T 0375/04 () of 29.11.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T037504.20061129
Datum der Entscheidung: 29 November 2006
Aktenzeichen: T 0375/04
Anmeldenummer: 97923950.6
IPC-Klasse: E02F 9/12
E02F 9/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Drehwerksteuerung mit doppelseitiger Bremsung
Name des Anmelders: Brueninghaus Hydromatik GmbH
Name des Einsprechenden: Linde Aktiengesellschaft, Wiesbaden
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (zweiter Hilfsantrag: ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) hat am 12. März 2004 gegen die Zwischenentscheidung vom 14. Januar 2004, mit der die Einspruchsabteilung das Patent Nr. 0 904468 (auf der Basis der Internationalen Patentanmeldung PCT/EP97/02570 mit Veröffentlichungsnummer WO-A- 97/44536) in geändertem Umfang aufrechterhalten hat, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet.

Mit ihrer am 13. Mai 2004 eingegangenen Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung dieser Entscheidung und den Widerruf des Patents wegen mangelnder Neuheit und erfinderischen Tätigkeit beantragt.

II. Am 29. November 2006 fand eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Basis eines Hauptantrags (HaA) oder eines der zwei Hilfsanträge (HiA1, HiA2) beantragte (eingereicht als "Hilfsantrag A1" bzw. "Hilfsantrag Ia" am 27. Oktober 2006 und als "Hilfsantrag II" am 14. Mai 2005).

Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche dieser Anträge ist folgender:

a) Anspruch 1 des Hauptantrags (HaA):

"Vorrichtung mit einem Drehwerk und einer hydraulischen Steuerung zum Ansteuern des Drehwerks eines Baggers, mit einem hydraulischen Antriebskreislauf (2 - 4) mit einer Hydropumpe (2) und einem mit dem Drehwerk gekoppelten Hydromotor, sowie einer ersten und einer zweiten die Hydropumpe (2) mit dem Hydromotor verbindenden Arbeitsleitung (3, 4), einer Verstellvorrichtung (28) zum Verstellen eines zwischen zwei Stelldruckkammern (26, 27) angeordneten, auf das Verdrängungsvolumen der Hydropumpe (2) einwirkenden Stellkolbens (28a) in Abhängigkeit von der Druckdifferenz zwischen zwei Steuerleitungen (20, 21) und zumindest einem Bremsventil, das bei verschwindendem Steuerdruck in den Steuerleitungen (20, 21) den Rückfluss des Druckfluids aus den Stelldruckkammern (26,27) in den Druckfluid-Tank (10) drosselt,

dadurch gekennzeichnet,

dass jeder Verbindung zwischen jeder der beiden Stelldruckkammern (26; 27) mit dem Druckfluid-Tank (10) jeweils ein separates Bremsventil (24; 25) zugeordnet ist, wobei jedes der beiden Bremsventile (24; 25) durch eine Kraftdifferenz zwischen einer von dem Steuerdruck in der mit größerem Steuerdruck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) ausgeübten Stellkraft und einer von einem für jedes Bremsventil (24; 25) vorgesehenen Rückstellglied (80; 81) ausgeübten Rückstellkraft angesteuert wird."

b) Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags (HiA1):

"Vorrichtung mit einem Drehwerk und einer hydraulischen Steuerung ...(wie Anspruch 1 des Hauptantrags HaA, dadurch weiter gekennzeichnet),

dass die Bremsventile (24,25) in den Steuerleitungen (20,21) angeordnet sind und

dass zwischen den Bremsventilen (24,25) und den zugeordneten Stelldruckkammern (26,27) eine Nachsaugeeinrichtung (32) zum Nachsaugen von Druckfluid aus dem Druckfluid-Tank (10) vorgesehen ist."

c) Anspruch 6 des Hauptantrags HaA und

des ersten Hilfsantrags HiA1, sowie

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags HiA2:

"Hydraulische Steuerung, insbesondere zum Ansteuern des Drehwerks eines Baggers, mit einem hydraulischen Antriebskreislauf (2-4) mit einer Hydropumpe (2) und einem Hydromotor (5), sowie einer ersten und einer zweiten die Hydropumpe (2) mit dem Hydromotor (5) verbindenden Arbeitsleitung (3, 4), einer Verstellvorrichtung (28) zum Verstellen eines zwischen zwei Stelldruckkammern (26, 27) angeordneten, auf das Verdrängungsvolumen der Hydropumpe (2) einwirkenden Stellkolbens (28a) in Abhängigkeit von der Druckdifferenz zwischen zwei Steuerleitungen (20, 21) und zumindest einem Bremsventil, das bei verschwindendem Steuerdruck in den Steuerleitungen (20, 21) den Rückfluss des Druckfluids aus den Stelldruckkammern (26,27) in den Druckfluid-Tank (10) drosselt,

dadurch gekennzeichnet,

dass jeder Verbindung zwischen jeder der beiden Stelldruckkammern (26; 27) mit dem Druckfluid-Tank (10) jeweils ein separates Bremsventil (24; 25) zugeordnet ist, wobei ein erstes der beiden Bremsventile (24) durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der ersten Arbeitsleitung (3) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert wird und das zweite der beiden Bremsventile (25) durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der zweiten Arbeitsleitung (4) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert wird."

III. Folgende Entgegenhaltungen werden als relevant angesehen:

E1: DE-A- 41 16 649

E3: DE-A- 44 05 472

E4: W. Nimbler, "Schwerpunkte der Hydrostatik in Baumaschinen", Sonderdruck aus der VDBUM-Information, 1982.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat zur Stützung ihres Antrags im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

a) Die hydraulische Steuerung gemäß der E1, insbesondere deren Ausführungsbeispiel der Figur 6, weise sämtliche Merkmale der in Anspruch 1 von HaA definierten Steuerung gemäß Hauptantrag auf. Es sei weiter implizit in der E1 offenbart, dass die hydraulische Verstellpumpe nach E1 sich auch in einem geschlossenen Druckfluidkreis befinde und das von der Kolben-Zylinder-Vorrichtung gemäß Figur 6 ausscheidende Druckmedium auch in einen geeigneten Fluidtank zurückfließe.

Der Unterschied gegenüber E1 der in Anspruch 1 definierten Vorrichtung bestehe lediglich in der Anwendung bzw. in dem Einsatzbereich der Steuerung, nämlich dem Ansteuern eines Drehwerks eines Baggers bzw. dem Antreiben des Hydromotors dieses Drehwerks.

Außerdem sei aus E1 entnehmbar, dass jedes der beiden Bremsventile in einer jeweiligen Steuerdruckleitung angeordnet sei und die Steuerung gemäß Figur 4 der E1 auch Nachsaugevorrichtungen aufweisen könne.

Das in E1 angegebene Anwendungsbeispiel betreffe hydrostatische Getriebe für Fahrzeugantriebe. Der Fachmann erkenne, dass die aus E1 bekannte Steuerung auch in technisch benachbarten Gebieten einsetzbar sei, wie z.B. zum Steuern eines hydrostatischen Motors, welcher das Drehwerk eines Baggers antreibt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 von HaA wie auch des Anspruchs 1 von HiA1 könne somit auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhen.

b) Auch die Variante gemäß dem zweiten unabhängigen Anspruch 6 von HaA, unverändert als Anspruch 6 von HiA1 und als einziger unabhängiger Anspruch 1 von HiA2 weitergeführt, könne keine erfinderische Tätigkeit aufweisen.

Die gegenüber der gattungsgemäßen aus E3 bekannten Steuerung unterschiedlichen Merkmale:

- dass anstatt eines einzigen gemeinsamen Bremsventils jeweils ein separates Bremsventil für jede Stelldruckkammer vorgesehen ist und

