European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T120903.20060310 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 März 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1209/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96101391.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B62D 5/32 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Hydraulische Lenkeinrichtung mit Stromverstärkung | ||||||||
Name des Anmelders: | Bosch Rexroth AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Danfoss A/S | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderung - Zulässigkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der von der Einsprechenden gegen das europäische Patent Nr. 0 725 001 eingelegte Einspruch, der unter anderem auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ gestützt wurde, führte mit der am 17. Oktober 2003 zur Post gegebenen Entscheidung zum Widerruf des Patents. Die Einspruchabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausging. Sie fand für das im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 eingefügte Merkmal, dass die Eingangsdrossel "vor dem Steuerventil (13)... angeordnet ist", keine Basis in der ursprünglich eingereichten Fassung der Beschreibung.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 8. Dezember 2003 Beschwerde eingelegt und beantragte die Aufhebung der Entscheidung. Gleichzeitig hat sie die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 16. Februar 2004 eingereicht. In der Beschwerdebegründung trug die Beschwerdeführerin vor, dass die Einspruchsabteilung sachlich von einer falschen Auffassung ausgegangen sei, und rügte schwerwiegende Verfahrensfehler.
III. In einer Mitteilung vom 16. Januar 2006 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung nach Regel 11 (1) VOBK vertrat die Kammer die vorläufige Ansicht, dass aus der Sicht des Fachmanns keine Grundlage in der Beschreibung und der Figur 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung für das strittige Merkmal zu finden sei. Zum Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs wies die Kammer auf die entscheidungserheblichen Prozesstatsachen hin und legte ihre vorläufige Ansicht dar, dass ein Verfahrensfehler wohl nicht angenommen werden könne.
IV. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin, dass mit der Aufhebung der Entscheidung der Einspruchabteilung das Patent auf der Basis der mit Schriftsatz vom 8. Februar 2006 eingereichten Ansprüche 1 und 2 aufrechterhalten wird.
V. Am 10. März 2006 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin ist nicht erschienen. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VI. Der von der Beschwerdeführerin eingereichte unabhängige Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
1. "Hydraulische Lenkeinrichtung mit Stromverstärkung, die einerseits über einem Zulaufanschluss (9) mit einer Versorgungspumpe (2) und andererseits über Zylinderanschlüsse (10, 10') mit einem Lenkzylinder (8) verbunden ist und die eine Hauptleitung vom Zulaufanschluss (9) zu jeweils einem der Zylinderanschlüsse (10, 10') ausbildet, wobei in der Hauptleitung ein Steuerventil (13) und eine Dosierpumpe (14) angeordnet sind, wobei das Steuerventil (13) einen inneren, vom Lenkrad (15) ansteuerbaren Steuerkolben und eine äußere, mit dem Rotor der Dosierpumpe (14) mechanisch verbundene Steuerhülse besitzt und der Steuerkolben und die Steuerhülse begrenzt zueinander drehbar sind und miteinander und mit der Dosierpumpe (14) korrespondierende Leitungen (16) besitzen, wobei in der Hauptleitung zwischen dem Zulaufanschluss (9) und den verstellbaren Drosseln (18) eine in Neutralstellung geschlossene und durch die Lenkbewegung verstellbare Eingangsdrossel (19) angeordnet ist und die Dosierpumpe (14) weiterhin Ablaufleitungen (17) besitzt, die mit den Zylinderanschlüssen (10, 10') verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Dosierpumpe (14) und der jeweilige Zylinderanschluss (10, 10') ständig über alle Ablaufleitungen (17) verbunden sind, dass sich in der Hauptleitung vor der Dosierpumpe (14) eine Konstantdrossel (20) befindet und dass eine das Steuerventil (13) und die Dosierpumpe (14) umgehende Leitung (24) besteht, die vor der verstellbaren Eingangsdrossel (19) abzweigt und die hinter der Dosierpumpe (14) in die zum Lenkzylinder (8) führenden Ablaufleitungen (17) einmündet und in der ein einseitig federbelastetes und druckabhängig arbeitendes Regelventil (25) angeordnet ist und das Regelventil (25) über zwei Steuerleitungen (26, 27) von der Druckdifferenz über der Konstantdrossel (20) in der Art gesteuert wird, dass der höhere Steuerdruck der Druckfeder entgegenwirkt."
