T 1186/03 () of 1.2.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T118603.20060201
Datum der Entscheidung: 01 Februar 2006
Aktenzeichen: T 1186/03
Anmeldenummer: 99118220.5
IPC-Klasse: C21D 1/78
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl und Verwendung eines wärmebehandelten Stahls
Name des Anmelders: SKF GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung (verneint)
Neuheit (bejaht)
Erfinderishe Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 99 118 220.5 Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung entschied, daß dem Verfahren von Anspruch 1 des Anspruchsatzes enthaltend die Ansprüche 1 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 28. Februar 2002, die notwendige Neuheit gegenüber Dokument D3 fehlte, während es dem Verwendungsanspruch 7 an der notwendigen erfinderischen Tätigkeit gegenüber Dokument D3 mangelte.

II. Mit der Beschwerdeschrift vom 2. September 2003 beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden, mit Schreiben vom 28. Februar 2002 eingereichten Ansprüche 1 bis 7, zu erteilen. Mit demselben Schriftsatz war hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt worden.

III. Der Wortlaut der Ansprüche 1 und 7 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl durch Härten, bei dem die Werkstücke vor dem Härten geglüht und anschließend abgekühlt werden, wobei das Glühen bei einer Glühtemperatur von 1000ºC bis maximal dicht unter dem Schmelzpunkt des Stahls erfolgt, dadurch gekennzeichnet, daß die Glühdauer bis zu 120 Sekunden beträgt."

"7. Verwendung eines wärmebehandelten Stahls nach einem der Ansprüche 1 bis 6 für mindestens einen Ring, nämlich den Außenring und/oder den Innenring, eines Wälzlagers, wobei die Wälzkörper des Wälzlagers aus Keramik, vorzugsweise aus Siliziumnitrid oder Aluminiumoxid, bestehen."

IV. In der Entscheidung wurden die folgenden Dokumente berücksichtigt:

D1 = DE-A-2 023 064

D2 = US-A-4 023 988

D3 = Laser Materials Processing, L. Migliore, 1996, Seiten 209 bis 224

In ihrer Beschwerdebegründung bezog sich die Beschwerdeführerin u. a. auf:

A1 = DIN EN 10052 Terminologie der Wärmebehandlung, Seiten 1 bis 3, 6 und 8 bis 9

und auf:

A2 = MPA Stuttgart, Dilatometerversuch - Erstellen eines ZTU-Schaubilds, Seiten 1 bis 4

V. Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdebegründung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das Verfahren von Anspruch 1 ist gegenüber dem aus Dokument D3 bekannten Verfahren eindeutig neu. Ein möglicherweise erfolgendes zweimaliges Härten durch geringes Überlappen zweier Zeilen eines Laserstrahles nach Dokument D3 entspricht nicht einer zweistufigen Wärmebehandlung gemäß Anspruch 1. Entsprechend der Abbildung 8.8 von D3 kann ein zweimaliges Härten allenfalls im Überlappungsbereich 'Z' erfolgen, wobei eine derartige Überlappung gemäß D3 keineswegs erwünscht ist, da dadurch manche Werkstücke für den beabsichtigten Einsatzzweck ungeeignet werden (siehe D3, Seite 224, Absatz 1, Satz 2 am Ende). Im Übrigen erfolgt dieses zweimalige Härten gemäß D3 bei identischen Temperaturen, während die zweistufige Wärmebehandlung gemäß Anspruch 1 aus Glühen bei extrem hohen Temperaturen und anschließendem Härten besteht.

Außerdem kann D3 auch nicht der Temperaturbereich von 1000ºC bis unterhalb des Schmelzpunktes des Stahls entnommen werden, da das Härten des Stahls bekanntlich im Bereich von etwa 750ºC bis allerhöchstens 950ºC stattfindet, wie dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm gemäß A2 entnommen werden kann. Im vorliegenden Fall, bei übereutektoidem Wälzlagerstahl mit einem üblichen Kohlenstoffgehalt von 0,95 bis 1,10 Gew. % erfolgt das Härten jedoch in jedem Fall unterhalb 800ºC.

