European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T008704.20060110 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 10 Januar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0087/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99106346.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | E03C 1/042 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Befestigung eines Sanitärelements | ||||||||
Name des Anmelders: | Hans Grohe GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Klarheit, Neuheit: bejaht | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Mit Entscheidung vom 4. September 2003 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 99 106 346.2 (Veröffentlichungsnummer 0 945 558), die am 27. März 1999 unter Inanspruchnahme der deutschen Priorität Nr. 19813549 vom 27. März 1998 eingereicht worden war, zurückgewiesen, da der beanspruchte Gegenstand der Anmeldung unklar und nicht neu sei.
Der Entscheidung lag folgender Hauptanspruch zugrunde:
"Sanitärelement zur Befestigung in einer Öffnung (11) einer Platte (10), mit
1.1 einer Anlageschulter (5) an dem Sanitärelement, zur Anlage an der einen Seite des Plattenelements (10),
1.2 mindestens einem zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements (10) bestimmten Sperrelement (9), das
1.3 mindestens radial bezüglich der Achse der Öffnung (11) bewegbar und
1.4 in radialer Richtung nach außen vorgespannt ist und
1.5 eine der Anlageschulter zugewandte Vorderseite (15) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
1.6 die Vorderseite des Sperrelements (9) einen in radialer Richtung zunehmenden Abstand von der Anlageschulter (5) aufweist."
Die Zurückweisung wurde damit begründet:
? dass der Anspruch 1 im Sinne von Artikel 84 EPÜ unklar sei, da es aus seinem Wortlaut nicht eindeutig hervorgehe, ob das Plattenelement zusätzlich zum Sanitärelement und dem Sperrelement Teil des beanspruchten Gegenstands sei; und
? dass der Gegenstand des Anspruchs gegenüber der US-A 5515882 (D1) nicht neu (Artikel 54 EÜ) sei.
II. Hiergegen legte die Anmelderin (Beschwerdeführerin) am 31. Oktober 2003 Beschwerde ein und bezahlte am gleichen Tag die Beschwerdegebühr. Mit der am 8. Januar 2004 eingegangenen Beschwerdebegründung hat sie zwei neue Anspruchssätze als Basis für einen Haupt- bzw. Hilfsantrag vorgelegt.
Der jeweilige Hauptanspruch enthält gegenüber dem in der angefochtenen Entscheidung geprüften Anspruch 1 folgende Ergänzung im Kennzeichen (die hinzugefügten Merkmale sind in Fettdruck gezeigt):
a) Anspruch 1 nach Hauptantrag:
"Sanitärelement ...
dadurch gekennzeichnet, dass
1.6 die zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements (10) bestimmte Vorderseite (15) des Sperrelements (9) einen in radialer Richtung zunehmenden Abstand von der Anlageschulter (5) aufweist."
b) Anspruch 1 nach Hilfsantrag:
"Sanitärelement ...
dadurch gekennzeichnet, dass
1.6 das Sperrelement (9) als tangential an dem Umfang des Sanitärelements angeordnetes Federelement ausgebildet ist,
1.7 und seine zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements (10) bestimmte Vorderseite (15) einen in radialer Richtung zunehmenden Abstand von der Anlageschulter (5) aufweist."
III. Die Beschwerdeführerin beantragt:
a) die Entscheidung aufzuheben und ein Patent gemäß dem Haupt- oder Hilfsantrag mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
i) Hauptantrag:
? Ansprüche: 1 bis 16 gemäß der Eingabe vom 7. Januar 2004, eingegangen am 8. Januar 2004,
? Beschreibung: Seiten 1 bis 8 gemäß der Eingabe vom 7. Januar 2004, eingegangen am 8. Januar 2004,
? Figuren: 1 bis 3 wie veröffentlicht;
ii) Hilfsantrag:
? Ansprüche: 1 bis 15 gemäß der Eingabe vom 7. Januar 2004, eingegangen am 8. Januar 2004,
? Beschreibung: Seiten 1 bis 8 gemäß der Eingabe vom 7. Januar 2004, eingegangen am 8. Januar 2004,
? Figuren: 1 bis 3 wie veröffentlicht.
b) hilfsweise, einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
IV. Zur Stützung ihrer Anträge trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vor:
a) Hauptantrag
Der Hinweis in einem Anspruch auf ein nicht unter die Definition des beanspruchten Gegenstands fallendes Element (hier: das Plattenelement) sei zulässig, da er ausschließlich dazu beitrage, die Funktionen der Befestigungsteile im Hinblick auf die Platte, an welche das Sanitärelement letztendlich zu befestigen ist, klar zu definieren. Es sei deshalb nicht notwendig und auch nicht sinnvoll das Plattenelement als Teil des Gegenstands zu definieren. Der Anspruch erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
Der beanspruche Gegenstand sei auch gegenüber dem zitierten Stand der Technik, insbesondere der D1, neu (Artikel 54 (1) EPÜ). In der aus D1 (Figur 2) bekannten Vorrichtung weise die zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements 14 bestimmte Vorderseite des Sperrelements (Feder 36) keinen in radialer Richtung zunehmenden Abstand von der Anlageschulter 34 auf. Insbesondere könnten, entgegen der Betrachtungsweise der Prüfungsabteilung, die vertikal verlaufenden Flanschen 58A,58B der Feder nicht als Teil der zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements 14 bestimmten Vorderseite des Sperrelements (Feder 36) zählen. Aber auch dann wäre der Abstand nicht in radialer Richtung zunehmend, da er für den Flansch 58 bei konstanter radialer Erstreckung zunehme und im Schulterbereich 54 bei zunehmender radialer Erstreckung konstant bleibe.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag sei also klar und sein Kennzeichen gegenüber der D1 neu; zudem beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die von der D1 nicht bekannten Merkmale ohne Beispiel im sonstigen im Recherchenbericht zitierten Stand der Technik seien.
