European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T115203.20060124 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 24 Januar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1152/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98121678.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01D 5/48 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten oder Messwerten anderer pyhsikalischer Grössen | ||||||||
Name des Anmelders: | ista Deutschland GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | KUNDO System Technik GmbH Metrona Wärmemesser Union GmbH |
||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuer Einspruchsgrund: Zustimmung verweigert Erfinderische Tätigkeit: nach Änderung bejaht |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 0 918 212 (Anmeldenummer 98 121 678.1) wurde von der Einspruchsabteilung mit der Begründung widerrufen, dass sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte. Mit den Einsprüchen war Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt worden. Folgende Dokumente wurden genannt:
E1: WO-A-97 29 466
E2: DE-A-42 35 187
E3: DE-A-43 12 596
E4: DE-A-195 23 258
E5: DE-A-30 22 829
E6: DE-A-30 07 485
E7: DE-C-322 660
E8: DE-C-470 963
E9: DE-A-42 25 042
E10: US-A-5 056 107
E11: US-A-5 406 237
E12: EP-A-0 325 685
E13: GB-A-2 054 850
E14: Englisches Abstract zu JP-A-60 220 833
E15: WO-A-92 14 999
E16: US-A-4 890 093
E17: US-A-4 731 578
Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Auffassung, dass die beanspruchten Gegenständen dem Fachmann durch den aus E2 und E4 hervorgehenden Stand der Technik nahe gelegt wurden.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, hilfsweise, auf der Grundlage eines Anspruchssatzes I bzw. II. Ihre Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe werde durch die Kombination einer Sendeeinrichtung mit einem Stromerzeuger gelöst, wobei der Stromerzeuger im Umfeld befindliche mechanische und/oder thermische Energie umwandele und somit die Sendeeinrichtung versorge. "Im Umfeld befindliche Energie" müsse im zugehörigen Kontext analysiert werden und bezeichne ausschließlich Energie, die ohnehin in der Umgebung vorhanden sei. Damit könne entgegen der Meinung der Einspruchsabteilung aber nicht der Gasvorrat eines Wärmeerzeugers gemeint sein, wie er in dem Dokument E4 beschrieben sei, oder eine im Umfeld befindliche Batterie, d.h. Lösungen, die gemäß der Aufgabe entfallen sollten.
E2 betreffe eine Einrichtung zum Ablesen von Verbrauchswerten in einem Gebäude anfallender Verbrauchsmengen und weise dabei eine Erfassungseinrichtung auf, die wiederum mit einer Speichereinrichtung für den erfassten Verbrauchswert und einer den elektrischen Leistungsbedarf liefernden elektrischen Energiequelle versehen sei. Weiterhin sei eine Sendeeinrichtung zur drahtlosen Übertragung an eine lokale Empfangseinrichtung des Gebäudes sowie eine Zeitgebereinrichtung vorhanden, welche die Sendeeinrichtung außerhalb vorbestimmter Zeitfenster abschalte, da die Energiequelle (z.B. eine Batterie) die Energieversorgung für die üblichen Betriebszeiträume von bis zu zehn Jahren ansonsten nicht aufrecht erhalten könne.
Insofern liege E2 zwar eine ähnliche Aufgabenstellung wie der patentgemäßen Lösung zugrunde, das gestellte Problem werde jedoch auf anderem technischen Wege gelöst, nämlich durch intervallmäßiges Betreiben. Allerdings sei eine kontinuierliche Stromversorgung zumindest für Teile der Vorrichtung zwingend erforderlich, um den fortwährenden Betrieb der Messwerterfassung und verarbeitung einschließ1ich der intervallmäßigen Datenübertragung sicherzustellen. Dagegen sei bei der patentgemäßen Lösung ein Stromerzeuger vorgesehen, der einerseits im Umfeld befindliche Energie in elektrische Energie umwandele und andererseits damit ausschließlich die Sendeeinrichtung versorge.
