T 0438/04 () of 11.1.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T043804.20070111
Datum der Entscheidung: 11 Januar 2007
Aktenzeichen: T 0438/04
Anmeldenummer: 97930459.9
IPC-Klasse: B23C 3/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Fräsmaschine
Name des Anmelders: BOEHRINGER WERKZEUGMASCHINEN GmbH
Name des Einsprechenden: Gebr. Heller
Hegenscheidt-MFD GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - nein (Hauptantrag und Hilfsantrag 1); - ja (Hilfsantrag 2)
Neuer Hilfsantrag 1a, eingereicht während der mündlichen Verhandlung - nicht zugelassen
Zurückverweisung - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die am 13. Februar 2004 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 912 284 am 25. März 2004 zusammen mit einem Abbuchungsauftrag für die Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 23. Juni 2004 eingereicht.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

"Fräsmaschine zum Bearbeiten von Werkstücken mit zur Einspannung exzentrischen Stirnflächen bzw. Mantelflächen, z.B. von einer Kurbelwelle, mit

- einem Bett (20),

- zwei gegeneinandergerichteten Futtern (21, 22) zur Aufnahme des Werkstückes, von denen wenigstens eines mittels eines Spindelstockes (23) drehend antreibbar und positionierbar (C1-Achse) ist,

- einem quer zur Z-Achse bewegbaren Werkzeug-Support (25), welcher einen drehend antreibbaren Fräser trägt sowie

- einer Steuerung (35),

wobei

- mehrere Werkzeugsupporte (25, 26) vorhanden sind, welche unabhängig voneinander sowohl hinsichtlich der Drehzahl ihres Fräsers als auch hinsichtlich der Bewegung in Querrichtung in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sind und

- die Steuerung (35) sowohl die Drehung des Werkstückes, als auch die Querbewegung der Werkzeugsupporte (25, 26) und Drehung der Fräser steuert."

II. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Meinung, das Dokument

D19: WO-A-96/39269,

welches zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) und (4) EPÜ gehöre, stehe dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neuheitsschädlich entgegen. Weiterhin führte die Einspruchsabteilung "der Vollständigkeit halber" in ihrer Entscheidung unter "weitere Bemerkungen" aus, dass Dokument

D14: DE-C-195 46 197

keinen Stand der Technik darstelle, wohl aber das zu der Entscheidung im Anhang angeführte inhaltsgleiche Dokument

D14a: WO-A-97/21513,

welches zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) und (4) EPÜ gehöre und die Merkmalskombination des Anspruchs 1 offenbare.

III. Mit der Beschwerdebegründung reichte der Beschwerdeführer drei Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 3 ein.

IV. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung teilte die Beschwerdekammer den Parteien als Ergebnis ihrer vorläufigen Prüfung u. a. mit, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur die Frage der Neuheit zu erörtern sei, da der Widerruf des Patents allein mit dem Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit begründet sei.

V. Am 11. Januar 2007 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, hilfsweise auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs 1, oder der mit Schreiben vom 23. Juni 2004 (Beschwerdebegründung) als Hilfsanträge 1 bis 3 überreichten Fassungen des Anspruchs 1.

Die Beschwerdegegner (Einsprechende I und II) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Anspruch 1 des neuen Hilfsantrags 1a lautet wie folgt:

"Fräsmaschine zum Bearbeiten von Werkstücken mit zur Einspannung exzentrischen Stirnflächen bzw. Mantelflächen, z.B. von einer Kurbelwelle, mit

- einem Bett (20),

- zwei gegeneinandergerichteten Futtern (21, 22) zur Aufnahme des Werkstückes, von denen wenigstens eines mittels eines Spindelstockes (23) drehend antreibbar und positionierbar (C1-Achse) ist,

- einem quer zur Z-Achse bewegbaren Werkzeug-Support (25), welcher einen drehend antreibbaren Fräser trägt sowie

- einer Steuerung (35),

wobei

- zwei Werkzeugsupporte (25, 26) mit je einem einseitig fliegend gelagerten Scheibenfräser vorhanden sind, welche unabhängig voneinander sowohl hinsichtlich der Drehzahl ihres Fräsers als auch hinsichtlich der Bewegung in Querrichtung in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sind, und

- die Steuerung (35) sowohl die Drehung des Werkstückes, als auch die Querbewegung der Werkzeugsupporte (25, 26) und Drehung der Fräser steuert, und

- die zwei Scheibenfräser von der gleichen Seite her am Werkstück angreifen, jedoch axial beabstandet sind und auf voneinander abgewandten Seiten an ihrem jeweiligem Support antreibbar gelagert sind, sodass diese beiden Scheibenfräser in axialer Richtung theoretisch soweit aneinander angenähert werden können, bis sich ihre Schneiden stirnseitig berühren."

