European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T025204.20060725 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Juli 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0252/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94116825.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | G05B 19/418 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Backplane-Steuerung für Spinnereimaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Rieter Ingolstadt Spinnereimaschinenbau AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Trützschler GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (Haupt- und Hilfsanträge) - verneint | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 27. November 2003, das mit der Nummer 0 710 904 veröffentlichte europäische Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) zu widerrufen.
II. In ihrer Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung unter anderen auf folgende Dokumente
BW9: Prospekt "Trützschler - Steuerungen Datenverarbeitung Kommunikationstechnik", ITMA 1991
EA2: US 4653047 A
III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin mit Schreiben vom 5. Februar 2004 Beschwerde eingelegt und in der Beschwerdebegründung vom 7. April 2004 beantragt, das Patent in der erteilten Fassung beziehungsweise hilfsweise auf der Basis einer der Hilfsanträge 1 bis 3 aufrechtzuerhalten.
IV. Die einsprechende Beschwerdegegnerin hat in einem am 12. August 2004 eingegangenen Schreiben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Die Kammer hat die Parteien am 2. Mai 2006 zur mündlichen Verhandlung geladen und in einem der Ladung beigefügten Bescheid ihre vorläufige Meinung ausgedrückt.
VI. Mit Schreiben vom 25. Juni 2006 hat die Beschwerdeführerin ihre vorhergehenden Anträge bestätigt und einen vierten Hilfsantrag eingereicht.
VII. Die mündliche Verhandlung fand am 25. Juli 2006 vor der Kammer statt. Die Beschwerdeführerin bestätigte ihren bisherigen Hauptantrag und beantragte hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis von zwei während der Verhandlung eingereichten Hilfsanträgen. Die Beschwerdegegnerin beantragte nach wie vor die Zurückweisung der Beschwerde.
Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Spinnereimaschinen-Steuerungsnetzwerk zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe im Verbund mehrerer Spinnereimaschinen, die ihrerseits eine Vielzahl von Spinnstellen enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß
(a) eine Kommunikationsebene (Ebene j; j=1...m) eine multiprozessorfähige Bus-Backplane (BPi; i=1...n) aufweist, auf der mehrere Komponenten (Pk; k=1...p) miteinander gekoppelt sind, um Daten auszutauschen;
(b) je Bus-Backplane (BPi) eine der Spinnereimaschinen anschließbar ist und mehrere Bus-Backplanes (BP1,BP2,BP3) zu einem ersten hierarchisch höheren lokalen Bus (Ebene j+1) für eine erste lokale Maschinengruppe gekoppelt sind und dieser lokale Bus an einen ihm übergeordneten Bus (Ebene j+2) gekoppelt ist, wobei der erste lokale Bus und die mehreren Bus- Backplanes (BP1,BP2,BP3) über ein gleiches Softwareprotokoll gekoppelt werden."
Der unabhängige Anspruch 8 des Hauptantrags betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe unter Verwendung eine Steuerungsnetzwerks nach einem vorhergehenden Ansprüche.
Der unabhängige Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe im Verbund mehrerer Spinnereimaschinen, die ihrerseits eine Vielzahl von Spinnstellen enthalten, unter Verwendung eines Steuerungsnetzwerks, bei welchem
(a) eine Kommunikationsebene (Ebene j; j=1...m) eine multiprozessorfähige Bus-Backplane (BPi; i=1...n) aufweist, auf der mehrere Komponenten (Pk; k=1...p) miteinander gekoppelt sind, um Daten auszutauschen;
(b) je Bus-Backplane (BPi) eine Spinnereimaschine anschließbar ist und mehrere Bus-Backplanes (BP1,BP2,BP3) zu einem ersten hierarchisch höheren lokalen Bus (Ebene j+1) für eine erste lokale Maschinengruppe gekoppelt sind und dieser lokale Bus an einen ihm übergeordneten Bus (Ebene j+2) gekoppelt ist, wobei der erste lokale Bus und die mehreren Bus-Backplanes (BP1,BP2,BP3) über ein gleiches Softwareprotokoll gekoppelt werden;
wobei Datenaustausch auf mehreren hierarchisch unterschied lichen Ebenen (j; j=1...m) erfolgt und das Datenaustausch-Protokoll zum Austausch und zur Übermittlung von Betriebsdaten und Messwerten einer hierarchisch höheren Ebene (Ebene j+1) das Protokoll einer hierarchisch niederen Ebene (Ebene j) ist."