E4 betreffe demgegenüber eine sehr aufwändig aufgebaute und aus einer Vielzahl von Bauteilen bestehende Stromversorgungseinrichtung. Diese könne auch in einen Heizkostenverteiler integriert sein, um die Stromversorgung des gesamten Heizkostenverteilers mit den verschiedenen Bauelementen zu gewährleisten. Damit sei auch hier zwingend eine kontinuierliche Stromversorgung für den fortwährenden Betrieb des Heizkostenverteilers erforderlich, die bei nicht ausreichender Wärmeleistung des Heizkörpers selbst durch die Reserve-Energieversorgung in Form des gaskatalytischen Wärmeerzeugers gewährleistet werde.
Selbst bei Ersetzen der Batterie der Verbrauchswert-Erfassungseinrichtung gemäß E2 durch eine Energieversorgung, wie sie in E4 beschrieben werde, komme der Fachmann daher nicht zur patentgemäßen Lösung. Denn entgegen der Stromversorgung der gesamten Verbrauchswert-Erfassungseinrichtung, die sowohl in E2 als auch in E4 vorgesehen sei, sei patentgemäß der Stromversorger nur für die Energieversorgung der Sendeeinrichtung bestimmt, da weder die Auswertung noch die Speicherung der erfassten Werte durch die Sendeeinrichtung erfolge, welcher der Stromerzeuger ausschließlich zugeordnet sei.
Die Druckschrift E4 führe daher von der patentgemäßen Lösung eher weg, als dass sie diese nahe lege.
Von den weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, seien E1 sowie E11 bis E17 bereits im Prüfungsverfahren ausreichend berücksichtigt worden. Auch die übrigen von den Einsprechenden genannten Entgegenhaltungen legten den Patentgegenstand nicht nahe:
E1 offenbare keine erfindungsgemäße Energieversorgung.
E5 betreffe eine Vorrichtung zur elektrischen Verbrauchsermittlung einzelner Wärmeverbraucher mit mindestens einem Messfühler und einer im Inneren des Vorrichtungsgehäuses angeordneten elektrischen Auswerteschaltung. Es sei jedoch keine Funkübertragung der Messwerte vorgesehen, und daher sei auch keine Sendeeinrichtung vorhanden, die in irgendeiner Art und Weise mit elektrischer Energie zu versorgen wäre.
E6 betreffe ebenfalls eine Vorrichtung zur elektrischen Verbrauchsermittlung, bei der eine interne Auswerteeinrichtung vorgesehen sei, die ohne Funkübertragung mit den entsprechenden Messwerten versorgt werde. Insofern sei auch hier kein Sender vorhanden, der mit elektrischer Energie versorgt werden könnte. Stattdessen diene die elektrische Energie als Maß für den gemessenen Wert.
Sowohl E7 als auch E8 beträfen hingegen eine Vorrichtung zur Zählung der Wärmeeinheiten eines strömenden Mediums, welches über ein Flügelrad eine Dynamomaschine antreibe. Eine Sendeeinrichtung zur Weiterleitung festgestellter Werte sei hierbei nicht vorgesehen. Nachteilig sei, dass der Stromerzeuger in das Medium eingreife. Dabei diene der erzeugte Strom lediglich als Maß für einen gemessenen Wert und leiste somit gerade nicht die patentgemäße Versorgung eines elektrischen Verbrauchers mit elektrischer Energie. Letztendlich seien bei diesen beiden Druckschriften auch noch zwei verschiedene Energieformen (Strömungsenergie und Wärme) zur Durchführung der Messung erforderlich.
E9 betreffe die Funkübertragung eines Heizkostenverteilers, wobei hierbei jedoch als Stromversorgung eine Batterie vorgesehen sei.
