European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T045504.20070419 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 April 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0455/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98118849.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09B 67/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Überführung von halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten in eine für die Anwendung geeignete Pigmentform | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Clariant Verwaltungsgesellschaft mbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Interpretation der Ansprüche Erfinderische Tätigkeit (nein) - nahliegende Lösung der technischen Aufgabe In der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hilfsanträge - nicht zugelassen |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 909 795 widerrufen wurde, Beschwerde eingereicht.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent angegriffen worden aufgrund mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 (a) EPÜ) und aufgrund mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 100 (b) EPÜ) des Gegenstands der Ansprüche.
II. Die Grundlage der angefochtenen Entscheidung waren die Ansprüche 1 bis 5 des Patents in der erteilten Fassung. Der einzige unabhängige dieser Ansprüche lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Überführung von halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten mit einem Chlorgehalt von 4 bis 50,3 Gew.-% in eine für die Anwendung geeignete Pigmentform, dadurch gekennzeichnet, daß man das Rohpigment in der Wärme in Gegenwart eines Kupferphthalocyaninderivats aus der Gruppe der Kupferphthalocyaninsulfonsäuren und -carbonsäuren und deren Alkalimetall-, Ammonium- und Alkylammoniumsalzen, der aminosubstituierten und aminomethylierten Kupferphthalocyanine und deren Umsetzungsprodukten mit Alkylierungsmitteln, Sulfonsäuren, Sulfonsäurechloriden und Carbonsäurechloriden, der imidomethylen- und amidomethylensubstituierten Kupferphthalocyanine, der alkyl-, aryl- und cyanosubstituierten Kupferphthalocyanine und der hydroxy- und alkoxysubstituierten Kupferphthalocyanine, gewünschtenfalls in Anwesenheit von Wasser, mit einer bei Arbeitstemperatur in flüssiger Form vorliegenden, aciden organischen aromatischen Verbindung der allgemeinen Formel I
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
in welcher X Hydroxy oder Carboxy bedeutet und der Benzolring D zusätzlich bis zu zwei gleiche oder verschiedene Substituenten aus der Gruppe Nitro, C1-C4-Alkyl, C2-C4-Alkenyl, Chlor und Brom tragen kann und benzoanneliert sein kann, behandelt."
III. Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren wurden unter anderem die folgenden Dokumente herangezogen:
(D1) EP-A-0 574 790.
(D2) GB-A-1 039 489.
(D3) EP-A-0 182 207.
(D4) EP-A-0 538 784.
IV. In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung die Auffassung, dass der Gegenstand der Ansprüche neu und ausführbar sei, jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe gegenüber der Lehre des Dokuments (D2) als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit der im Dokument (D4) enthaltenen Offenbarung.
V. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer verteidigte die Beschwerdeführerin das Patent in der erteilten Fassung als Hauptantrag und legte die Hilfsanträge 1 und 2 vor mit jeweils fünf Patentansprüchen.
Die Kammer ließ diese Hilfsanträge nicht zu.
VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte bezüglich des Hauptantrags, der Fachmann würde den vorliegenden Anspruch 1 so auslegen, dass die in dem Verfahren einzusetzenden halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmente ausschließlich chloriert seien, da ansonsten die Chlorgehaltsangaben in diesem Anspruch und im Absatz [0006] des angefochtenen Patents keinen Sinn ergäben.
Sie hielt Dokument (D2) für den nächstliegenden Stand der Technik. Sie gab jedoch zu bedenken, dass dieses Dokument über dreißig Jahre vor dem Priortätstag des angefochtenen Patents veröffentlicht worden war und der Stand der Technik darüber hinweggegangen sei. Dieses Dokument beschreibe die Behandlung von polyhalogenierten Kupfer-Phthalocyaninen mit o-Nitrophenolen, wobei jedoch keine Dispergatoren eingesetzt würden.