b) Hilfsantrag
Der Hilfsantrag beinhalte die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 10 und sei eine weitere Einschränkung gegenüber der D1.
V. Nach telefonischer Rückfrage der Kammer hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. Oktober 2005 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung auf die Frage der Neuheit beschränkt und gleichzeitig beantragt, den Fall zur Weiterprüfung, insbesondere hinsichtlich des Kriteriums der erfinderischen Tätigkeit, an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Änderungen
Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung zu, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende geänderte Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.
Der im kennzeichnenden Merkmal 1.6 des geänderten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich aufgenommene Text: "zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Plattenelements (10) bestimmte" präzisiert letztendlich das Merkmal "Vorderseite" und ist ganz offensichtlich von den ursprünglichen Unterlagen gestützt, siehe z.B. Spalte 3, Zeilen 35 bis 48 und Figur 2 der Veröffentlichung EP-A der Anmeldung.
Die restlichen Änderungen in der Beschreibung und in den abhängigen Ansprüchen beschränken sich auf die Anpassung an die geänderte Definition des Anspruchs 1 und würdigen den Stand der Technik.
Die Änderungen stehen also im Einklang mit den Vorschriften des Artikels 123 (2) EPÜ.
2.2 Klarheit
Anspruch 1 betrifft ein Sanitärelement, das auf ein Plattenelement insofern Bezug nimmt, als dass das Sanitärelement zur Befestigung in einer Öffnung einer Platte bestimmt ist und eine zur Anlage an einer Seite des Plattenelements bestimmte Anlageschulter sowie eine zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite des Platten elements gestimmte Vorderseite eines Sperrelements aufweist. Der Bezug auf das Plattenelements dient bei dieser Formulierung unzweifelhaft dazu, eine dieser Bestimmung bzw. Eignung entsprechenden Gestaltung der Anlageschulter bzw. des Sperrelements zu definieren und kann sinnvollerweise nicht so verstanden werden, dass damit das Plattenelement Teil des beanspruchten Gegenstands sein soll.
Es kann der Beschwerdeführerin auch insoweit zugestimmt werden, dass es weder notwendig noch sinnvoll ist, eine Kombination eines Sanitärelements mit einem Plattenelement zu beanspruchen. Das Plattenelement und dessen Öffnung gehören keineswegs zur Erfindung. Sie dienen lediglich als Definitionsrahmen für die Funktionen der Elemente des Sanitärelements und tragen deshalb zur Lösung der gestellten Aufgabe nichts bei. Die Aufnahme des Merkmals "Plattenelement" als verbindlicher konstruktiver Bestandteil des beanspruchten Gegenstands würde im vorliegenden Fall eine nicht gerechtfertigte Einschränkung des ersuchten Schutzumfangs bedeuten.
Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
2.3 Neuheit
2.3.1 Das Dokument D1 betrifft ein Sanitärelement 12 zur Befestigung in einer Öffnung 62 einer Platte 14 und, wie aus der Figur 2 ersichtlich, mit einer Anlageschulter 34 an dem Sanitärelement 12 zur Anlage an der einen Seite der Platte 14 (siehe Spalte 5, Zeilen 55 bis 57). Außerdem ist ein zur Anlage an der gegenüberliegenden Seite der Platte bestimmtes Sperrelement in Form einer Federvorrichtung 36 vorgesehen. Diese Feder ist radial bezüglich der Achse der Öffnung 62 bewegbar (Spalte 5, Zeilen 41 bis 45), in radialer Richtung nach außen vorgespannt (Spalte 2, Zeilen 55 bis 61) und weist eine der Anlageschulter 34 des Sanitärelements zugewandte Vorderseite in Form von radialen Schulterabschnitten 54A, 54B auf.
Somit sind sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aus der D1 bekannt.
2.3.2 Das Kennzeichen des Anspruchs 1 ist weder aus der D1 bekannt noch kann es bei sinnvoller Auslegung seiner technischen Bedeutung auf die D1 gelesen werden.