Der unabhängige Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags weist im Vergleich zu Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags das zusätzliche Merkmal auf, dass "das Protokoll das TCP/IP-Protokoll ist".
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
1.1 Bei der Druckschrift BW9 handelt es sich um einen Prospekt der Beschwerdegegnerin, der erstmals anlässlich der Messe ITMA im Jahre 1991 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Dies wurde von keiner der Parteien bestritten und wird, nachdem keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, als Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt.
Sowohl von der Einspruchsabteilung als auch von den beiden Streitparteien wurde diese Druckschrift BW9 als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Die Kammer sieht keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzuweichen.
1.2 Die Druckschrift BW9 offenbart ein Spinnereimaschinen-Steuerungsnetzwerk zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe im Verbund mehrerer Spinnereimaschinen. Dies geht aus der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur hervor, die ein globales Netzwerk für eine Fabrik zeigt, das eine Anlagenebene 2 und eine Maschinenebene 1 aufweist. Die Maschinen umfassen Ballenvorbereitungs station, Ballenöffner, Baumwollreiniger usw. (Seite 5, Ebene 1) und sind somit Spinnereimaschinen im weiteren Sinne. Die Maschinen sind auf der darüber liegenden Ebene 2 zu Gruppen zusammengefasst.
Entscheidend für den Nachweis der weiteren Merkmale des Anspruchs 1 ist die Verbindung der jeweils die Seiten 4 und 5, beziehungsweise 8 und 9, beziehungsweise 24 und 25 überspannenden Figuren. Der Zusammenhang zwischen den Elementen dieser Figuren wird in BW9 nicht explizit angegeben. Folglich ist zu berücksichtigen, wie der Fachmann einen solchen Zusammenhang herstellen würde. Aus der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur geht hervor, dass auf der dort gezeigten Ebene 1 Steuerungen wie Balecommander, Blendcommander, Mixcommander usw. angeordnet sind, die auf dem Mikrocomputersteuerungs system TMS basieren. Diese Anordnung ist nochmals im Detail auf der die Seiten 8 und 9 überspannenden Figur gezeigt. Auf Seite 8 wird angegeben, dass das Mikrocomputersteuerungssystem TMS auf dem VME-Bus basiert. Dieser ist fachnotorisch ein multiprozessorfähiger Backplane-Bus, der als solcher Steckplätze umfasst. Die in der die Seiten 24 und 25 überspannenden Figur gezeigten Systeme schließlich weisen Steckplätze auf und sind über ein Kabel untereinander vernetzt. Die in der die Seiten 24 und 25 überspannenden Figur gezeigte Anordnung lässt sich für den Fachmann nur dann in den Gesamtzusammenhang der Druckschrift BW9 einordnen, wenn die in dieser Figur gezeigten Systeme den zuvor auf Seite 8 erwähnten VME-Bus aufweisen und über das Kabel ein Netzwerk der in der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur gezeigten Ebene 2 bilden.
Diesem Verständnis der Druckschrift BW9 folgend umfasst das dort offenbarte Steuerungsnetzwerk eine Kommunikationsebene, die eine multiprozessorfähige Bus-Backplane aufweist, auf der mehrere Komponenten miteinander gekoppelt sind, um Daten auszutauschen. Eine solche Kommunikationsebene ist die in der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur bezeichnete Ebene 1, wobei das Bus-Backplane durch den auf Seite 8 erwähnten VME-Bus gebildet wird.