- dass die Bremsventile nicht von einer Feder, sondern jeweils durch den Druck in einer der beiden Arbeitsleitungen des geschlossenen Kreislaufs beaufschlagt sind,

könnten in naheliegender Weise von der E1 (insbesondere von den Figuren 2 und 6 zusammen mit der Beschreibung, Spalte 2, Zeile 60 bis Spalte 3, Zeile 3) vom Fachmann herangezogen werden, falls z.B. ein unterschiedliches Abbremsverhalten je nach Drehrichtung und Last angestrebt werde.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat ihrerseits im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

a) Es fehle in E1 die Offenbarung eines geschlossenen hydraulischen Kreislaufs, in welchem die Verstellpumpe und ein Druckfluidempfänger (z.B. ein hydrostatisches Getriebe oder ein Hydromotor) eingeschlossen seien. Außerdem sei die Steuerung der E1 auf das spezielle Anwendungsgebiet der Fahrzeugantriebe gerichtet; es fehle jeder Hinweis auf andere mögliche Anwendungen und insbesondere auf das Ansteuern von Baggerdrehwerken. Ferner sei auch kein Druckfluid-Tank zum Auffangen des aus den Stelldruckkammern zurückfließenden Fluids in E1 offenbart.

In Figur 4 der E1 sei die Nachsaugevorrichtung in Form einer das Bremsventil umgehenden und dazu parallel geschalteten Leitung gestaltet, die aber bei der Wegnahme des Steuerdrucks durch die Durchflussstellung der Bremsventile im Betrieb nie aktiviert werde.

Somit könne der Fachmann, von der E1 ausgehend, die in Anspruch 1 des Hauptantrags wie auch des Hilfsantrags HiA1 definierte Vorrichtung nicht in naheliegender Weise herleiten.

b) Die Variante gemäß Anspruch 6 des Hauptantrags HaA und des Hilfsantrags HiA1 und gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags HiA2 sei gegenüber der Kombination E3 mit E1 erfinderisch.

Die Steuerung der E3 weise nur ein einziges Bremsventil auf, welches bei Wegnahme des Steuerdrucks und unabhängig vom möglichen am Drehwerk ausgeübten Widerstand sich immer in der Bremsstellung befinde. In der Steuerung nach der Figur 2 der E1 werden die Bremsventile stets aktiv gesteuert, indem sowohl das Beschleunigen wie auch das Abbremsen durch aktive Signale vom Bediener gesteuert werden. Der Fachmann erhalte somit keine Anregung, separate Bremsventile in der E3 vorzusehen, die so gesteuert sind, dass ihr Bremsverhalten automatisch vom Druck im geschlossenen hydraulischen Kreislauf und in Abhängigkeit von den von Außen auf den gesteuerten hydraulischen Antrieb ausgeübten Kräften beeinflusst wird. Damit könne das Bremsverhalten abhängig vom auf das Drehwerk einwirkenden Widerstand gesteuert werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Patentgegenstand - Anträge

2.1 Die Erfindung betrifft zwei alternative Ausführungsformen einer hydraulischen Steuerung wie in Figuren 1 bis 4 und 6, bzw. in Figur 5 ersichtlich.

Im Hauptantrag (HaA) wie auch im ersten Hilfsantrag (HiA1) sind beide Alternativen der Steuerung jeweils in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 6 definiert, wobei die Steuerung gemäß dem für beide Anträge gültigen Anspruch 6 insbesondere zum Ansteuern eines Drehwerks eines Baggers geeignet sein soll. Seinerseits betrifft der jeweilige Anspruch 1 der Anträge HaA und HiA1 nicht die Steuerung allein, sondern umfasst die Kombination aus einem Drehwerk eines Baggers und einer hydraulischen Steuerung zum Ansteuern des Drehwerks.

Im zweiten Hilfsantrag (HiA2) wurde die Erfindung in einem einzigen unabhängigen Anspruch 1 auf die zweite Variante, wie sie im unabhängigen Anspruch 6 des Hauptantrags HaA und des Hilfsantrags HiA1 definiert ist, eingeschränkt.

Das für beide Alternativen gemeinsame Merkmal der Erfindung besteht darin, dass jede Verbindung zwischen jeder der beiden Stelldruckkammern (26; 27) und dem Druckfluid-Tank (10) jeweils ein separates Bremsventil (24; 25) aufweist.

