T 0068/04 (Offsetdruckfarbe/MICHAEL HUBER MÜNCHEN) of 5.7.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T006804.20070705
Datum der Entscheidung: 05 Juli 2007
Aktenzeichen: T 0068/04
Anmeldenummer: 97951857.8
IPC-Klasse: C09D 11/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Migrations-, geruchs- und swellingarme Bogenoffsetdruckfarbe
Name des Anmelders: MICHAEL HUBER MÜNCHEN GMBH
Name des Einsprechenden: Sun Chemical Corporation
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
Schlagwörter: Hauptantrag und 1. bis 3. Hilfsantrag : ausreichende Offenbarung (nein)
4. Hilfsantrag: ausreichende Offenbarung (ja) - erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 886 671 mit der Veröffentlichungsnummer WO 98/28373 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent angegriffen worden aufgrund mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 (a) EPÜ) und aufgrund mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 100 (b) EPÜ).

III. Zur Stützung des Einspruchs wurden unter anderem die folgenden Druckschriften angezogen:

(1) DE-A-195 16 028 und

(2) US-A-5 178 672.

IV. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, die in Artikel 100(a) und (b) EPÜ genannten Einspruchsgründe stünden der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der am 23. Juli 2003 eingereichten Patentansprüche nicht entgegen.

Anspruch 1 dieses Anspruchssatzes lautete wie folgt:

"Offsetdruckfarbe, die ein kolophoniummodifiziertes Phenolharz (a) und/oder ein Maleinatharz (b) und/oder ein modifiziertes Kohlenwasserstoffharz (c) und/oder einen Kolophoniumharzester (d) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass sie als Lösungsmittel für das/die Harz(e) einen oder mehrere wasserunlösliche(n) Fettsäureester (e) von mehrwertigen Alkoholen mit hohem sterischen Raumbedarf, die aus Trimethylolpropan, Pentaerythrit, Dipentaerythrit, Sorbitol und 2-Butyl-2-ethyl-1,3-propandiol ausgewählt sind, aufweist, wobei die Fettsäuren der Fettsäureester eine Kohlenstoffkettenlänge von 6-26 Kohlenstoffatomen aufweisen und wobei die Ester sterische Abmessungen des Durchmessers lmax von 2,0 bis 7,0 nm und des Volumens Vmittel von 1,0 bis 21,0 nm**(3) aufweisen."

V. Am 5. Juli 2007 hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer stattgefunden.

VI. In dieser mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) die Patentierbarkeit des Patentgegenstandes auf der Grundlage des oben unter Punkt IV angegebenen Anspruchssatzes als Hauptantrag und von vier Hilfsanträgen verteidigt.

Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass die beanspruchte Offsetdruckfarbe mineralölfrei ist.

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags dadurch, dass die Druckfarbe als Lösungsmittel einen oder mehrere mehrfach veresterte(n) Fettsäureester (e) von den angegebenen mehrwertigen Alkoholen und Fettsäuren enthält.

Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags dadurch, dass die Druckfarbe als Lösungsmittel einen oder mehrere vollständig veresterte(n) Fettsäureester (e) von den angegebenen mehrwertigen Alkoholen und Fettsäuren enthält.

Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags dadurch, dass die Druckfarbe als Lösungsmittel einen oder mehrere der genannten Fettsäureester (e) enthält. Dieser Anspruch lautete wie folgt:

"Offsetdruckfarbe, die ein kolophoniummodifiziertes Phenolharz (a) und/oder ein Maleinatharz (b) und/oder ein modifiziertes Kohlenwasserstoffharz (c) und/oder einen Kolophoniumharzester (d) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass sie mineralölfrei ist und als Lösungsmittel für das/die Harz(e) einen oder mehrere wasserunlösliche(n) Fettsäureester (e) Pentaerythrittetracaprat, Dipentaerythrithexacaprat, Pentaerythrittetradocoseat, Dipentaerythrithexadocoseat, Pentaerythrittetraoleat, Trimethylolpropantrioleat, Trimethylolpropantricaprylcaprat oder Pentaerythrittetraisostearat aufweist, wobei die mehrwertigen Alkohole der Fettsäureester einen hohen sterischen Raumbedarf aufweisen und die Ester sterische Abmessungen des Durchmessers lmax von 2,0 bis 7,0 nm und des Volumens Vmittel von 1,0 bis 21,0 nm**(3) aufweisen." (Fettdruck hinzugefügt)