Die zu lösende Aufgabe gegenüber diesem Dokument sah sie in der Verbesserung der coloristischen Eigenschaften von halogenierten Phthalocyaninen. Diese Aufgabe werde tatsächlich gelöst, wie der mit dem Schreiben vom 24. Mai 2004 vorgelegte Versuchsbericht belege. Der Fachmann hätte zur Lösung nicht die Lehre des Dokuments (D4) herangezogen, da dieses keine halogenierten Phthalocyanine erwähne. Darüber hinaus würde im einzigen Beispiel von (D4), in dem ein (nicht halogeniertes) Phthalocyanin eingesetzt wurde, nicht mit organischem Lösungsmittel behandelt.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) entgegnete, den Begriff "halogenierte Kupferphthalocyanin-Rohpigmente" im vorliegenden Anspruch 1 würde der Durchschnittsfachmann so interpretieren, dass auch gemischthalogenierte Pigmente dazuzählten, da solche aus Dokument (D2) bekannt seien, und weil "Pigment Green 36" (Chlorgehalt: 7,8 Gewichtsprozent; Bromgehalt: 56,5 Gewichtsprozent) industriell angewendet würde. Dokument (D2) beschreibe auch Pigmente mit einem Chlorgehalt wie im angefochtenen Patent beansprucht. Dokument (D4) lehre generell, dass die Oberflächenmodifizierung von Pigmenten mit Dispergatoren zu Pigmenten mit hervorragenden coloristischen und rheologischen Eigenschaften führe. Der ihrem Brief vom 6. Dezember 2004 beigelegte Versuchsbericht belege, dass die angestrebte Verbesserung der coloristischen Eigenschaften nicht für bromierte niedrigchlorierte Kupfer-Phthalocyanine erreicht werde.
Im Übrigen erklärte die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung, dass sie den Neuheitseinwand und den Einwand gemäß Artikel 100 (b) EPÜ nicht weiterverfolge.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten, hilfsweise auf Grundlage der Ansprüche des in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2007 vorgelegten Hilfsantrags 1 oder 2.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Auslegung der Ansprüche
2.1 Der vorliegende Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zur Behandlung "von halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten mit einem Chlorgehalt von 4 bis 50,3 Gew. - %".
Der Begriff "halogeniert" ist nicht auf "chloriert" beschränkt, sondern umfasst u.a. auch "bromiert".
Auch in der Beschreibung des angefochtenen Patents werden lediglich die Begriffe "halogeniert", "Halogenierung" oder dergleichen verwendet, die eine Bromierung nicht ausschließen (siehe Seite 2, Zeilen 3, 5, 18, 20-21 und 25; Seite 3, Zeile 6; und Seite 5, Zeile 42)
Außerdem wird als Stand der Technik zur "Lösungsmittelbehandlung von polyhalogenierten Kupferphthalocyaninen" in der vorliegenden Beschreibung unter anderem ausgegangen vom Dokument DE-A-12 42 180 (die prioritätsbegründende Anmeldung des Dokuments (D2))(siehe Absatz [0004] des angefochtenen Patents). Dieses Dokument und (D2) betreffen die Behandlung von halogenierten Kupferphthalocyaninen, die sowohl chloriert als auch bromiert sind (siehe (D2), Seite 2, Zeilen 28-40).
2.2 Die Beschwerdeführerin sah ihre Auffassung, dass gemäß dem angefochtenen Patent eine Halogenierung ausschließlich als Chlorierung anzusehen sei, gestützt auf Seite 2, Zeilen 17-22 des Patents. Dort werden Kupferphthalocyanine "mit hohem Halogenierungsgrad (Chlorgehalt >= 38,5 Gew.-%, d.h. mindestens 10 Chloratome am CuPc-Gerüst)" und "anhalogenierte (d.h. z.B. einen Chlorgehalt < 38,5 Gew.-% aufweisende) Kupferphthalocyanin-Rohpigmente" einander gegenübergestellt.
