T 0167/04 () of 24.1.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T016704.20060124
Datum der Entscheidung: 24 Januar 2006
Aktenzeichen: T 0167/04
Anmeldenummer: 97106666.7
IPC-Klasse: B65D 77/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Verschliessen einer aus natürlichen Fasern und/oder Stärke zusammengesetzten Schale mit einer siegelbaren Folie, dergestalt verschlossene Schale und damit gebildete Verpackungseinheit
Name des Anmelders: Omni-Pac Ekco GmbH & Co. KG Verpackungsmittel
Name des Einsprechenden: DANISCO FLEXIBLE LIMITED
Leopack B.V.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erweiterung durch Änderung (nein)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 0 881 162 Beschwerde eingelegt.

Mit den Einsprüchen der Einsprechenden I und II war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (Neuheit und erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ (Ausführbarkeit) angegriffen worden. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ wurde nicht substantiiert.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 gemäß dem einzigen Antrag der Patentinhaberin den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht genügen.

II. Im Beschwerdeverfahren wurden folgende Entgegenhaltungen in Betracht gezogen:

D5: DE 33 12 519 A,

D8: US 29 90 948 A,

D9: US 1 590 956 A und

D10: TNO-Bericht.

III. Am 24. Januar 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

a) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderten Umfang auf der Grundlage der während der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006 eingereichten Ansprüche 1 bis 8.

b) Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende II) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Die Einsprechende I hat sich während des gesamten Beschwerdeverfahrens zur Sache nicht geäußert.

V. Die während der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2006 eingereichten unabhängigen Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zum Verschließen einer aus natürlichen Partikeln oder Fasern zusammengesetzten Schale (1) mittels einer mit dem Rand der Schale zu versiegelnden Deckfolie (3), bei dem die Deckfolie unmittelbar mit den oberflächlichen Partikeln bzw. Fasern durch Heißverklebung versiegelt wird und die Verbindungsfestigkeit zwischen der Deckfolie (3) und den oberflächlichen Partikeln bzw. Fasern des Schalenmaterials überwiegend größer ist als die Verbindungsfestigkeit zwischen den oberflächlichen Partikeln bzw. Fasern und dem übrigen Schalenmaterial, dadurch gekennzeichnet, daß das Schalenmaterial vor dem Siegeln nicht verpresst wird und bei der Siegelung an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt wird."

"3. Mittels einer Deckfolie (3) verschlossene, aus natürlichen Partikeln oder Fasern zusammengesetzte Schale (1) deren Randflansch (2) mit der Deckfolie (3) durch Schmelzverklebung in solcher Weise verbunden ist, daß die Deckfolie unmittelbar an den oberflächlichen Partikeln bzw. Fasern des Randflanschs mit größerer Verbindungsfestigkeit haftet als diese Partikeln bzw. Fasern am übrigen Schalenmaterial, dadurch gekennzeichnet, daß das Schalenmaterial vor dem Siegeln nicht verpresst ist, und daß das der Siegelung unterzogene Schalenmaterial (2) an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt ist."

VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen und im mündlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Anspruch 1

i) Neuheit

ii) Das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, wonach das Schalenmaterial vor dem Siegeln nicht verpresst ist, ist ein den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der D8 klar abgrenzende Merkmal. Dies wird eindeutiger bei der Betrachtung der Offenbarung der D8 in Kombination mit der darin erwähnten D9, wobei letztere sich auf vorverpresstes Faserstoffmaterial bezieht.

Keiner Stelle der D8 sei unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass ein nicht vorverpresstes aus natürlichen Partikeln bzw. Fasern bestehende Schalenmaterial durch Heißverklebung versiegelt werden soll, geschweige denn, dass bei der Siegelung dieses Schalenmaterial um 30% zusammengedrückt werden solle.