Ferner ist je Bus-Backplane eine der Spinnereimaschinen anschließbar. Dies folgt aus der die Seiten 8 und 9 überspannenden Figur, der zu entnehmen ist, dass an das mit TMS bezeichnete Mikrocomputersteuerungssystem mehrere Spinnereimaschinen im weiteren Sinne anschließbar sind (hier Cardcommander, Mixcommander, usw.). Ferner sind mehrere Bus-Backplanes zu einem ersten hierarchisch höheren lokalen Bus für eine erste lokale Maschinengruppe gekoppelt, wie in der die Seiten 24 und 25 gezeigten Figur durch die Kabelverbindung verdeutlicht wird.
1.3 Somit ergeben sich folgende Unterschiede zwischen der in Anspruch 1 beanspruchten Erfindung und dem aus BW9 bekannten Stand der Technik:
- Die Spinnereimaschinen weisen eine Vielzahl von Spinnstellen auf.
- Der erste lokale Bus und die mehreren Bus-Blackplanes sind über ein gleiches Software-Protokoll gekoppelt.
1.4 Hinsichtlich des ersten Unterschieds stellt die Kammer fest, dass es in BW9 zwar keinen expliziten Hinweis dafür gibt, dass die dort erwähnten Spinnmaschinen solche mit Spinnstellen sind. In der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur wird im Rahmen der Ebene 3 auf Rotorspinnmaschinen verwiesen, die als parallele Produktionsabschnitte auf dieser Ebene mit vernetzt sind.
Überhaupt betrachtet die Kammer im vorliegenden Fall die Einschränkung des beanspruchten Gegenstands auf ein Spinnereimaschinen-Steuerungsnetzwerk zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe im Verbund mehrerer Spinnereimaschinen, die ihrerseits eine Vielzahl von Spinnstellen enthalten, als für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unerheblich.
Keines der kennzeichnenden Merkmale der beanspruchten Erfindung ist in irgendeiner Weise spezifisch für die Steuerung von Spinnereimaschinen im allgemeinen und solchen mit einer Vielzahl von Spinnstellen im besonderen. Vielmehr betreffen die kennzeichnenden Merkmale der beanspruchten Erfindung ein Steuerungsnetzwerk wie es bei allgemeinen Prozesssteuerungen Anwendung finden kann. Auch aus der Beschreibung ist nichts zu entnehmen, aus dem eine spezielle Eignung der dort offenbarten Erfindung für Spinnereimaschinen im allgemeinen und solchen mit einer Vielzahl von Spinnstellen im besonderen erkennbar wäre. Vielmehr würde der Fachmann erkennen, dass Spinnereimaschinen allgemein durch Maschinen und Spinnstellen durch Bearbeitungsstationen ersetzt werden könnten.
Daher war es für den Fachmann naheliegend, das in BW9 explizit für Spinnmaschinen gezeigte Steuerungsnetzwerk insbesondere unter Berücksichtigung des Hinweises in Ebene 3 der die Seiten 4 und 5 überspannenden Figur auch für Spinnmaschinen mit Spinnstellen in Betracht zu ziehen.
1.5 Der zweite unterscheidende Merkmal löst die objektive Aufgabe einer geringeren Belastung der betroffenen Datenbusse, indem eine Protokollumsetzung zwischen Datenbusse, die mit demselben Protokoll arbeiten, naturgemäß entfällt. Eine solche Aufgabenstellung ist aus der Druckschrift EA2 bekannt (Spalte 5, Zeile 61 bis Spalte 6, Zeile 4) und wird dort durch Verwendung desselben Kommunikationsprotokolls für zwei Datenbusebenen (intrasubsystembus 20, network 18 (siehe Figur 1)) gelöst (siehe ibidem). Ferner besteht die untere dieser Ebenen (intrasubsystembus 20) aus einem Bus-Backplane, wie aus der Figur 5 deutlich wird, die multiprozessorfähig ist. Letzteres ist ebenfalls der Figur 5 zu entnehmen, die für jedes der periphal interface devices 28 eine Leiterplatte 92 zeigt. Die peripheral interface devices 28 selbst besitzen jeweils einen Mikroprozessor 50 (siehe Figur 2).