Die Erwähnung der Schmelztemperatur von Stahl in D3 betrifft nicht die Temperaturführung beim Härten sondern die Berechnung der Strahlungswärmeübertragung durch den Laserstrahl (siehe D3, Seite 219). Daher kann Dokument D3 nicht neuheitsschädlich sein.

Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung - ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl zu schaffen, mit dem auf vergleichsweise rasche, einfache und kostengünstige Weise eine Homogenisierung des Werkstoffs im Mikrobereich erreicht werden kann, welche den Einsatz so behandelter Werkstücke auch unter extremen Bedingungen erlaubt (vgl. Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, dritter voller Absatz) - auch gegenüber den Dokumenten D1 und D2 sowie D3 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dokument D3 befasst sich lediglich mit einem alternativen Härten mittels Laserstrahls, ohne irgendwelche Hinweise bezüglich einer verbesserten Homogenisierung des Werkstoffs im Mikrobereich zu geben, oder wie die langwierige und aufwändige Wärmevor behandlung gemäß Stand der Technik verkürzt und vereinfacht werden kann, oder wie die globularen Karbide verfeinert werden könnten. Der Fachmann würde D3 daher nicht für die Lösung der Aufgabe heranziehen, insbesondere auch wegen der Erwähnung der Nachteile des zweimaligen Erwärmens im Überlappungsbereich des Laserstrahls.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 erlaubt aber gegenüber dem Stand der Technik (siehe D2, Spalte 2, Zeilen 37 bis 52) eine erheblich vereinfachte und wesentlich verkürzte Wärmevorbehandlung, bei der auf das langandauernde Austenitisieren bzw. mehrfache Normalglühen verzichtet werden kann.

Eine Glühbehandlung im Temperaturbereich gemäß Anspruch 1 wird gemäß Stand der Technik und dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes der Stahlverarbeitung als "Diffusionsglühen" bezeichnet und bringt den Nachteil starker Kornvergröberung mit sich, so daß ggf. ein zusätzliches Normalglühen zur Aufhebung der Kornvergröberung notwendig ist, wie dies auch in D1 bzw. D2 beschrieben ist (siehe auch A2, Seiten 1, 3 und 4, Beschreibung des Diffusionsglühens). Dies mußte den Fachmann auf der Suche nach einer Kornverfeinerung vom Einsatz dieser Wärmebehandlung geradezu diametral wegführen, da diese Behandlung im zur Kornverfeinerung ungeeigneten Temperaturbereich des Diffusionsglühens stattfindet. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht daher auf erfinderischer Tätigkeit. Das Verfahren nach den abhängigen Ansprüchen 2 bis 6 und die Verwendung nach Anspruch 7 sind aus denselben Gründen, die für Anspruch 1 gelten, neu und erfinderisch.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

1.1 Der vorliegende Anspruch 1 basiert auf Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung, wobei Merkmale aus dem kennzeichnenden Teil in den Oberbegriff aufgenommen wurden. Anspruch 7 basiert auf Anspruch 7 wie ursprünglich eingereicht, wobei eine geringfügige sprachliche Anpassung erfolgte. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 blieben unverändert (vgl. Ansprüche 1 bis 7 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht).

Die Ansprüche 1 bis 7 erfüllen daher die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

1.2 Die mit Schreiben vom 28. Februar 2002 eingereichten Beschreibungsseiten 1 bis 3 und 3a erfüllen ebenfalls die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ, da lediglich eine kurze Beschreibung des Dokuments D2 auf Seite 1 zusätzlich darin aufgenommen worden ist bzw. der Gegenpart zu den Ansprüchen 1 und 7 an dieselben angepasst wurde.

