T 0711/04 (Trägerschale/EGO) of 12.7.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T071104.20050712
Datum der Entscheidung: 12 Juli 2005
Aktenzeichen: T 0711/04
Anmeldenummer: 96109730.0
IPC-Klasse: H05B 3/74
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Strahlungsheizkörpers und Strahlungsheizkörper
Name des Anmelders: E.G.O. Elektro-Gerätebau GmbH
Name des Einsprechenden: FAGOR, S. Coop
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 57a
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

Distanzierung vom in der ursprünglichen Offenbarung angegebenen Stand der Technik - nicht überzeugend angesichts fachnotorischer Sachkenntnis; siehe Ziffer 3.5. Der Entscheidung G 0009/91 Ziffer 11 folgend, darf im Beschwerdeverfahren ein Patentinhaber einen nicht angefochtenen abhängigen Anspruch gemäß Regel 57a EPÜ ändern; s. Ziffer 4.

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 750 444 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.

II. Die Einsprechende hatte ihren Einspruch im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ erhoben und hatte den Einspruch auf die Ansprüche 1 bis 5 und 7 bis 8 des Streitpatents beschränkt.

Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen von der Einsprechenden eingereicht:

D5: US 4 713 527 A;

D6: US 5 181 312 A:

D7: EP 0 644 707 A; und

D8: EP 0 618 399 A,

wobei die Dokumente D6 bis D8 außerhalb der Einspruchsfrist eingereicht wurden. Von diesen letzteren hatte die Einspruchsabteilung nur das Dokument D7 ins Verfahren zugelassen.

III. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 in der aufrechterhaltenen Fassung lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Strahlungsheizkörpers (11) mit einer Trägerschale (23) und einer darin eingelegten Wärmedämmschicht (15), die in einer gesonderten Form (12) als Tablette aus schüttbarem Wärmedämm-Material (31) mit im Wesentlichen ebener Oberfläche (18) gepresst wird, wobei auf der Oberfläche (18) ein Heizleiter (17) unter Teileinbettung des Heizleiters in das Wärmedämm- Material der Wärmedämmschicht befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, daß danach die Tablette als einstückige Wärmedämmung in die leere, aus Blech bestehende Trägerschale (23) eingelegt wird und im wesentlichen nur in ihrem Randbereich (28) direkt auf der aus Blech bestehenden Trägerschale (23) aufliegt."

"5. Strahlungsheizkörper (11) mit einer Trägerschale (23) und einer darin eingelegten Wärmedämmschicht (15), die aus einer aus dem Wärmedämm-Material in gesonderter Form gepressten Tablette besteht, auf der ein Heizleiter (17) unter Teileinbettung in das Wärmedämm-Material der Wärmedämmschicht befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die einstückige Wärmedämmschicht (15) im wesentlichen nur in ihrem Randbereich (28) direkt auf der aus Blech bestehenden Trägerschale (23) aufliegt."

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer reichte die Patentinhaberin geänderte Beschreibungsunterlagen ein. Die Parteien stellten die folgenden Anträge:

Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in geändertem Umfang gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung aufrechtzuerhalten.

Hilfsweise wurde von der Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Ansprüche:

Nr. 1 bis 3 des Hilfsantrags II, eingereicht mit Schreiben vom 4. November 2003

Beschreibung:

Spalte 1 und 2, eingereicht während der mündlichen Verhandlung

Spalte 3 bis 6 der Patentschrift

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 4 der Patentschrift.

Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf im Umfang des Einspruchs des europäischen Patents Nr. 0 750 444. Die Zurückweisung des Hilfsantrags der Patentinhaberin wurde ebenfalls beantragt.

V. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet wie folgt:

"1. Strahlungsheizkörper (11) mit einer Trägerschale (23) und einer darin eingelegten Wärmedämmschicht (15), auf der ein Heizleiter (17) unter Teileinbettung in das Wärmedämm-Material der Wärmedämmschicht befestigt ist, wobei die Wärmedämmschicht (15) aus einer aus dem Wärmedämm-Material in gesonderter Form gepreßten Tablette besteht, dadurch gekennzeichnet, daß die aus Blech bestehende Trägerschale (23) im Randbereich eine gegenüber ihrem Boden (24) erhöhte Auflageschulter (25) aufweist, auf der die die Wärmedämmschicht (15) bildende Tablette, ggf. mit einem entsprechenden Absatz (28) im wesentlichen nur in ihrem Randbereich (28) direkt aufliegt, während im Bereich des Bodens ein Abstand zwischen dem Boden (27) der Tablette und dem Boden (24) der Trägerschale (23) besteht."

