T 1139/03 () of 11.1.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T113903.20060111
Datum der Entscheidung: 11 Januar 2006
Aktenzeichen: T 1139/03
Anmeldenummer: 94104541.1
IPC-Klasse: B21B 1/36
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Reversierende Kompaktanlage zum Kaltwalzen von bandförmigem Walzgut
Name des Anmelders: SMS Demag AG
Name des Einsprechenden: VAI CLECIM
DANIELI & C., OFFICINE MECCANICHE SpA
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Verspätet vorgebrachtes Dokument - Zulässigkeit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - Haupt- und Hilfsantrag (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von den Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden I und II) gegen das europäische Patent Nr. 0 618 018 eingereichte Einspruch, der auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 b) EPÜ (unzureichende Offenbarung) und insbesondere Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützt wurde, führte zum Widerruf des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes seiner Ansprüche 1 und 8 durch die am 10. September 2003 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung. Dabei berief sich die Einspruchsabteilung u. a. auf die folgenden Entgegenhaltungen:

D1: JP-A-3-138 004

D2: JP-A-56-59507

D6: GB-A-2 037 637

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 04. November 2003 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr gleichzeitig entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 16. Januar 2004 eingereicht.

III. Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 zwei weitere Sätze von Ansprüchen als Hilfsanträge 1 und 2 ein. Daraufhin reichte die Beschwerdegegnerin I mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 noch folgende Entgegenhaltung ein:

D23: JP-A-59-185 504

IV. Am 11. Januar 2006 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, bzw. auf der Basis der mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 eingereichten Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2.

Die Beschwerdegegnerinnen I und II beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Anlage zum Kaltwalzen von bandförmigem Walzgut mit zwei zwischen zwei Reversierhaspeln (8, 9) ohne Zwischenschaltung weiterer Einrichtungen einander zugeordneten Reversiergerüsten (2, 3) und einem Haspel (10), von dem das Einsatzband abwickelbar ist, wobei zur Durchführung des Walzvorganges beide Reversiergerüste (2, 3) entsprechend aufeinander folgenden Stichen gleichzeitig angestellt sind und wobei die Reversiergerüste (2, 3) mit Arbeitswalzenschnellwechsel-vorrichtungen (14, 15, 16) ausgestattet sind, über die die mit in Kassettenbauweise aufgebauten Arbeitswalzen-Einbaustücken versehenen Arbeitswalzen im Durchschiebebetrieb gewechselt werden können, und wobei ein Wechsel gegen Arbeitswalzen (4, 4'; 5. 5') unterschiedlichen Durchmessers und/oder unterschiedlicher Oberflächenrauhigkeit möglich ist."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:

"Anlage zum Kaltwalzen von bandförmigem Walzgut mit zwei zwischen zwei Reversierhaspeln (8, 9) ohne Zwischenschaltung weiterer Einrichtungen einander zugeordneten Reversiergerüsten (2, 3) und einem Haspel (10), von dem das Einsatzband abwickelbar ist, wobei zur Durchführung des Walzvorganges beide Reversiergerüste (2, 3) entsprechend aufeinander folgenden Stichen gleichzeitig angestellt sind und wobei die Reversiergerüste (2, 3) mit Arbeitswalzenschnellwechsel-vorrichtungen (14, 15, 16) ausgestattet sind, über die die mit in Kassettenbauweise aufgebauten Arbeitswalzen-Einbaustücken versehenen Arbeitswalzen im Durchschiebebetrieb gewechselt werden, und wobei ein Wechsel gegen Arbeitswalzen (4, 4'; 5. 5') unterschiedlichen Oberflächenrauhigkeit erfolgt."

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Einspruchsabteilung habe zutreffend in der Entgegenhaltung D1 den nächstliegenden Stand der Technik erkannt. Diese Schrift offenbare eine Anlage zum Kaltwalzen von bandförmigem Walzgut mit:

a) zwei zwischen zwei Reversierhaspeln einander zugeordneten Reversiergerüsten,

b) einem Haspel (10), von dem das Einsatzband abwickelbar ist, und

c) wobei zur Durchführung des Walzvorganges beide Reversiergerüste entsprechend aufeinander folgenden Stichen gleichzeitig angestellt sind.

