European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T007704.20060324 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 März 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0077/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00977561.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01H 83/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Simulationsschalter | ||||||||
Name des Anmelders: | Ellenberger & Poensgen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - bejaht nach Änderung | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Patentanmeldung Nr. 00 977 561.0 zurückzuweisen.
II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand des damals gültigen Anspruchs 1 nicht neu im Hinblick auf folgendes Dokument sei (Artikel 54 EPÜ):
D1: US-A-3 156 849.
In der Entscheidung wurde noch auf folgenden Stand der Technik hingewiesen:
D2: DE-U-89 04 064,
D3: FR-A-2 512 584,
D4: DE-A-92 08 010,
D5: DE-A-18 02 115,
D6: US-A-5 381 121.
III. Am 24. März 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 14, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung: Seiten 1 bis 4 und 6 bis 11 wie ursprünglich eingereicht, Seiten 5, 12 und 13, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnungen: Fig. 1 bis 12 wie ursprünglich eingereicht.
V. Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:
"Simulationsschalter zum Einbau in einen Flugsimulator und Simulieren eines mittels eines Betätigungselementes (10) manuell betätigbaren Überstromschutzschalters, der zum Einsatz in einem Flugzeug vorgesehen ist und eine durch eine bimetall-basierte Auslöseeinrichtung auslösbare Schaltmechanik aufweist, wobei der Simulationsschalter eine der Schaltmechanik des Überstromschutzschalters baugleiche Schaltmechanik (9) zum Öffnen und Schließen eines Schaltkontaktes (2, 3, 4; 2a, 3a, 4a) sowie eine elektromagnetische Auslöseeinrichtung (20) zum Auslösen des geschlossenen Schaltkontaktes(2, 3, 4; 2a, 3a, 4a) und Entriegeln des Betätigungselements (10) mittels eines Steuerstromes (i) aufweist."
Die Ansprüche 2 bis 13 sind vom Anspruch 1 abhängig.
Anspruch 14 lautet wie folgt:
"Verwendung eines Simulationsschalters nach einem der Ansprüche 1 bis 13 in einem Flugsimulator."
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die vorliegende Anmeldung stelle sich als Aufgabe, einen manuell betätigbaren, für den Einbau in einen Flugsimulator vorgesehenen Simulationsschalter zu schaffen, der das gleiche Schaltgefühl des zu simulierenden, bimetallgesteuerten Überstromschutzschalters vermitteln solle, ohne dessen relativ hohen Auslösestrom zu benötigen. Die vorstehende Aufgabe werde durch einen Simulationsschalter gemäß Anspruch 1 gelöst, der die Schaltmechanik des zu simulierenden Überstromschutzschalters mit einer elektromagnetischen Auslöseeinrichtung kombiniere. Keines der genannten Dokumente lehre, bei einem thermisch auslösbaren Überstromschutzschalter die thermische Auslöseeinrichtung durch einen elektromagnetischen Auslöser unter Beibehaltung der den Erfordernissen einer thermischen Auslöseeinrichtung angepassten Schaltmechanik zu ersetzen. Der Simulationsschalter gemäß dem Anspruch 1 sei somit nicht nur neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Er weise auch eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Artikel 123 (2) EPÜ
2.1 Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag der Beschwerdeführerin unterscheidet sich vom Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen im wesentlichen dadurch, dass der zu simulierende Überstromschutzschalter "zum Einsatz in einem Flugzeug vorgesehen ist und eine durch eine bimetall-basierte Auslöseeinrichtung auslösbare Schaltmechanik aufweist" (Merkmal a)), und das die elektromagnetische Auslöseeinrichtung (20) auch zum "Entriegeln des Betätigungselements (10)" (Merkmal b)) dient.
2.2 Das o. g. Merkmal a) wird u. a. durch die Beschreibungseinleitung (veröffentlichte Anmeldung: Seite 1, Zeilen 15 bis 31) gestützt, die auf einen zu simulierenden, aus D2 bekannten und für den Einsatz in einem Flugzeug vorgesehenen Überstromschutzschalter hinweist. Wie aus D2 hervorgeht (Seite 1, erster Absatz), verfügt der bekannte Überstromschutzschalter über einen bimetallgesteuerten Auslöser der Schaltmechanik. Ferner ist der Beschreibung (veröffentlichte Anmeldung: Seite 7, Zeilen 31 bis 33) zu entnehmen, dass zum Betätigen des Auslöserhebels 34 eines erfindungsgemäßen Simulationsschalters "anders als bei dem in den vorstehend genannten Gebrauchsmustern offenbarten Überstromschutzschalter anstelle eines Bimetalls der Zuganker 24 des Relais 22 vorgesehen" ist.
Das Merkmal b) wird durch die Beschreibung (veröffentlichte Anmeldung: Seite 2, Zeilen 16 bis 19) und die Figuren gestützt.
2.3 Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin erfüllt somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.
Neuheit und erfinderische Tätigkeit
3.1 Die vorliegende Anmeldung betrifft einen in einen Flugsimulator einzubauenden Simulationsschalter, der einen im realen Flugzeug vorhandenen, thermisch auslösbaren Überstromschutzschalter simulieren soll.