VI. Die beschwerdeführende Einsprechende hat im Wesentlichen die folgenden Argumente vorgebracht:

a) Das verspätet eingereichte Dokument D6 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar und solle daher ins Verfahren zugelassen werden.

Der beanspruchte Gegenstand unterscheide sich von dem aus Dokument D6 bekannten nur dadurch, dass die Tablette nur im Randbereich auf der Trägerschale liege, während die in Figur 1 des Dokument D6 abgebildete Tablette 15 ganzflächig auf dem flachen Boden der Trägerschale 12 liege.

b) Entgegen der Meinung der Einspruchsabteilung sei am Prioritätstag des Streitpatents in der Fachwelt durchaus bekannt gewesen, dass der Boden einer gepressten Trägerschale aus Blech prozessbedingt konvex gewölbt sei. Es sei in der Tat extrem schwierig, eine Trägerschale mit einem flachen Boden aus gepresstem Blech herzustellen. Außerdem werde eine konvexe Wölbung des Bodens durch die Befestigung der Trägerschale an der Glaskeramikplatte weiter gefördert. Dieser Sachverhalt könne durch die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Beweismittel belegt werden.

c) Bei der Ausführung der Lehre des Dokuments D6 würde der Fachmann Trägerschalen verwenden, die einen konvex gewölbten Boden aufweisen. Jede inhärente konvexe Wölbung der Trägerschale führe dazu, dass die Tablette nur im Randbereich auf der Trägerschale liegen würde. Da die Tablette in dieser Lage auch bei thermischen Ausdehnungen stabil in der Trägerschale liege, habe der Fachmann keinen Grund weitere Maßnahmen zu ergreifen.

d) Weiter sei in der Entscheidung die Luftspalte zwischen der Tablette und der Trägerschale als zusätzlicher Vorteil hervorgehoben, da die Luftspalte eine zusätzliche Isolierung gegenüber der aus Blech bestehenden Trägerschale bringe. Da der beanspruchte Gegenstand auch Trägerschalen beinhalte, bei der die Böden Öffnungen aufweisen, so dass keine isolierende Luftschicht sich bilden könne, sei dieser Effekt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

VII. Die Beschwerdegegnerin/Patentinhaberin hat im Wesentlichen die folgenden Argumente vorgebracht:

a) Im Stand der Technik liege die Tablette stets vollflächig auf der Trägerschale, wobei die erfindungsgemäße Vorrichtung den weiteren Vorteil habe, dass sich eine Luftisolierschicht zwischen der Tablette und der Trägerschale bilde, die zu einer verbesserten Isolierung beitrage.

b) Bei gepressten Trägerschalen aus Blech sei es schwierig, einen absolut ebenen Boden zu bekommen, so dass der Boden üblicherweise gewölbt sei. Diese Wölbung könne allerdings in beiden Richtungen erfolgen, wie z. B. ein Milchtopf eine konkave Wölbung aufweise. Daher stünden dem Fachmann mehrere Möglichkeiten zu Verfügung, die nicht alle zum beanspruchten Gegenstand führen können.

c) Wäre nun die Trägerschale konvex nach außen gewölbt, wäre der Fachmann der Lehre des Dokuments D6 gefolgt, nach dem die Tablette vollflächig auf der Trägerschale zu liegen habe. Daher würde er die Unterseite der Tablette dementsprechend konvex gewölbt ausformen lassen, damit eine vollflächige Auflage der Tablette auf der Trägerschale erreicht werde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Verspätet vorgebrachte Dokumente

Die Dokumente D6 bis D8 wurden von der Einspruchsabteilung als verspätet angesehen, wovon sie nur das Dokument D7 in das Einspruchsverfahren zugelassen hatte.