Die Ansprüche 1 gemäß den anderen Hilfsanträgen (Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 23. Juni 2004) enthalten zusätzlich zum erteilten Anspruch 1 jeweils folgenden Wortlaut:

"die Futter (21, 22) zur Aufnahme einer Kurbelwelle (1) als Werkstück an dem stirnseitigen Endzapfen einerseits und dem stirnseitigen Endflansch andererseits ausgebildet sind" ("Hilfsantrag 1");

"die Linearführung in X-Richtung für die beiden Werkzeugsupporte (25, 26) in Z-Richtung fluchtend hintereinander liegen" ("Hilfsantrag 2");

"die Bewegungsbahn des Mittelpunktes des Scheibenfräsers (5,6) in Querrichtung nicht durch die Spindelachse verläuft" ("Hilfsantrag 3").

VII. Die Argumente des Beschwerdeführers, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

Eine positionierbare C-Achse des Futters bzw. der Werkstückspindel sei in D14a nicht ausdrücklich erwähnt. Obwohl bei D14a die Querbewegung der Fräser in Abhängigkeit von der jeweiligen Drehlage des Werkstücks erfolgen müsse, um die gewünschte exzentrische Kontur zu erzielen, sei hierfür keine C-Achse notwendig. Eine ganze Reihe von Möglichkeiten stünden dem Fachmann zur Verfügung, die ihm erlauben würden, die Werkzeugmaschine gemäß D14 ohne eine teure C-Achse herzustellen, wie z.B. eine mechanische feste Kopplung zwischen dem Werkstück und den Fräsern durch eine übliche Kurvenscheibe, oder ein hinterlegtes Ablaufprogramm für die Drehung des Werkstückes, beginnend von einer mittels eines festen Anschlags definierten Ausgangslage. D14a habe außerdem keine NC-Steuerung, da in dieser Drückschrift nur allgemein von einer Steuerung die Rede sei. Eine NC-Steuerung sei jedoch Voraussetzung zur Realisierung einer C-Achse. Darüber hinaus fordere Anspruch 1 des Streitpatents die Drehzahlsteuerung der Fräser in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung, und dies für alle vorhandenen Werkzeugsupporte, die gleichzeitig im Einsatz seien. D14a arbeite nach dem Master-Slave-Prinzip, bei dem an der "Master" Bearbeitungsstelle die Kurbelwellendrehzahl variiert werde, die Fräserdrehzahl jedoch nicht geregelt werde, zumindest nicht in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung. Daher sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu gegenüber D14a.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1a sei durch Hinzufügung von Merkmalen aus der Beschreibung eindeutig auf eine Fräsmaschine mit zwei Scheibenfräsern eingeschränkt worden.

In D14a seien zwar Spanfutter erwähnt, jedoch sei unklar, ob die darin gehaltene Kurbelwelle einerseits einen Endzapfen und andererseits einen Endflansch aufweise, an dem die Spannung erfolge. Denn in vielen Fällen weise die Kurbelwelle an beiden Enden einen Endzapfen auf, so dass keine besondere Ausbildung der Spannfutter für stark unterschiedliche Enden benötigt werde. Das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügte Merkmal sei daher aus D14a nicht bekannt.

Nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 seien in Blickrichtung der Z-Achse die X-Führungen fluchtend hintereinander angeordnet:

Beim Betrachten der X-Führungen in Blickrichtung der Z-Achse müsse ein Versatz zwischen den Führungen weder in der Länge noch in der Höhe zu sehen sein. Eine solche Ausbildung der X-Führungen sei in D14a nicht erwähnt. Im Gegensatz deutete Figur 1 von D14a auf einen Versatz der X-Führungen hin.