Darüber hinaus werden die alternativen Ansteuerungen der Bremsventile jeweils wie folgt definiert:

- Erste Alternative (Ansprüche 1 von HaA und HiA1):

jedes der beiden Bremsventile (24; 25) wird durch eine Kraftdifferenz zwischen einer von dem Steuerdruck in der mit größerem Steuerdruck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) ausgeübten Stellkraft und einer von einem für jedes Bremsventil (24; 25) vorgesehenen Rückstellglied (80; 81) ausgeübten Rückstellkraft angesteuert

(im folgenden Merkmal M1 genannt);

- Zweite Alternative (Ansprüche 6 von HaA und HiA1 sowie Anspruch 1 von HiA2):

ein erstes der beiden Bremsventile (24) wird durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der ersten Arbeitsleitung (3) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert und das zweite der beiden Bremsventile (25) wird durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der zweiten Arbeitsleitung (4) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert

(im folgenden Merkmal M6 genannt).

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden alternativen Ausführungsformen der Steuerung liegt darin, dass in der ersten Variante jedes Bremsventil durch eine vorgegebene Verstellkraft des Rückstellglieds beaufschlagt wird, während das Bremsventil gemäß der zweiten Variante durch den in den Arbeitsleitungen herrschenden Druck flexibler beaufschlagt werden kann, so dass die auf den Endverbraucher des hydraulischen Kreislaufs ausgeübten Widerstandskräfte das Bremsverhalten beeinflussen können.

2.2 Anträge - Änderungen

Im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wurde der beanspruchte Gegenstand lediglich auf die Kombination der im erteilten Anspruch 1 definierten Steuerung zusammen mit dem Drehwerk eines Baggers eingeschränkt.

In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag HiA1 wurden zusätzlich zwei Merkmale aufgenommen, welche in den erteilten Ansprüchen 11 und 12 enthalten waren.

Im zweiten Hilfsantrag HiA2 wurde der Erfindungsgegenstand auf die zweite Alternative, wie im zweiten erteilten unabhängigen Anspruch 6 definiert, eingeschränkt.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 sowie die Beschreibung wurden angepasst.

Die formellen Erfordernisse insbesondere im Hinblick auf Artikel 123 (2),(3) EPÜ sind also erfüllt.

3. Hauptantrag (HaA)

3.1 Stand der Technik nach E1

Der Stand der Technik nach E1 betrifft verschiedene hydraulische Steuerungen, wobei das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 der E1 sämtliche Merkmale der in Anspruch 1 definierten Steuerung aufweist.

Die hydraulische Steuerung gemäß Figur 6 (die Bezugszeichen wurden von den anderen Figuren übernommen) beinhaltet eine Hydropumpe (1) zum Antreiben einer hydrostatischen Maschine und insbesondere eines hydrostatischen Antriebs (siehe z.B. Spalte 1, Zeilen 5 bis 8). Die Hydropumpe (1) wird durch eine als Kolben-Zylinder-Vorrichtung (6,7) ausgebildete Differenzdruck-Verstelleinrichtung verstellt. Ferner sind die Stelldruckkammern der Kolben-Zylinder-Vorrichtung (6,7) jeweils mit einer Steuerleitung (2,8) verbunden, so dass der auf das Verdrängungsvolumen der Hydropumpe (1) einwirkende Stellkolben (6) in Abhängigkeit von der Druckdifferenz zwischen den zwei Steuerleitungen verstellt werden kann. In jeder Steuerleitung ist ein separates Bremsventil (3,9) angeordnet, das bei verschwindendem Steuerdruck in den Steuerleitungen (2,8) den Rückfluss des Druckfluids aus den Stelldruckkammern drosselt. Dieses rückfließende Druckfluid wird, auch wenn nicht explizit in E1 offenbart, bekanntlich in einen Druckfluid-Tank zurückfließen (in Spalte 2, Zeilen 55 bis 57: "ungehindert abfließen" was in der Hydraulik generell das Zurückfließen in den Tank bedeutet).