VII. In ihrer Eingabe vom 8. Februar 2006 räumte die Beschwerdeführerin ein, dass das Merkmal "vor dem Steuerventil" durch die ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht gestützt sei und reichte den neuen Anspruch 1 ein, in dem das strittige Merkmal durch die Formulierung "zwischen dem Zulaufanschluss (9) und den verstellbaren Drosseln (18)" ersetzt wurde. Sie war der Auffassung, dass diese Änderung nach Art. 123 (2) EPÜ zulässig sei, weil sie die Lage der ersten verstellbaren Drossel 19 in identischer Weise mit der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung definiere (zitierte Textstelle auf der Seite 7, Zeilen 6 bis 9 der ursprünglichen Unterlagen). Durch die vorgeschlagene Änderung werde auch der Schutzbereich der Ansprüche nicht erweitert (Artikel 123 (3) EPÜ).
Des Weiteren bemängelte die Beschwerdeführerin, dass ihr im Einspruchsverfahren kein rechtliches Gehör nach Artikel 113 (1) EPÜ gewährt worden wäre. Sie trug unter anderem vor, die Einspruchsabteilung habe in ihrem am 31. Mai 2000 ausgegebenen Zwischenbescheid ihre vorläufige Rechtsauffassung kundgetan, wonach die im Anspruch 1 enthaltene und im Laufe des Prüfungsverfahrens durchgeführte Hinzufügung "vor dem Steuerventil" aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ableitbar sei. In der mündlichen Verhandlung habe sie dann bei gleich gebliebenem Sachverhalt die Entscheidung über das Vorliegen einer unzulässigen Erweiterung verkündet und das Patent widerrufen. Davor habe sie in keiner Weise ausgeführt oder auch angedeutet, dass sie von ihrem bisherigen offen gelegten Standpunkt abweichen würde. Mit dieser Verfahrensführung der Einspruchsabteilung sei die Beschwerdeführerin überrascht und in die Irre geführt worden. Die Einspruchsabteilung hätte ihre geänderte Rechtsauffassung zur unzulässigen Erweiterung vor ihrer Entscheidung darlegen müssen, um der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu geben, die neue Rechtslage zu bewerten und neue Anträge zu stellen.
VIII. Zum geänderten Wortlaut des Patentanspruchs 1 vertrat die Beschwerdegegnerin die Auffassung, dass der nunmehr beanspruchte Bereich "zwischen dem Zulaufanschluss (9) und den verstellbaren Drosseln (18)" sowohl einen Abschnitt innerhalb als auch einen Abschnitt außerhalb des Steuerventils umfasse. In dem Ausführungsbeispiel und der Textstelle der Figurenbeschreibung, auf die sich die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Argumentation beziehe, werde nur offenbart, dass die Eingangsdrossel 19 innerhalb des Steuerventils angeordnet sei. Die vorgeschlagene Änderung erfülle daher nicht die Bedingungen des Artikels 123 (2) EPÜ. Im übrigen verstoße diese Änderung auch gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1(1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.
Rechtliches Gehör
2. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdebegründung die Verletzung des rechtlichen Gehörs zunächst darauf gestützt, dass die angefochtene schriftliche Entscheidung nicht den Namen des rechtskundigen Mitglieds aufführt, dass die Entscheidungsgründe von keinem der Mitglieder unterzeichnet worden seien und dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung nur von der Vorsitzenden und einem technischen Mitglied unterschrieben worden sei.
Die Kammer hat in ihrer Mitteilung vom 16. Januar 2006 darauf hingewiesen, dass ausweislich des in der Einspruchsakte befindlichen Unterschriftenblatts (Formblatt 2339) die schriftliche Entscheidung ordnungsgemäß von den in der mündlichen Verhandlung anwesenden und entscheidenden Mitgliedern unterzeichnet wurde und dass das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2003 in Übereinstimmung mit Regel 76(3) EPÜ zutreffend nur vom Protokollführer und der Vorsitzenden unterzeichnet wurde. Diese Feststellungen hat die Beschwerdeführerin im weiteren Verfahren nicht bestritten.
Die Entscheidung beruht daher insoweit nicht auf einem Verfahrensfehler.
