T 0933/04 () of 6.12.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T093304.20071206
Datum der Entscheidung: 06 Dezember 2007
Aktenzeichen: T 0933/04
Anmeldenummer: 96929256.4
IPC-Klasse: A61K 7/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von mutierter Subtilisin-Protease in kosmetischen Produkten
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: 01) The Procter & Gamble Company
02) Genencor International Inc.
Kammer: 3.3.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde (bejaht)
Hauptantrag (erteilte Fassung) - nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidung - Zulassung (verneint)
1. Hilfsantrag - Disclaimer - nicht zulässig
2. Hilfsantrag (zulässig) - Zurückweisungsgrund ausgeräumt - Zurückverweisung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/91
G 0001/03
T 0729/90
T 0528/93
T 0840/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1067/08
T 2075/11
T 1275/12
T 2558/16
T 2730/16

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die Anmeldung mit der Anmeldenummer 96929256.4, die auf die Internationale Anmeldung mit der Anmeldenummer PCT/EP96/03589 (WO-A-97/07770) und einem Anmeldetag vom 14. August 1996 zurückgeht, wurde mit Wirkung vom 05. Dezember 2001 das europäische Patent Nr. 0 845 972 erteilt. Die unabhängigen Ansprüche 1 bis 10 lauteten wie folgt:

"1. Verwendung von mutierter Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation in ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, in kosmetischen Produkten."

"10. Verfahren zur Herstellung von kosmetischen Produkten, dadurch gekennzeichnet, dass man mutierte Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation an ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, mit weiteren Inhaltsstoffen kosmetischer Produkte vermischt."

II. Gegen die Erteilung wurden zwei Einsprüche eingelegt, mit dem Antrag, das Patent in vollem Umfang wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100(a) EPÜ) oder auf Grund mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 100(b) EPÜ) zu widerrufen. Die Einsprüche waren unter anderem auf folgenden Stand der Technik gestützt:

D12: WO-A-95 105 91

III. Mit der am 24. Mai 2004 zur Post gegebenen Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das angegriffene Patent. Der Entscheidung lag ein in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2004 überreichter Hauptantrag sowie ein mit Schreiben vom 25. Februar 2004 eingereichter Hilfsantrag zu Grunde:

Anspruch 1 des Hauptantrages hatte folgende Fassung:

"Verwendung von mutierter Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation in ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, in kosmetischen Produkten, wobei die Substrat-Bindungsregion des Moleküls durch einen Umkreis von 7 Å um ein gebundenes Substratsmolekül AAPF (N-succinyl-L-Ala-L-Ala-L-Pro-L-Phe-p-Nitro-anilid) definiert ist, mit der Maßgabe, dass es sich nicht um die Punktmutationen S97D, S154E, S160D und Y211L handelt."

Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages hatte folgende Fassung:

"Verwendung von mutierter Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation in ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, in kosmetischen Produkten, wobei die Substrat-Bindungsregion des Moleküls durch einen Umkreis von 7 Å um ein gebundenes Substratmolekül AAPF (N-succinyl-L-Ala-L-Ala-L-Pro-L-Phe-p-Nitro-anilid) definiert ist, zur Verbesserung der Hautverträglichkeit des kosmetischen Produkts gegenüber der ursprünglichen Protease."

IV. Zur Begründung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt.

a) Der geänderte Anspruch 1 des Hauptantrages enthalte zwei Änderungen: nämlich einen Disclaimer gegenüber dem Dokument D12 sowie eine nähere Definition der Substrat-Bindungsregion des Moleküls. Der Disclaimer, der bestimmte Mutationen vom Schutz ausnehme, sei nicht auf den neuheitsschädlichen Gegenstand beschränkt und betreffe keinen zufällig offenbarten neuheitsschädlichen Gegenstand. D12 betreffe eine Zahnpasta, welche der Fachmann ohne weiteres als Ausgangspunkt für den Gegenstand des Anspruchs 1 herangezogen hätte. Daher sei der Disclaimer nicht zulässig.