2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ) - Hauptantrag

2.1 Dokument D3 offenbart die Härtung von Stahl, wobei als Wärmequelle insbesondere ein Laser eingesetzt werden kann (vgl. Seiten 212, 213 und 214, jeweils letzter Absatz). Für eine Härtung muß der Stahl zunächst austenitisiert werden. Dazu wird der Stahl durch Erhitzen für eine ausreichende Zeit in den Bereich von gamma-Eisen (Austenit) gebracht, um eine gleichmäßige Lösung des Kohlenstoffs im Eisen zu erzielen (siehe Seite 211, zweiter Absatz; Seite 214, dritter Absatz). In Dokument D3 wird der dem Fachmann allgemein geläufige Temperaturbereich von 912ºC bis 1394ºC für gamma-Eisen offenbart (siehe Seite 209, zweiter Absatz). Allerdings erwähnt Dokument D3 für diese Austenitisierung mit nachfolgender rascher Abkühlung zur Härtung des Stahls nur eine Temperatur von 900ºC (siehe Seite 210, zweiter voller Absatz; Seite 212, zweiter Absatz; Seite 219, zweiter und fünfter voller Absatz; Seite 221, Tabelle). Für die Laser-Wärmebehandlung werden Zeitdauern im Bereich von 0.0004 bis 400 Sekunden in Kombination mit einer Temperatur von 900ºC zum Erreichen definierter Härtungstiefen offenbart (siehe Seite 221, Tabelle).

2.1.1 Im Zusammenhang mit der Laserhärtung wird zwar eine Temperatur von 1450ºC in Dokument D3 erwähnt, allerdings nicht als Grenzwert der Temperaturführung beim Härten, bis zu welcher ein Stahl bei der Austenitisierung erhitzt werden soll. Dieser Temperaturwert von 1450ºC wird nur im Zusammenhang mit der Berechnung der Strahlungswärmeübertragung bzw. der zulässigen Erwärmdauer durch den Laserstrahl, bei der ein Aufschmelzen der Oberfläche ausgeschlossen werden soll, offenbart (siehe D3, Seiten 218 bis 219, erster voller Absatz; und Figur 8.5). Diese Temperatur von 1450ºC steht auch nicht im Einklang mit dem vorgenannten allgemeinen Bereich von 912ºC bis 1394ºC für die Umwandlung in gamma-Eisen.

Der Fachmann würde daher aufgrund der Offenbarung von Dokument D3 auch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, bei höheren Temperaturen als den genannten 900ºC zu arbeiten, da:

a) einerseits diese Temperatur von 900ºC für die Austenitisierung völlig ausreicht und somit keine zusätzliche Energie eingesetzt werden muß;

b) dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens bekannt ist, daß das Härten des Stahls bekanntlich im Bereich von etwa 750ºC bis allerhöchstens 950ºC stattfindet, wie dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm gemäß A2 entnommen werden kann (siehe A2, Seite 1, schraffierter Bereich "Härten und Normalglühen"); und

c) es keinerlei Anreiz in Dokument D3 gibt, bei höheren Temperaturen zu arbeiten.

Somit ist ein Temperaturbereich von 1000ºC bis unterhalb des Schmelzpunktes des Stahls für das Härten dem Dokument D3 nicht entnehmbar.

2.1.2 Ein durch Überlappen des gerasterten Laserstrahles möglicherweise erfolgendes zweimaliges Härten nach Dokument D3 entspricht außerdem nicht einer zweistufigen Wärmebehandlung gemäß Anspruch 1.

Erstens kann ein zweimaliges Härten allenfalls im Überlappungsbereich der Laserstrahlen gemäß Dokument D3 erfolgen (siehe D3, Seite 224, Abbildung 8.8), wobei eine derartige Überlappung keineswegs erwünscht ist, da dadurch manche Werkstücke für den beabsichtigten Einsatzzweck ungeeignet werden (siehe D3, Seite 224, Absatz 1, Satz 2 am Ende). Zweitens erfolgt dieses zweimalige Härten gemäß Dokument D3 im Übrigen bei identischen Temperaturen, während gemäß Anspruch 1 dies bei unterschiedlichen Temperaturen stattfindet. Das Glühen wird bei Temperaturen von 1000ºC bis maximal dicht unter dem Schmelzpunkt des Stahls vollzogen, mit anschließender Abkühlung. Für das nachfolgende Härten muß berücksichtigt werden, daß es im Bereich von etwa 750ºC bis ca. 950ºC stattfindet (siehe oberen Punkt 2.1.1 b)).