VII. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass die in den vorliegenden Anträgen beanspruchten Gegenstände nicht ausführbar im Sinne des Artikels 83 EPÜ seien und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

Bezüglich des Einwands der mangelnden Ausführbarkeit hat sie im wesentlichen vorgetragen, dass die Parameter lmax und Vmittel nach den Angaben in der ursprüngliche Patentanmeldung und im vorliegenden Patent offensichtlich wesentliche Merkmale für die beanspruchten Druckfarben seien, dass die Patentschrift keinen Hinweis gebe, mit welcher Messmethode diese Parameter zu bestimmen seien, und dass der Fachmann keine Standardmethode zur Bestimmung der betreffenden Abmessungen zu Verfügung hätte. Außerdem führten die von der Patentinhaberin angegebenen Messmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der Fachmann sei daher nicht in der Lage, die beanspruchte Erfindung im gesamten Bereich des Anspruchs 1 auszuführen.

Im Hinblick auf die Druckschrift (1) hat die Beschwerdeführerin die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 des Hauptantrags bestritten. Diese Druckschrift beschreibe nämlich eine Offsetdruckfarbe, die ein phenol- modifiziertes Kolophoniumharz und ein Fettsäureester von einem mehrwertigen Alkohol, wie Trimethylolpropan, und eine C8-22 Fettsäure enthält.

Bezüglich des Gegenstandes des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags hat sie jedoch den Neuheitseinwand fallen gelassen.

Zur erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgetragen, der Fachmann würde ausgehend von der Druckschrift (2) und im Hinblick auf die Aufgabe Offsetdruckfarben bereitzustellen, die sowohl migrations- und geruchsarm als auch schwellungsarm seien, Ester mit einem hohen sterischen Raumbedarf einsetzen. Eine entsprechende Modifizierung der bekanntermaßen eingesetzten mehrwertigen Alkohole zur Herstellung solcher Ester sei im Hinblick auf die Druckschrift (1) für den Fachmann naheliegend und ohne weiteres durchführbar, weil diese Druckschrift (1) den Einsatz von Fettsäureestern von einem mehrwertigen Alkohol und einer C8-22 Fettsäure offenbare.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen. Die in den Hauptansprüchen der vorliegenden Anträge angegebenen sterischen Abmessungen stellten im Hinblick auf die definierten Fettsäureester (e) lediglich eine Überbestimmung dar. Der Einwand der Unbestimmbarkeit der Parameter lmax und Vmittel sei daher nicht ein Einspruchsgrund nach Artikel 100(b) EPÜ (mangelnder Ausführbarkeit) sondern ein Einwand mangelnder Klarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ, welcher kein Einspruchsgrund sei. Im Übrigen sei die Bestimmung der betreffenden Abmessungen für den Fachmann ohne weiteres möglich, wie beispielhaft bei Pentaerythrittetracaprat in der Eingabe vom 29. November 2004 dargestellt wurde.

Die Neuheit der Druckfarbe nach Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber der Druckschrift (1) sei gegeben, weil darin weder die beanspruchten Harze, noch die beanspruchten Ester genannt seien.

Auch beruhten die beanspruchten Offsetdruckfarben auf einer erfinderischen Tätigkeit, da keiner der genannten Druckschriften einen Hinweis auf die Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe gäbe, Offsetdruckfarben bereitzustellen, die sowohl migrations- und geruchsarm als auch schwellungsarm seien.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen oder das Patent auf der Grundlage einer der am 29. November 2004 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.

X. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Ausführbarkeit

2.1 Bei der Beurteilung der Ausführbarkeit im Sinne der Artikel 100 b) und 83 EPÜ ist die zu beantwortende Frage, ob die Patentschrift und die ursprüngliche Anmeldung jeweils als Ganzes die Erfindung so offenbaren, dass ein Fachmann sie ohne unzumutbare Aufwand ausführen kann.