Nach der zweiten Änderung sei die Substrat-Bindungsregion des Moleküls durch einen Umkreis von 7 Å um ein gebundenes Substratmolekül AAPF definiert. Nach den ursprünglichen Unterlagen finde die Ladungsänderung im Substratsbindungsbereich innerhalb des Substratsbindungsbereiches und in einem Umkreis von 7 Å statt. Nach der ursprünglichen Offenbarung sei die Größe des Substratsbindung-Bereiches selbst nicht definiert, während dies im Anspruch 1 des Hauptantrages der Fall sei. Daher könne die Änderung im Anspruch 1 aus den ursprünglichen Unterlagen nicht abgeleitet werden und verletze Artikel 123 (2) EPÜ.

b) Da Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages die Substrat-Bindungsregion analog wie im Anspruch 1 des Hauptantrages definiere, sei der Hilfsantrag mit der gleichen Begründung wie beim Hauptantrag zu beanstanden. Der Hilfsantrag erfülle daher auch nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

V. Am 22. Juli 2004 legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein, die am 24. September 2004 begründet wurde. Die erteilte Fassung wurde als Hauptantrag weiterverfolgt. Mit der Beschwerdebegründung wurden vier Hilfsanträge eingereicht.

Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages hatte folgende Fassung:

"Verwendung von mutierter Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation in ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, in kosmetischen Produkten, mit der Maßgabe, dass es sich nicht um dem Einsatz der Bacillus-lentus-Subtilisin-Varianten N76D/S99D,

N76D/S99D/101R

N76D/S99D/S103A

N76D/S99D/V104I,

N76D/S99D/S101R/S103A

N76D/S99D/S101R/V104I,

N76D/S99D/S103A/V104I,

N76D/S99D/S101R/R103A/V104I,

N76D/S99D/S103A/V104I/N123S,

N76D/S99D/S101R/S103A/V104I/N123S,

N76D/S103A/V104I/S156E,

N76D/S103A/V104I/S166D,

N76D/S103A/V104I/S156E/S166D

(gemäß der Zählung des Subtilisins von B. amyloliquefaciens) in den Mundpflegemitteln Zahnpasta, Mundspülungen, Pastillen oder Kaugummi handelt."

Anspruch 1 und 5 des 2. Hilfsantrages hatte folgende Fassung:

"1. Verwendung von mutierter Protease vom Subtilisin-Typ, die mindestens eine Mutation in ihrer Aminosäure-Sequenz trägt, die zu einer reduzierten positiven Ladung oder einer erhöhten negativen Ladung in der Substrat-Bindungsregion des Moleküls führt, in kosmetischen Produkten, dadurch gekennzeichnet, daß die mutierte Protease eine oder mehrere der Mutationen R99G, R99S, R99A, L211D, L211E, S154D aufweist."

"5. Verfahren zur Herstellung von kosmetischen Produkten, dadurch gekennzeichnet, dass man eine in den Ansprüchen 1 bis 3 definierte mutierte Protease vom Subtilisin-Typ mit weiteren Inhaltsstoffen kosmetischer Produkte vermischt."

(Die Hervorhebung durch die Kammer zeigt die jeweiligen Unterschiede zur erteilten Fassung der Ansprüche 1 bzw. 10 an).

VI. Mit Schreiben vom 25. Januar 2005 nahm die Einsprechende 02 (Beschwerdegegnerin 02) unter anderem zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde Stellung.

VII. Mit Schreiben 04. März 2005 nahm die Einsprechende 01 (Beschwerdegegnerin 01) unter anderem zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde Stellung.

VIII. In ihrer Mitteilung vom 20. Juni 2007 nahm die Kammer zu den Punkten Stellung, die in der mündlichen Verhandlung erörtert werden sollten, insbesondere zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde und der Anträge der Beschwerdeführerin sowie gegebenenfalls der Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz.

IX. Die Beschwerdeführerin hatte in ihrem Schreiben vom 31. Juli 2007 angekündigt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Sie zog ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und beantragte eine Entscheidung nach Aktenlage.

X. Die Beschwerdegegnerin 01 (Einsprechende 01) nahm mit Schreiben vom 7. September 2007 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und kündigte an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

XI. Die Beschwerdegegnerin 02 (Einsprechende 02) nahm mit Schreiben vom 25. September 2007 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und kündigte an, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

XII. Die mündliche Verhandlung fand am 6. Dezember 2007 in Abwesenheit aller Parteien, wie angekündigt, statt und wurde nach Regel 71(2) EPÜ fortgesetzt.