Jedes der beiden Bremsventile (3,9) ist durch eine Kraftdifferenz zwischen einer von dem Steuerdruck in der mit größerem Steuerdruck (mittels Wechselventil 12) beaufschlagten Steuerleitung (2,8) ausgeübten Stellkraft und einer von einem für jedes Bremsventil vorgesehenen Rückstellglied (Feder) ausgeübten Rückstellkraft angesteuert.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass es implizit aus der E1 bekannt ist, die Pumpe (1) in einem den hydraulischen Antrieb aufweisenden geschlossenen hydraulischen Kreislauf einzuordnen. Die E1 verfügt diesbezüglich über verschiedene Textstellen; so ist in Spalte 1, Zeilen 25 bis 35 und Spalte 3, Zeilen 55 bis 61, (was sich auf Figur 5, aber über den Verweis in Spalte 3, Zeilen 62 und 63 auch auf Figur 6 bezieht) beschrieben, dass das Beschleunigen und Abbremsen eines gesteuerten hydrostatischen Getriebes für Fahrzeugantriebe durch das Aus- bzw. Einschwenken der Verstellpumpe realisiert wird: "auf diese Weise schnell beschleunigen kann (...) und definiert abbremst" (Unterstreichen hinzugefügt). Der Begriff "auf diese Weise" gibt die klare Lehre, dass das Umschwenken der Verstellpumpe (1) unmittelbar auf das Hydrogetriebe wirken muss, was impliziert, dass die Pumpe zusammen mit dem Getriebe Teil eines geschlossenen hydraulischen Kreislaufs sein müssen. Somit kann dem Argument der Beschwerdeführerin, dass ein Abbremsen im Prinzip auch mit einer Betriebsbremse erreicht werden könnte und dass somit ein geschlossener Kreislauf in E1 nicht implizit sei, nicht gefolgt werden.

3.2 Der Unterschied der in Anspruch 1 definierten Vorrichtung gegenüber E1 besteht also in der Anwendung bzw. dem Einsatzbereich der Steuerung, nämlich für das Ansteuern eines Drehwerks eines Baggers bzw. für das Antreiben des Hydromotors dieses Drehwerks.

Die Hauptfunktion einer hydraulischen Steuerung ist es definitionsgemäß, eine hydraulische Maschine zu steuern. Dementsprechend gehört zu den üblichen Überlegungen eines Fachmannes auf dem Gebiet der hydraulischen Steuerungen generell die Frage, in welchen geeigneten Gebieten und Anwendungsbereichen eine bekannte Steuerung in technisch sinnvoller Weise einsetzbar sein könnte.

3.3 Das in E1 angegebene Anwendungsbeispiel betrifft hydrostatische Getriebe in einem Fahrzeugantrieb (siehe z.B. Verwendungsanspruch 11 der E1).

Ein hydrostatischer Motor, wie er z.B. für das Drehwerk eines Nutzfahrzeugs zum Einsatz kommen kann, ist mit dem Antrieb von hydrostatischen Getrieben technisch eng verwand, wobei beim Beschleunigen und Abbremsen der Bewegung vergleichbare Probleme auftreten, so dass der Fachmann die aus E1 bekannte Steuerung auch für die hydraulische Steuerung eines Drehwerks als geeignet betrachten würde.

Weder das allgemeine Aufbaukonzept der in E1 bekannten Steuerung noch deren zusammengesetzte Komponenten würden aus irgendeinem technisch nachvollziehbaren Grund dem Fachmann davon abraten, diese bekannte Steuerung zum Antreiben des Drehwerkmotors eines Baggers einzusetzen.

3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 von HaA beruht somit auf keiner erfinderischen Tätigkeit, so dass der Hauptantrag demzufolge nicht gewährbar ist.

4. Erster Hilfsantrag (HiA1)

Gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag HaA weist der Anspruch 1 nach Hilfsantrag HiA1 noch folgende zusätzliche Merkmale auf:

- die Bremsventile (24,25) sind in den Steuerleitungen (20,21) angeordnet und

- eine Nachsaugeeinrichtung (32) zum Nachsaugen von hydraulischem Fluid aus dem Fluidtank (10) ist zwischen den Bremsventilen (24,25) und den zugeordneten Stelldruckkammern (26,27) vorgesehen.

Das erste hinzugefügte Merkmal ist bereits aus E1 bekannt, wie z.B. im Ausführungsbeispiel der Figur 6 ersichtlich, wo jede Steuerleitung ein eigenes Bremsventil aufweist.