E10 betreffe eine Energieversorgungsvariante, die nicht Gegenstand des vorliegenden Patents sei, da es sich hierbei gerade um eine unzuverlässige von fremden Randbedingungen abhängige Form der Energieversorgung handele.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass sich aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften das Prinzip ergebe, ausschließlich eine von äußeren Bedingungen unabhängige und nur im Bedarfsfall aktive Energieversorgung für die Funkübertragung eines Messsignals zu gewährleisten, die immer und überall funktionsfähig sei, ohne auf begrenzte Energievorräte zurückgreifen zu müssen.
Der im Einspruchsverfahren befindliche Stand der Technik könne daher weder die Neuheit noch das Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit in Frage zu stellen.
III. In ihrer Beschwerdeerwiderung hat die Beschwerdegegnerin und Einsprechende I zur Zulässigkeit der Anspruchssätze I und II ausgeführt, dass die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 5 und 6, wie sie nunmehr in den jeweiligen Anspruch 1 aufgenommen worden seien, hinsichtlich ihrer technischen Lehre völlig unklar und unvollständig seien. Weder im neuen Anspruch 1 noch in der Beschreibung sei eine Aussage darüber getroffen, was man unter einem Wandler und weiterhin unter einem Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zu verstehen habe. Weiterhin würden Begriffe wie niederfrequente oder hochfrequente elektrische Energie verwendet. Ein Thermogenerator erzeuge grundsätzlich eine Gleichspannung. Was bedeute dann aber in diesem Zusammenhang die Formulierung einer "niederfrequenten elektrischen Energie"? Erzeuge der Wandler oder das Umwandlungselement irgendwelche niederfrequente elektrische Energie? Welche Bedeutung habe in diesem Zusammenhang eine "nichtlineare Kennlinie"?
Aber auch die Beschreibung gebe weder in der Beschreibungseinleitung noch in der Figurenbeschreibung eine Antwort auf diese Fragen. Dort werde lediglich der Wortlaut der entsprechenden Ansprüche bzw. Merkmale wiedergegeben ohne jegliche zusätzlichen Erklärungen. Dadurch sei auch nicht das Erfordernis des EPÜ erfüllt, wonach die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels dargestellt werden solle, insbesondere, wenn der Wortlaut der Ansprüche hinsichtlich seiner technischen Deutung unklar sei. So fehle in der Patentschrift eine elektronischen Schaltung, welche die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 5 und 6 zeige und erkläre.
Darüber hinaus sei die neue Formulierung "insbesondere auch thermische Energie" gemäß dem Anspruch 1 des Anspruchssatzes II nicht zulässig, da es an der Eindeutigkeit dessen fehle, was unter Schutz gestellt werden solle. Möglicherweise sei mit dieser neuen Formulierung gemeint, dass eine "im Umfeld befindliche mechanische Energie" verwendet werden solle, zu welcher noch eine "thermische Energie" hinzukommen könne ("insbesondere"). Derartige Formulierungen seien somit interpretationsfähig und damit unklar.
Auch zu dem Begriff "mechanische Energie" gebe es in der Patentschrift keinerlei Ausführungen.
Die Einsprechende I hat noch das folgende Dokument genannt:
E18: DE 31 16 226 A1
Diese Druckschrift betreffe eine elektronische Kleinuhr. Zur Spannungsversorgung diene ein so genannter Thermogenerator. Da die Spannung eines derartigen Thermogenerators sehr gering sei und normalerweise nicht für die Spannungsversorgung der Elektronik ausreiche, müsse die vom Thermogenerator abgegebene Gleichspannung mit Hilfe eines Gleichspannungsumformers entsprechend erhöht werden. Dieser Umformer umfasse zwei Zerhackertransistoren, einen Transformator mit einer zweiteiligen Primärwicklung und einer Sekundärwicklung sowie eine Gleichrichterschaltung. Die Transistoren würden dabei über eine Dekodierschaltung durch eine von einem quarzgesteuerten Frequenzteiler abgeleitete Frequenz von z.B. 8192 Hz periodisch geschaltet.