Der von der Beschwerdegegnerin II vorgebrachten Argumentation, wonach die D8 einerseits, durch die fehlenden Angaben über das zu benutzende Schalenmaterial sowohl die Benutzung von vorverpresstem als auch von nicht vorverpresstem Faserstoffmaterial erlaube, und andererseits, durch die Bezugnahme auf die D9, die Benutzung von vorverpresstem Faserstoffmaterial vorschreibe, und somit die von dem Fachmann in der D8 übrig gebliebenen Alternative, der Benutzung eines nicht vorverpressten Faserstoffmaterials, bliebe, sei gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ein unzulässiger Umkehrschluss, welcher einen Sachverhalt darstelle, welchen der Fachmann der D8 nicht sofort und ohne eine Ex-post-facto-Analyse entnehmen könne.

iii) Erfinderische Tätigkeit

Der Fachmann stelle sich die Aufgabe, das aus der D8 bekannte Verfahren zu vereinfachen.

Die D8, siehe Spalte 2, Zeilen 3 bis 10, lehre dem Fachmann, dass die Wahl des Herstellungs verfahrens für das Schalenmaterial im Allgemeinen nicht von Bedeutung sei. Gleichzeitig verweise sie den Fachmann bei der Erwähnung eines konkreten Beispiels auf die D9, welche die Benutzung eines vorverpressten Materials bei der Sieglung betreffe.

Daher könne die D8 weder alleine noch in Kombination mit der D9 dem Fachmann einen Hinweis zur Auswahl eines nicht vorverpressten aus natürlichen Partikeln bzw. Fasern bestehenden Schalenmaterials liefern bzw. nahe legen.

Die D5, welche sich mit einem, eine innere Auskleidung aufweisenden Verpackungsbehälter auseinandersetze, bei welchem Behälter eine Heißverklebung nur zwischen der Auskleidung und der Deckellasche des Behälters durchgeführt werde, sei mit der D8 nicht kombinierbar.

Die D8, siehe Spalte 2, Zeilen 58 bis 60, lehre dem Fachmann, dass ein optimales Ergebnis der Versiegelung bei Ausübung eines Drucks in einem Bereich von 40 bis 80 psi erhalten werde. Mit dem Grad des Zusammendrückens des Materials setze sich die D8 nicht auseinander und daher sei ihr auch keine untere Grenze dieses Grades von 30% zu entnehmen.

Daher beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

b) Anspruch 3

Die für den Verfahrensanspruch 1 vorgebrachten Argumente unter Punkt VI. a) oben seien auch für den Produktanspruch 3 entsprechend anwendbar.

Daher sei die Schale gemäß Anspruch 3 des Streitpatents neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

VII. Die Beschwerdegegnerin II hat im schriftlichen und im mündlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Anspruch 1

i) Neuheit

Das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, wonach "das Schalenmaterial vor dem Siegeln nicht verpresst wird", sei ein negatives Merkmal, welches nur, wenn es einen überraschenden Effekt mit sich bringe, berücksichtigt werden dürfe.

Außerdem sei es im Stand der Technik üblich, Pulpematerial nicht zu verpressen. D8 beschränke sich nicht nur auf vorverpresstes Material, sondern sie lasse gemäß dem Zitat auf Spalte 2, Zeilen 3 - 10 beide Möglichkeiten, nämlich sowohl die Benutzung von vorverpresstem als auch von nicht vorverpresstem Material, zu.

Somit sei das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 aus der D8 bekannt.

In der D8 sei auf Spalte 2, Zeilen 58 - 60 ein optimaler Druckbereich von 40 bis 80 psi angegeben. Durch die D10 sei bewiesen, dass die Ausübung eines Drucks von 80 psi auf ein gängiges Faserstoffmaterial immer ein Zusammendrücken von mindestens 30% hervorrufe.

Daher sei auch das zweite kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, wonach das Schalenmaterial "bei der Siegelung an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt wird", aus der D8 implizit bekannt.

ii) Erfinderische Tätigkeit

Ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sei aus der D8 bekannt.

