European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T096404.20070426 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 April 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0964/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99936311.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | C04B 14/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Aktiviertes Tonmineralpulver, Trocknungsverfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung | ||||||||
Name des Anmelders: | IKO Minerals GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SÜD-CHEMIE AG | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit der Erfindung (ja) Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 1. Juni 2004 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 140 726 in geändertem Umfang aufrecht erhalten worden ist. Der Zwischenentscheidung lagen die in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2004 eingereichten Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag zu Grunde.
II. Im Einspruchsverfahren hat die Einsprechende unter anderem folgende Entgegenhaltungen genannt, auf die sie auch im Beschwerdeverfahren verwiesen hat:
D1: "Technische Informationen TIXOTON CV15".
München : Süd-Chemie AG, ohne Datum, 3 S.
D2: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie,
4. Auflage, Band 23, 1983, S. 322.
D3: "Technische Information ERBSLÖH AKTIV-BENTONIT
CT". Geisenheim : Erbslöh Geisenheim Industrie-
Mineralien GmbH, ohne Datum, 3 S.
D4: "IBECO AKTIV-BENTONIT CT".
IBECO Bentonit-Technologie GmbH, September 1994,
1 S.
III. In der angefochtenen Zwischenentscheidung wird ausgeführt, dass das Produkt gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zwar ausreichend offenbart und neu sei, jedoch im Hinblick auf den nächstliegenden Stand der Technik D3 und das Dokument D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Demgegenüber sei das Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 8 des Hilfsantrags patentfähig. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Schocktrocknung von ausgangsfeuchten smektitischen Tonen auf eine bestimmte Endfeuchte, dadurch gekennzeichnet, dass die Feuchteabfuhr bei geringer Verweilzeit von weniger als 15 Minuten im Trockner, bei einer Guttemperatur von <= 85 ºC unter Sprengung sowie Lockerung der ursprünglichen Mikrostruktur erfolgt, wobei bei einstufigem Trocknungs- und Vermahlungsvorgang von der Anfangsfeuchte von 30 - 42 % auf die Endfeuchte von 7 - 12 % getrocknet wird."
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) trug unter anderem vor, der Fachmann könne das beanspruchte Verfahren nicht nacharbeiten, weil "Schocktrocknung" kein allgemein üblicher Begriff sei und außerdem aus dem Patent nicht hervorgehe, was unter "Sprengung sowie Lockerung der ursprünglichen Mikrostruktur" genau zu verstehen sei. Dieses Merkmal lasse sich am Endprodukt nicht nachweisen. Wegen der Unvollständigkeit der im Anspruch 1 angegebenen Parameter, insbesondere auch weil die Menge des Ausgangsmaterials nicht definiert sei, sowie wegen der Unbestimmtheit der Ausdrücke "Schocktrocknung" und "Sprengung sowie Lockerung der ursprünglichen Mikrostruktur", durchlaufe man bei der Herstellung der in D1, D3 oder D4 beschriebenen Bentonite zwangsweise die Merkmale des Anspruchs 1, wenn die Ausgangsparameter, insbesondere die zu trocknende Menge des Rohtons, entsprechend gewählt würden. Tone wiesen allgemein eine Grubenfeuchte von 35 - 40 % auf. Wie für die mit dem beanspruchten Verfahren getrockneten Tone gelte auch für alle anderen Tone, dass beim Trocknen die Struktur des Tons nicht zerstört werden dürfe. Für die Trocknung aller Tonmineralien gelte daher, dass einen innere Guttemperatur von 85 ºC nicht überschritten werden dürfe. Ferner würden alle Tone gemahlen, um die gewünschte Kornfeinheit zu erreichen. Auch ein Mahlvorgang werde daher bei der Herstellung eines Baubentonits zwangsläufig durchlaufen. Die Trocknung des Rohtons auf die geforderte Endfeuchte innerhalb von 15 Minuten erfolge zwangsläufig bei