3. Die Beschwerdeführerin hat ferner eine Verletzung des rechtlichen Gehörs aus folgendem Sachvortrag geschlossen:
Der Wechsel im Vorsitz sei erst bei Sitzungsbeginn durch handschriftlichen Vermerk im Aushang vor dem Sitzungssaal geändert worden. Dies lasse nur den Schluss zu, dass der tatsächliche Wechsel im Vorsitz mit diesem Zeitpunkt zusammengefallen sei. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die Vorsitzende ausreichend sachlich vorbereitet war.
Die Kammer folgt nicht der Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, dass von dem Zeitpunkt der Korrektur des Aushangs vor dem Sitzungssaal ein Rückschluss auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Anordnung des Wechsels im Vorsitz gemacht werden kann, da die inhaltliche Unrichtigkeit des Aushangs in Bezug auf den Namen der Vorsitzenden mannigfaltige administrative Gründe haben kann, gerade auch dann, wenn die Anordnung zum Wechsel im Vorsitz zeitlich viel früher erfolgte. Entscheidend ist jedoch nicht der Zeitpunkt der tatsächlichen Anordnung zum Wechsel im Vorsitz, sondern dass keine Anhaltspunkte aktenkundig sind oder von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurden, dass die Vorsitzende die Verhandlung nicht sachgerecht geleitet habe und wegen fehlender Aktenkenntnis die Beschwerdeführerin nicht zu entscheidungserheblichen Punkten angehört habe. Da der Beschwerdeführerin laut Protokoll über die mündliche Verhandlung Gelegenheit gegeben wurde, sich zum Streitpunkt der "unzulässigen Erweiterung" zu äußern und weitere Anträge zu stellen, kann die Kammer insoweit keine Verletzung des rechtlichen Gehörs feststellen.
4. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs mit besonderer Betonung auf die Feststellung, dass die Einspruchsabteilung vor Erlass der Entscheidung nicht bekannt gegeben habe, dass sie ihre in der Mitteilung vom 31. Mai 2000 geäußerte vorläufige Rechtsansicht zum Streitpunkt der "unzulässigen Erweiterung" zum Nachteil der Beschwerdeführerin geändert habe.
Die Ladung zur mündlichen Verhandlung sei mit einer Entscheidung zur Beweisaufnahme über die Frage der Vorbenutzung erfolgt und habe keinen Hinweis enthalten, dass die Einspruchsabteilung ihre vorläufige Rechtsansicht zur Zulässigkeit der Änderungen unter Artikel 123 (2) EPÜ geändert habe. In der mündlichen Verhandlung sei sogleich der Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung erörtert worden und beide Parteien zur Stellungnahme aufgefordert worden. Der Vortrag beider Parteien sei kurz gewesen und habe sich auf die bereits bekannten Argumente gestützt. Neue Sachverhalte habe es nicht gegeben. Nach einer Verhandlungsdauer von 15 Minuten habe die Einspruchsabteilung eine Beratungspause angekündigt und darauf hingewiesen, dass danach eine Endentscheidung ergehen könne und der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, neue Anträge zu stellen. Die Einspruchsabteilung habe in keiner Weise ausgeführt oder auch nur angedeutet, dass sie in ihrer Entscheidung von ihrem bisher offen gelegten Standpunkt abweichen würde. Die Beschwerdeführerin fühlte sich daher nicht zur Stellung neuer Anträge veranlasst und sei von der daraufhin ergangenen Endentscheidung völlig überrascht gewesen. Die Einspruchsabteilung habe das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ verletzt, da die Entscheidung auf Gründe gestützt wurde, zu denen die Beschwerdeführerin nicht gehört worden sei.
Zu der vorläufigen Auffassung der Kammer, dass das Recht auf rechtliches Gehör kein Recht begründet, das Ergebnis der Beratung des entscheidenden Organs vor Erlass der endgültigen Entscheidung mitgeteilt zu erhalten, trug die Beschwerdeführerin vor, dass sie "auch nicht das Ergebnis der Beratung mitgeteilt bekommen wollte, sondern die Gründe, die zu einer neuen Rechtsauffassung geführt haben". Sie berief sich auf einen Aufsatz von Petra Schmitz über den "Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem EPA" (Mitteilungen der Patentanwälte 1993, Seite 165ff) und zitierte folgenden Passus: "Geht die rechtliche Ansicht eines Organs des EPA erkennbar in eine bestimmte Richtung, und will es später in seiner Entscheidung hiervon abweichen, so muss dies vorher mitgeteilt werden, da die Parteien nur dann die Möglichkeit haben, ihre eigene rechtliche Auffassung entsprechend darzustellen".