XIII. Die schriftlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefaßt werden:

a) Zur Zulassung des Hauptantrages hatte die Beschwerdeführerin nicht Stellung genommen. Sie führte aber aus, dass der Gegenstand des Streitpatent gemäß Hauptantrag gegenüber D12 neu sei. Die in D12 beschriebenen Protease-Mutanten seien lediglich theoretisch illustriert und es seien auch keine kosmetischen Produkte hergestellt worden. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Hauptantrages auch gegenüber D12 erfinderisch.

b) Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages enthalte einen Disclaimer, um die Neuheit gegenüber dem Dokument D12 herzustellen. Der Disclaimer umfasse 13 in D12 genannte Subtilisin-Varianten für bestimmte Mundpflegemittel. Die Aufgaben von D12 und des Streitpatentes seien grundsätzlich unterschiedlich, so dass nach der Entscheidung G 1/03 (ABl. 2004, 413) der Fachmann sie bei der Arbeit an der Erfindung nicht berücksichtigt hätte. Die durch den Disclaimer ausgenommenen Mutanten seien daher allenfalls zufällig im Zusammenhang mit Mund- und Zahnpflegemitteln erwähnt und weder tatsächlich hergestellt noch hinsichtlich der Hautverträglichkeit getestet worden. Der Disclaimer sei auch entsprechend dem zweiten Leitsatz der erwähnten Entscheidung G 1/03 (supra) abgefasst und als zulässig anzusehen.

c) Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags ergebe sich durch Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 8 und sei daher nach Artikel 123 (2) EPÜ zulässig. Da die mit D12 überschneidende Variante S154E gestrichen sei, könne dieser Antrag als neu angesehen werden.

XIV. Die schriftlich vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Die Beschwerde der Patentinhaberin sei unzulässig, da die Beschwerdeführerin die angegriffene Entscheidung nicht in Frage gestellt habe und aus der Beschwerdebegründung nicht hervorgehe, weshalb die angegriffene Entscheidung nicht korrekt sei. Ferner habe die Einspruchsabteilung festgestellt, dass die der Entscheidung zu Grunde liegenden Anträge nicht zulässig seien. Die Überprüfung der Entscheidung könne daher nur im Umfang dieser Ansprüche stattfinden.

b) Die erteilte Fassung des Streitpatents sei während des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens fallen gelassen worden, so dass der Gegenstand des Hauptantrages nicht mehr Gegenstand der Beschwerde sein könne. Es stelle einen Verfahrensmissbrauch dar, als Hauptantrag die erteilte Fassung erstmals vor der Beschwerdeinstanz sachlich überprüfen zu lassen. Der Hauptantrag sei daher nicht zulässig.

c) Nach D12 könne die Protease Nr. 12, welche die Mutante N76D verwende, für Zahnpasten und Mundspülungen eingesetzt werden und hierbei durch andere in Tabelle III, V und VI genannte mutierte Proteasen ersetzt werden, die beispielsweise den Mutanten S156E enthielten. Der erteilte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei daher gegenüber dem Dokument D12 nicht mehr neu.

d) Der Disclaimer im Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages sei nicht durch D12 gestützt und daher unzulässig, da er nicht die Voraussetzungen der Entscheidung G 1/03 erfülle. So sei D12 ein relevanter Stand der Technik bei Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, so dass die Vorwegnahme nicht zufällig sein könne. Ferner sei der Disclaimer nicht klar, da nicht alle neuheitsschädlichen Aminosäurereste und/oder Zahnpflegemittel ausgeschlossen seien, und sein Umfang nicht eindeutig festgelegt werden könne.

e) Gegen den 2. Hilfsantrag hatte die Beschwerdegegnerin 01 keine formellen Einwände. Die Beschwerdegegnerin 02 führte allerdings aus, dass die Änderungen in den neuen Ansprüchen 5 und 6 des 2. Hilfsantrages keine Basis in der ursprünglichen Unterlagen hätten und neue Abhängigkeiten schaffen würden.

f) Sofern einer der erwähnten Anträge zulässig sei, sollte die Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen werden.

XV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hatte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung oder, hilfsweise, auf der Grundlage der am 24. September 2004 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 beantragt.

XVI. Die Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 (Einsprechende 01 und 02) hatten schriftlich beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, oder sie zurückzuweisen, oder die Angelegenheit zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

Zulässigkeit der Beschwerde

1. Nach Art. 107 EPÜ sind alle Verfahrensbeteiligten berechtigt, Beschwerde zu erheben, soweit sie durch eine Entscheidung beschwert sind.

1.1 Da den Anträgen der Patentinhaberin durch die Einspruchsabteilung nicht stattgegeben wurde, weil sie als nicht zulässig angesehen wurden, ist die Patentinhaberin durch die Entscheidung beschwert und ist daher beschwerdeberechtigt (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 5. Auflage, 2006, VII.D.7.3.2.).

1.2 Die Beschwerdegegnerinnen hatten beanstandet, dass in der Beschwerdebegründung nicht angegeben wurde, weshalb die angefochtene Entscheidung unzutreffend sei. Ferner könne eine Überprüfung nur im Umfang der der Entscheidung zu Grunde liegenden Anträge erfolgen. Daher sei die Beschwerde insgesamt nicht zulässig.