VIII. In Antwort hierauf trugen die Beschwerdegegner im wesentlichen folgendes vor:

Für den Fachmann ergebe sich aus der Offenbarung von D14a unmittelbar, dass die Maschine eine numerische Steuerung und eine positionierbare Werkstückachse aufweise:

Der Fachmann würde die Realisierung der in D14a offenbarten, komplexen Fräsmaschine zur Bearbeitung einer Kurbelwelle, bei der aus Werkstück-, Werkzeug- und Schnittdaten unter Vorgabe eines Optimierungszieles Daten zur Steuerung der Maschine berechnet und die Werkzeuge auf mindestens einer Achse in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Werkstückes nachgeführt werden, ohne eine NC-Steuerung und eine C-Achse nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. In der Tat wäre eine solche Fräsmaschine nicht vernünftig machbar. Obwohl die Fräsmaschine gemäss D14a nach dem "Master-Slave-Prinzip" arbeite, könne jeder der Fräser die Slave-Funktion übernehmen, so dass dort jeweils die Drehzahl der Werkzeugsupporte in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sei. Darüber hinaus fordere der Anspruch 1 des Streitpatents nur eine solche Steuerung für mehrere Werkzeugsupporte, jedoch nicht unbedingt für alle Werkzeugsupporte.

Es sei nicht klar, ob die Fräsmaschine gemäss dem ersten Hilfsantrags nur zwei Werkzeugsupporte mit je einem einseitig fliegend gelagerten Scheibenfräser haben solle oder neben solchen auch andere Werkzeugsupporte vorhanden sein könnten, welche möglicherweise Fräser anderer Art enthielten.

Da der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 nicht angebe, wie die Futter zur Aufnahme der Kurbelwelle ausgestaltet seien, sondern nur deren Eignung zur Aufnahme eines Endzapfens bzw. eines Endflansches, sei eine unterschiedliche Ausbildung der Futter vom Wortlaut des Anspruchs 1 nicht zwingend gefordert. Daher sei auch der Gegenstand dieses Anspruchs aus D14a bekannt.

D14a offenbare, dass die Drehfräswerkzeuge nebeneinander zur gleichzeitigen Bearbeitung von Hubzapfen, Hauptlagerzapfen und/oder Wangen an einer Kurbelwelle eingesetzt werden. Es sei daher für der Fachmann klar, dass die X-Führungen von zwei nebeneinander angeordneten Werkzeugsupporten in Z-Richtung fluchtend hintereinander lägen. Dieses Merkmal sei auch der Figur 1 von D14a entnehmbar, wo kein Versatz zwischen den X-Führungen ersichtlich sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag (Patent wie erteilt)

2.1 Dokument D14a, welches zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) und (4) EPÜ gehört, offenbart unstrittig eine Fräsmaschine zum Bearbeiten von Kurbelwellen (siehe Fig. 1 und Seite 8, 1. Abs.), mit:

- einem Bett,

- zwei gegeneinandergerichteten Futtern (13, 14) zur Aufnahme des Werkstückes, von denen wenigstens eines mittels eines Spindelstockes drehend antreibbar ist,

- einem quer zur Z-Achse bewegbaren Werkzeug-Support (19), welcher einen drehend antreibbaren Fräser (15) trägt sowie

- einer Steuerung (siehe Ansprüche 1, 15, 16), wobei

- mehrere Werkzeugsupporte (19, 20, 23, 24) vorhanden sind, welche unabhängig voneinander hinsichtlich der Bewegung in Querrichtung in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sind (Seite 6, 1. Absatz: "jedes Werkzeug" wird "in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Werkstückes so nachgeführt…").

2.2 Bei der bekannten Fräsmaschine wird (siehe Anspruch 1 der D14a) die Werkstückdrehgeschwindigkeit im Hinblick auf eine optimale Zerspanungsbearbeitung eines Drehfräswerkzeuges ("Master-Vorgabe", siehe Seite 3, 3. Absatz) angepasst oder variiert und die Drehgeschwindigkeit des zweiten und jedes weiteren Drehfräswerkzeuges ("Slave") in Abhängigkeit der durch die Anpassung oder Variierung vorgegebenen Werkstückdrehgeschwindigkeit geregelt. Die Slave-Fräser sind daher unabhängig voneinander auch hinsichtlich der Drehung ihres Fräsers in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung (Werkstückdrehgeschwindigkeit) steuerbar. Die Slave-Fräser stellen somit mehrere Werkzeugsupporte dar, die unabhängig voneinander hinsichtlich der Drehung des Fräsers in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sind.

Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass die Drehung des Master-Fräsers nicht geregelt sei, zumindest nicht in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung. In der Tat wird gemäß der Lehre der D14a die Drehzahl des Master-Fräsers vorgegeben (siehe Seite 8, 2. Abs.: "das scheibenförmige Drehfräswerkzeug 15 um seine Mittelachse 31 mit konstanter oder variabler Drehzahl angetrieben"). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin fordert der Anspruch 1 des Streitpatents jedoch nicht, dass alle Werkzeugsupporte unabhängig voneinander hinsichtlich der Drehung des Fräsers in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar sind, sondern lediglich, dass mehrere derart steuerbare Werkzeugsupporte vorhanden sind. Darüber hinaus soll bei der bekannten Fräsmaschine (siehe Seite 4, 1. Abs.) nicht nur ein bestimmter Fräser als Master-Fräser ("als die Drehgeschwindigkeit des Werkstückes bestimmend") angenommen werden, sondern jeglicher anderer Fräser. Alle Werkzeugsupporte sind somit hinsichtlich der Drehung ihres Fräsers in Abhängigkeit von der Werkstückbewegung steuerbar. Ob im Betrieb eine solche Steuerung für alle Werkzeugsupporte gleichzeitig stattfindet, spielt dabei keine Rolle, weil Anspruch 1 des Streitpatents, der auf eine Vorrichtung und nicht auf ein Verfahren abstellt, dies nicht fordert.

2.3 Darüber hinaus schließt sich die Kammer der Auffassung der Einspruchsabteilung (Seite 5, 2. Absatz) an, dass eine positionierbare Werkstückachse (C-Achse), auch wenn in D14a nicht ausdrücklich erwähnt, vom Inhalt mitumfasst ist:

Gemäss der Lehre von D14a wird die Werkstückdrehgeschwindigkeit variiert (siehe Seite 11, 1. Abs. und Fig. 5). Gleichzeitig werden die Fräswerkzeuge in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Werkstückes nachgeführt. Das heißt, dass der Drehwinkel des Werkstückes während der Bearbeitung eine bekannte Grösse sein soll, und zwar unabhängig von der variablen Drehgeschwindigkeit des Werkstückes. Um dies in der Praxis zu ermöglichen, ist eine positionierbare Werkstückachse notwendig.

Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass hierfür andere Möglichkeiten bestünden. Obwohl solche Möglichkeiten theoretisch denkbar sind, würden sie nach Ansicht der Kammer in der Praxis von einem Fachmann keinesfalls in Erwägung gezogen. Die Ausführung der obengenannten komplexen Funktionen der Fräsmaschine nach D14a mit z.B. einer mechanischen festen Kopplung zwischen dem Werkstück und den Fräsern durch eine übliche Kurvenscheibe oder einem hinterlegten Ablaufprogramm für die Drehung des Werkstückes würde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers die mechanische Konstruktion der Maschine erheblich und unnötig verkomplizieren sowie Bearbeitungsungenauigkeiten verursachen, die in der Praxis für die in D14a als Werkstück offenbarte Kurbelwelle nicht akzeptabel wären.

2.4 Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D14a im Sinne des Art. 54 (3) und (4) EPÜ nicht neu.

3. Hilfsantrag 1a

Der neue Hilfsantrag wurde erst während der mündlichen Verhandlung und somit verspätet eingereicht. Gemäß Artikel 10b der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl. EPA 3/2003, S. 89 bis 98) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens der Beschwerdeführerin nach Einreichung ihrer Beschwerdebegründung zuzulassen. Bei der Ausübung des Ermessens sind insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie zu berücksichtigen.

In Ausübung dieses Ermessens entschied die Kammer, diesen Hilfsantrag 1a nicht zuzulassen. Der Anspruch 1 gemäß diesem Hilfsantrag ist mit Merkmalen aus der Beschreibung ergänzt worden, welche möglicherweise eine zusätzliche Recherche erforderlich machen. Darüber hinaus schaffen diese Änderungen neue, vorher nicht vorhandene Probleme hinsichtlich der Klarheit, welche die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 als nicht möglich erscheinen lassen. So ist insbesondere nicht klar (Artikel 84 EPÜ), ob die beanspruchte Fräsmaschine nur zwei Werkzeugsupporte mit je einem Scheibenfräser aufweisen soll, oder ob neben diesen auch weitere Werkzeugsupporte mit Fräsern andere Art vorhanden sein können.

4. Hilfsantrag 1

Anspruch 1 gemäß diesem Hilfsantrag enthält zusätzlich zum erteilten Anspruchswortlaut das Merkmal, dass die Futter zur Aufnahme einer Kurbelwelle als Werkstück an dem stirnseitigen Endzapfen einerseits und dem stirnseitigen Endflansch andererseits ausgebildet sind.