Die Merkmale des Patentanspruchs 1 wonach:

d) zwischen den Reversiergerüsten keine weitere Einrichtungen zwischengeschaltet sind,

e) die Reversiergerüste mit Arbeitswalzen-Schnellwechselvorrichtungen ausgestattet sind,

f) über die die mit in Kassettenbauweise aufgebauten Arbeitswalzen-Einbaustücken versehenen Arbeitswalzen im Durchschiebebetrieb gewechselt werden können,

g) wobei ein Wechsel gegen Arbeitswalzen unterschiedlichen Durchmessers und/oder unterschiedlicher Oberflächenrauhigkeit möglich ist,

seien aus der D1 nicht bekannt.

Das Erfordernis gemäß Merkmal d) sei bei der Reversieranlage nach der D1 nicht gegeben, weil zwischen den beiden Gerüsten 1,2 ein Schlingenbildner 6 angeordnet sei. Auf der Seite 9 der von der Beschwerdegegnerin II eingereichten Übersetzung der D1 sei unter Punkt (3) zu lesen, dass derartige doppelgerüstigen Reversieranlagen ohne Schlingenbildner nicht funktionierten und in Wirklichkeit nie Anwendung gefunden hätten. Der Schlingenbildner sei daher ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Reversieranlage und ermögliche erst deren Betreiben. Das Merkmal d) sei somit gegenüber dem Offenbarungsgehalt der D1 eindeutig neu und erfinderisch.

Bei der Reversierwalzanlage nach der D2 würden kornorientierte, elektromagnetische Stahlbleche gewalzt, die nach jedem Walzvorgang zum Zwecke des Alterns angehalten werden müssten. Aus diesem Grund sei zusätzlich zu einem ersten Zughaspelpaar ein zweites Zughaspelpaar vorgesehen. Das zweite Haspelpaar sei notwendig, um während der Stillstandzeit des ersten Haspelpaares, in der die zu walzenden Bleche altern müssten, die Reversieranlage weiter betreiben zu können. Dadurch sei die D2 gattungsfremd, weil sie weder das Merkmal a) noch die Merkmale b) und c) offenbare. In Anbetracht dieser gegenüber der erfindungsgemäßen Aufgabe unterschiedlichen Zielsetzung hätte der Fachmann aus der D2 auch keine Anregung bezüglich des Merkmals d) erhalten können.

Die D6 möge zwar eine Schnellwechselvorrichtung für eine Arbeitswalze beschreiben, diese Vorrichtung sei aber nicht in Verbindung mit einem Reversiergerüst offenbart. Der D6 sei auch nicht zu entnehmen, dass die Arbeitswalzen-Einbaustücken in Kassettenbauweise aufgebaut seien, d.h. dass sie positive und negative Biegungen sowie axiale Verschiebungen der Arbeitswalzen zuließen. Zudem zeige keine der vorliegenden Entgegenhaltungen, dass beim Walzenwechsel die im Gerüst befindliche Arbeitswalzen gegen Arbeitswalzen unterschiedlichen Durchmessers und/oder unterschiedlicher Oberflächenrauhigkeit ausgetauscht werden sollten (Merkmal g)).

Die D23 sei nach der neunmonatigen Frist für das Einlegen eines Einspruchs eingegangen und gelte somit als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ. Der mit einer Arbeitswalze anderer Rauhigkeit durchgeführte, letzte Stich erfolge hier nicht nach einem Walzenwechsel, sondern durch die Hinzufügung eines neuen, zusätzlichen Walzensatzes. Diese Schrift biete somit eine andere Lösung an und sei deswegen nicht relevant. Sie sollte daher nicht berücksichtigt werden.

Selbst wenn angenommen werde, dass die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs 1 aus mehreren verschiedenen Entgegenhaltungen bekannt seien, komme es im vorliegenden Fall auf ihre Kombination an. In keiner der vorliegenden Entgegenhaltungen sei das Problem der Anpassung einer Kaltwalzanlage, die zudem für die Produktion eines breit gefächerten Sortiment an bandförmigen Walzgut geeignet sein solle, an eine Jahreskapazität von ca. 700 000 t angesprochen. Damit hätte der zuständige Fachmann auch niemals eine Kombination der zitierten Entgegenhaltungen vorgenommen, um die erfindungsgemäße Aufgabe zu lösen und auf den Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu kommen.