einer bestimmten Menge des Rohtons. Selbstverständlich würden solche Bedingungen auch beim einstufigen Mahltrocknen erfüllt, das bei der Aufbereitung von Bentoniten üblich sei. Jede der Entgegenhaltungen D1, D3 oder D4 nehme deshalb dem Anspruch 1 die Neuheit. Als neu gegenüber dem Stand der Technik D2 in Verbindung mit D1, D3 oder D4 verbleibe gegebenenfalls das Merkmal, wonach die Mahltrocknung bei einer Verweilzeit von weniger als 15 Minuten erfolge. Es liege jedoch im üblichen Können des Fachmanns, die Parameter beim Mahltrocknen entsprechend zu wählen, etwa durch Einstellung des Durchsatzes der Trockenluft oder deren Temperatur, bzw. bei gegebenen Trocknungsbedingungen durch entsprechende Wahl der eingesetzten Menge des Tones. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruhe deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach dieser Auffassung und legte unter anderem dar, dass das beanspruchte Verfahren im Patent ausreichend beschrieben sei. Da die Parameter der Anfangsfeuchte, der Endfeuchte, der Trocknungsdauer und der Temperatur alle angegeben seien, bestehe für den Fachmann kein Problem der Nacharbeitbarkeit. Das Verfahren sei auch neu, denn in keiner der Entgegenhaltungen D1, D3 oder D4 werde der erfindungsgemäße Herstellungsvorgang beschrieben. Insbesondere finde die Kombination von einstufiger Trocknung und Vermahlung sowie eine Verweilzeit im Trockner von weniger als 15 Minuten bei einer Guttemperatur von <= 85 ºC auch nicht ansatzweise Erwähnung. Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit trug die Beschwerdegegnerin vor, die Entgegenhaltungen D1 bis D4 lieferten selbst bei mosaikartiger Betrachtungsweise keinen Hinweis auf die erfindungsgemäße Merkmalskombination. Das Verfahren sei deshalb erfinderisch.
Mit Telefax vom 26. März 2007 reichte die Beschwerdegegnerin einen Satz von geänderten Ansprüchen 1 bis 7 als Hilfsantrag ein.
VI. Am 26. April 2007 fand eine öffentliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Im Verlauf der Verhandlung zog die Beschwerdegegnerin den Hilfsantrag vom 26. März 2007 zurück und ersetzte den Hauptantrag durch einen neuen, geänderten Hauptantrag, in dessen erstem Anspruch die Mindest-Verdampfungsleistung spezifiziert wurde. Dieser Anspruch lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Schocktrocknung von ausgangsfeuchten smektitischen Tonen auf eine bestimmte Endfeuchte, dadurch gekennzeichnet, dass die Feuchteabfuhr bei geringer Verweilzeit von weniger als 15 min. im Trockner bei einer Guttemperatur von <= 85 ºC unter Sprengung sowie Lockerung der ursprünglichen Mikrostruktur erfolgt, wobei bei einstufigem Trocknungs- und Vermahlungsvorgang von der Anfangsfeuchte von 30 - 42 % auf die Endfeuchte von 7 - 12 % getrocknet wird, und wobei der Trocknungsvorgang bei einer Verdampfungsleistung von minimal 0,2 kg Wasser pro kg Bentonit und Minute durchgeführt wird."
Die Beschwerdegegnerin legte außerdem eine an den neuen (Haupt-)Antrag angepasste Beschreibung sowie ein Blatt mit Zeichnungen (Fig. 1 und 2) vor.
VII. Im Hinblick auf den geänderten Antrag hielt die Beschwerdeführerin ihre früheren Einwände wegen mangelnder Ausführbarkeit, mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht mehr aufrecht. Hingegen erhob sie einen Einwand unter Artikel 84 EPÜ wegen mangelnder Klarheit der abhängigen Ansprüche 3 und 4. Die Beschwerdeführerin legte dar, dass sich diese abhängigen Ansprüche nicht unter den Anspruch 1 unterordnen ließen, auf den sie sich beziehen. Gemäß Anspruch 1 müsse die Trocknung und die Vermahlung in einem einstufigen Vorgang erfolgen, also gleichzeitig stattfinden. Im Widerspruch dazu sähen der Anspruch 3 jedoch Gleichstromtrocknung und der Anspruch 4 Querstromtrocknung vor. Diese beiden Trocknungsverfahren setzten einen separaten Mahlvorgang voraus, was in der Beschreibung des vorliegenden Patents zutreffend wiedergegeben werde, indem dort Gleichstromtrocknung, Mühlentrocknung und Querstromtrocknung als Alternativen dargestellt würden (siehe Seite 3, Abschnitt [0019]).