2.2 Im vorliegenden Fall sind die nach Anspruch 1 beanspruchten Offsetdruckfarben dadurch gekennzeichnet, dass sie als Lösungsmittel einen oder mehrere Fettsäureester ausgewählt aus der definierten Gruppe von Estern (e) enthalten, wobei die Fettsäureester sterische Abmessungen des Durchmessers lmax von 2,0 bis 7,0 nm und des Volumens Vmittel von 1,0 bis 21,0 nm**(3) aufweisen.

2.3 Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, die Parameter lmax und Vmittel seien keine wesentliche Merkmale der nun beanspruchten Druckfarben, weil durch die Einschränkung des Patentbegehrens auf den Einsatz von bestimmten Fettsäureester (e) deren sterischen Abmessungen des Durchmessers lmax und des Volumens Vmittel lediglich eine Überbestimmung geworden seien.

Dieses Argument überzeugt jedoch nicht, weil nach der ursprünglich eingereichten Anmeldung als Lösungsmittel lediglich Fettsäureester mit einem hohen sterischen Raumbedarf geeignet seien, wobei der Raumbedarf von den betreffenden Parameter bestimmt wird (siehe Seite 2, zwei letzten Absätze).

Außerdem lehrt die ursprünglich eingereichten Anmeldung, dass natürliche Pflanzenöle, d.h. Triglyceride aus Glycerin und Fettsäuren, nicht brauchbar seien (ursprüngliche Anmeldung, Seite 5, dritter Absatz).

Unter diesen Umständen würde der Fachmann aufgrund der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Anmeldung als Ganzes zu der Schlussfolgerung gelangen, dass lediglich solche Lösungsmittel in den beanspruchten Druckfarben geeignet sind, die erstens zu der definierten Gruppe von Fettsäureestern (e) gehören und zweitens die mit Hilfe der Parameter lmax und Vmittel definierten sterischen Abmessungen aufweisen.

Diese Lehre wurde übrigens im Streitpatent zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe beibehalten (siehe Seite 2, Zeilen 26 bis 37).

2.4 Wird die Lösung eines technischen Problems, wie im vorliegenden Fall, mit Hilfe eines neu formulierten und somit unüblichen Parameters definiert, so trifft nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine Patentinhaberin, die ihre Erfindung der Öffentlichkeit nach Artikel 83 EPÜ vollständig und deutlich offenbaren muss, eine besondere Pflicht, den neuen Parameter so zu definieren, dass der Fachmann diejeweiligen Werte für die Lösung des technischen Problems im gesamten beanspruchten Bereich des Patents ohne unzumutbaren Aufwand ermitteln kann.

2.5 In der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Seite 2, letzter Absatz) wird bezüglich der beiden Parameter lmax und Vmittel lediglich folgendes angegeben:

"Unter Raumbedarf ist die dreidimensionale sterische Abmessung von Molekülen zu verstehen. Hierbei können die sterischen Abmessungen der als Lösungsmittel eingesetzten Ester für den Durchmesser lmax 2,0 bis 7,0 nm und für das Volumen Vmittel von 1,0 bis 21,0 nm**(3) betragen, wobei die angegebenen Werte sich auf maximal gestreckt vorliegende Moleküle beziehen."

Das Gleiche gilt für das Streitpatent (siehe Seite 2, Zeilen 36 bis 39).

2.6 Es verbleibt somit zu beurteilen, ob der Fachmann den beanspruchten Gegenstand innerhalb des gesamten beanspruchten Bereichs mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens sowie der verfügbaren Angaben im Streitpatent ohne unzumutbaren Aufwand ausführen kann.

2.7 Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich des Durchmessers lmax ausgeführt, dass für die Bestimmung dessen Werte

(i) physikalische Methoden,

(ii) Computerprogramme, wie das Programm Sybyl 6.03 der Firma Tripos Incorporation, und

(iii) Messungen mit Hilfe von Molekülmodellen

in Betracht kämen (siehe Eingabe vom 26. November 2004, Seiten 21 bis 24).

Die physikalischen Methoden (i), wie Röntgen-Diffraktion an Einzelkristallen, Gas-Elektronenbeugung (GEB) und Infrarot-Spektroskopie, seien jedoch, wie aus der Druckschrift

(9) "Advances in Molecular Structure Research",

Vol. 3( 1997), Seite 84,

hervorgehe, am Prioritätsdatum des Streitpatents sehr aufwendig gewesen und nur für Moleküle mit einer Atomzahl von weniger als 30 angewandt worden.