1.2.1 Nach ständiger Rechtsprechung muss die Beschwerdebegründung (Art. 108 EPÜ) die rechtlichen und faktischen Gründe angeben, aus denen sich die Unrichtigkeit der angefochtene Entscheidung ergibt (Rechtsprechung, supra, VII.D.7.5.1). Die eingereichte Beschwerdebegründung befasst sich allerdings nicht mit den Anträgen, über die die Einspruchsabteilung entschieden hatte.

1.2.2 In der Rechtsprechung ist es aber anerkannt, dass eine Beschwerde zulässig sein kann, wenn sich zwar aus der Begründung nicht ergibt, warum die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll, wenn aber mit den Anträgen Ansprüche vorgeschlagen werden, mit denen versucht wird, die Einwände der Einspruchsabteilung auszuräumen (T 729/90 vom 29. Oktober 1993, Punkt 1.3.1; vergleiche Rechtsprechung, supra, VII.D.7.5.2.d)).

1.2.3 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass sich die Entscheidungsgründe ausschließlich auf beanstandete Änderungen nach Artikel 123 (2) EPÜ gestützt haben. Bei solchen Beanstandungen kann es der Patentinhaberin aber nicht verwehrt werden, wenn sie versucht, die Beanstandungen, etwa durch eine andere beschränkende Formulierung auszuräumen. Es wäre in solchen Fällen unsinnig, wenn sich die Patentinhaberin nur im Rahmen der von der Einspruchsabteilung als unzulässig angesehenen Anträge verteidigen dürfte.

1.2.4 Die Patentinhaberin hat vielmehr durch Neuformulierung der Ansprüche in den Hilfsanträgen 1 bis 4 versucht, die formalen Beanstandungen in der angegriffenen Entscheidung und damit auch den Neuheitseinwand gegenüber der Druckschrift D12 auszuräumen. Die Hilfsanträge enthalten einen Disclaimer (Hilfsantrag 1) oder andere positive Änderungen, und ersetzen damit die der Entscheidung zu Grunde liegenden Anträge, die von der Einspruchsabteilung nach 123 (2) EPÜ als nicht zulässig angesehen wurden.

1.3 Die neuen Hilfsanträge stellen daher den Versuch dar, die tatsächliche Basis, auf die der Widerruf des Patents gestützt war, nämlich dass bestimmte Änderungen die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ nicht erfüllen, auszuräumen, was in der Beschwerdebegründung auch ausführlich erläutert wird und für ihre Zulässigkeit völlig ausreichend ist. Es ist anerkannte Rechtsprechung, dass die Ausräumung des Zurückweisungsgrundes durch Vorlage neuer Ansprüche so interpretiert werden kann, dass die Mindesterfordernisse an die Beschwerde nach Artikel 108 EPÜ erfüllt sind (T 729/90, supra, Punkt 1.3.2). Im vorliegenden Falle hat die Beschwerdeführerin durch Vorlage des 2. Hilfsantrages den von der Einspruchsabteilung erhobenen Widerrufsgrund ausgeräumt (siehe nachstehenden Punkt 4.), so dass schon aus diesem Grunde die Beschwerde nach Artikel 108 EPÜ als zulässig angesehen werden muss.

1.4 Aus dem vorstehenden ergibt sich, dass die eingereichte Beschwerde sowie die eingereichte Beschwerdebegründung in Verbindung mit den dort eingereichten Hilfsanträgen alle Voraussetzungen nach Artikel 106 bis 108 EPÜ erfüllen. Damit ist die eingereichte Beschwerde als zulässig anzusehen.

Zulassung des Hauptantrages

2. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin geht auf die erteilte Fassung zurück. Die erteilte Fassung war jedoch nicht Gegenstand der Entscheidung der Einspruchsabteilung. Es stellt sich daher die Frage, ob der Hauptantrag im Beschwerdeverfahren zugelassen werden kann.

2.1 Nach der Entscheidung der großen Beschwerdekammer G 9/91, (ABl. 1993, 408, Nr. 18) ist Hauptzweck des mehrseitigen Beschwerdeverfahrens, der unterlegenen Partei eine Möglichkeit zu geben, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich anzufechten. Ein Patentinhaber, der im Einspruchsverfahren unterlegen ist, hat somit das Recht, die zurückgewiesenen Anträge von der Beschwerdekammer erneut prüfen zu lassen. Will er jedoch andere Anträge prüfen lassen, so liegt es im Ermessen der Beschwerdekammer, sie zum Verfahren zuzulassen; einen Rechtsanspruch darauf hat er nicht (vgl. T 840/93, ABl. 1996, 335, Punkt 3.1).