Der Begriff "Glühen" impliziert eine Wärmebehandlung mit anschließendem (vollständigen) Abkühlen ohne Härtung (vgl. A1, Seite 8, rechte Spalte, erster Absatz "Glühen"; sowie D2, Figur 1). Das Laserhärten bei einer Temperatur von 900ºC gemäß Dokument D3 stellt somit auch keine Glühbehandlung mit anschließender Abkühlung gemäß Anspruch 1 dar, bei der (noch) keine Härtung erfolgt.

2.1.3 Dokument D3 weist außerdem darauf hin, daß im Falle, daß nur ein begrenzter Bereich gehärtet werden soll, die Erwärmdauer kurz sein muß und Austenitisierungszeiten von einigen Sekunden üblich sind. Deshalb ist die Ausgangsstruktur des Stahls bei der selektiven Härtung wesentlich und sie muß für diese kurze Härtungs-Wärmebehandlung geeignet sein. Getemperter Martensit wird aufgrund der feinen Ausscheidungen als beste Struktur für die selektive Härtung angesehen (siehe Seite 214, erster voller Absatz). Temperaturen für die vorausgehende Glühbehandlung zum Erhalten dieser Ausgangsstrukturen werden allerdings nicht offenbart, ebenso wenig wie die dafür notwendige Glühdauer.

2.1.4 Das Dokument D3 beschäftigt sich mit Getriebezahnrädern und deren Problemen bei der Laserhärtung (siehe Seiten 224, erster Absatz und Figur 8.8; Seite 229, erster voller Absatz und Figur 8.14). Wälzlager werden in Dokument D3 nirgends erwähnt.

2.1.5 Somit ist das Verfahren nach Anspruch 1 gegenüber der Offenbarung von Dokument D3 eindeutig neu. Das gleiche gilt für den auf die Verwendung von wärmebehandelten Stahlringen eines Wälzlagers beschränkten Anspruch 7, der auf das Verfahren von Anspruch 1 rückbezogen ist.

2.2 Das Verfahren nach Anspruch 1 bzw. die Verwendung gemäß Anspruch 7 unterscheiden sich auch von den Verfahren zur Wärmebehandlung von Stahlwerkstücken, insbesondere Kugellagern, gemäß den Dokumenten D1 und D2, da diese keinen Glühvorgang vor dem Härten mit maximal 120 Sekunden Glühdauer offenbaren (vgl. D1, Seite 2, vierter Absatz bis Seite 3, vierter Absatz; Seite 4, erster Absatz; Anspruch 1; D2, Zusammenfassung; Spalte 2, Zeile 33 bis Spalte 3, Zeile 31; Figur 1; Ansprüche 1 bis 9).

2.3 Daher ist das Verfahren bzw. die Verwendung nach den Ansprüchen 1 bzw. 7 des einzigen Antrags neu (Artikel 54 EPÜ).

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1 Nächster Stand der Technik

Zum Unterschied von der Entscheidung wird entweder Dokument D1 oder D2 als nächstkommender Stand der Technik erachtet, weil diese tatsächlich eine Glühbehandlung mit nachfolgender Abkühlung und anschließendem Härten von Stahlteilen für Kugellager offenbaren.

3.2 Aufgabe

3.2.1 Verfahrensanspruch 1 unterscheidet sich vom Verfahren gemäß Dokument D1, bei dem beginnend ab einer Temperatur von 850ºC im Austenitbereich und endend beim Schmelzpunkt des Stahls für eine nicht angegebene Glühdauer geglüht werden kann, durch einen engeren Temperaturbereich und eine Glühdauer von bis zu 120 Sekunden beim Glühen sowie durch die fehlende Wärmebehandlung im Bereich zwischen 647 und 844ºC gemäß Schritt c) von D1 (vgl. D1, Seite 2, fünfter Absatz bis Seite 4, zweiter Absatz).

3.2.2 Verfahrensanspruch 1 unterscheidet sich vom Verfahren gemäß Dokument D2, bei dem für mindestens 30 Minuten im Austenitbereich bei üblicherweise über 1750ºF (= 954ºC) und bevorzugt zumindest 1950ºF (= 1066ºC) geglüht wird, durch den etwas engeren Temperaturbereich und durch die kürzere Glühdauer von bis zu 120 Sekunden (siehe D2, Zusammenfassung; Spalte 2, Zeile 33 bis Spalte 3, Zeile 31; Figur 1; Ansprüche 1 bis 9).