Die Kammer lässt das Dokument D6 in das Verfahren zu, weil sie es für relevanter als die anderen im Einspruchsverfahren berücksichtigten Dokumente hält, da es als einzige Entgegenhaltung einen Strahlungsheizkörper offenbart, bei dem eine vorgefertigte, als Tablette gepresste Wärmedämmschicht in eine Trägerschale aus Blech eingelegt wird (vgl. Spalte 2, Zeilen 25 bis 45).

3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Das Dokument D6 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines Strahlungsheizkörpers für ein Glaskeramik- Elektrokochgerät, das eine Trägerschale 12 aus Blech und eine darin eingelegte Wärmedämmschicht 13, 15 aufweist (vgl. Figur 1, Spalte 2, Zeilen 25 bis 45). Die Wärmedämmschicht ist in Form einer Tablette mit im Wesentlichen ebener Oberfläche aus schüttbarem Wärmedämm-Material gepresst. Ein Heizleiter 16 kann in die Tablette 13 während der Verdichtung des Wärmedämm- Materials hineingepresst werden, d. h. der Heizleiter ist unter Teileinbettung in das Wärmedämm-Material der Tablette befestigt (vgl. Spalte 3, Zeilen 56 bis 62). Nachdem der Heizleiter an der Tablette befestigt ist, wird die Tablette in die (leere) Trägerschale 16 eingelegt (vgl. Spalte 2, Zeilen 42 bis 45).

3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag unterscheidet sich daher von dem aus Dokument D6 bekannten nur dadurch, dass die Tablette im Wesentlichen nur in ihrem Randbereich direkt auf der aus Blech bestehenden Trägerschale aufliegt, während in Dokument D6 die Tablette nach Figur 1 offensichtlicht ganzflächig auf der Trägerschale aufliegt.

3.3 Gemäß der in der Patentschrift genannten Aufgabenstellung sollte mit der Erfindung ein Strahlungsheizkörper geschaffen werden, bei dem eine sichere und kippfreie Anbringung der Wärmedämmschicht in der Trägerschale sichergestellt wird (vgl. Patentschrift, Absatz 0013).

3.4 Die Patentinhaberin führte aus, dass zusätzlich zu der sicheren und kippfreien Anbringung der Wärmedämmschicht das beanspruchte Verfahren zu einer verbesserten Isolation führe, da eine zusätzliche Luft-Isolierschicht zwischen der Wärmedämmschicht und der Trägerschale entstehe (vgl. Punkt VII a) oben sowie die Patentschrift, Absatz 0012).

Wie die Einsprechende zutreffend bemerkt hat, schließt der Gegenstand des Anspruchs 1 auch Trägerschalen ein, die keinen geschlossenen Boden aufweisen, so dass keine wirksame Luft-Isolierschicht zwischen Wärmedämmschicht und Trägerschale entstehen kann (vgl. Punkt VI b) oben). Daher kann dieser zusätzliche Effekt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.

3.5 In der Patentschrift wurde ausgeführt, dass die als Blechteller hergestellten Trägerschalen meist einen von Natur aus konvexen Boden hätten (vgl. Absatz 0010), so dass dieses Phänomen -ein meist konvexer Boden bei Trägerschalen aus gepresstem Blech- als durchaus bekannt zu betrachten sei. Während des Einspruchsverfahrens hatte die Patentinhaberin sich von dieser Aussage distanziert mit der Erklärung, sie beziehe sich auf firmeninterne Kenntnisse der Technik. Daher gehöre die in der Patentschrift erwähnte Aussage nicht zum allgemeinen Fachwissen. Diese Erklärung der Patentinhaberin wurde auch von der Einspruchsabteilung anerkannt.

3.5.1 Die Kammer vermag jedoch diese Meinung nicht zu teilen, da die konvexe Wölbung der Böden eine herstellungsbedingte Eigenschaft ist, und daher von der Fachwelt als allgemein bekanntes Phänomen betrachtet wird. Vielmehr müssen besondere Maßnahmen ergriffen werden, um einen flachen oder einen konkav gewölbten Boden der gepressten Trägerschale zu erzeugen, wie bei dem von der Pateninhaberin erwähnten Milchtopf, die einen konkaven Boden aufweist (vgl. Punkt VII b) oben). Diese Ausführung des Bodens wird allerdings absichtlich erzeugt, damit der Milchtopf stabil und kippfrei auf einer flachen Unterlage stehen kann.