Was die erfinderische Tätigkeit angehe, so könne kein Zweifel darüber bestehen, dass beim nächstliegenden Stand der Technik gemäß E2 die Spannungsversorgung in Form einer Batterie durch einen so genannten Thermogenerator ersetzt werden könne, wie er in E4 offenbart sei. In E4 diene der Thermogenerator dazu, elektrisch betriebene Messinstrumente mit Spannung zu versorgen. Es sei zwar auch offenbart, dass eine separate Heizquelle dann vorgesehen werden könne, wenn am Thermoelement keine Temperaturdifferenz bestehe, so dass durch die separate Heizquelle diese Temperaturdifferenz erzeugt werden könne. Dies ändere aber nichts an der grundsätzlichen Offenbarung des Thermogenerators.
Selbstverständlich sei es für den Fachmann klar, dass er die von einem Thermogenerator abgegebene Spannung auch zum Betreiben einer Sendeeinrichtung verwenden könne. Auch das Argument, dass mit dem Thermogenerator nur die Sendeeinrichtung betrieben werde und daher der zum Betrieb erforderliche Strombedarf deutlich reduziert sei, gehe ins Leere.
Was den Hilfsantrag I anbelange, so könne aufgrund der Unverständlichkeit der technischen Lehre nur insoweit auf den Anspruch 1 eingegangen werden, wie sein Gegenstand möglicherweise aussehen könnte. Zunächst sei das Merkmal aus dem ursprünglichen Anspruch 2 schon aus E2 bekannt. Möglicherweise gehe es bei den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 5 und 6 darum, aus einer geringen, vom Thermogenerator abgegebenen Gleichspannung eine höhere Gleichspannung zu machen. Hierfür diene ein Wandler/Umwandlungselement, der bzw. das möglicherweise eine niederfrequente elektrische Spannung erzeuge, welche dann mittels eines Transformators in eine hohe Wechselspannung umtransformiert werde. Das sei aber eine in der Elektronik herkömmliche Technik und damit nahe liegend, wie auch schon die Einspruchsabteilung ausgeführt habe. Diese Technologie sei im Übrigen beispielsweise auch in E18 offenbart. Das zusätzliche Merkmal im ursprünglichen Anspruch 6, dass mittels eines Filters bestimmte Frequenzbereiche ausgefiltert würden, sei gleichermaßen grundlegender Stand der Technik in der Elektronik. Ergänzend werde noch auf die E11 verwiesen.
Zum Hilfsantrag II mit dem Anspruchssatz II gelte das zum Anspruchssatz I Gesagte entsprechend. Wenn mit dem Anspruch 1 nur noch unter Schutz gestellt werden solle, dass als Spannungsquelle mechanische Energie verwendet werden solle (und alternativ hierzu zusätzlich noch thermische Energie), so scheitere die Schutzfähigkeit an der mangelnden technischen Ausführbarkeit.
Die Beschwerdegegnerin I hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
IV. Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende II hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hat einen anfänglich gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und auch angekündigt, an einer evtl. stattfindenden mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Sie hat vielmehr beantragt, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
V. In einer Anlage zur Ladung zu der von der Patentinhaberin und der Einsprechenden I beantragten mündlichen Verhandlung hat die Kammer eine vorläufige Stellungnahme abgegeben.
Bei dem von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten Einwand unter Artikel 83 EPÜ handele es sich um einen neuen Einspruchsgrund, da dieser weder innerhalb der Einspruchsfrist noch im Verfahren vor der Einspruchsabteilung geltend gemacht worden sei. Ein neuer Einspruchsgrund könne aber nur mit Zustimmung des Patentinhabers in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden, siehe G 10/91 (ABl. 1993, 420).