Die Kammer kann der Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin zu diesem Zitat nicht folgen, auch wenn sie übereinstimmend mit der Beschwerdeführerin davon ausgeht, dass Artikel 113 (1) EPÜ nicht nur ein Recht gibt, zu neuen Tatsachen und Beweismitteln eine Stellungnahme abzugeben, sondern auch einen Anspruch begründet, zu neuen rechtlichen Gesichtspunkten gehört zu werden. Ein Gesichtspunkt ist aber nicht neu, wenn die Parteien darüber streitig verhandelt haben.
Die Beschwerdeführerin trug selbst vor, dass die Entscheidung nicht auf einem geänderten Sachverhalt oder einem neuen Beweismittel, zu dem sie nicht gehört wurde, beruht.
Ihre Rüge stützt sich daher allein darauf, dass die Einspruchsabteilung eine Verpflichtung gehabt hätte, die Gründe für die Änderung ihrer vorläufigen Rechtsansicht vorab mitzuteilen.
Die Beteiligten haben jedoch unter Artikel 113 (1) EPÜ vor Erlass der Entscheidung keinen Anspruch auf eine abschließende Würdigung. Diese findet sich vielmehr in der Entscheidung (vgl. Punkt 2.3 im 1. Absatz des von der Beschwerdeführerin zitierten Aufsatzes von Petra Schmitz, a.a.O. Seite 166).
Die abschließende rechtliche Gewichtung der streitig verhandelten Argumente bilden daher keine Gründe der Endentscheidung, zu denen die Beschwerdeführerin gehört werden muss. Anderenfalls wäre die Einspruchsabteilung schon an eine Entscheidung gebunden, die erst auf Grund der abschließenden Beratung getroffen werden darf.
Die Beschwerdeführerin trug nicht vor, von einem rechtlichen Argument überrascht worden zu sein. Gemäß Seite 1 des Protokolls über die mündliche Verhandlung wurden die in den Entscheidungsgründen aufgeführten Argumente auch zwischen den Parteien streitig verhandelt. Damit war für ein Vertrauen der Beschwerdeführerin, dass der Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung nicht mehr weiterverfolgt würde, kein Raum.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin durch die von der Einsprechenden vorgetragenen Argumente Gelegenheit gehabt, sich zu den entscheidungserheblichen Punkten zu äußern. Die angegriffene Entscheidung beruht daher nicht auf einem neuen überraschenden Argument. Auf den vorliegenden Fall zielt die von der Beschwerdeführerin zitierte Textstelle aus dem Aufsatz von Petra Schmitz auch nicht ab, was sich aus dem zu diesem Zitat angeführten Beispiel aus der Rechtsprechung ergibt. Danach darf die Prüfungsabteilung Dokumente, die vom Anmelder selbst zur Stützung seiner Argumentation eingereicht wurden, in der Entscheidung nicht gegen ihn verwenden, ohne ihn dazu gehört zu haben. Dies wäre in der Tat ein überraschend neues Argument, zu dem er gehört werden muss. Im vorliegenden Fall ist, wie schon dargelegt, aber kein neues Argument in das Verfahren eingeführt worden. Ein Überraschungseffekt, den Artikel 113 (1) EPÜ ausschließen will, war somit nicht gegeben, wenn sich die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung den Argumenten der Einsprechenden anschloss.
Das Protokoll enthält folgende Feststellung: "Bevor sie die mündliche Verhandlung unterbrach, damit die Einspruchsabteilung beraten könne, wies die Vorsitzende ausdrücklich darauf hin, dass eine Endentscheidung ergehen könne und fragte den Vertreter der Patentinhaberin, ob er weitere Anträge hätte. Dieser antwortete, dass er keine weiteren Anträge habe".