Das unter (ii) genannte Computerprogramm Sybyl 6.03 sei, wie aus der Druckschrift

(12) US-A-5 599 974

hervorgehe, bereits am Prioritätsdatum des Streitpatents bekannt gewesen. Mit Hilfe dieses Programms sei für das Molekül Pentaerythrittetracaprat unter der Voraussetzung einer stabilen Gasphasenkonformation, einer maximale Streckung des Moleküls und einer starren Struktur einen Wert für lmax von 2,9 nm ermittelt worden.

Die unter (iii) angegebene Methode mit Molekülmodellen sei eine bewährte Standardmethode zur Bestimmung der sterischen Abmessungen, wie angegeben in der Druckschrift

(10) Römpp-Chemie-Lexikon, 9. Auflage (1991), Seite 2824, unter "Molekülmodelle",

mit der für das Molekül Pentaerythrittetracaprat mit Hilfe eines Molekülbaukastens unter Berücksichtigung der bekannten Bindungslängen und -winkel sowie der zu berücksichtigenden Tetraederstruktur ein Wert für lmax von 2,7 nm ermittelt worden sei.

2.8 In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, dass die Druckschrift (12) jedoch nicht nur das Computerprogramm Sybyl 6.03 als Messmethode nennt, sondern auch noch verschiedene andere brauchbare Programme, die längst bekannt sind (siehe Spalte 3, Zeilen 43 bis 58).

Außerdem gibt es gemäss der Druckschrift (10) weitere brauchbare Molekülmodelle, nämlich:

(i) Kendrew-, Darling-, Dreiding- und Fiesser-Dreiding-Stereomodelle, die geometrisch getreue Ebenbilder der Moleküle seien;

(ii) raumerfüllende Kalottenmodelle wie die CPK- und Stuart-Briegleb-Modelle, die die Einflusssphäre der einzelnen Atome im Molekül besser erkennen ließen; und

(iii) Orbitalmodelle für MO-theoretische Betrachtungen.

2.9 Aus dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin folgt nach Auffassung der Kammer, dass dem Fachmann für die Bestimmung des Durchmessers lmax eine ganze Reihe an Methoden zur Verfügung standen, die wegen ihrer ungleichen Art und/oder aufgrund von bestimmten Voraussetzungen und Annahmen unterschiedliche Werte liefern, ohne dass für den Fachmann erkennbar wäre, welche dieser Methoden oder Modelle Durchmesser im Sinne des Streitpatents (siehe Punkt 2.5 oben) ergeben.

2.10 Die Kammer ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, weil der im Anspruch definierte Durchmesser lmax wegen der unzulänglichen Angaben im Streitpatent vom Fachmann mit seinem allgemeinen Fachwissen nicht ohne unzumutbare Aufwand bestimmt werden kann.

2.11 Der geltende Anspruch 1 erfüllt demzufolge bereits aus diesem Grund nicht die Voraussetzungen des Artikels 83 EPÜ.

2.12 Unter diesen Umständen erübrigt sich das Eingehen auf die Bestimmbarkeit des im Anspruch 1 definierten Volumens Vmittel.

Erster bis dritter Hilfsantrag

3. Im jeweiligen Anspruch 1 gemäss diesen Hilfsanträgen ist, wie in Anspruch 1 des Hautantrags, jeweils eine Gruppe von solchen Fettsäureestern als Lösungsmittel definiert, die als wesentliches technisches Merkmal dem angegebenen Durchmesser lmax entsprechen.

3.1 Die Gründe, die zur Zurückweisung des Hauptantrags geführt haben, gelten daher hier entsprechend und führen dazu, dass auch diesen Hilfsanträgen nicht stattgegeben wird.

Vierter Hilfsantrag

4. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

4.1 Der geltende Anspruch 1 unterscheidet sich von dem des Streitpatents in der erteilten Fassung darin, dass die beanspruchte Offsetdruckfarbe mineralölfrei ist und als Lösungsmittel lediglich einen oder mehrere der konkret angegebenen Fettsäureester enthält. Diese als Einschränkung eingeführten Merkmale finden ihre Stütze in der Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, und zwar in Anspruch 5 für die Abwesenheit von Mineralöl, und in der Beschreibung, Seite 5, zweiter Absatz, sowie in den Beispielen für die beanspruchten Fettsäureester.

