T 0008/04 () of 31.5.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T000804.20060531
Datum der Entscheidung: 31 Mai 2006
Aktenzeichen: T 0008/04
Anmeldenummer: 97121929.0
IPC-Klasse: F16B 37/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung
Name des Anmelders: fischerwerke Artur Fischer GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: HEIER Metallverarbeitung GmbH
HALFEN GmbH & Co. Kommanditgesellschaft
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 31. Dezember 2003 gegen die am 6. November 2003 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent EP 0 860617 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die schriftliche Begründung ist am 16. März 2004 eingegangen.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem während der vor der Einspruchsabteilung gehaltenen mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2003 eingereichten Hilfsantrag II nicht entgegenstünden.

Sie hat insbesondere die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt, die auch von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung herangezogen wurden:

D2: US-A-3 483 910

D8: DE-U-295 13 990

D10: DE-U-91 08 948

In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin noch zusätzlich auf:

D11: Auszug aus dem Lexikon der Technik, Band 1, Lexikographisches Institut, München, 1986, Seiten 303-304

III. Am 31. Mai 2006 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt:

"Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung, mit einem auf einen Schraubenschaft aufgeschobenen Klemmelement und mit einem Zugfederelement, das an einem Schraubenkopf (16) und am Klemmelement (20) angreift, wobei das Klemmelement (20) eine Lochscheibe ist, die bei in eine Befestigungsschiene (12) eingesetzter Hammerkopfschraube (10) auf einer Außenseite der Befestigungsschiene (12) anliegen kann, dadurch gekennzeichnet,

dass das Zugfederelement (26) das Klemmelement (20) in Anlage an den Schraubenkopf zieht und dass das Zugfederelement (26) ein Gummiring ist."

V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Aus der Druckschrift D2 (siehe insbesondere Fig. 3, 9 und 10 nebst dazugehörender Beschreibung) sei eine Hammerkopfschraube zum Festlegen an einer Befestigungsschiene bekannt, die die gleiche Ausgestaltung aufweise, sowie die gleiche Funktion erfülle wie die Hammerkopfschraube des Streitpatents. Es solle nämlich eine durch die Zugkräfte eines zwischen dem Schraubenkopf/Hammerkopf 511 und der Lochscheibe 356 angeordneten Zugfederelements 320 erzeugte Klemmwirkung mit einer Schiene erreicht werden, um das Vormontieren der Hammerkopfschraube zu erleichtern. Werde die Schraube nach dieser Vormontage fest angezogen, verliere das Zugfederelement 320 an technischer Bedeutung. Auch dessen Alterungsbeständigkeit spiele dann keine Rolle mehr. Aus der Beschreibung in Spalte 4, Zeilen 48 bis 55 gehe deutlich hervor, dass das mit dem Bezugszeichen 356 versehene Bauteil im Sinne einer Lochscheibe ausgestaltet sei, die zur äußeren Anlage an der Befestigungsschiene diene. Das im erstinstanzlichen Verfahren hinzugekommene Teilmerkmal des kennzeichnenden Teils, wonach das Zugfederelement das Klemmelement in Anlage an den Schraubenkopf ziehe, sei missverständlich, zumal bei Einsatz einer Hammerkopfschraube von einer Anlage zwischen Schraubenkopf und Lochscheibe nicht die Rede sein könne und im Anspruch nicht präzisiert werde, ob es sich um eine mittelbare oder unmittelbare Anlage handele. Als einziger maßgebender Unterschied zu der aus D2 bekannten Hammerkopfschraube verbleibe somit das Merkmal, dass das Zugfederelement gemäß Lehre des Streitpatents als Gummiring statt als Spiralfeder 320 ausgeführt sei.