Während sich die Ausführbarkeit im Sinne von Artikel 83 EPÜ auf das Patent als Ganzes beziehe und somit auch die erteilte Fassung betreffe, könnten sich Einwände unter Artikel 84 EPÜ nur auf geänderte Ansprüche beziehen, da diese gemäß Artikel 102 (3) EPÜ alle Erfordernisse des EPÜ erfüllen müssten. Allerdings müssten sich solche Einwände aus den vorgenommenen Änderungen ergeben und dürften sich daher nicht auf Wortlaut in der erteilten Fassung beziehen.
Bezüglich der gemäß den Hilfsanträgen geänderten Anspruchssätze I und II wäre jedoch festzustellen, dass fakultative Merkmale ("insbesondere" und "z.B.") aus Gründen der Klarheit grundsätzlich nicht in unabhängigen Ansprüchen verwendet werden sollten. Gleiches gelte für alternative Merkmale ("oder").
Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wären insbesondere die Druckschriften E2 und E4 zu berücksichtigen.
VI. Auf die Stellungnahme der Kammer hat die Patentinhaberin mit einer Eingabe neue Anspruchssätze III und IV eingereicht, die die Anspruchssätze I und II ersetzen sollten. Der Einführung eines neuen Einspruchsgrundes bezüglich Artikel 83 EPÜ werde nicht zugestimmt.
VII. Die Einsprechende I hat noch Stellungnahmen als Reaktion auf den Ladungsbescheid der Kammer und die letzte Eingabe der Patentinhaberin eingereicht. Sie hat außerdem zu dem im Patent verwendeten Begriff "Wandler" folgendes Dokument eingereicht:
E19: Lexikon Elektrotechnik/Elektronik, S. 197
VIII. Mit Schreiben vom 11.01.2006 hat die Patentinhaberin mitgeteilt, dass eine Einigung mit der Einsprechenden I kurz bevorstehe, in deren Folge wahrscheinlich eine Rücknahme des Einspruchs erfolgen werde. Es werde eine Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung beantragt.
IX. Mit Bescheid vom 12.01.2006 hat die Kammer den Parteien mitgeteilt, dass der anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten werde. Nachdem das Patent in der 1. Instanz widerrufen worden sei, könnte eine Einspruchsrücknahme das Beschwerdeverfahren nicht beenden.
X. Mit Schreiben vom 21.01.2006 hat die Einsprechende I den Einspruch zurückgenommen.
XI. Die mündliche Verhandlung hat am 24.01.2006 in alleiniger Anwesenheit der Patentinhaberin stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin zuletzt einen neuen Satz von Ansprüchen 1 bis 22 eingereicht und beantragt, das Patent auf dieser Grundlage aufrecht zu erhalten. Die unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:
"1. Verfahren zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten oder Messwerten anderer physikalischer Größen, wobei Sensoren die Messwerte erfassen und die Messwerte mittels Funkübertragung von mindestens einer mit den Sensoren verbundenen Sendeeinrichtung (11) zu einer mit einer Auswerteeinrichtung (4) verbundenen Empfangseinrichtung weitergeleitet werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Sendeeinrichtung(en) (11) von einem im Umfeld befindliche mechanische Energie umwandelnden Stromerzeuger mit elektrischer Energie versorgt wird (werden), wobei als Sensoren zur Heizkostenverteilung in an Heizkörpern (2) oder dergleichen angebrachte Heizkostenverteiler (3) integrierte Temperatursensoren (1) verwendet werden und die Energieversorgung mittels einem aus einem Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler, einem an dem Wandler angekoppelten Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie bestehenden Stromerzeuger erfolgt."