Das zweite zusätzliche, die Nachsaugevorrichtung einführende Merkmal betrifft eine ganz übliche Maßnahme auf dem Gebiet der hydraulischen Steuerungen. Es gehört zum allgemeinen Fachwissen, bei Bedarf, also an den Stellen einer hydraulischen Steuerung, wo Steuerfluid in Untermenge zeitweise vorhanden sein kann, eine sogenannte Nachsaugevorrichtung vorzusehen, welche eine angemessene Menge an hydraulischem Fluid nachfördern kann.

Genau diese Konstellation kann sich im Bereich der Stelldruckkammern einer Zylinder-Kolben-Stelleinrichtung ergeben, z.B. während der Rückführung des Kolbens in seine Neutralstellung und der dabei erfolgenden Veränderung der Kammervolumen. An bestimmten Stellen der Steuerungselemente könnten dann unerwünschte Kavitationseffekte auftreten. Der Fachmann wird, um Kavitation zu verhindern, eine an sich allgemein bekannte und in der Hydraulik regelmäßig eingesetzte Nachsaugeeinrichtung in die Steuereinrichtung so einfügen, dass Steuerfluid je nach Bedarf und relativ ungehindert in die Stellkammer nachfließen kann. Bei einer Steuerung mit einem Bremsventil in der Steuerleitung der Stelldruckkammer gemäß Figur 6 der E1 wird die hydraulische Verbindung der Nachsaugevorrichtung mit der Steuerleitung deshalb zwischen der Stelldruckkammer und dem zugeordneten Bremsventil vorzusehen sein.

Beide zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1HiA1 können somit keinen erfinderischen Beitrag leisten. Der erste Hilfsantrag HiA1 ist damit ebenfalls nicht gewährbar.

5. Zweiter Hilfsantrag (HiA2)

5.1 Nächstliegender Stand der Technik: E3

Die in E3 bekannte Steuerung wird sowohl von den Parteien wie auch von der Kammer als nächstliegender Stand der Technik angesehen.

Die Steuerung gemäß E3 besitzt einen hydraulischen Antriebskreislauf mit einer Hydropumpe (400 in Figur 3) und einem Hydromotor (18a in Figur 4), der das Drehwerk eines Baggers antreibt, sowie eine erste und eine zweite die Hydropumpe mit dem Hydromotor verbindende Arbeitsleitung (A und B). Weiter verfügt sie über eine Verstellvorrichtung 420 zum Verstellen eines zwischen zwei Stelldruckkammern angeordneten, auf das Verdrängungsvolumen der Hydropumpe einwirkenden Stellkolbens in Abhängigkeit von der Druckdifferenz zwischen zwei Steuerleitungen 403,405.

Schließlich ist ein einziges Bremsventil 412 vorgesehen, das bei verschwindendem Steuerdruck in den Steuerleitungen A,B den Rückfluss des Druckfluids aus den Stelldruckkammern in den Druckfluid-Tank drosselt, indem das Bremsventil 412 entgegen dem höchsten Steuerdruck (über das Wechselventil 410 ausgewählt) von dem in den Arbeitsleitungen A,B, anstehenden Druck (über das Wechselventil 436 ausgewählt) beaufschlagt ist. Dank des Bremsventils kann der Vorgang des Abbremsens des Drehwerks verzögert und feinfühliger gesteuert werden.

5.2 Unterschied - technische Aufgabe

Der im einzigen unabhängigen Anspruch 1 von HiA2 beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich von der E3 durch die kennzeichnenden Merkmale in der Weise,

- dass jeder Verbindung zwischen jeder der beiden Stelldruckkammern (26; 27) mit dem Druckfluid-Tank (10) jeweils ein separates Bremsventil (24; 25) zugeordnet ist,

- wobei ein erstes der beiden Bremsventile (24) durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der ersten Arbeitsleitung (3) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert wird und das zweite der beiden Bremsventile (25) durch die Druckdifferenz zwischen dem Arbeitsdruck in der zweiten Arbeitsleitung (4) und dem Steuerdruck in der mit größerem Druck beaufschlagten Steuerleitung (20, 21) angesteuert wird.