Der Hinweis, dass eine Endentscheidung ergehen könne, enthielt den unmissverständlichen Hinweis, dass auch eine für die Beschwerdeführerin nachteilige Entscheidung ergehen könnte. Ein zugelassener Vertreter als kundiger Verfahrensbeteiligter konnte daher nicht davon ausgehen, dass keine für den Patentinhaber nachteilige Entscheidung ergehen würde und die Einspruchsabteilung an ihrer vorläufig mitgeteilten Rechtsauffassung festhalten müsste.
Es bestand für die Einspruchsabteilung auch keine Verpflichtung nach der Beratung, die zur nachteiligen Endentscheidung führte, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten, um der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, geänderte Anträge einzureichen. Die Gelegenheit zur geänderten Antragstellung wurde der Beschwerdeführerin ausdrücklich schon vor der Beratung gewährt und von dieser ebenso explizit ausgeschlagen. Es bestand daher keine unklare Prozesslage, die eine Hinweispflicht der Einspruchsabteilung hätte begründen können.
Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass die angefochtene Entscheidung unter keinem Gesichtspunkt auf einem Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht.
5. Zulässigkeit der Änderungen
In der Mitteilung nach Regel 11(1) VOBK hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung bezüglich des strittigen Merkmals "vor dem Steuerventil" ausführlich begründet und ihre Sicht des diesbezüglichen Sachverhalts wie folgt geschildert: "dem Offenbarungsgehalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ist vielmehr zu entnehmen, dass die Eingangsdrossel im Steuerventil vor dessen Konstantdrossel 20 und verstellbaren Drosseln 18 in dieser Reihenfolge angeordnet ist. Allerdings sind die verstellbaren Drosseln 18 im Patentanspruch nicht definiert" (Hervorhebung durch Fettdruck bereits im Originalwortlaut).
In ihrem Schreiben vom 8. Februar 2006, mit dem sie die Streichung der strittigen Passage "vor dem Steuerventil" und ihren Ersatz durch die Formulierung "zwischen dem Zulaufanschluss (9) und den verstellbaren Drosseln (18)" beantragte, schloss sich die Beschwerdeführerin der Auffassung der Kammer an und räumte somit indirekt ein, dass die Anordnung der verstellbare Eingangsdrossel 19 vor dem Steuerventil nicht offenbart wurde.
Die Beschwerdeführerin hat zwar eine Textstelle der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung als Grundlage für die vorgeschlagene Änderung zitiert (Seite 7, Zeilen 6-9), aus der Sicht der Kammer ist jedoch der ausgewählte Wortlaut aus dem Kontext der ganzen Figurenbeschreibung herausgerissen worden. Das Lesen der zitierten Textstelle und ein gleichzeitiges Betrachten der Figur 1 schließt klar aus, dass die Eingangsdrossel 19 zwischen dem Zulaufanschluss 9 und der Strich-Punkt-Markierung des Steuerventils angeordnet sein kann.
Die ursprünglich eingereichte Figur 1 offenbart lediglich eine Anordnung der Eingangsdrossel 19 im Steuerventil 13 und kann nicht als Grundlage dafür dienen, dass die Eingangsdrossel 19 auch zwischen dem Zulaufanschluss 9 und der Strich-Punkt-Markierung angeordnet sein könnte. Die von der Beschwerdeführerin ausgewählte Formulierung lässt offen, ob die Eingangsdrossel innerhalb oder außerhalb des Steuerventils liegt und schließt Ausführungsformen ein, bei denen die Eingangdrossel in einem Abschnitt der Hauptleitung außerhalb des Steuerventils angeordnet sein kann. Solche Ausführungsformen sind jedoch nicht offenbart worden.
Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin in der vorgeschlagenen Fassung des geänderten Anspruchs 1 den Begriff der "verstellbaren Drosseln" eingeführt, ohne diese im geänderten Anspruch 1 zu definieren, obwohl die Kammer bereits in der zuvor erwähnten Mitteilung nach Regel 11(1) VOBK ausdrücklich auf diesen Mangel hingewiesen hatte. Die Auswahl eines solchen Begriffs zur Bildung des geänderten Wortlauts, ohne dass er durch die eng damit verbundenen, zu seiner Definition notwendige Merkmale ergänzt wird, ist nicht zulässig.
Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass auch die vorliegende Fassung des Patentanspruchs 1 nicht den von der Kammer gerügten Verstoß der unzulässigen Erweiterung beheben kann und damit die formalen Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt sind.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.