2.2 Im vorliegenden Falle hatte die Einspruchabteilung zu erkennen gegeben, dass die erteilte Fassung (jetziger Hauptantrag) gegenüber dem Dokument D12 nicht neu sei (siehe hierzu auch die Entscheidung, Punkt 4.1 sowie Punkt 4. des Protokolls), worauf die erteilte Fassung nicht weiterverfolgt wurde. Es ist somit keine mit Gründen versehene Entscheidung über den Hauptantrag getroffen worden, so dass die Gewährbarkeit dieses Antrages nicht Gegenstand der Beschwerde ist.

2.3 Für die Patentinhaberin konnte in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung kein Zweifel daran bestehen, dass die erteilte Fassung wegen mangelnder Neuheit zurückgewiesen worden wäre. Daher hätte die Beschwerdeführerin vor der Einspruchsabteilung diesen Gegenstand nicht aus dem Verfahren ziehen sollen, wenn sie beabsichtigt hätte, ihren Hauptantrag im Beschwerdeverfahren weiterzuverfolgen (vgl. T 0528/93 vom 23. Oktober 1996, Punkt 1.2). Damit hat die Beschwerdeführerin auf ihr Recht verzichtet, eine begründete Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Neuheit der erteilten Ansprüche zu erhalten. Dies hat zur Folge, dass weder den Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) noch die Kammer eine begründete Entscheidung der Einspruchsabteilung zu diesem Sachverhalt vorliegt. Daher kommt eine Zurückverweisung auf der Basis des Hauptantrages an die erste Instanz nicht in Betracht, da dann das Verfahren wieder von ganz vorne beginnen müsste, was das Verfahren verzögern würde und den Beschwerdegegnerinnen nicht zu zumuten ist.

2.4 Würde die Beschwerdekammer den Hauptantrag im Beschwerdeverfahren dennoch zugelassen, so hätte sie als erste und auch als letzte Instanz über die Gewährbarkeit dieses Antrags zu entscheiden, was eindeutig unerwünscht ist, da keine begründete Entscheidung über einen Sachverhalt vorliegt, den sie überprüfen kann. Es bedarf also guter Gründe, damit die Kammer dieses Ermessen zu Gunsten des Patentinhabers ausüben und auch den Hauptantrag zum Verfahren zulassen kann, über den die Einspruchsabteilung noch nicht entschieden hat (vergleiche T 840/93, supra, Punkt 3.1.1.).

2.5 Die Patentinhaberin hat keine Gründe angegeben, weshalb die erteilte Fassung (Hauptantrag), die nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war, in das Verfahren zugelassen werden soll, obwohl die Kammer auf diesen Punkt in ihrem Bescheid ausdrücklich hingewiesen hatte (siehe Punkt 2.3). Als Reaktion auf dem Bescheid hat sie vielmehr nur eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt. Die Kammer sieht ebenfalls keine Gründe, ihr Ermessen zu Gunsten der Patentinhaberin auszuüben, da ohne eine begründete Entscheidung über einen Sachverhalt keine Überprüfung durchgeführt werden kann, was im eigentlichen Sinne der Zweck des Beschwerdeverfahrens ist.

2.6 Aus den dargelegten Gründen hat die Beschwerdekammer in Ausübung ihres Ermessens den Hauptantrag nicht in das Verfahren zugelassen.

Änderungen

1. Hilfsantrag

3. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass er einen Disclaimer enthält, der 13 Bacillus-lentus-Subtilisin-Varianten in den Mundpflegemitteln Zahnpasta, Mundspülungen, Pastillen oder Kaugummi vom Schutz ausnimmt. Die 13 Varianten sind in D12, Tabellen III, V und VI erwähnt. Spezifische Anwendungen für Mundpflegemittel sind in D12, Seite 47, Zeilen 7 bis 10 und in den Beispielen 46 bis 61 beschrieben.

3.1 Ein Disclaimer ist nach der Rechtsprechung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach der Entscheidung der großen Beschwerdekammer G 01/03 (supra) ist ein Disclaimer zulässig, um die Neuheit wiederherzustellen, indem er einen Anspruch gegenüber einer zufälligen Vorwegnahme nach Artikel 54 (2) EPÜ abgrenzt. Eine Vorwegnahme ist zufällig, wenn sie so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weit von ihr liegt, dass der Fachmann sie bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte (Leitsatz II. 1).