In Folge der vorgenommenen Klarstellung des Begriffs "Vorderseite" im Anspruch 1 kann die Vorderseite der Sperrfeder 36 der D1, die zur Anlage an dem Plattenelement 14 bestimmt ist, nur noch aus den "radialen" Schulterteilen 54A,54B bestehen, da nur diese an der gegenüberliegenden bzw. rückwärtigen Seite der Platte 14 anliegen. Die stets in Kontakt mit dem Sanitärelement bleibenden, zur Öffnungsachse parallelen Flanschteile 58A,58B haben keine direkte Zusammenwirkung mit der Platte und können somit nicht zur Vorderseite im Sinne des Anspruchs gehören.
Damit fehlt im Stand der Technik nach D1 die beanspruchte Gestalt der Vorderseite. In der vorliegenden Fassung des Kennzeichens des Anspruchs 1, - aber auch schon beim Wortlaut des Kennzeichens des von der Prüfungsabteilung behandelten Anspruches -, weist die Vorderseite des Sperrelements einen in radialer Richtung zunehmenden Abstand von der Anlageschulter auf.
Bei der D1 erstrecken sich dagegen die Schulterteile 54A,54B parallel zur Anlageschulter 34 und weisen daher in radialer Richtung einen konstanten Abstand von dieser Anlageschulter auf.
In der angefochtenen Entscheidung wurde sinngemäß ausgeführt, dass bei der D1 die aus den Flanschen 58 und den Abschnitten 54 gebildete Vorderseite des Sperrelements ebenfalls einen in radialer Richtung zunehmenden, nämlich eine sprunghaft zunehmenden Abstand von der Anlageschulter aufweisen. Dieses Argument ist zunächst schon deshalb unbeachtlich, weil wie oben festgestellt die Flansche nicht zur Vorderseite des Sperrelements gehören. Aber auch wenn man hier der Auffassung der Prüfungsabteilung folgen würde, so würde ein derartiges "sprunghaftes Zunehmen" über die von der Beschreibung gestützte Auslegung des Merkmals 1.6 hinausgehen. Es ist eindeutig, dass eine sich radial (gegenüber der Öffnungsachse) erstreckende Vorderseite der Feder gemäß D1, die einen konstanten unveränderten Abstand von der Anlageschulter aufweist, die beabsichtigten technischen Effekte des Erfindungsgegenstands, nämlich ein Überbrücken unterschiedlicher Dicken der Platte (siehe Spalte 1, Zeilen 31 bis 35 der veröffentlichten Anmeldung) nicht ermöglichen kann.
Somit ist das Kennzeichen des Anspruchs 1, d.h. das Merkmal 1.6, aus der D1 nicht bekannt.
2.3.3 Auch die sonstigen im Recherchenbericht zitierten Druckschriften können den beanspruchten Gegenstand nicht neuheitsschädlich vorwegnehmen.
Sowohl die EP-A-213 656 als auch die US-A-2314071 betreffen jeweils eine Befestigung für Sanitärelemente mit einem Sperrelement, das aber in radialer Richtung weder vorgespannt noch bewegbar ist. Um die Befestigung des Sanitärelements gewährleisten zu können, werden diese bekannten Sperrelemente ganz konventionell durch ein axiales Anschrauben an die Montageplatte angepresst. Dabei weist das Sperrelement der US-A ein mit der Plattenöffnung zusammenwirkendes konisches Ende auf.
Damit liegen diese bekannten Konstruktionen von dem Grundgedanken der Erfindung, das Sperrelement nach Durchführung durch das Plattenloch ohne Zugriffnotwendigkeit von der dem Sanitärelement entgegengesetzten Seite der Platte automatisch festzuklemmen, deutlich weiter weg als die D1.
2.3.4 Der beanspruchte Gegenstand ist also im Vergleich mit dem vorliegenden Stand der Technik neu.
3. Umfang der Beschwerdesache
Nach Artikel 111 (1) EPÜ steht es generell im Ermessen der Kammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder ob sie die Angelegenheit an die Instanz zurückverweist, die die Entscheidung erlassen hat. Auch in ex-parte Beschwerdesachen ist das Verfahren vor der Beschwerdekammer primär auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung abgestellt (siehe G 10/93, ABl. EPA 1995, 172, Punkte 4 und 5).
In der vorliegenden Beschwerdesache kam die Kammer zum Ergebnis, dass die Unterlagen gemäß dem Hauptantrag die Erfordernisse der Artikel 84 und 54 (1) EPÜ, auf deren Basis die Zurückweisung der Patentanmeldung in der angefochtenen Entscheidung begründet worden ist, erfüllen.
Es ist jedoch noch zu klären, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
Bei der Frage, ob diese Klärung von der Prüfungs abteilung oder von der Kammer selbst durchgeführt werden sollte, ist die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 111 (1) EPÜ zu der Auffassung gelangt, die Sache zur entsprechenden Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Hierbei wurde berücksichtigt, dass sich die angefochtene Entscheidung ausschließlich mit dem Kriterium der Neuheit befasst hatte, dass die Beschwerdeführerin die Zurückverweisung selbst beantragt hatte und dass auch sonst keine erkennbaren Gründe gegen eine Zurückverweisung sprechen.
4. Da die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung auf die Frage der Neuheit beschränkt hatte, entfällt die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer.
Gleichzeitig entfällt die Notwendigkeit der Prüfung des Hilfsantrags.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.