3.5.2 Die Einsprechende hat in diesem Zusammenhang zahlreiche Beweismittel mit der Beschwerdebegründung eingereicht (vgl. Punkt VI b) oben). Da die Kammer in dieser Frage ohnehin zugunsten der Einsprechenden entschieden hat, brauchen sie nicht berücksichtigt zu werden.

3.6 Der Fachmann, der vor der Aufgabe steht, die Anbringung der Wärmedämmschicht in der Trägerschale des aus Dokument D6 bekannten Strahlheizkörpers stabil und kippfrei zu gewährleisten, wird daher aufgrund allgemeinen Fachwissens erkennen, dass der Boden einer gepressten Trägerschale herstellungsbedingt nicht vollkommen flach ist sondern eine mehr oder weniger konvexe Wölbung aufweist. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist die Kammer auch der Auffassung, dass der Fachmann sofort erkennen würde, dass die als Tablette geformte Wärmedämmschicht stabil und kippfrei in einer solchen Trägerschale mit konvexem Boden liegt, ohne dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.

3.7 Die Patentinhaberin argumentierte in diesem Zusammenhang, dass der Boden einer gepressten Trägerschale je nach den Herstellungsbedingungen nicht nur konvex sondern auch konkav gewölbt sein könnte. Daher sei es nicht selbstverständlich, dass der Fachmann ohne weiteres zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen würde (vgl. Punkt VII b) oben).

Wie oben dargelegt, ist die Kammer erstens der Auffassung, dass eine konkave Wölbung des Trägerschalenbodens bei der Herstellung nur entstehen kann, wenn dies beabsichtigt ist, was hier jedoch nicht der Fall ist.

Zweitens würde der Fachmann sofort erkennen, dass nur ein konvex gewölbter Trägerschalenboden in Frage kommen könnte, um die Tablette stabil und kippfrei in der Trägerschale zu legen, da ein konkav gewölbter Boden für diesen Zweck offensichtlich ungeeignet ist.

3.8 Weiter argumentierte die Patentinhaberin, der Fachmann ziehe aus Figur 1 des Dokuments D6 die technische Lehre, dass die Tablette vollflächig auf der Trägerschale liegen müsse. Wäre nun die Trägerschale konvex nach außen gewölbt, hätte der Fachmann gemäß der Lehre des Dokuments D6 die Unterseite der Tablette einsprechend konkav gewölbt ausformen lassen, damit die Tablette auch vollflächig auf einer konvexen Trägerschale liege (vgl. Punkt VII c) oben).

Die Kammer kann der Patentinhaberin nicht zustimmen, dass aus Figur 1 des Dokuments D6 die allgemeine technische Lehre zu entnehmen sei, die Tablette stets vollflächig auf die Trägerschale zu legen. Da die Zeichnungen einer Patentschrift nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich als schematisch und nicht maßstabgetreu zu betrachten sind (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 4. Auflage 2001, Kapitel I.C.2.6), müsste die technische Funktion und Bedeutung der vollflächigen Auflage der Tablette auf der Trägerschale für den Fachmann aus den Zeichnungen ableitbar sein, oder die technische Lehre müsste durch einen entsprechenden Hinweis in der Beschreibung untermauert werden. Die Kammer kann im vorliegenden Fall keinen Hinweis sehen, dass eine dieser beiden Voraussetzungen erfüllt ist.

Vielmehr sieht die Kammer, dass der Fachmann das Anstreben eines vollflächigen Kontakts zwischen der Tablette und der Trägerschale für wenig sinnvoll halten würde, da erstens die Form jeder Tablette aufwendig nach der genauen Wölbung der jeweiligen Trägerschale angepasst werden müsste. Zweitens wäre zu erwarten, dass die aus Blech hergestellte Trägerschale und das als Tablette gepresste Wärmedämm-Material unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten aufweisen. Daher könnte eine vollflächige Auflage der Tablette auf einer konvexen Trägerschale unter allen Betriebsbedingungen nur erhalten werden, wenn thermisch erzeugte mechanische Spannungen zwischen der Tablette und der Trägerschale in Kauf genommen werden.