3.2 D12 ist ein Dokument nach Art. 54 (2) EPÜ und betrifft Reinigungsmittel mit folgenden Bestandteilen

(a) eine effektive Menge von Proteaseenzym,, welches eine Carbonylhydrolase-Variante mit einer Aminosäuresequenz ist, die nicht in der Natur gefunden wird, welche von einem Carbonylhydrolasevorläufer abgeleitet ist, der eine Substitution einer Vielzahl von Aminosäureresten mit einer anderen Aminosäure in einer Position dieses Carbonylhydrolasevorläufers aufweist, die zu der Position +76 eines Subtilisins in Bacillus amyloliquefaciens äquivalent ist, in Kombination mit einem oder mehreren Aminosäurepositionen, die zu den Positionen +99, +101, +103, +104, +107, +123, +27, +105, +109, +126, +128, +135, +156, +166, +195, +197, +204, +206, +210, +216, +217, +218, +222, +260, +265, und/oder +274 im Subtilisin von Bacillus amyloliquefaciens äquivalent sind; und

(b) eine oder mehrere Materialien für Reinigungszusammensetzungen, die mit dem Proteaseenzym verträglich sind (Anspruch 1).

3.3 In den Tabellen III, V und VI sind eine Reihe von mutierten Enzymvarianten aufgeführt, die von Bacillus lentus Subtilisin abgeleitet sind, unter anderem die mutierte Protease 12 mit der Mutatation N76D/S103A/V104I, die in den Beispielen 46 bis 61 in Zahnpasten, Mundspülungen und Kaugummis eingesetzt wird. In den Beispielen 46 bis 49 kann die Protease 12 durch andere in der Tabelle III unter der Nummern 1-11 und 13-25 aufgeführten Proteasen ersetzt werden. Ferner kommen auch Proteasen in Betracht, die in den Tabellen V und VI erwähnt sind (D12, Seite 48, letzter Absatz).

3.4 Die Beschwerdeführerin war zunächst der Auffassung, dass D12 nicht relevant sei, weil die dort beschriebenen Zusammensetzungen nicht tatsächlich hergestellt worden seien.

Bei den in den Tabellen III bis VI aufgeführten Subtilisin-Varianten wurde die thermische Stabilität nach einem auf Seite 25 näher beschriebenen Verfahren gemessen. Es ist daher davon auszugehen, dass die untersuchten Varianten tatsächlich hergestellt und untersucht worden sind. Ferner können die dort beschriebenen Subtilisin-Varianten, einschließlich der im Disclaimer aufgeführten Varianten, anstelle von Protease 12 in Mundreinigungsmitteln, Zahnpasten und Kaugummis eingesetzt werden (vgl. Seite 48, letzter Absatz, Seite 49, Absatz unter den Zusammensetzungen, Seite 50, erster und dritter Absatz). Um solche Mund- und Zahnpflegemittel herzustellen, muss der Fachmann lediglich die entsprechenden Bestandteile der Zahn- und Mundreinigungsmittel unter Verwendung einer anderen Protease miteinander vermischen. Daher sind solche Zahnpflegemittel für den Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand auch herstellbar und daher bei der Neuheit zu berücksichtigen.

3.5 Die Beschwerdeführerin war ferner der Auffassung, die jeweiligen Aufgaben der beiden Dokumente so unterschiedlich seien, dass der Fachmann D12 bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte. Hierzu ist folgendes zu beachten:

3.5.1 Nach der Entscheidung G 01/03 (supra) reicht es zur Geltendmachung einer zufälligen Vorwegnahme insbesondere bereits nicht aus, dass ein Dokument nicht als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird (vergleiche dort Punkt 2.2.2.). Ferner heißt es in der Entscheidung G 01/03 weiter: "Im Falle einer zufälligen Vorwegnahme geht aus ihrer Definition (siehe oben) klar hervor, dass sie nichts mit der Lehre der beanspruchten Erfindung zu tun hat, da sie für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant sein kann (vergleiche Punkt 2.2.2, letzter Absatz).

3.5.2 Nach dem Streitpatent werden die Proteasen vom Subtilisins-Typ in kosmetischen Produkten, insbesondere Mundspülungen und Zahnpasten verwendet (erteilte Ansprüche 1 und 9; S. 2, Paragraph 0001). Das Subtilisin nach D12 dient ebenfalls für die Verwendung in kosmetischen Produkten, und erwähnt unter anderem auch Mundreinigungsmittel, insbesondere Mundspülungen und Zahnpasten (Seite 47, Zeilen 7 bis 10). Damit werden die Substilisin-Varianten von D12 auf dem gleichen technischen Gebiet eingesetzt und werden für den gleichen bevorzugten Zweck wie das Streitpatent verwendet. Schon aus diesen Gründen liegen die engen Berührungspunkte zwischen dem Streitgegenstand und D12 auf der Hand.