Gemäß D8, siehe Spalte 2, Zeilen 3 - 10, können alle üblichen Verfahren zur Herstellung von mit Faserstoffmaterial gebildeten Behältern oder Schalen verwendet werden. Die darin zitierte Entgegenhaltung D9 betreffe zwar ein Verfahren, bei welchem ein vorverpresstes Faserstoffmaterial bei der Siegelverbindung mit der Deckfolie verwendet werde, die Anwendung anderer, üblicher Verfahren sei in der D8 aber nicht ausgeschlossen worden.

Für den Fachmann, welcher sowohl vorverpresstes als auch nicht vorverpresstes Faserstoffmaterial kenne, sei es nahe liegend, ein nicht vorverpresstes Faserstoffmaterial bei der Siegelung gemäß D8 einzusetzen. Die Austauschbarkeit zwischen vorverpresstem und nicht vorverpresstem Faserstoffmaterial bei der Herstellung von Verpackungsbehältern werde in der D5 dokumentiert, siehe hierzu Seite 6, letzter Absatz, Seite 7, zweiter Absatz und Seite 15, letzter Absatz.

Bei der Ausführung der Siegelung gemäß der D8 mit nicht vorverpresstem Fasermaterial und der Ausübung eines Drucks von 80 psi, wie es auf Spalte 2, Zeilen 58 - 60 der D8 angegeben sei, fände, wie es die D10 beweist, automatisch ein Zusammendrücken des Faserstoffmaterials um mindestens 30% statt.

Daher ergäben sich die kennzeichnende Merkmale des Anspruchs 1 für den Fachmann aus der D8 in nahe liegender Weise.

b) Anspruch 3

Die für den Verfahrensanspruch 1 vorgebrachten Argumente unter Punkt VII. a) oben seien auch für den Produktanspruch 3 entsprechend anwendbar.

Daher sei die Schale gemäß Anspruch 3 des Streitpatents nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

1.1 Anspruch 1 ist als Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2, 5 und 6 und der Information aus der Beschreibungsseite 3, Zeile 17 der ursprünglich eingereichten Beschreibung, wonach die Versiegelung durch Heißverklebung durchgeführt wird, bzw. als Kombination der erteilten Ansprüche 1, 4 und 5, entstanden.

1.2 Anspruch 3 ist als Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 7, 2, 5 und 6 bzw. als Kombination der erteilten Ansprüche 6, 1, 4 und 5 entstanden.

1.3 Die Ansprüche erfüllen daher die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

1.4 Dies wurde auch von der Beschwerdegegnerin II nicht in Frage gestellt.

2. Anspruch 1

2.1 Neuheit

2.1.1 Es ist unbestritten, dass die D8 ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.

2.1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem bekannten Verfahren, dadurch dass,

a) das Schalenmaterial vor dem Siegeln nicht verpresst wird und dass

b) das Schalenmaterial bei der Siegelung an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt wird.

2.1.3 Zum Merkmal a) des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 stellt die Kammer folgendes fest: Das zur Siegelung benutzte Schalenmaterial kann entweder ein nicht vorverpresstes oder ein vorverpresstes, wie es bei der D9 gemäß Spalte 4, Zeilen 92 - 96 vorgeschlagen wird, Material sein. Das Merkmal a) des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 schließt die Benutzung eines bei der Siegelung gemäß der D9 benutzten Materials für das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents aus. Dieses Merkmal, obwohl in "negativer Form" formuliert, definiert eine Materialauswahl, so wie sie weder in der D8 noch in der D9 zu finden ist. Sie ist bei dem Vergleich des Verfahrens des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik in Betracht zu ziehen.

2.1.4 Die Beschwerdegegnerin II hat vorgetragen, dass, durch die Information in den Zeilen 3 bis 10 der Spalte 2 der D8, wonach alle üblichen Verfahren zur Herstellung von mit Fasernmaterial gebildeten Behälter oder Schalen verwendet werden können, die D8 die Benutzung eines vor dem Siegeln nicht verpressten Schalenmaterials implizit offenbare.