3.2.3 In Übereinstimmung mit der Anmelderin wird die Aufgabenstellung der vorliegenden Anmeldung darin gesehen, ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken aus Stahl zu schaffen, mit dem auf vergleichsweise rasche, einfache und kostengünstige Weise eine Homogenisierung des Werkstoffs im Mikrobereich erreicht werden kann, welche den Einsatz so behandelter Werkstücke auch unter extremen Bedingungen erlaubt (vgl. Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, dritter voller Absatz).

3.3 Lösung der Aufgabe

Die Lösung dieser Aufgabe gemäß den Ansprüchen 1 und 7 des einzigen Antrags beruht aus folgenden Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.4 Das Verfahren gemäß Dokument D1 dient zur Herstellung von Teilen eines Lagers, insbesondere Kugellagers, vornehmlich des Innenrings aus einem legierten Stahl enthaltend 1,00 % C, 0,35 % Mn, 0,30 % Si, 1,45 % Cr, Rest Eisen oder aus einem Stahl mit gleichen metallurgischen Eigenschaften (vgl. Seite 1, erster Absatz). Seine Aufgabenstellung ist, ein Verfahren vorzuschlagen, das die Herstellung von Teilen mit wesentlich vergrößerter Lebensdauer (B-10-Wert) erlaubt. Das Verfahren umfasst die Schritte:

a) das Teil wird auf eine Temperatur erwärmt, bei der eine vollständige Umwandlung in eine austenitische Struktur eintritt, wobei der Temperaturbereich bei 850ºC beginnt und beim Schmelzpunkt des Stahls oder beim zu großen Kornwachstum endet und bevorzugt bei 1092ºC erfolgt, wobei aber eine Dauer der Glühbehandlung nirgends angegeben wird (siehe Seite 4, erster Absatz);

b) das Teil wird mit Luft abgekühlt, so rasch, daß die Bildung jedweder massiver Karbide unterbleibt, jedoch eine fein verteilte perlitische Struktur erreicht wird;

c) das Teil wird auf eine Temperatur zwischen 647 und 844ºC erwärmt und so lange gehalten, bis ein gleichmäßig verteiltes, vorherrschend aus sphärisch geformten Partikeln aus Primärkarbid bestehendes Gefüge mit einer Korngrösse unter maximal 1 µm entstanden ist;

d) das Teil wird bei einer Temperatur zwischen 830 und 889ºC, bevorzugt 844ºC, und einer Zeitspanne, die es verhindert, daß Karbide entstehen, die jedoch ausreichend ist, ein thermodynamisches Gleichgewicht zwischen dem Austenit und den nicht gelösten Karbiden herzustellen, gehärtet;

e) das Teil wird sodann in einem Medium abgeschreckt, das etwa die Abkühlgeschwindigkeit von Öl besitzt und anschließend auf eine Rockwell-Härte Rc 60-64 angelassen (siehe Seite 2, vierter Absatz bis Seite 3, vierter Absatz; Seite 5, erster Absatz; Anspruch 1).

Das Dokument D1 gibt dem Fachmann somit keinerlei Hinweis, wie er die unter Punkt 3.2.3 definierte Aufgabenstellung lösen könnte.

3.5 Gegenüber dem Wärmebehandlungsverfahren für Kugellagerstahl gemäß Dokument D2 (siehe D2, Spalte 2, Zeilen 4 bis 15 und Zeilen 37 bis 61; Spalte 3, Zeilen 1 bis 31) erlaubt das Verfahren gemäß Anspruch 1 eine erheblich vereinfachte und wesentlich verkürzte Glühbehandlung, bei der auf das langandauernde Austenitisieren bzw. ein eventuell notwendiges mehrfaches Normalglühen verzichtet werden kann.

Auch das Dokument D2 gibt dem Fachmann keinerlei Hinweis, wie er die unter Punkt 3.2.3 definierte Aufgabenstellung lösen könnte.