"2. Verfahren zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten oder Messwerten anderer physikalischer Größen, wobei Sensoren die Messwerte erfassen und die Messwerte mittels Funkübertragung von mindestens einer mit den Sensoren verbundenen Sendeeinrichtung (11) zu einer mit einer Auswerteeinrichtung (4) verbundenen Empfangseinrichtung weitergeleitet werden, insbesondere nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Sendeeinrichtung(en) (11) von einem im Umfeld befindliche thermische Energie umwandelnden Stromerzeuger mit elektrischer Energie versorgt wird (werden), wobei als Sensoren zur Heizkostenverteilung in an Heizkörpern (2) oder dergleichen angebrachte Heizkostenverteiler (3) integrierte Temperatursensoren (1) verwendet werden und die Energieversorgung mittels einem aus einem Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler, einem an dem Wandler angekoppelten Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie bestehenden Stromerzeuger erfolgt."
"16. Vorrichtung zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten oder Messwerten anderer physikalischer Größen, mit die Messwerte erfassenden Sensoren und einer Auswerteeinrichtung (4), insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass zur Weiterleitung der Messwerte mittels Funkübertragung (eine) mit dem(den) Sensor(en) verbundene Sendeeinrichtung(en)(11) mit einem die Energieversorgung der Sendeeinrichtung (11) gewährleistenden, im Umfeld befindliche mechanische Energie umwandelnden Stromerzeuger vorgesehen sind(ist), wobei als Sensoren zur Heizkostenverteilung in an Heizkörpern (2) oder dergleichen angebrachte Heizkostenverteiler (3) integrierte Temperatursensoren (1) vorgesehen sind und der Stromerzeuger aus einem Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler wie z.B. ein Piezoelement, eine Induktoreinrichtung mit Magnet und elektrischer Spule, ein pyroelektrisches Element oder ein Thermoelement bzw. eine Thermoelementanordnung (8) etc. und einem an dem Wandler angekoppelten Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie wie z.B. ein Entladungselement (9), eine Funkenstrecke oder eine Gasentladungsröhre, eine insbesondere im Sperrdurchbruch arbeitende Diode, eine Varaktordiode bzw. ein Avalanche-Halbleiterelement etc. besteht."
"17. Vorrichtung zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten oder Messwerten anderer physikalischer Größen, mit die Messwerte erfassenden Sensoren und einer Auswerteeinrichtung (4), insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15, insbesondere nach Anspruch 16, dadurch gekennzeichnet, dass zur Weiterleitung der Messwerte mittels Funkübertragung (eine) mit dem(den) Sensor(en) verbundene Sendeeinrichtung(en) (11) mit einem die Energieversorgung der Sendeeinrichtung (11) gewährleistenden, im Umfeld befindliche thermische Energie umwandelnden Stromerzeuger vorgesehen sind (ist), wobei als Sensoren zur Heizkostenverteilung in an Heizkörpern (2) oder dergleichen angebrachte Heizkostenverteiler (3) integrierte Temperatursensoren (1) vorgesehen sind und der Stromerzeuger aus einem Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler wie z.B. ein Piezoelement, eine Induktoreinrichtung mit Magnet und elektrischer Spule, ein pyroelektrisches Element oder ein Thermoelement bzw. eine Thermoelementanordnung (8) etc. und einem an dem Wandler angekoppelten Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie wie z.B. ein Entladungselement (9), eine Funkenstrecke oder eine
Gasentladungsröhre, eine insbesondere im Sperrdurchbruch arbeitende Diode, eine Varaktordiode bzw. ein Avalanche-Halbleiterelement etc. besteht."
Entscheidungsgründe
1. Artikel 123 (2) und (3) EPÜ
1.1 Der Anspruch 1 ist inhaltlich eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüchen 1, 2 und 5, wobei eine Beschränkung auf die sich auf mechanische Energie beziehende Alternative erfolgt ist. Entsprechend betrifft der unabhängige Anspruch 2 die andere sich auf thermische Energie beziehende Alternative.
1.2 Die unabhängigen Ansprüche 16 und 17 sind inhaltlich jeweils Zusammenfassungen der in den erteilten Ansprüchen 17, 18 und 21 angegeben, sich auf mechanische und/oder thermische Energie beziehenden Alternativen.