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 140 726.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 6 gemäß dem Hauptantrag, Beschreibung (Seiten 2 bis 9) und Figuren 1 und 2 (Seite 13), jeweils eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen - (Artikel 123 (2), (3) EPÜ)
1.1 Der Anspruch 1 des Hauptantrags beruht auf der Zusammenlegung der Ansprüche 4, 5 und 8 des erteilten Patents, bzw. der Ansprüche 6, 7 und 11 der PCT Anmeldung WO 99/61388 (in der veröffentlichten Form).
Anspruch 2 beruht auf Anspruch 9 der PCT Anmeldung.
Die Ansprüche 3 bis 6 beruhen jeweils auf den Ansprüchen 12 bis 16 der PCT Anmeldung.
1.2 Außerdem ist der Schutzbereich durch die vorgenommenen Änderungen eingeschränkt worden. Die Änderungen genügen somit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und(3) EPÜ.
2. Klarheit - (Artikel 84 EPÜ)
2.1 Die Beschwerdeführerin hat anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgetragen, im Hinblick auf den Wortlaut des Anspruchs 1 seien die abhängigen Ansprüche 3 und 4 unklar (siehe oben unter Punkt VII). Demgegenüber hat die Beschwerdegegnerin geltend gemacht, der Klarheitseinwand der Beschwerdeführerin sei unzulässig und im Übrigen in der Sache unzutreffend.
2.2 Dieser Einwand gegen die geänderten Ansprüche wurde erstmals im Verlauf der mündlichen Verhandlung erhoben. Der Anspruch 1 beruht jedoch auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 4, 5 und 8. Die abhängigen Ansprüche 3 und 4 entsprechen ihrerseits den erteilten Ansprüchen 9 und 10, wobei letztere abhängige Ansprüche darstellen, die sich auf einen der erteilten Ansprüche 4 bis 8 zurückbeziehen. Der erteilte Anspruch 8 ist seinerseits auf einen der erteilten Ansprüche 4 bis 7 zurückbezogen.
2.3 In den Ansprüchen des erteilten Patents waren demnach die gleichen Merkmalskombinationen wie in den vorliegenden Ansprüchen 3 und 4 des Hauptantrags enthalten (nämlich einerseits die Ansprüche 4 + 5 + 8 + 9 und andererseits die Ansprüche 4 + 5 + 8 + 10). Sofern also bei den vorliegenden Ansprüchen 3 und 4 ein Mangel an Klarheit vorliegen sollte, wie die Beschwerdeführerin dies geltend macht, dann wäre dieser Klarheitsmangel schon im Anspruchssatz des erteilten Patents vorhanden gewesen und somit nicht auf die vorgenommenen Änderungen zurückzuführen.
2.4 Unter diesen Umständen und auf Grund der Tatsache, dass der angebliche Klarheitsmangel der abhängigen Ansprüche 3 und 4 nicht durch die Änderungen im Anspruch 1 verursacht worden sind, besteht für die Kammer keine Veranlassung, den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand zu prüfen, da Mangel an Klarheit keinen Einspruchsgrund darstellt.
2.5 Im Übrigen bemerkt die Kammer in diesem Zusammenhang, dass der angebliche Klarheitsmangel der abhängigen Ansprüche 3 und 4 nicht so geartet ist, dass eine Auslegung eines unbestimmten oder mehrdeutigen Begriffs in diesen Ansprüchen erforderlich wäre. Denn der Einwand beruht nicht auf einem Klarheitsmangel bestimmter Begriffe in diesen Ansprüchen, sondern auf der Behauptung, wonach die in den genannten Ansprüchen erwähnte "Gleichstromtrocknung" bzw. "Querstromtrocknung" nicht im Rahmen eines einstufigen Trocknungs- und Vermahlungsvorgangs durchgeführt werden könne. Diese Behauptung ist seitens der Beschwerdegegnerin bestritten worden, und die Beschwerdeführerin hat keinerlei Beweismittel zur Stützung ihrer Behauptung vorgelegt, die auch nicht durch die Angaben im Abschnitt [0019] des Patents gestützt wird.