In Kenntnis dessen war es für den Fachmann naheliegend, zur Erreichung einer geringeren Belastung der betroffenen Datenbusse die dafür in EA2 vorgeschlagene Lösung, nämlich die Verwendung desselben Datenprotokolls auf zwei Busebenen, in Betracht zu ziehen. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit der in Frage kommenden Busebenen mit einem multiprozessorfähigen Bus-Backplane in der unteren Ebene haben einer Verwendung der aus EA2 bekannten Lösung in der aus BW9 bekannten Vorrichtung keine weiteren technischen Vorurteile und Probleme entgegengestanden.
Somit gelangte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand, der somit nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.
1.6 Die Kammer gelangt zu der obigen Schlussfolgerung durchaus unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Druckschrift EA2 mit Telephonvermittlungs stellen und ihren Erweiterungsmöglichkeiten (Spalte 1, Zeilen 19-23) und nicht, wie beansprucht, mit einem Netzwerk zur Prozesssteuerung befasst. Es ist für den Fachmann jedoch offensichtlich, dass die in EA2 vorgeschlagene Lehre der Verwendung desselben Kommunikationsprotokolls für zwei Datenbusebenen zur Verringerung des Aufwandes für eine notwendige Protokollumsetzung für eine aus einem multiprozessorfähigen Bus-Backplane und einem darüber angeordneten Datenbus bestehende Netzwerkstruktur allgemein gültig ist und nicht von der Natur der eingehenden Daten, bei denen es sich in EA2 überwiegend um Sprachdaten von Teilnehmern handelt (peripherals 14 in Figur 1), abhängt.
2. 1. Hilfsantrag: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
2.1 Anspruch 1 der ersten Hilfsantrags betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Spinnerei-Maschinengruppe.
Ein solches Verfahren ist zwangsläufig auch Bestandteil der ein Spinnereimaschinen-Steuerungsnetzwerk betreffenden Lehre von BW9. Zusätzlich zu den im Verbindung mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags besprochenen Merkmalen weist das beanspruchte Verfahren das weitere Merkmal auf, dass der Datenaustausch auf mehreren hierarchisch unterschiedlichen Ebenen vorgesehen ist. Dieses Merkmal ergibt sich ohne weiteres aus der die Seiten 4 und 5 von BW9 überspannenden Figur. Ferner betreffen die Daten Betriebsdaten und Messwerte, wie aus der Ebene 2 dieser Figur ersichtlich wird, in der ein Produktions- und Qualitätsdatenerfassungssystem erwähnt werden. Die Kammer geht davon aus, dass im hier gegebenen Kontext Produktions- und Qualitätsdaten mit Betriebsdaten und Messwerten gleichzusetzen sind.
Die Verwendung desselben Protokolls für eine hierarchisch höhere und eine hierarchisch niedere Ebene war aus den unter 1.5 dargelegten Gründen für den Fachmann naheliegend, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass aus den unter 1.6 erwähnten Gründen die Natur der Daten für diese Maßnahme keine Rolle spielt.
2.2 Folglich gelangte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand, der somit nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.
3. 2. Hilfsantrag: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags weist im Vergleich zum Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags das zusätzliche Merkmal auf, dass "das Protokoll das TCP/IP-Protokoll ist".
Hinsichtlich des zu verwendenden Datenprotokolls machen weder der BW9 noch EA2 konkrete Angaben.
Grundsätzlich weiß der Fachmann, dass er ein proprietäres Protokoll oder ein Standard-Protokoll verwenden kann. Die Wahl würde der Fachmann einfach unter Abwägung hinlänglich bekannter Vor- und Nachteile und somit ohne erfinderisches Zutun durchführen.
Die gängigen Standardprotokolle zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents waren unstrittig das TCP/IP-Protokoll und das ISO/OSI-Protokoll. Auch zwischen diesen beiden würde der Fachmann die Wahl allein unter Abwägung hinlänglich bekannter Vor- und Nachteile und somit ohne erfinderisches Zutun treffen.
3.2 Folglich gelangte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand, der somit nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.