Dieses Merkmal könne das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen. Wie die Zugspannung erzeugt werde, sei bei D2 unwichtig. Es sei für den Fachmann offensichtlich, dass das Zugfederelement der D2 sehr aufwendig gebaut sei und dass es hier Spielraum für Kosteneinsparungen gebe. In seinem zu unterstellenden Bestreben nach Vereinfachung werde sich daher der Fachmann nach alternativen Zugfederelementen umschauen. So sei es für den einschlägigen Fachmann bei der Suche nach einem geeigneten Zugfederelement selbstverständlich, auch einfachste bekannte Ausführungsarten in Betracht zu ziehen. Dabei sei zu beachten, dass Gummiringe als einfachste Ausführung eines Zugfederelements zum Zusammenhalten von Bauteilen auf dem Gebiet der Montage- und Befestigungstechnik seit Jahren aus der Praxis bekannt seien. Als Beleg für diese Wertung sei z.B. nur an die Verwendung von Gummiringen zum Bespannen der ausschwenkbaren Klemmbügel einer Steckdose erinnert oder auf die Druckschriften D1O und D8 hingewiesen. D10 zeige nämlich, wie man auf dem Gebiet der Montage- und Befestigungstechnik mittels eines Gummirings eine Zugspannung zwischen zwei Bauteilen erzeuge, die vorläufig zusammengehalten werden müssten, indem nämlich der Gummiring die beiden Bauteile zumindest teilweise über- bzw. umgreife. Die Druckschrift D8 zeige - entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin -, dass die in den Druckschriften D2 und D1O gezeigten Techniken in unmittelbarem Zusammenhang zueinander stünden, und zwar einerseits in Bezug auf die Entwicklung und Herstellung und andererseits in Bezug auf deren Anwendung im konkreten Falle.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der zum Prioritätszeitpunkt auf dem Gebiet der Befestigungs- und Montagetechnik tätige Fachmann, auch wenn er einfache Zugfederelemente wie Gummiringe kenne und nach einer Vereinfachung der in der D2 gezeigten gattungsbildenden Befestigungseinrichtung strebe, würde nicht auf die in Anspruch 1 angegebene Befestigungsvorrichtung kommen, ohne erfinderisch tätig zu werden. Es hätte weiterer, dem Stand der Technik nicht zu entnehmender konstruktiver Abwandlungen bedurft, um von der Zusammenschau der Druckschriften D2, D8 und D10 zum Gegenstand des Anspruchs zu gelangen.

Entscheidungsgründe

1. Verspätet vorgebrachtes Beweismittel

Der Auszug D11 aus dem Lexikon der Technik ist nach der neunmonatigen Frist für das Einlegen eines Einspruchs (Art. 99 EPÜ) eingegangen und gilt somit als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ.

Die zitierte Stelle D11 des Lexikons befasst sich mit verschiedenen Arten von Federn, die im Maschinenbau Verwendung finden. Auf Seite 304, in der Mitte der rechten Spalte, wird sinngemäß angegeben, dass federnde Teile aus Kautschukmassen (z. B. Bänder, Puffer zur federnden Montage von Maschinen u. a.) bei der Deformation große innere Materialreibung haben und daher nur wenig zum Nachschwingen tendieren. Bei diesem Zitat geht es aber nicht um die Verwendung von Kautschukmassen als Zugfederelemente, so dass dieses Dokument für die vorliegende Entscheidung nicht relevant ist. Die Kammer hat daher in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 114 (1) und (2) EPÜ beschlossen, D11 nicht zu berücksichtigen.

2. Erfinderische Tätigkeit

In der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung wurde der Anspruch 1 gegenüber dem in der D2 beschriebenen Stand der Technik abgegrenzt.

Wenn der Fachmann, dem Hinweis in der Spalte 4, Zeilen 61-65 der D2 folgend, das in der Figur 9 der D2 als Mutter abgebildete Element 311 nach Vorbild der Figur 10 in einen Schraubenkopf umwandelt, kommt er zu einer Hammerkopfschraube mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin sieht die Kammer das Merkmal, dass der Trompetenring 356 ("ferrule") auf der Außenseite der Befestigungsschiene 40 anliegt, als gegeben an. Die Rundungen, auf denen der Trompetenring anliegt, bilden die Außenseiten der Abkröpfungen der Schiene und können somit als Außenseite der Schiene betrachtet werden.

Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass das Merkmal des kennzeichnenden Teils, wonach das Zugfederelement das Klemmelement in Anlage an den Schraubenkopf zieht, in der D2 vorhanden sei. Dies trifft nicht zu. Weil die Zugfeder 320 immer zwischen dem Trompetenring 356 und der Mutter 311 liegt und sich funktionell- und konstruktionsbedingt über ein gewisses Ausmaß erstreckt, kann sie auch nicht den Trompetenring 356 in Anlage an die Mutter 311 bzw. den Schraubenkopf ziehen.

Unumstritten ist das weitere Unterscheidungsmerkmal, dass das Zugfederelement ein Gummiring ist.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist daher zu überprüfen, ob sich der Einsatz eines Gummiringes in der beanspruchten Weise zur Erzeugung der Zugspannung zwischen der Lochscheibe und dem Schraubenkopf in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Da der Trompetenring 356 in Figur 9 von D2 keine brauchbare bzw. praktikable Angriffsmöglichkeit für einen Gummiring als Zugelement anbietet und D2 an keiner anderen Stelle einen Hinweis auf Gummiringe enthält, gibt es nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung für den Fachmann, einen Gummiring als Zugfederelement in der Einrichtung gemäß D2 in Betracht zu ziehen. Selbstverständlich kennt der Fachmann einfache Zugfederelemente wie Gummiringe, doch der Gedanke, einen Gummiring zu verwenden, um auf den kreisrunden Trompetenring der Befestigungseinrichtung nach der Figur 9 der D2 einen axialen Zug zu erzeugen, ist nach Auffassung der Kammer technisch abwegig und daher nicht naheliegend. Die Verwendung eines Gummiringes zwischen Trompetenring 356 und Schraubenkopf würde auch dem in der Spalte 4, Zeilen 66 bis Spalte 5, Zeile 2 der D2 empfohlenen Erfordernis entgegenstehen, dass die Oberfläche des Trompetenring nicht die Außenfläche der Schiene überragen sollte. Auch die Gefahr einer Beschädigung des Gummiringes hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin einen Einfluss auf die Auswahl der möglichen Lösungen, weil der Gummiring durch die 90º-Drehung des Schraubenkopfs beim Einsetzen in die Montageschiene zwischen den Schraubenkopf und die Montageschiene gelangen und dabei eingequetscht und abgeschert werden kann. Mit dem Einsatz eines Gummiringes in der Einrichtung gemäß D2 sind zusätzliche Überlegungen verbunden und konstruktive Umgestaltungen nötig, die über eine fachübliche Weiterentwicklung hinausgehen.

Der im Einspruchsverfahren vorliegende, recht umfangreiche Stand der Technik zur Problematik der vorläufigen Verklemmung einer Hammerkopfschraube in einer Montageschiene belegt, dass diverse Schrauben-, Zug- und Druckfedern und sonstige Spezialelemente aus Metall oder Kunststoff als Federelemente vorgeschlagen worden sind. Es ist jedoch keine gattungsgemäße Hammerkopfschraube bekannt, bei der ein Gummiring verwendet würde und der Stand der Technik regt zum Einsatz eines einfachen und preisgünstigen Bauelements wie eines Gummirings nicht an. Wenn die bekannten Lösungen in vergleichsweise aufwendigen Federelementen verharren, ist nach Auffassung der Kammer die Einfachheit des Lösungsvorschlags auf dem Gebiet von Massenprodukten ein Anzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit.

Die D10 belegt zwar, dass es bekannt war, Gummiringe auf dem Gebiet der Montage- und Befestigungstechnik zu verwenden. D10 bietet jedoch keine Lösung für die Erzeugung einer Zugspannung zwischen einer Lochscheibe und einem Schraubenkopf, weil die hier gezeigte Rohrschelle gegenüber der gattungsgemäßen Befestigungseinrichtung wesentliche konstruktive und funktionelle Unterschiede aufweist. Auch die D8 kann an dieser Feststellung nichts ändern.

Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand nach dem Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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