Durch die Verbindung dieses eingeschränkten Gegenstandes mit den bereits im erteilten Anspruch 1 enthaltenden sterischen Abmessungen der Fettsäureester (e) ist außerdem zweifelsfrei sichergestellt, dass durch die vorgenommenen Änderungen der Schutzbereich gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert wurde.

4.2 Die geltenden Unteransprüche 2 bis 7 werden gestützt von den Ansprüchen 3, 4 und 8 bis 11 der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung und entsprechen den Ansprüchen 2, 3 und 7 bis 10 des Streitpatents in der erteilten Fassung.

4.3 Der geltende Anspruch 1 erfüllt demzufolge die Voraussetzungen der Artikel 123(2) und (3) EPÜ.

5. Ausführbarkeit

5.1 Die nach Anspruch 1 beanspruchten Offsetdruckfarben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie als Lösungsmittel einen oder mehrere der spezifizierten Fettsäureester (e) enthalten. Zwar enthält der vorliegende Anspruch 1 auch noch die Bedingung, dass die Fettsäureester sterische Abmessungen des Durchmessers lmax von 2,0 bis 7,0 nm und des Volumens Vmittel von 1,0 bis 21,0 nm**(3) aufweisen müssen, aber aufgrund der Angaben in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, insbesondere in der Beschreibung (siehe Seite 5, zweiter Absatz) und in den Beispielen 1 bis 5 ist davon auszugehen, dass diese Bedingung bei den ausdrücklich als erfindungsgemäß angegebenen Fettsäureester tatsächlich erfüllt ist. Die Beschwerdeführerin, die unter diesen Umständen beweispflichtig ist, hat für ihre gegenteilige Behauptung keinerlei Nachweis erbracht.

5.2 Der geltende Anspruch 1 erfüllt demzufolge die Voraussetzungen des Artikels 83 EPÜ.

6. Neuheit

6.1 Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 gegenüber den entgegengehaltenen Druckschriften neu ist. Auch die Beschwerdeführerin hatte dazu keine Bedenken mehr.

7. Erfinderische Tätigkeit

7.1 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern zum "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit und im Einklang mit den Parteien betrachtet die Kammer im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Druckschrift (2) als nächstkommenden Stand der Technik.

7.2 Diese Druckschrift betrifft, wie das Streitpatent, Offsetdruckfarben, die zur Vermeidung von umweltschädlichen Emissionen Fettsäureester statt Mineralöle enthalten (siehe Spalte 1, Zeile 21 bis Spalte 2, Zeile 2, und Spalte 4, Zeilen 19 bis 22). Geeignete Fettsäureester sind solche von Pflanzenölfettsäuren mit einer Kohlenstoffkettenlänge von 8 bis 24 Kohlenstoffatomen und einfachen Alkoholen oder Glykolen, bevorzugt Ethylenglykol und besonders bevorzugt Propylenglykol (siehe Spalte 2, Zeilen 13 bis 44). Derartige Druckfarben haben vorteilhafterweise einen niedrigen Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) und verbesserte harzlösende Eigenschaften, welche den Einsatz von zahlreichen Harzen zur Herstellung der Druckfarben ermöglichen (siehe Spalte 4, Zeilen 43 bis 56).

7.3 Gegenüber diesem nächstkommenden Stand der Technik hat die Beschwerdegegnerin eine Verbesserung geltend gemacht, nämlich die Bereitstellung einer geruchs-, schwellungs- und migrationsarmen Offsetdruckfarbe.

7.4 Da die Beschwerdegegnerin keinerlei Nachweis für die tatsächliche Realisierung dieser vorgebrachten Vorteile erbracht hat, verbleibt gegenüber der Druckschrift (2) als Aufgabe, eine weitere mineralölfreie Offsetdruckfarbe bereitzustellen.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 als Lösungsmittel der Einsatz von bestimmten, im Anspruch genannten Fettsäureester vorgeschlagen.

7.5 Ausweislich der Beispiele im Streitpatent wird die oben definierte Aufgabe auch glaubhaft gelöst. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich auch keinerlei Einwände vorgebracht.