2.3 Da jedoch einerseits bei zehn Chloratomen am Phthalocyaningerüst noch Platz für bis zu sechs Bromatome wäre, und andererseits diese Chlorgehalte lediglich beispielhaft genannt sind ("z.B."), wird der Fachmann das Wort halogeniert im vorliegenden Anspruch 1 nicht einschränkend als chloriert verstehen.
Das bedeutet, dass der vorliegende Anspruch 1 auch die Behandlung von Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten einschließt, die sowohl chloriert als auch bromiert sind.
3. Neuheit und Ausführbarkeit
Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass der Gegenstand der Ansprüche neu und ausführbar ist. Auch die Beschwerdeführerin hielt ihre Einwände mangelnder Neuheit und mangelnder Ausführbarkeit nicht mehr aufrecht.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ ist nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern bei Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes der nächstliegende Stand der Technik festzustellen, demgegenüber die Aufgabe zu ermitteln, die erfindungsgemäß gelöst wird, und schließlich die Frage zu klären, ob die vorgeschlagene Lösung dieser Aufgabe für den Fachmann angesichts des Standes der Technik nahelag.
4.2 Die Kammer betrachtet im Einklang mit den Parteien Dokument (D2) als nächstliegenden Stand der Technik.
Dieses Dokument strebt wie das angefochtene Patent die Überführung von halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten in coloristisch hochwertige Pigmentformen an (siehe (D2), Seite 1, Zeilen 9-17 und 35-40; vergleiche Absatz [0006] des angefochtenen Patents). Es beschreibt wie der vorliegende Anspruch 1 die Behandlung der Rohpigmente mit den im vorliegenden Anspruch 1 definierten aromatischen organischen Verbindungen der Formel (i) bei erhöhter Temperatur (siehe (D2), Anspruch 1).
Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass das Dokument (D2) über dreißig Jahre vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents veröffentlicht wurde, und vorgetragen, ein derart alter Stand der Technik sei für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wenig relevant.
Das Dokument (D2) wurde jedoch auch in dem zwanzig Jahre später veröffentlichten Dokument (D3) aufgegriffen. Dieses Dokument zitiert die deutsche Prioritätsanmeldung zu (D2) und betrifft eine Verbesserung des im Dokument (D2) beschriebenen Verfahrens durch den Ersatz von o-Nitrophenolen durch saure aromatische Verbindungen, die wie o-Nitrophenol unter die Formel (i) des vorliegenden Anspruchs 1 fallen. Es trifft demnach schon nicht zu, dass die technische Entwicklung über die Lehre des Dokuments (D2) hinweggegangen sei.
4.3 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass sich mit dem von ihr beanspruchten Verfahren unter Verwendung lediglich chlorierter Kupferphthalocyanin-Rohpigmente im Vergleich zu der im Dokument (D2) geschilderten Methode farbstärkere Pigmente mit gleicher oder höherer Brillanz herstellen lassen (siehe die Tabelle auf Seite 7 des angefochtenen Patents und die mit Schreiben mit Datum vom 24. Mai 2005 eingereichten Vergleichsversuche).
Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 Vergleichsversuche vorgelegt, die zeigen, dass bei der Behandlung von Kupfer-Phthalocyaninen mit einem Chlorgehalt von 7,8 Gewichtsprozent und einem Bromgehalt von 56,5 Gewichtsprozent ("Pigment Green 36") gemäß dem vorliegenden Patent Einbußen an Farbstärke und Brillanz zu verzeichnen sind (siehe die Versuche 4a und 4b). Die Beschwerdeführerin hat diese Ergebnisse nicht bestritten.
Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Vorteil tritt somit nicht im ganzen vom angefochtenen Patent beanspruchten Bereich auf und kann daher nicht zur Definition einer zu lösenden Aufgabe herangezogen werden.
