaste signalisiert der Kommissionierer, daß er den jeweiligen Kommissioniervorgang abgeschlossen hat. Zum richtigen Zeitpunkt betätigt der Steuerrechner den Öffnungsmechanismus des Behälters und die Waren fallen auf vorbestimmte Auftragssegmente des Stetigförderers. Die Waren gelangen anschließend mittels des Stetigförderers in einen sich auf einem zweiten Förderband befindenden Sammelbehälter. Die sich in den Sammelbehältern befindenden Waren werden durch eine Kontrollzone geführt. Abschließend gelangen diese Waren in eine Packstation.

In der Entgegenhaltung D3 werden die durch den Stetigförderer 3 transportierten Waren in Behälter 9 hineingeworfen, siehe Figuren 2 und 3, und anschließend durch eine Kontrollzone 11 geführt, "in welcher fehlerhaft kommissionierte Produkte ausgesondert und fehlende Produkte festgestellt werden", siehe Seite 8, Zeilen 9 bis 12. Die Waren liegen somit beim Erreichen der Kontrollzone ungeordnet neben- oder übereinander. Eine automatische Leseeinrichtung zum Lesen von Markierungen der Waren, welche eine Fehlermeldung ausgibt, wenn die gesammelten Waren nicht richtig oder nicht vollständig zusammengestellt sind, ist in der Entgegenhaltung D3 nicht erwähnt. Da in der Entgegenhaltung D3 einerseits keine Markierungen von Waren vorgesehen sind und andererseits die sich in den Sammelbehältern befindenden Waren ungeordnet und neben- oder übereinander liegend der Kontrollzone 11 vorgelegt werden, kann durch diese Entgegenhaltung eine Leseeinrichtung gemäß dem Anspruch 1 nicht nahegelegt werden.

Das zweite Förderband 8 der Entgegenhaltung D3 transportiert die sich in den Sammelbehältern 9 befindende Waren bis zu einem Versandbereich 12, in welchem die Waren verpackt werden, siehe Seite 8, Zeilen 13 bis 15. Ein Förderband zum mit der Warenförderung auf dem ersten Förderer synchronen Zuführen und Abführen von Kartons unterschiedlicher Größe für die für den Abnehmer bestimmten Waren in die bzw. aus der Packstation ist in der Entgegenhaltung D3 nicht offenbart und kann durch die Entgegenhaltung D3 mangels Vorbilds nicht nahegelegt werden.

3.5. Daher beruht das Verfahren des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: 1 bis 9 wie eingereicht am 14. Dezember 2004,

Beschreibung: Seiten 1, 1a, 2, 2a, und 5 wie eingereicht am 14. Dezember 2004, Seiten 3,4 und 6 wie ursprünglich eingereicht,

Figuren: 1-2 wie ursprünglich eingereicht.

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