7.6 Es ist nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem vor der oben definierten Aufgabe stehenden Fachmann Anregungen bot, diese gemäß Anspruch 1 des Streitpatents durch die als Lösungsmittel eingesetzten Fettsäureester zu lösen.

7.7 Die Druckschrift (2) offenbart, wie oben unter Punkt 6.2 angegeben, dass als Ersatz für die üblichen Mineralöle Pflanzenölfettsäuren mit einem Kohlenstoffkettenlänge von 8 bis 24 Kohlenstoffatomen und einfachen Alkoholen oder Glykolen, bevorzugt Ethylenglykol und besonders bevorzugt Propylenglykol, geeignet seien. Diese Druckschrift gibt jedoch keinerlei Anregung, zur Lösung der hier bestehenden Aufgabe eine Offsetfarbe bereitzustellen, die einen oder mehrere der spezifisierten Fettsäureester als Lösungsmittel enthält.

7.8 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine entsprechende Modifizierung der nach der Druckschrift (2) eingesetzten Fettsäureester von mehrwertigen Alkoholen im Hinblick auf die Druckschrift (1) für den Fachmann naheliegend und ohne weiteres durchführbar, weil diese Druckschrift den Einsatz von Fettsäureestern von einem mehrwertigen Alkohol und einer C8-22 Fettsäure offenbare.

Der Einsatz von solchen Fettsäureestern mit einem hohen Raumbedarf sei übrigens ohnehin schon naheliegend um die erwünschten Migrations-, Geruchs- und Schwellungseigenschaften zu erhalten.

7.9 Die Druckschrift (1) offenbart jedoch aromatenfreie umweltfreundliche Lösungsmittel auf Mineralölbasis für Druckfarben, wie Offsetdruckfarben, wobei die aromatischen Bestandteile im Mineralöl sich durch Fettsäureester und Fettalkohole ersetzen lassen (siehe Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 22). Da diese Lösungsmittel zwingend ein Mineralöl enthalten, und zwar bevorzugt in einer Menge von 80 bis 99 Gew.-% (siehe Spalte 3, Zeilen 18 bis 32), bestand für den Fachmann im Hinblick auf die zu lösende, oben definierte Aufgabe, nämlich eine weitere mineralölfreie Offsetdruckfarbe bereitzustellen (siehe Punkt 6.5 oben), keinerlei Anlass diese Druckschrift zu berücksichtigen. Außerdem enthält sie keinerlei Hinweis auf den Einsatz von einem der im vorliegenden Anspruch 1 genannten Fettsäureester. Vielmehr führt die Lehre dieser Druckschrift von der nach dem Streitpatent beanspruchten Lösung der vorliegenden Aufgabe weg, weil gemäss dieser Lehre der Einsatz von mit monofunktionellen Alkoholen veresterten Fettsäuren, bei denen die Alkoholkomponente 1 bis 8 Kohlenstoffatome und insbesondere 1 bis 4 Kohlenstoffatome enthält, als Ersatz der aromatischen Bestandteile im Mineralöl bevorzugt ist (siehe Spalte 4, Zeilen 54 bis 57).

Für die Behauptung, der Einsatz von Fettsäureestern mit einem hohen Raumbedarf sei ohnehin schon naheliegend um die erwünschten Migrations-, Geruchs- und Schwellungseigenschaften zu erhalten, fehlt jegliche Substantiierung und jeder Beleg der beweispflichtigen Beschwerdeführerin. Ihr Vorbringen ist daher rein spekulativ und schon daher unbeachtlich.

7.10 Die Kammer hat sich außerdem davon überzeugt, dass der beanspruchte Gegenstand auch durch keine weiteren entgegengehaltenen Druckschriften nahegelegt wird. Da die erfinderische Tätigkeit von der Beschwerdeführerin nicht aufgrund anderer Druckschriften angegriffen wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

7.11 Aus alldem ergibt sich, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruch 1 auf einer erfinderischer Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ beruht.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 betreffen weitere Ausgestaltungen der Offsetdruckfarbe gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die 1. Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit den am 29. November 2004 als 4. Hilfsantrag eingereichten Ansprüchen 1 bis 7 und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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