3.6 Dokument D3 befasst sich zum Unterschied gegenüber den Dokumenten D1 und D2 lediglich mit einem alternativen Härteverfahren mittels Laserstrahls, ohne irgendwelche Hinweise bezüglich einer verbesserten Homogenisierung des Werkstoffs im Mikrobereich zu geben. Es gibt auch keinerlei Hinweise, wie die langwierige und aufwändige Wärmevorbehandlung gemäß Stand der Technik verkürzt und vereinfacht werden kann bzw. wie die globularen Karbide verfeinert werden könnten. Bezüglich der Veränderungen der Struktur des Stahls durch eine allfällige Erhitzung mittels Lasers macht Dokument D3 keinerlei Aussage und stellt daher keinen Anreiz für den Fachmann dar. Der Fachmann würde Dokument D3 daher nicht für die Lösung der unter Punkt 3.2 definierten Aufgabe heranziehen, insbesondere auch wegen der Erwähnung der Nachteile des zweimaligen Erwärmens im Überlappungsbereich des Laserstrahls.

Selbst wenn der Fachmann das Dokument dennoch als Ausgangspunkt gewählt hätte, wäre er nicht zu der erfindungsgemäßen Lösung einer kurzzeitigen Glühbehandlung bei hohen Temperaturen gekommen, da das Dokument D3 keinen Hinweis auf Vorteile irgendwelcher Art durch eine etwaige Wärmevorbehandlung, geschweige denn bei Temperaturen erheblich oberhalb der Härtetemperatur gibt (vgl. die oberen Punkte 2.1 bis 2.1.3).

3.7 Eine Glühbehandlung im Temperaturbereich gemäß Anspruch 1 wird entsprechend dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes der Stahlverarbeitung als "Diffusionsglühen" bezeichnet (siehe Anlage 2, Seiten 1, 3 und 4, Beschreibung des Diffusionsglühens). Es wird üblicherweise zur Verminderung von Inhomogenitäten, wie Seigerungen des Stahlwerkstoffs, eingesetzt und bringt den Nachteil starker Kornvergröberung mit sich, so daß gegebenenfalls ein zusätzliches Normalglühen zur Aufhebung der Kornvergröberung notwendig ist (üblicherweise mit einer Glühdauer im Bereich von 10**(3) bis 10**(4) Sekunden), wie dies auch in Dokument D1 gemäß Schritt c) beschrieben ist (siehe D1, Anspruch 1; und auch die Anlage 2, Seite 4).

Der Fachmann auf der Suche nach einer Kornverfeinerung wird daher vom Einsatz dieser Wärmebehandlung geradezu diametral wegführt, da diese Behandlung im zur Kornverfeinerung ungeeigneten Temperaturbereich des Diffusionsglühens stattfindet (siehe Anlage 2, Seite 1, schraffierter Bereich "Diffusionsglühen").

3.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte, daß bei der vorliegenden Anmeldung insbesondere übereutektoidem Wälzlagerstahl mit einem üblichen Kohlenstoffgehalt von 0,95 bis 1,10 Gew. % eingesetzt werden soll, bei dem das Härten in jedem Fall unterhalb 800ºC erfolgt. Allerdings ist Anspruch 1 nicht auf Wälzlagerstähle beschränkt, so daß dieses Argument nicht akzeptiert werden kann.

Dies ändert jedoch nichts an den Schlussfolgerungen aus den oben stehenden Gründen, daß das Verfahren nach Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) beruht.

3.9 Die Verwendung eines nach Anspruch 1 wärmebehandelten Stahlrings eines Wälzlagers (Anspruch 7), sowie die bevorzugten Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 (abhängige Ansprüche 2 bis 6) werden aus denselben Gründen wie Anspruch 1, als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen.

3.10 Bei dieser Sachlage braucht der hilfsweise Antrag der Beschwerdeführerin auf eine mündliche Verhandlung nicht weiter berücksichtigt werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung:

Seiten: 4 bis 6 wie ursprünglich eingereicht

Seiten: 1 bis 3 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 28. Februar 2002.

Ansprüche:

Nr.: 1 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 28. Februar 2002.

Zeichnungen:

Blatt: 1/1 wie ursprünglich eingereicht.

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