Da beim Betätigen eines Simulationsschalters das Schaltgefühl eines im realen Flugzeug eingesetzten Überstromschutzschalters vermittelt werden soll, ist nach den Angaben der Beschwerdeführerin üblich, als Simulationsschalter einen im realen Flugzeug einsetzbaren und daher thermisch gesteuerten Überstromschutzschalter zu verwenden, wobei der thermische Auslöser des Simulationsschalters darauf ausgelegt ist, mit niedrigen Auslöseströmen betrieben zu werden (Beschreibung der veröffentlichten Anmeldung, Seite 1, Zeilen 23 bis 30).
3.2 Die vorliegende Anmeldung stellt sich als Aufgabe, einen in einem Flugzeug eingesetzten Überstromschutzschalter zu simulieren, der das gleiche Schaltgefühl des zu simulierenden Überstromschutzschalters vermittelt, aber einen geringeren Auslösestrom erfordert.
3.3 Der Simulationsschalter gemäß Anspruch 1 löst die o. g. Aufgabe dadurch, dass der für den zu simulierenden Überstromschutzschalter typische bimetallgesteuerte Auslöser durch eine elektromagnetische Auslöseeinrichtung ersetzt wird, ohne wesentliche Änderungen an der Schaltmechanik vorzunehmen.
3.4 Keines der vorliegenden Dokumente offenbart einen Simulationsschalter, der alle im Anspruch 1 offenbarten Merkmale aufweist. Der Gegenstand dieses Anspruchs ist somit neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
4.1 Dokument D1 (Figur 2) zeigt einen unspezifischen Überstromschutzschalter mit einer im wesentlichen aus einer manuell betätigbaren Nocke HL und zwei Schwenkarmen SA1 und SA2 bestehenden Schaltmechanik, wobei die Nocke HL den ersten Schwenkarm SA1 zum zweiten Schwenkarm SA2 hin bewegt und somit die von diesen Schwenkarmen getragenen Kontakte C1 und C2 schließt. Eine mit dem zweiten Schwenkarm verbundene elektromagnetische Auslöseeinrichtung dient dazu, den zweiten Schwenkarm SA2 vom ersten zu entfernen und somit die Kontakte zu öffnen, wobei jedoch die manuell betätigbare Schaltmechanik durch die Auslöseeinrichtung nicht entriegelt wird.
Wegen der besonderen Schaltmechanik des in D1 offenbarten Schutzschalters besteht kein Anlass anzunehmen, dass der Fachmann, der sich als Aufgabe stellt, einen Simulationsschalter für einen Flugsimulator zu entwickeln, dieses Dokument in Betracht ziehen würde.
4.2 D2 betrifft einen druckknopfbetätigten Überstromschutzschalter mit Handauslösung und bimetallgesteuerter Freiauslösung. Unter den vorliegenden Dokumenten kann D2 als nächstliegender Stand der Technik insoweit angesehen werden, als dieses Dokument einen für den Einsatz in einem Flugzeug vorgesehenen Überstromschutzschalter offenbart. Nach der vorliegenden Anmeldung würde sich ein herkömmlicher Simulationsschalter für den aus D2 bekannten Schutzschalter vom letzteren lediglich durch den niedrigen Auslösestrom unterscheiden (veröffentlichte Anmeldung, Seite 1, Zeilen 15 bis 31).
Der Simulationsschalter gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich vom in D2 offenbarten Schutzschalter im wesentlichen dadurch, dass er anstelle der bimetall-basierten Auslöseeinrichtung eine elektromagnetische Auslöseeinrichtung zum Auslösen des geschlossenen Schaltkontaktes und Entriegeln des manuellen Betätigungselements aufweist.
4.3 Der vorliegende Stand der Technik gibt dem Fachmann keinen Anlass, der in der Anmeldung dargelegten Praxis, als Simulationsschalter eines thermisch auslösbaren Überstromschutzschalters einen baugleichen Schutzschalter mit einem geringeren Auslösestrom einzusetzen, nicht mehr zu folgen und die bimetall-basierte Auslöseeinrichtung des zu simulierenden Schutzschalters durch einen elektromagnetischen Auslöser zu ersetzen.
4.4 Die übrigen in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente D3 bis D6 betreffen fernbedienbare Überstromschutzschalter mit einer thermischen Auslöseeinrichtung und einem zur Fernsteuerung dienenden elektromagnetischen Schaltantrieb. Sie bieten dem Fachmann keine Anregung zur Entwicklung des beanspruchten Simulationsschalters.
5.1 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass es für den vom Dokument D2 ausgehenden Fachmann nicht naheliegend gewesen wäre, zu einem Simulationsschalter gemäß Anspruch 1 zu gelangen. Der Gegenstand dieses Anspruchs beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5.2 Die abhängigen Ansprüche 2 bis 13 betreffen besondere Ausführungsformen des Simulationsschalters gemäß Anspruch 1 und weisen somit eine erfinderische Tätigkeit auf.
Anspruch 14 betrifft die Verwendung eines Simulationsschalters nach einem der Ansprüche 1 bis 13 und beruht somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6. Aus den dargelegten Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass die vorliegenden Anmeldungsunterlagen den Erfordernissen des EPÜ genügen, und dass somit ein Patent gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin erteilt werden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 14, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung: Seiten 1 bis 4 und 6 bis 11 wie ursprünglich eingereicht,
Seiten 5, 12 und 13, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnungen: Fig. 1 bis 12 wie ursprünglich eingereicht.