Da Dokument D6 keine ausdrückliche Lehre vermittelt, dass eine vollflächige Auflage wesentlich für die einwandfreie Funktion des Heizstrahlkörpers wäre, würde der Fachmann nicht bereit sein, diese oben genannten Nachteile hinzunehmen.

3.9 Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

4. Hilfsantrag

4.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag ergibt sich aus einer Kombination der Ansprüche 5 und 6 in der erteilten Fassung mit der zusätzlichen Angabe, dass die Trägerschale "aus Blech" ist. Das letztere Merkmal ist in der veröffentlichten Anmeldung auf Spalte 4, Zeilen 50 bis 58 offenbart.

In der Einspruchsfrist wurden lediglich die Ansprüche 1 bis 5, 7 und 8 angefochten. Somit liegt - mindestens formell - der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag außerhalb des Umfangs des eingelegten Einspruchs.

4.2 Die Einsprechende hat vorgetragen, dass der Hilfsantrag nicht zulässig sei, da das Hinzufügen des Merkmals "aus Blech bestehende Trägerschale" in Anspruch 1 nicht durch einen der Einspruchgründe nach Artikel 100 EPÜ veranlasst worden sei.

4.3 Nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 9/91 (ABl EPA 1993, 408) wird der rechtliche und faktische Rahmen des Einspruchs durch den Umfang des eingelegten Einspruchs festgelegt, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Streitpatents durchzuführen ist (vgl. Entscheidungsgründe, Pkt. 6).

Daher stellt sich die Frage, inwieweit die Patentinhaberin einen nicht eingesprochenen Patentanspruch im Einspruchsverfahren überhaupt ändern darf, da der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 auch ohne das im Einspruchsverfahren zugefügte Merkmal "aus Blech" außerhalb des Umfangs des Einspruchs liegt, und inwieweit die Kammer befugt ist, diesen Anspruch zu prüfen.

4.4 Nach der Entscheidung G 9/91 ist das EPA und damit die Kammer grundsätzlich nicht befugt, einen Anspruch auf Patentierbarkeit gemäß den Artikeln 101 und 102 EPÜ zu prüfen, wenn der Gegenstand des Anspruchs außerhalb des Umfangs des Einspruchs liegt (vgl. Entscheidungsgründe, Pkt. 10 und Entscheidungsformel). Zu der Frage, inwieweit ein Patentinhaber einen nicht eingesprochenen Patentanspruch im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren ändern kann, macht die Entscheidung G 9/91 keine Aussage. Es wird lediglich der rechtliche und faktische Rahmen festgelegt, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Streitpatents durchzuführen ist. Diesen Prinzipien folgend dürfte auch der Patentinhaber selber keine Änderungen vorschlagen, da der Gegenstand eines nicht eingesprochenen Patentanspruchs keinem "Einspruch" im Sinne der Artikel 101 und 102 EPÜ und auch keinem "Verfahren" im Sinne der Artikel 114 und 115 EPÜ unterliege (s. Pkt. 10 der Entscheidungsgründe).

4.5 Die Grosse Beschwerdekammer stellte aber auch fest, dass dieses Grundprinzip nicht unmittelbar anwendbar ist, wenn nur abhängige Ansprüche (Unteransprüche) außerhalb des Umfangs des Einspruchs liegen, so dass solche abhängigen Gegenstände durch den Einspruch implizit mit abgedeckt seien (s. Pkt. 11 der Entscheidungsgründe).

Diese Ausnahme für Unteransprüche ist nach Auffassung der Kammer auch dadurch völlig begründet, dass ein Unteranspruch, der mit einem Hauptanspruch kombiniert wird, und als neuer Hauptanspruch beantragt wird, formell und sachlich geprüft werden muss, damit festgestellt werden kann, ob der Schutzumfang bei der Zusammenlegung der Ansprüche tatsächlich nicht erweitert wurde. Dies zeigt auch, dass die theoretische Rechtskonstruktion der Entscheidung G 9/91, wonach ein Verfahren im Sinne der Artikel 114 oder 115 EPÜ nicht vorliegt, in diesem Fall unhaltbar ist. Ein Patentinhaber, der das Patent auf den Gegenstand eines nicht eingesprochenen Unteranspruchs beschränken möchte, hat in jedem Fall den nicht eingesprochenen Unteranspruch mit dem entsprechenden Hauptanspruch zu kombinieren. Daher wird der nicht eingesprochene Unteranspruch zwangsläufig geändert, auch wenn diese Änderung nur als Formalität erscheinen mag.