Im Hinblick auf den nächstliegenden Stand der Technik besteht die Aufgabe dann darin, ein Verfahren zur Überführung von halogenierten Kupferphthalocyanin-Rohpigmenten in eine für die Anwendung geeignete Pigmentform mit brauchbaren coloristischen Eigenschaften bereitzustellen.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 des angefochtenen Patents vorgeschlagen, nach dem die dort genannten Kupferphthalocyaninderivate als Dispergatoren eingesetzt werden.
Durch die Beispiele im angefochtenen Patent und die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Vergleichsversuche ist nachgewiesen, dass diese Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich in der vollen Breite der Ansprüche gelöst wird.
4.4 Schließlich ist zu ermitteln, ob die Lösung dieser Aufgabe mittels der in den vorliegenden Ansprüchen genannten Kupferphthalocyaninderivate naheliegend war.
4.5 Dokument (D2) enthält keinen Hinweis, dass in dem dort beschriebenen Verfahren Dispergatoren eingesetzt werden können. Daher kann der Fachmann allein aus der Lehre dieses Dokuments keine Anregung zur Lösung der oben geschilderten Aufgabe entnehmen.
4.6 Indes beschreibt Dokument (D4), dass durch Oberflächenmodifizierung organischer Pigmente aus der Klasse der Azo-, Anthrapyrimidin-, Anthanthron-, Chinacridon-, Perinon-, Diketopyrrolopyrrol-, Dioxazin-, Flavanthron-, Indanthron-, Isoindolinon-, Isoviolanthron-, Perylen-, Phtalocyanin-, Pyranthron- oder Thioindigopigmente mit Dispergatoren, die durch Reaktion von Hydroxymethylsaccharin oder Derivaten davon mit dem Pigment hergestellt werden können, Pigmentzubereitungen mit hervorragenden coloristischen und rheologischen Eigenschaften erhalten werden (siehe Seite 2, Zeile 28 bis Seite 3, Zeile 3; und Anspruch 1). Gemäß dem Beispiel 4a wird für die Oberflächenmodifizierung eines Pigments aus der Klasse der Phtalocyaninpigmente, nämlich eines nicht halogenierten Kupferphtalocyanin-Rohpigments, ein Dispergator eingesetzt, der durch Reaktion von Hydroxymethylsaccharin mit dem betreffenden Pigment hergestellt wurde. Allgemein können die Dispergatoren vor dem Finishprozess zugesetzt werden (siehe Seite 4, Zeilen 9-10).
4.7 Die Beschwerdeführerin hat eingewandt, dass das Dokument (D4) nicht die Behandlung von halogenierten Kupferphthalocyaninen schildert und gemäß Beispiel 4a die Modifizierung des Pigments ohne Lösungsmittel durchgeführt wurde, sodass der Fachmann die Lehre dieses Dokuments bei der Lösung der oben definierten Aufgabe nicht berücksichtigt hätte.
Die Lehre des Dokuments (D4) beschränkt sich jedoch keinesfalls auf die Behandlung des im Beispiel 4a eingesetzten nichthalogenierten Kupferphthalocyanins, sondern erstreckt sich ganz allgemein auf die Klasse der Phthalocyanin-Pigmente (siehe Anspruch 2). Zu dieser Klasse rechnet der Fachmann auch halogenierte Kupferphthalocyanin-Pigmente, beispielsweise solche, die im Verfahren gemäß Dokument (D2) eingesetzt werden (siehe auch Dokument (D1), zweite Zeile des Anspruchs 1 ("ein Phthalocyaninpigment") und Anspruch 10 ("halogenierte Kupferphthalocyaninrohpigmente")).
Bezüglich der Abwesenheit eines Lösungsmittels im Verfahren nach Beispiel 4a ist darauf hinzuweisen, dass im Verfahren gemäß Dokument (D2) als ein wesentliches Merkmal ein o-Nitrophenol als Lösungsmittel eingesetzt wird. Der Fachmann hatte also keinerlei Veranlassung, auf die Verwendung eines solchen Lösungsmittels zu verzichten, zumal auch in Dokument (D4) nichts auf einen solchen Verzicht hindeutet. Tatsächlich wird in den Beispielen 7b und 8a dieses Dokuments n-Butanol bzw. Isobutanol als Lösungsmittel verwendet.