3. Ausführbarkeit - (Artikel 100 b) EPÜ)
3.1 Die Beschwerdeführerin hat ihren ursprünglichen Einwand wegen mangelnder Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens nicht mehr aufrechterhalten. Aus diesem Grund erübrigt es sich, umfassend zu diesem Einspruchsgrund Stellung zu nehmen. Nach der Überzeugung der Kammer ist das beanspruchte Verfahren, so wie es im nunmehr geltenden geänderten Anspruch 1 angegeben ist, genügend deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann. Im Anspruch 1 werden die wesentlichen Verfahrensparameter angegeben, nämlich die Anfangsfeuchte (30 - 42 %) und die Endfeuchte (7 - 12 %) der smektitischen Tone, die Verweilzeit im Trockner (weniger als 15 Minuten), die Guttemperatur (<= 85 ºC), die einstufige Durchführung des Trocknungs- und Vermahlungsvorgangs, sowie insbesondere die Mindest-Verdampfungsleistung von minimal 0,2 Kg Wasser pro Kg Bentonit und Minute. Weitere Angaben darüber, wie das Verfahren durchgeführt werden kann, sind in der Beschreibung enthalten, insbesondere in den Abschnitten [0019] bis [0026].
3.2 Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass bei Einhaltung der im Anspruch 1 angegebenen Verfahrensbedingungen die ursprüngliche Mikrostruktur der smektitischen Tone gesprengt und gelockert wird, und dass die Trocknung so rasch erfolgt, dass man sie als "Schocktrocknung" bezeichnen kann, wie es dem Wortlaut des Anspruchs 1 entspricht.
4. Neuheit - (Artikel 54 EPÜ)
4.1 Die im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren herangezogenen Entgegenhaltungen D1 und D3 wurden nach Angaben der Einsprechenden im August 1978 (D1) bzw. November 1989 veröffentlicht (siehe Einspruchsschrift vom 6. November 2002, Seite 2 und Brief der Einsprechenden vom 26. November 2002). Die Patentinhaberin hat dieser Darstellung nicht widersprochen, so dass keine weiteren Nachforschungen über die Veröffentlichungsdaten der genannten Dokumente erforderlich sind. Die drei Dokumente D1, D3 und D4 betreffen Bentonite, also smektitische Tone, zur Herstellung von Dichtwandmassen.
4.2 In D1 wird ein als "TIXOTON CV 15" bezeichneter Bentonit mit einem Wassergehalt, d.h. einer "Endfeuchte", von 8 - 12 % beschrieben. Über die Herstellung dieses Produkts ist D1 nichts zu entnehmen. Insbesondere fehlen irgendwelche Angaben über die Trocknung und/oder Vermahlung des Rohmaterials. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich vom Inhalt von D1 mindestens dadurch, dass der Trocknungsvorgang bei einer Verdampfungsleistung von minimal 0,2 Kg Wasser pro Kg Bentonit und Minute erfolgt. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist somit gegenüber D1 neu.
4.3 Aus dem gleichen Grund ist das Verfahren gemäß Anspruch 1 auch gegenüber dem Inhalt der Entgegenhaltung D3 neu. Dieses Dokument bezieht sich auf einen Bentonit mit der Bezeichnung "ERBSLÖH AKTIV-BENTONIT CT", dessen Wassergehalt, d.h. die "Endfeuchte", mit 9 - 11 % angegeben wird (siehe Seite 3). D3 enthält, ebenso wie D1, keinerlei Angaben über das Verfahren zur Herstellung des Produkts.
4.4 Auch die Entgegenhaltung D4 betrifft einen Bentonit, nämlich ein als "IBECO aktiv Bentonit CT" bezeichnetes Bentonitpulver mit einem Wassergehalt nach DIN 18121 von 10 ± 2 % (siehe D4, Tabelle "Technische Werte", erste Zeile) zur Anwendung als Komponente für Dichtwandmassen und Injektionsmassen. Über die Herstellung des Produkts findet sich in D4 nichts außer dem Hinweis, wonach die Mahlfeinheit dw 0,063 mm nach DIN 53734 des Produkts im Bereich von 20 ± 5 % liegt (siehe D4, Tabelle "Technische Werte", letzte Zeile). Daraus kann erschlossen werden, dass im Verlauf der Herstellung ein Mahlvorgang stattgefunden haben muss. Da weitergehende Angaben über das Herstellungsverfahren fehlen, unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 gegenüber D4 mindestens durch die Verdampfungsleistung von minimal 0,2 Kg Wasser pro Kg Bentonit und Minute.