4.6 In der nach dem Entscheidungsdatum der G 9/91 in Kraft getretenen Regel 57a EPÜ wird über das Recht des Patentinhabers zur Änderungen des Patents im Einspruchsverfahren geregelt. Sie schreibt vor, dass unbeschadet Regel 87 EPÜ (Änderungen im Falle einer früheren europäischen Anmeldung oder eines älteren nationalen Rechts) Änderungen des Patents nur durch Einspruchsgründe nach Artikel 100 veranlasst werden können, auch wenn der betreffende Grund vom Einsprechenden nicht geltend gemacht worden ist. Durch die in Regel 57a EPÜ vorgesehene Möglichkeit, sich auf Einspruchsgründe zu berufen, die nicht im Einspruchsverfahren geltend gemacht worden sind, sind die Befugnisse des Patentinhabers im Falle eines im Umfang begrenzten Einspruchs auch nicht eingeschränkt.

Die Kammer ist daher der Auffassung, dass solche nicht eingesprochenen Unteransprüche auch gemäß Regel 57a geändert werden dürfen, insbesondere im Rahmen einer Änderung, die dazu führt, dass der betroffene Unteranspruch zu einem Hauptanspruch gemacht wird.

4.7 Zu der Frage der Befugnis der Kammer den vorliegenden Anspruch zu prüfen, wird in der Entscheidung G 9/91 auch betont, dass Änderungen der Ansprüche oder anderer Teile eines Patents, die im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vorgenommen werden, in vollem Umfang auf die Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ (z.B. des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ) zu prüfen sind (vgl. Pkt 19 der Entscheidungsgründe). Daher ergibt sich aus den oben erwähnten Grundsätzen der Entscheidung G 9/91, dass im vorliegenden Fall die im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen auch auf die Erfüllung der Erfordernisse der Regel 57a EPÜ von der Kammer zu prüfen sind.

4.8 Die Zulässigkeit nach Regel 57a EPÜ ist in diesem Fall zu bejahen, da, wie aus der Einspruchsakte hervorgeht, der Anspruchssatz gemäß dem Hilfsantrag mit dem Schreiben vom 4. November 2003 in Erwiderung auf einen Bescheid der Einspruchsabteilung eingereicht wurde. Die in Frage gestellte Änderung wurde eingeführt, um einen von der Einspruchsabteilung erhobenen Neuheitseinwand im Hinblick auf Dokument D7 auszuräumen.

Zudem ist auch unbestritten, dass das Merkmal "aus Blech" den beanspruchten Gegenstand vom Dokument D7 abgrenzt.

4.9 Zu der weiteren Prüfung der vorgenommenen Änderung auf die Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ stellt die Kammer fest, dass das begrenzende Merkmal "aus Blech" unstrittig in der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung offenbart ist (vgl. Punkt 4.1 oben), und dass es den Gegenstand des Anspruchs 1 deutlich definiert. Somit erfüllt das in Anspruch 1 zugefügte Merkmal "aus Blech" die Erfordernisse der Artikel 84, 123 (2) und (3) EPÜ.

4.10 Es ist auch unstrittig, dass der Schutzumfang des Anspruchs 1 völlig innerhalb des Schutzumfangs des Anspruchs 6 in der erteilten Fassung liegt, der nicht Gegenstand des Einspruchs war. Da die Gültigkeit nicht durch die vorliegenden Dokumente prima facie in Frage gestellt wird, soll Neuheit und erfinderische Tätigkeit nicht weiter geprüft werden (vgl. G 9/91, Pkt. 11 der Entscheidungsgründe).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in der folgenden Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Spalte 1 bis 2 eingereicht in der mündlichen Verhandlung

Spalte 3 bis 6 der Patentschrift

Ansprüche:

1 bis 3 gemäß Hilfsantrag II vom 4. November 2003

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 4 der Patentschrift.

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