Es besteht daher keine Veranlassung, das Dokument (D4) nicht zu berücksichtigen. Vielmehr hätte der Fachmann das Dokument (D4) bei der Lösung der Aufgabe zu Rate gezogen, ein Verfahren zur Herstellung von Kupferphthalocyanin-Pigmenten mit brauchbaren coloristischen Eigenschaften bereitzustellen, da Dokument (D4) sogar eine Verbesserung der coloristischen Eigenschaften bei Zusatz der dort beschriebenen Dispergatoren verhieß (siehe (D4), Seite 2, Zeilen 26-33).
4.8 Dokument (D4) musste daher den Fachmann, der sich, ausgehend von dem Stand der Technik gemäß Dokument (D2), zum Ziel gesetzt hat, die oben unter Punkt 4.3 definierte Aufgabe zu lösen, dazu anregen, hierzu Dispergatoren vor dem Finish-Prozess einzusetzen, die durch Reaktion von Hydroxymethylsaccharin mit einem Kupferphtalocyaninpigment hergestellt werden können und somit den nach dem Anspruch 1 des Streitpatents eingesetzten Kupferphtalocyaninderivaten der Formel II entsprechen (siehe insbesondere Anspruch 4 (gemäß dem A und B Reste der Formel - CH2NR**(3)R**(4) und R**(3) und R**(4) unter Ausbildung eines das Stickstoffatom sowie Carbonyl- oder Sulfonylgruppen enthaltenden benzannelierten, 5-gliedrigen Rings miteinander verbunden sein können) und Seite 4, Zeile 52 ("N-Saccharinyl)).
4.9 Das Verfahren nach Anspruch 1 ergibt sich daher in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Mit diesem Anspruch fallen auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche.
Daher beruht der Gegenstand dieser Ansprüche nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
5. Hilfsanträge 1 und 2
5.1 Die Hilfsanträge 1 und 2 wurden erst während der mündlichen Verhandlung eingereicht.
5.2 Diese Hilfsanträge unterscheiden sich vom Hauptantrag dadurch, dass im Anspruch 1 in der zweiten Zeile die Obergrenze für den Chlorgehalt der Kupferphthalocyanin-Rohpigmente von "50,3 Gew.-%" auf "< 38,5 Gew.-%" herabgesetzt wurde.
Ferner wurde im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 in der ersten Zeile das Wort "halogenierten" durch "anhalogenierten" ersetzt, während dieses Wort im Hilfsantrag 2 gestrichen wurde.
5.3 Falls die Hilfsanträge zugelassen worden wären, wäre zuerst zu untersuchen gewesen, ob die Änderungen den Artikeln 84 und 123(2) EPÜ entsprächen. Dabei käme man nicht an dem Umstand vorbei, dass gegenüber der erteilten Fassung im Anspruch 1 ein Wort ersetzt bzw. gestrichen wurde (siehe Punkt 5.2, oben), und ferner, dass auch dann eine Teilbromierung durch die vorgeschlagenen Änderungen nicht eindeutig ausgeschlossen wäre, weil die Obergrenze des Chlorgehalts noch Platz für die Anwesenheit von zusätzlichen Bromatomen bietet (siehe Punkt 2, oben). Auch könnte die Relevanz des von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsberichts in Frage gestellt werden (vollständige oder teilweise Halogenierung?), sodass ihr dann die Möglichkeit und die erforderliche Zeit zur Einreichung weiterer Vergleichsversuche zugestanden werden müsste (Artikel 113(1) EPÜ). Es war daher abzusehen, dass die Zulassung der beiden Hilfsanträge zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens geführt hätte.
5.4 Daher hat die Kammer von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, die Hilfsanträge 1 und 2 nicht zuzulassen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.