1.3 Die übrigen Ansprüche sind abhängige Ansprüche und entsprechen den nicht in die unabhängigen Ansprüche aufgenommenen abhängigen Ansprüchen in der erteilten Fassung.
1.4 Da die geänderten Ansprüche durch Zusammenfassung erteilter Ansprüche entstanden sind, ist der Schutzbereich nicht erweitert und somit das Erfordernis von Artikel 123 (3) EPÜ erfüllt. Die Kammer hat auch keinen Grund anzuzweifeln, dass nicht auch das Erfordernis von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt ist. Ein entsprechender Einwand gegen die erteilten Ansprüche wurde weder im Einspruchsverfahren vor der ersten Instanz noch im Beschwerdeverfahren erhoben. Ein entsprechender Einwand gegenüber den zwischenzeitlich zurückgenommenen Anspruchssätzen III und IV ist durch eine Änderung im zuletzt eingereichten Anspruchssatz ausgeräumt worden.
2. Artikel 83 EPÜ
Bei dem von der Einsprechenden I vorgebrachten Einwand mangelnder Ausführbarkeit unter Artikel 83 EPÜ handelt es sich um einen neuen Einspruchsgrund, da dieser weder innerhalb der Einspruchsfrist noch im Verfahren vor der Einspruchsabteilung geltend gemacht worden ist. Ein neuer Einspruchsgrund könnte aber nur mit Zustimmung der Patentinhaberin in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden, siehe G 10/91 (ABl. 1993, 420). Die Patentinhaberin hat hierzu ausdrücklich ihre Zustimmung nicht gegeben. Dieser Einwand wird daher von der Kammer nicht untersucht.
3. Artikel 84 EPÜ
3.1 Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung anhand der in der Anmeldung gegebenen Beispiele dargelegt, dass die in den Ansprüchen verwendeten Begriffe "im Umfeld befindliche mechanische bzw. thermische Energie", "ein Prozessenergie in elektrische Energie umsetzender Wandler" und "Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung niederfrequenter in hochfrequente elektrische Energie" für den einschlägigen Fachmann klar sind. Selbst wenn die Kammer diesbezüglich gewisse Zweifel hätte, so würde es ihre Befugnisse unter Artikel 114 (1) EPÜ überschreiten, ohne Mitwirkung der Einsprechenden - nur die Einsprechende II ist noch am Verfahren beteiligt, allerdings nur passiv - die erforderliche weitere Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Beschränkung der unabhängigen Ansprüche auf "in an Heizkörpern angebrachten Heizkostenverteiler integrierte Temperatursensoren" beschreibt jedenfalls deutlich die Anwendung der vorliegenden Erfindung, woraus sich dem Fachmann die Auswahl und Auslegung der übrigen Merkmale erschließt.
3.2 Die Ansprüche können daher als ausreichend klar gelten.
4. Neuheit
4.1 Die Druckschrift E2, deren Inhalt unbestritten den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart Verfahren und Vorrichtungen gemäß den Oberbegriffen der vorliegenden Ansprüche 1, 2, 16 bzw. 17, wobei darüber hinaus in Übereinstimmung mit diesen Ansprüchen als Sensoren zur Heizkostenverteilung in an Heizkörpern angebrachte Heizkostenverteiler integrierte Temperatursensoren vorgesehen sind, siehe E2, die Figur mit sie erläuternder Beschreibung. Demnach unterscheiden sich die Gegenstände der genannten Ansprüche dadurch, dass die Sendeeinrichtungen von einem im Umfeld befindliche thermische bzw. mechanische Energie umwandelnden Stromerzeuger mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei die Energieversorgung mittels einem aus einem Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler, einem an dem Wandler angekoppelten Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie bestehenden Stromerzeuger erfolgt. In E2 erfolgt die Versorgung der Sendeeinrichtungen jeweils mit einer Batterie, siehe Spalte 7, Zeilen 21 bis 31.