4. Zu den Argumenten der Beschwerdeführerin
4.1 Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung bemängelt, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung auf einer rückschauenden Betrachtung beruhe. Insbesondere berücksichtige die Entscheidung nicht, dass der Fachmann von BW9 ausgehend einen Anlass bräuchte, um in anderen Druckschriften nach Abhilfemaßnahmen oder Verbesserungsmaßnahmen zu suchen. Ein solcher Anlass sei primär im Ausgangsdokument zu suchen. Hierbei bezog sich die Beschwerdeführerin unter anderem auf die Entscheidung T 939/92 (ABl EPA, 1996, 309).
Der zitierten Entscheidung folgend hängt "die Antwort auf die Frage, was ein Fachmann im Lichte des Standes der Technik getan hätte, in hohem Maße davon [ab], ... welches technische Ergebnis er sich zum Ziel gesetzt [hat]" (Punkt 2.4.2 der Gründe). "Aus diesem Grund stützen die Beschwerdekammern ihre Entscheidung über die erfinderische Tätigkeit durchweg auf eine objektive Beurteilung der technischen Ergebnisse, die der beanspruchte Gegenstand im Vergleich zum Stand der Technik erzielt" (Punkt 2.4.3 der Gründe). Ferner ist nach Auswahl einer einzigen Entgegenhaltung "zu untersuchen, ob die anderen Entgegenhaltungen zu den technischen Ergebnissen hinführen, die den beanspruchten Gegenstand von diesem "nächstliegenden Stand der Technik" unterscheiden" (ibidem).
In der zitierten Entscheidung ist keinesfalls davon die Rede, dass der nächstliegende Stand der Technik selbst einen Hinweis enthalten muss, in anderen Druckschriften nach Verbesserungsmaßnahmen zu suchen. Ein solcher Hinweis ist regelmäßig auch nicht zu erwarten, da der nächstliegende Stand der Technik, insbesondere wenn er, wie im vorliegenden Fall, in Form eines Prospektes vorliegt, meist ohne Eingehen auf etwaige Probleme oder offene Fragen dargestellt ist. Der obigen Entscheidung folgend ist jedoch zu untersuchen, ob die anderen Entgegenhaltungen zu den technischen Ergebnissen hinführen, die den beanspruchten Gegenstand von diesem nächstliegenden Stand der Technik unterscheiden. Eine solche Untersuchung bildet die Grundlage der unter Punkt 1.5 getroffenen Beurteilung der Frage nach der erfinderischen Tätigkeit.
4.2 Ferner hat die Beschwerdeführerin auf die nachveröffent lichten Druckschriften JetWeb, Ausgabe 3, 2000 und JetWeb, Ausgabe 2, 11/99 verwiesen, aus denen hervorgehe, dass ein mit der im Streitpatent beschriebenen Erfindung vergleichbares System von der Fachwelt als bahnbrechend beurteilt würde. Somit läge ein Beweisanzeichen gegen das Naheliegen aus dem Stand der Technik vor.
Insbesondere das Dokument JetWeb, Ausgabe 3, 2000 zeigt die Verwendung eines einheitlichen Bussystems, nämlich des Ethernet, in zwei Steuerungsebenen. Es ist dem Dokument jedoch nicht zu entnehmen, dass der bahnbrechende Charakter der sogenannten JetWeb-Steuerungen allein auf diesem Merkmal und nicht weiteren oder anderen Merkmalen beruht. Außerdem ist die Realisierung eines marktfähigen Produkts nicht bestimmend für die erfinderische Tätigkeit. Eine technische Lösung kann durchaus naheliegend gewesen sein, auch wenn ihre marktfähige Implementierung, etwa aus Kostengründen oder auf Grund ungenügender Nachfrage, erst viel später erfolgte.
Aus diesen Gründen ist die Kammer nicht in der Lage, den zitierten Druckschriften JetWeb eine Bedeutung bei der Beurteilung der dem in den einzelnen Anträgen beanspruchten Gegenstand zu Grunde liegenden erfinderischen Tätigkeit beizumessen.
5. Da der Gegenstand keiner der Anträge gewährbar war, war die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.