2.1.5 Diesem Argument der Beschwerdegegnerin II kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht folgen.

2.1.6 Die ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern geht von einem engen Neuheitsbegriff aus, d. h. davon, dass ein Gegenstand nur dann als durch eine bestimmte Informationsquelle offenbart angesehen wird, wenn er unmittelbar und eindeutig aus dieser Informationsquelle hergeleitet werden kann. Deswegen kann nach dieser Rechtsprechung die Offenbarung eines allgemeinen Begriffes die Neuheit eines speziellen Beispiels, das dem allgemeinen Begriff untergeordnet ist, nicht vorwegnehmen, d. h. der allgemeine Begriff an sich offenbart den speziellen Begriff nicht.

2.1.7 Deswegen kann man die in den Zeilen 3 bis 10 der Spalte 2 der D8 enthaltene Information über die Benutzung aller üblichen Verfahren zur Herstellung von mit Fasernmaterial gebildeten Behältern oder Schalen nicht mit der Verwendung eines vor dem Siegeln nicht verpressten Schalenmaterials gleich setzen. Wenn die in der D8 enthaltene Information sich nur mit allgemein bekannten Herstellungsverfahren befasst, dann offenbart sie auch nur diesen allgemeinen Hinweis auf diese Verfahren und nicht alle unter diese allgemein erwähnten Herstellungsverfahren fallenden speziellen Beispiele bzw. Materialien.

2.1.8 Die Beschwerdegegnerin II argumentierte weiter, dass wenn gängige Faserstoffmaterialen mit einem Druck von 80 psi belastetet werden, dann werden sie um mindestens 30% zusammengedrückt, wie es die D10 belege, und daher sei auch das zweite kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 aus der D8 implizit bekannt.

2.1.9 Dieser Argumentation kann sich die Kammer aus folgenden Gründen nicht anschließen.

2.1.10 Bei dem kennzeichnenden Merkmal b) des Anspruchs 1 handelt es sich um einen Verfahrensschritt, wonach nicht vorverpresstes Material bei der Siegelung an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt wird.

2.1.11 Die D8 gibt auf Spalte 2, Zeilen 58 bis 60 als optimalen Wertebereich für die Drücke den Bereich von 40 bis 80 psi an, ohne dabei irgendwelche Angaben über einen evtl. gewünschten Materialverdichtungsgrad zu machen.

2.1.12 In der D10 selbst sind keine Angaben über die Dichte der getesteten Versuchsproben bzw. ob vorverpresstes oder nicht vorverpresstes Material getestet wurde, zu finden.

2.1.13 In der D10 sind Materialverdichtungsgradwerte angegeben, welche aus Versuchsproben unbekannter Dichte gewonnen und mit einem Druck von 80 psi getestet wurden. Eine Gleichsetzung dieser, aus Versuchsproben unbekannter Dichte gewonnenen Materialverdichtungsgradwerte mit dem Verfahrensschritt gemäß Anspruchs 1, wonach ein nicht vorverpresstes Material bei der Siegelung um 30% zusammengedrückt wird, ist nach Auffassung der Kammer unzulässig.

2.1.14 Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber sowohl der expliziten als auch der impliziten Offenbarung der D8.

2.2 Erfinderische Tätigkeit

2.2.1 Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik wird unbestritten durch die D8 gebildet, welche ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.

2.2.2 Aufgabe

Der Erfindung des Streitpatents liegt die Aufgabe zugrunde, das aus der D8 bekannte Verfahren zu vereinfachen.

2.2.3 Lösung

Bei der Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1 des Streitpatents wird ein vor dem Siegeln nicht verpresstes Schalenmaterial gewählt, welches bei der Siegelung an seinen dicksten Stellen um mindestens 30% zusammengedrückt wird.

Dadurch wird, wie es nach Meinung der Kammer die Beschwerdeführerin überzeugend vortrug, das Glätten der Oberflächenstruktur des Faserstoffmaterials im Verfahren gemäß Anspruch 1 gleichzeitig mit der Siegelung durchgeführt.