Diese Merkmalskombination ermöglicht es, das von der jeweiligen Stelldruckkammer in den Druckfluid-Tank rückfliessende Steuerfluid separat und in Abhängigkeit von äußeren Kräfteeinwirkungen dosieren bzw. drosseln zu können. Dieses Verhalten wird im Patent folgendermaßen erläutert: die Figur 3 (bei frei drehbarem Drehwerk) zeigt die Schaltung des Bremsventils 24, in welcher der Fluss des von der Steuerkammer 26 herausfliessenden Steuerfluids gedrosselt wird, so dass das Abbremsen verzögert wird; dagegen wird in Figur 4 (bei einem Drehwerk unter Widerstand) das Bremsventil 24 in die freie Durchflussstellung gebracht, so dass das aus der Steuerkammer 26 herausströmende Steuerfluid ungedrosselt zum Tank fließen kann, was die Verzögerungsphase des Bremsvorgangs erheblich verkürzt.

Diese Effekte führen zur technischen Aufgabe, die Steuerung allgemein zuverlässiger zu gestalten und die von außen wirkenden Umstände (wie bei einem auf das Drehwerk eingreifenden Kraftwiderstand, z.B. wenn der Bagger auf einer schiefen Ebene steht) für den Abbremsvorgang besser berücksichtigen zu können.

5.3 Nicht naheliegende Lösung

Die Beschwerdeführerin hat zur Lösung der gestellten Aufgabe die E1 herangezogen, dort insbesondere die Lehre von deren Figuren 6 und 2 und der Textstelle von Zeile 60 der Spalte 2 bis Zeile 3 der Spalte 3.

Der Fachmann hätte aber keine Anregung in E1 finden können, die in E3 bekannte Steuerung durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 von HiA2 zu ändern.

Möglicherweise hätte er noch die allgemeine Lehre gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 6 der E1 auf die Steuerung der E3 angewendet und das einzige und gemeinsame Bremsventil 412 in E3 durch zwei Bremsventile ersetzt. Aber spätestens bei der darauf folgenden notwendigen Anpassungsarbeit der restlichen Komponenten der hydraulischen Steuerung der E3 hätte sich die Frage gestellt, ob die vorhandenen Steuerungselemente, welche direkt mit den Stelldruckkammern in hydraulischer Verbindung stehen, wie z.B. das Wegeventil 414, im System überhaupt verbleiben könnten oder inwiefern sie nicht entfernt oder durch andere Elemente ersetzt werden müssten.

Zusätzlich hätte dem Fachmann jede weitere Anregung gefehlt, um die Bremsventile fest mit dem Arbeitsdruck jeweils einer der beiden Arbeitsleitungen zu beaufschlagen anstelle der Beaufschlagung beider Bremsventile mit dem jeweils höheren Druck der beiden Arbeitsleitungen. Damit kann der bei einem Widerstand auftretende Druckseitenwechsel in den Arbeitsleitungen für die Steuerung der Bremsventile herangezogen und diese damit je nach Widerstand unterschiedlich gestaltet werden, was bei einer Beaufschlagung beider Bremsventile mit dem jeweils höheren Druck in den beiden Arbeitsleitungen wie bei Figur 6 der E1 nicht möglich ist.

Die von der Beschwerdeführerin zitierte Passage der E1 (Zeile 60 der Spalte 2 bis Zeile 3 der Spalte 3) betrifft das Übersteuern eines einzigen Bremsventils, welches deswegen von beiden Steuerdrücken beaufschlagt wird (siehe Figur 2).

Diese Beaufschlagungsart des Bremsventils ermöglicht zwar eine aktive (vom Bediener erzeugte) Betätigung zum schnellen Abbremsen oder Beschleunigen. Sie kann aber keineswegs mit der im Anspruch definierten Beaufschlagung der Bremsventile und mit dem daraus folgenden automatischen, je nach Drucklast in den Arbeitsleitungen "selbst"-gesteuerten unterschiedlichen Bremsverhalten der Bremsventile verglichen werden.

5.4 Der Gegenstand des einzigen unabhängigen Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags HiA2 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent Nr. 0904468 in geändertem Umfang auf der Basis folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 10, eingereicht am 14. Mai 2003 als "Hilfsantrag II"

- Beschreibungsseiten 1,1b,2-14, eingereicht am 14. Mai 2003 als Hilfsantrag II

- Beschreibungsseite 1a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 29. November 2006

- Figuren 1 bis 6, wie erteilt.

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