Dieses Merkmal bedeutet nicht, dass die Futter unterschiedlich ausgebildet sind, sondern nur, dass die Futter so ausgebildet sein müssen, dass sie zur Aufnahme einer Kurbelwelle als Werkstück an dem stirnseitigen Endzapfen einerseits und an dem stirnseitigen Endflansch andererseits geeignet sind. Da im Anspruch 1 weder die Art der Kurbelwelle noch ihre Grösse, insbesondere die Größe des Endzapfens bzw. des Endflansches definiert werden, beschränkt dieses Merkmal den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 lediglich darauf, dass die Futter zur Aufnahme von unterschiedlich dimensionierten Enden einer Kurbelwelle geeignet sein müssen. Das trifft auf die Futter der Fräsmaschine nach D14a jedenfalls zu, da sie notwendigerweise einen variablen Spannbereich aufweisen.

Somit ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber D14a im Sinne des Art. 54 (3) und (4) EPÜ nicht neu.

5. Hilfsantrag 2

5.1 Gegen den Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag bestehen keine formalen Einwände nach Artikel 123 EPÜ. Dieser Anspruch enthält außer dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 das Merkmal des erteilten Anspruchs 9 (vgl. Anspruch 23 der ursprünglich eingereichten Anmeldung), wonach die Linearführungen in X-Richtung für die beiden Werkzeugsupporte in Z-Richtung fluchtend hintereinander liegen.

5.2 Die Kammer kann sich der Auffassung der Beschwerdeführerin anschließen, dass die Linearführungen in X-Richtung für die beiden Werkzeugsupporte in Z-Richtung nur dann fluchtend hintereinander liegen, wenn in Blickrichtung der Z-Achse kein Versatz zwischen den Führungen zu sehen ist.

Eine solche Ausgestaltung der Linearführungen in X-Richtung ist D14a nicht zu entnehmen. Zwar ist dort offenbart (vgl. Anspruch 7), dass die Drehfräswerkzeuge nebeneinander angeordnet sind. Diese allgemeine Offenbarung ist jedoch für die spezifische Ausgestaltung gemäß dem Anspruch 1 nicht neuheitsschädlich, weil sie offen lässt, wie genau die Linearführungen in X-Richtung angeordnet sind. Auch wenn sie nebeneinander liegen, könnten sie z.B. in zwei unterschiedlichen Ebenen (also mit vertikalem Versatz) oder mit longitudinalem Versatz angeordnet sein. Auf diese Möglichkeiten deutet die von den Beschwerdegegnern hervorgehobene Ausführungsform nach Fig. 1 von D14a hin:

Zwar ist Fig. 1 lediglich als schematisch anzusehen, so dass sie keinen eindeutigen Schluss hinsichtlich der Anordnung der Linearführungen in X-Richtung für die nebeneinander angeordnete Werkzeugsupporte (19 und 23 bzw. 20 und 24) erlaubt. Da jedoch diese Werkzeugsupporte unterschiedliche Fräswerkzeuge, nämlich einen Scheibenfräser und einen orthogonalen Drehfräser tragen (siehe Seite 8, 1. Absatz), wird der Fachmann annehmen, dass dort die Anordnung der Linearführungen in X-Richtung unterschiedlich und keine fluchtende Anordnung in Z-Richtung ist.

Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D14a neu.

5.3 Auch D19 offenbart nicht das zusätzliche Merkmal des Anspruchs gemäß dem Hilfsantrag 2. In der Tat ist die jeweilige Fig. 1 von D19 und D14a identisch.

5.4 Auch keine der anderen im Verfahren genannten Entgegenhaltungen offenbart eine Fräsmaschine mit allen Merkmalen des Anspruchs 1, und die Beschwerdegegner haben die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 in Bezug auf diese weiteren Entgegenhaltungen auch nicht bestritten.

6. Zurückverweisung an die ersten Instanz, Art. 111 (1) EPÜ

Nachdem die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 gegeben ist und der von der Erstinstanz festgestellte Patenthinderungsgrund damit nicht mehr besteht, macht die Kammer von der Möglichkeit gemäß Artikel 111 EPÜ Gebrauch, die Anmeldung an die erste Instanz zurückzuverweisen, damit dort die Frage geklärt werden kann, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 im Lichte des zu berücksichtigenden Standes der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Mit dieser Frage hat sich die erste Instanz bislang nicht befasst, so dass schon aus diesem Grund eine Zurückverweisung geboten erscheint. Den Parteien soll ferner die Möglichkeit erhalten werden, die Sache auch bezüglich weiterer offener Fragen (u.a. die Gewährbarkeit der noch nicht vorgelegten Unteransprüche) in zwei Instanzen prüfen zu lassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zur Forstsetzung des Einspruchsverfahrens zurückverwiesen.

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