2.2.4 Zu dieser erfindungsgemäßen Lösung kann dem Stand der Technik aus folgenden Gründen keine Anregung entnommen werden:

Die D8, siehe Spalte 2, Zeilen 3 bis 10, überlässt es dem Fachmann, welches Herstellungsverfahren für die Herstellung des Faserstoffmaterials, auf dem die Deckfolie verschweißt wird, gewählt werden soll, oder sie verweist auf die D9, welche ein vorverpresstes Faserstoffmaterial vorschlägt, siehe Seite 2, Zeilen 86 bis 101, Seite 3, Zeilen 68 bis 83 und Zeilen 99 bis 121.

Ausgehend von dem ersten, allgemeinen Hinweis der D8, wonach der Fachmann jedes konventionelle Herstellungsverfahren für die Herstellung des Faserstoffmaterials, auf dem die Deckfolie verschweißt wird, wählen kann, würde der Fachmann, mangels jeglichen Hinweises in der D8 auf eine Erfolgserwartung bei der Benutzung eines nicht vorverpressten Faserstoffmaterials bei der Heißverklebung der Deckfolie, durch die D8 sich nicht dazu angeregt fühlen, ein unvorverpresstes Faserstoffmaterial zu wählen.

Erst recht ausgehend von dem zweiten, spezifischen Hinweis der D8, wonach die Deckfolie auf Faserstoffmaterial gemäß der D9 und somit auf vorverpresstes Material heiß verklebt wird, würde der Fachmann kein unvorverpresstes Faserstoffmaterial wählen.

Die Beschwerdegegnerin II hat auch argumentiert, dass der Fachmann durch die in der D5 dokumentierte Austauschbarkeit zwischen vorverpresstem und nicht vorverpresstem Faserstoffmaterial bei der Herstellung von Verpackungsbehältern den entsprechenden Hinweis bekäme, auch bei dem aus der D8 bekannten Verfahren nicht vorverpresstes Faserstoffmaterial einzusetzen.

Die Kammer kann dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht folgen.

Die D5 betrifft einen Verpackungsbehälter mit einem Unterteil 12 aus geformter Pulpe oder gepresster Pappe, welcher mit einer relativ dünnen Auskleidung 16 aus polymerem Material versehen ist. Das Unterteil 12 hat einen Flansch, auf dem eine Deckellasche 24 auf die Auskleidung 16 des Flansches des Unterteils durch eine Siegelnaht aufgebracht ist. Um die Abziehbarkeit der Deckellasche zu erleichtern, ist auf dem Flanschrand ein Trennmittel zwischen Deckellasche und Auskleidung vorgesehen. Da die Heißversiegelung in der D5 nur zwischen der Auskleidung und der Deckellasche stattfindet, ist die Benutzung eines vorverpressten oder nicht vorverpressten Faserstoffmaterials für die Qualität der Versiegelung gemäß der D5 nicht von Bedeutung. Da aber die D8 keinen solchen ausgekleideten Verpackungsbehälter betrifft, sondern die Heißversiegelung gemäß der D8 zwischen der Deckfolie und dem Faserstoffmaterial selbst statt findet, ist auch die in der D5 enthaltene Vorgabe zur freien Faserstoffmaterialauswahl auf das in der D8 beschriebene Verfahren nicht übertragbar.

Daher beruht das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

3. Anspruch 3

Die für den Verfahrensanspruch 1 vorgebrachten Argumente unter Punkt 2. oben sind auch für den Produktanspruch 3 entsprechend anwendbar.

Daher ist die Schale gemäß Anspruch 3 des Streitpatents neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Ansprüche: 1 bis 8, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2006,

Beschreibung: Spalten 1 bis 4, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2006,

Spalte 5, wie erteilt,

Zeichnung: Figur auf Seite 6 der Patentschrift.

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