4.5 Das beanspruchte Verfahren ist ebenfalls neu gegenüber den anderen zitierten Dokumenten.
5. Erfinderische Tätigkeit - (Artikel 56 EPÜ)
Nächstliegender Stand der Technik
5.1 Nach übereinstimmender Auffassung der beiden Verfahrensbeteiligten wird der nächstliegende Stand der Technik durch das Dokument D4 repräsentiert. Die Kammer kann sich dieser Auffassung anschließen.
Technische Aufgabe
5.2 Wie der Beschreibung des vorliegenden Patents zu entnehmen ist, sind Bentonit-Tonmineralpulver wie beispielsweise "TIXOTON CV 15" insbesondere als Komponenten von Dichtwandmassen von Bedeutung (siehe Seite 2, Abschnitte [0002] und [0003]). Zur Herstellung von Dichtwandmassen ist es gebräuchlich, Bentonit und Zement plus eventuell Zuschlägen trockengemischt zu halten und zum Einsatz mit Wasser anzurühren. Alternativ werden Bentonit und Wasser vordispergiert und erst dann Zement eingerührt (siehe Seite 2, Abschnitt [0006]). Zur Erzielung der Eigenschaft der Zementstabilität sind die Grundeigenschaften des Abbauminerals, die Verfahrensabläufe bei der Trocknung einschließlich Vermahlung und die Gemengebildung mit Hilfsstoffen entscheidend (siehe Seite 2, Abschnitt [0003]). Während Bentonite aus bestimmten Fundstätten die erforderliche Zementstabilität ergeben, zeigen nichtzementstabile Bentonite in Mischung mit jeweils verschiedenen Zementarten keinen einwandfreien Ablauf und entfallen deshalb für die Dichtwandanwendung, und zwar unabhängig von der generell zumischbaren Zementart. Herkömmliche zementstabile Bentonite beschränken sich in Mischung auf bestimmte geeignete Zementarten (siehe Seite 2, Abschnitt [0008]). Der aktivierte Bentonit aus D4 wird in Mischung mit dem Zement HOZ 35L für die Herstellung von Dichtwandmassen und Injektionsmassen verwendet.
5.3 Gegenüber D4 kann die technische Aufgabe darin gesehen werden, ein Verfahren zur Behandlung von smektitischen Tonen zu entwickeln, bei dem das als Ausgangsmaterial verwendete smektitische Tonmineral stofflich so verändert wird, dass es ebenfalls Zementstabilität aufweist und ferner mit verschiedenen Zementarten zur Herstellung von Dichtwandmassen geeignet ist.
5.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird die Kombination der im Anspruch 1 angegebenen Merkmale vorgeschlagen. Im Hinblick auf die Angaben in den Abschnitten [0014] und [0027] des Patents, und in Abwesenheit von gegenteiligen Beweismitteln, ist es glaubhaft, dass die gestellte Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst wird. Dieser Sachverhalt ist seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden.
5.5 Es bleibt die Frage, ob die vorgeschlagene Lösung sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.
5.6 Aus dem nächstliegenden Stand der Technik, d.h. D4, ist keine Anregung zur Lösung der Aufgabe zu entnehmen. Diese Entgegenhaltung bezieht sich, wie im Zusammenhang mit der Prüfung der Neuheit bereits dargelegt wurde, auf einen aktivierten Bentonit, also ein Produkt und nicht auf das Verfahren zu dessen Herstellung. Entsprechend fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass bzw. wie durch die Ausgestaltung der Verfahrensbedingungen die Zementstabilität des Produkts beeinflusst werden kann.
5.7 Dasselbe gilt für die Entgegenhaltungen D1 und D3, die sich ebenso wie D4 ausschließlich mit Bentonitprodukten und nicht mit deren Herstellung befassen. Die Kombination von D4 mit einem der Dokumente D1 oder D3 würde deshalb nicht zum erfindungsgemäßen Verfahren führen.
5.8 Die restlichen Dokumente enthalten keine zusätzlichen Informationen, die in Kombination mit der Lehre aus D1, D3 oder D4 das beanspruchte Verfahren nahelegen würde.
5.9 Aus den genannten Gründen beruht das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, und folglich auch die besonderen Ausführungsarten gemäß den abhängigen Ansprüchen 2 bis 6, auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 6, einer Beschreibung (Seiten 2 bis 9) und Figuren 1 und 2, jeweils eingereicht während der mündlichen Verhandlung, aufrecht zu erhalten.