3.6 Nach dem Streitpatent soll ein verringertes Irritationspotenzial gegenüber der Haut und den Schleimhäuten erzielt werden, wenn Aminosäure-Veränderungen innerhalb des Substratsbindungsbereiche des Enzyms durchgeführt werden (Seite 5, Zeilen 26 bis 28). Daher bestand die Aufgabe der Erfindung darin, mutierte Proteasen zu Verfügung zustellen, die gegenüber der ursprünglichen Protease verbesserte Hautverträglichkeit aufweisen und in kosmetischen Produkten, insbesondere Körperreinigungs- und pflegemittel sowie Mundpflegemittel eingesetzt werden können (Paragraph 0014).

3.7 Nach D12 müssen die eingesetzten Proteaseenzyme insbesondere bei Kontakt mit menschlichem oder tierischem Gewebe verträglich sein, ohne eine übermäßige Toxizität, Unverträglichkeit, Instabilität, Irritation oder allergische Reaktion auszulösen (Seite 47, Zeilen 14 bis 18). Bei der Entwicklung von Mund- und Zahnpflegemittel nach D12 denkt der Fachmann daher automatisch an Verträglichkeiten des Subtilisins mit der Mundschleimhaut. Damit bestehen aber auch enge Berührungspunkte zwischen dem Streitpatent und der Entgegenhaltung D12 im Hinblick auf die Aufgabenstellung.

3.8 Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im allgemeinen darauf an, dass seine Lösung auf den gleichen Zweck beziehungsweise dieselbe oder eine ähnliche Wirkung wie die Erfindung gerichtet ist und die wenigsten strukturellen und funktionellen Änderungen erfordert (Rechtsprechung, supra, I.D.3.1).

Daher erfüllt das Dokument D12 alle Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an einen Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gestellt hat. Dies steht in Übereinstimmung mit der angegriffenen Entscheidung der Einspruchsabteilung (Punkt 4.1, letzter Absatz).

3.9 Aus dem vorstehenden ergibt sich, dass, wenn ein entgegengehaltener Stand der Technik (hier D12) als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht kommt, um zur Erfindung zu gelangen, diese Vorwegnahme nicht so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weitab von ihr liegt, das der Fachmann sie nicht bei der Erfindung berücksichtigt hätte.

3.10 Daher ist ein Disclaimer auf der Basis der Lehre der Entgegenhaltung D12 nach der Entscheidung G 01/03 (supra) nicht zulässig und verstößt gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

3.11 Bei dieser Sachlage braucht nicht noch untersucht zu werden, ob die Auswahl der Mutanten, die als Disclaimer vom Schutz ausgenommen sind, direkt und unmittelbar aus D12 abgeleitet werden können und/oder ob alle Varianten von D12 vom Schutz ausgeschlossen sind, die unter die beanspruchte Definition der Substrat-Bindungsregion des Moleküls fallen und/oder ob der Disclaimer die Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit nach Artikel 84 EPÜ erfüllt.

2. Hilfsantrag

4. Der neue Anspruch 1 geht auf die ursprünglichen und erteilten Ansprüche 1 und 8 zurück, wobei die Mutation S154E aus der Liste der Mutationen des ursprünglichen Anspruchs 8 gestrichen wurde, um den Neuheitseinwand gegenüber D12 auszuräumen. Die neuen Patentansprüche 2 bis 4 gehen auf die ursprünglichen und unterteilten Ansprüche 2, 3 beziehungsweise 9 zurück. In den neuen Ansprüchen 2 und 3 sind die Subtilisin-Proteasen weiter eingeschränkt. Gegen die Ansprüche 1 bis 4 wurden von den Beschwerdegegnerinnen keine Beanstandungen erhoben. Die Kammer sieht keine Gründe eine gegenteilige Auffassung zu vertreten.

4.1 Die neuen Patentanspruche 5 und 6, die auf die bisherigen Ansprüche 10 und 11 zurückgehen, sind als abhängige Ansprüche umformuliert worden. Hierbei nimmt Anspruch 5 auf "eine in den Ansprüchen 1 bis 3 definierte mutierte Protease von Subtilisin-Typ" Bezug. Die Beschwerdegegnerin 01 war der Auffassung, dass es keine Basis in der Anmeldung für die jetzt geltende Beschränkung und keine Rechtfertigung für die Schaffung von neuen Anspruchsabhängigkeiten gebe. Die Beschwerdegegnerin 02 hatte keine Bedenken gegen die Fassung des 2. Hilfsantrages.