4.2 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche neu sind im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ. Die Neuheit wurde im Einspruchs- und anschließenden Beschwerdeverfahren auch nicht bestritten.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Die mit den unterscheidenden Merkmalen gegenüber E2 gelöste Aufgabe betrifft die Verbesserung der Wartungsfreundlichkeit. Diese Aufgabe wird zunächst durch die Vermeidung einer Batterie, die sich mit der Zeit verbraucht, gelöst.
5.2 Eine Batterie wird in der in der Druckschrift E4 beschriebenen Vorrichtung zur Erfassung und Auswertung von temperaturabhängigen Verbrauchswerten - entsprechend dem Wortlaut des vorliegenden Anspruchs - mittels in an Heizkörpern angebrachte Heizkostenverteiler integrierte zur Heizkostenverteilung Messwerte erfassenden Temperatursensoren und einer Auswerteeinrichtung vermieden, indem im Umfeld befindliche thermische Prozessenergie in elektrische Energie umsetzenden Wandler vorgesehen sind, nämlich sog. Thermobatterien, bei denen es sich nicht um Batterien im herkömmlichen Sinne, nämlich galvanische Elemente handelt, sondern eigentlich um Thermoelemente oder säulen. Diese Thermobatterien werden in E4 bei Bedarf, d.h. wenn die Wärme des jeweiligen Heizkörpers nicht ausreicht, mit einem gaskatalytischen Wärmeerzeuger beheizt.
5.3 Es kann angenommen werden, dass es für den Fachmann nahe lag, die in E4 beschriebene Thermobatterie auch ohne den gaskatalytischen Wärmeerzeuger bei den aus E2 bekannten Verfahren bzw. Vorrichtungen einzusetzen, nachdem solche Thermobatterien auch in anderem Zusammenhang zur ausschließlichen Stromversorgung verwendet werden, z.B. bei elektronischen Kleinuhren, siehe E18, die Zusammenfassung. Allerdings hätte er dann noch nicht die in den vorliegenden Ansprüchen 1, 2, 16 und 17 definierten Verfahren bzw. Vorrichtungen erhalten, denn diese definieren noch ein an den Wandler angekoppeltes Umwandlungselement mit nichtlinearer Kennlinie zur Umwandlung der vom Wandler erzeugten niederfrequenten elektrischen Energie in hochfrequente elektrische Energie, welche die Funkübertragung ermöglicht, siehe Patentschrift, Spalte 3, Zeilen 20 bis 28. Das hierzu genannte Dokument E11 offenbart eine Schaltung zur Frequenzmultiplikation, mit der unter Verwendung der nichtlinearen Kapazität einer Varaktordiode ausgehend von einem Eingangssignal im GHz-Bereich Mikrowellensignale hoher Ausgangsleistung erzeugt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass dies dem Fachmann einen Hinweis geben konnte, ein solches Umwandlungselement bei dem aus E2 bekannten Heizkostenverteiler unter Verwendung der in E4 beschriebenen Thermobatterie zu verwenden.
5.4 Die Einsprechenden haben sich hierzu nicht mehr geäußert bzw. durch Zurücknahme des Einspruchs ihre zuvor vorgetragene Argumentation in Frage gestellt. Die zuletzt von der Patentinhaberin vorgebrachten Argumente, wonach der Gegenstand des Anspruchs durch die genannten Dokumente nicht nahe gelegt werde, blieben somit unwidersprochen. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Gegenstände der vorliegenden unabhängigen Ansprüche aus den genannten Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.
6. Die Beschreibung ist an die geänderten Ansprüche angepasst worden.
7. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, siehe Artikel 102 (3) und 111 (1) EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrecht zu erhalten:
Beschreibung:
Seiten 2 und 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
Seite 4 der Patentschrift;
Ansprüche:
Nr. 1 bis 22, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
Zeichnungen:
Figuren der Patentschrift.