4.2 Der erteilte und ursprüngliche Verfahrensanspruch 10 war unabhängig formuliert und enthielt außer Anspruch 11 keine abhängigen Ansprüche. Anspruch 10 enthielt jedoch die identische Definition der mutierten Protease vom Subtilisin-Typ wie der erteilte Anspruch 1.

4.3 Der erteilte Anspruch 1 ist auf eine Verwendung in kosmetischen Produkten gerichtet, während der erteilte Anspruch 10 auf ein Verfahren zur Herstellung von kosmetischen Produkten abzielt. Die erteilten Ansprüche 1 und 10 zielen daher beide auf die gleiche Tätigkeit ab, da sie den Einsatz der identischen Subtilisin-Proteasen in kosmetischen Produkten betreffen. Der Unterschied besteht nur darin, dass im Verfahrensanspruch ein Mischvorgang und nicht näher bestimmte weitere Inhaltsstoffe erwähnt sind. Da der Kern der Erfindung in beiden Anspruchskategorien gleich ist, ist eine klare Trennung zwischen Verwendungs- und Verfahrensanspruch im vorliegenden Falle nicht möglich. Der Verwendungsanspruch kann, da er nur auf "die Verwendung in kosmetischen Produkten" gerichtet ist, vielmehr als ein breit formulierter Verfahrensanspruch angesehen werden.

4.4 Im Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags wurde eine Beschränkung der mutierten Protease vorgenommen wurde, um einen Einwand nach Artikel 54 (2) EPÜ auszuräumen, so dass Regeln 57a EPÜ erfüllt ist. Es ist aber, sofern der Patentinhaber nicht auf die Verfahrensansprüche verzichten will, notwendig, das nicht nur der Verwendungsanspruch sondern auch das bisher unabhängige Verfahren zur Herstellung von kosmetischen Produkten entsprechend eingeschränkt wird. Die vorgenommene Einschränkung durch eine Rückbeziehung ist nach Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden, da der ursprüngliche Verfahrensanspruch 10 auch alle in den ursprünglichen Unterlagen verwendeten, eingeschränkten Subtilisin-Varianten umfasste (ursprüngliche Ansprüche 2 bis 8).

4.5 Beide Anspruchskategorien haben im vorliegenden Falle eine so große technische Affinität miteinander, dass eine Bezugnahme auf den jeweiligen gleichen Kern der Erfindung, d. h. auf die einzusetzende Protease-Varianten der Ansprüche 1 bis 3 in kosmetischen Produkten nach Artikel 84 EPÜ und Regel 57a EPÜ nicht zu beanstanden ist. Durch die Bezugnahme werden keine Unklarheiten geschaffen, da sie sich auf die gleichen, gemeinsamen wesentlichen Merkmale der Erfindung bezieht. Durch die Bezugnahme werden auch keine neuen Abhängigkeiten geschaffen, die nicht bereits in den ursprünglichen und erteilten Verwendungsansprüchen vorlagen. Ferner führt der Rückbezug im neuen Verfahrensanspruch 5 zu einer Einschränkung des erteilten unabhängigen Verfahrensanspruch 10 und ist daher nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.

4.6 Die Gegenstand des 2. Hilfsantrages erfüllt daher die Voraussetzungen nach Art. 84, 123 (2) und (3) sowie Regel 57a EPÜ und ist daher zulässig. Es wurden auch keine Neuheitseinwände von Seiten der Beschwerdegegnerinnen gegen den 2. Hilfsantrag vorgebracht. Die Kammer sieht derzeit keine Veranlassung eine gegenteilige Auffassung zu vertreten, möchte jedoch der abschießenden Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Neuheit nicht vorgreifen.

Zurückverweisung

5. Da die Entscheidung der Einspruchsabteilung darauf gestützt war, dass die der Entscheidung zu Grunde liegenden Anträge nicht zulässig waren, und diese Beanstandungen durch den zweiten Hilfsantrag ausgeräumt sind, und die Beschwerdegegnerinnen für einen solchen Fall die Zurückverweisung beantragt hatten, hält es die Beschwerdekammer für angemessen, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen, damit die Parteien Gelegenheit haben, ihr Vorbringen von zwei Instanzen überprüfen zu lassen. Die Einspruchsabteilung hat nunmehr die sachliche Prüfung auf der Basis des 2. Hilfsantrages durchzuführen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung auf Basis der Ansprüche 1 bis 6 gemäß dem am 24. September 2004 eingereichten 2. Hilfsantrag zurückverwiesen.

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