Die Einspruchsabteilung habe bemängelt, dass das Merkmal g) lediglich als Möglichkeit formuliert sei. Im Hilfsantrag sei nun definitiv beansprucht, dass ein Wechsel gegen Arbeitswalzen unterschiedlichen Oberflächenrauhigkeit erfolge.

VII. Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten im Wesentlichen wie folgt:

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, bzw. des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag, ergebe sich durch eine einfache Zusammenschau der D1 und der D6, bzw. der D1, D6 und D23. Der Ersatz des konstruktiven Erfordernisses (Walzenwechsel solle möglich sein) im Patentanspruch 1 durch ein Verfahrensschritt (Walzenwechsel solle erfolgen) im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag verstoße gegen das Erfordernis des Artikels 123 (3) EPÜ, weil konstruktive Voraussetzungen nunmehr weggefallen seien und der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 dadurch erweitert würde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Verspätet vorgebrachtes Beweismittel

Es gehört zur gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass die Entscheidung, ob ein verspätet im Einspruchs- oder im Einspruchsbeschwerdeverfahren vorgebrachtes Dokument berücksichtigt wird, vor allem von der entscheidungswesentlichen Bedeutung des Dokuments abhängt (vgl. T 273/84, Abl. EPA 1986, 346; T 1002/92, Abl. EPA 1995, 615). Das Patentbegehren gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich von der Walzanlage gemäß dem Hauptantrag durch das zusätzliche Erfordernis, dass ein Wechsel gegen Arbeitswalzen unterschiedlichen Oberflächenrauhigkeit erfolgt. Die D23 beschreibt ein Reversiergerüst, bei dem zur Erhaltung eines Fertigproduktes von ausgezeichneter Oberflächenqualität der letzte Stich nach einem Arbeitswalzenwechsel mit einem Arbeitswalzensatz anderer Oberflächenrauhigkeit erfolgt. Die Schrift D23 wurde von der Beschwerde gegnerin I als Erwiderung zu dem im Hilfsantrag geänderten Patentbegehren der Beschwerdeführerin eingereicht und ihre technische Lehre ist im Hinblick auf diesen Antrag entscheidungswesentlich.

Die Kammer hat daher in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 114 (1) und (2) EPÜ es für angemessen erachtet, D23 in das Beschwerdeverfahren einzuführen.

3. Haupt- und Hilfsantrag; erfinderische Tätigkeit

Der nächstliegende Stand der Technik wird unstrittig durch die Entgegenhaltung D1 wiedergegeben, welche eine Anlage zum Kaltwalzen von bandförmigem Walzgut mit den Merkmalen a), b) und c) offenbart (vgl. die von der Beschwerdeführerin unter Punkt VI vorgeschlagene Merkmalsgliederung des Anspruchs 1).

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin seien die Merkmale d) bis g) des Patentanspruchs 1 in der D1 nicht offenbart.

4. Zum Merkmal d):

Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, das Merkmal d) sei gegenüber dem Offenbarungsgehalt der D1 neu, weil ein Schlingenbildner 6 zwischen den beiden Gerüsten 1,2 der Reversieranlage der D1 angeordnet sei (vgl. Fig. 1). Das Merkmal sei auch erfinderisch, weil es das Vorurteil überwinde, dass der Schlingenbildner einen unverzichtbaren Bestandteil der Reversieranlage darstelle.

Die von der Beschwerdeführerin für ihre These herangezogene Stelle der D1 (vgl. Übersetzung der D1: Seite 9, Punkt (3)) beschäftigt sich mit der Problematik der unterschiedlichen Bandstärke h0, h1-h3 an den Enden des bandförmigen Walzgutes. Demnach können diese unterschiedlichen Bandstärken beim Reversieren des Walzvorganges und beim Durchlaufen des benachbarten Reversiergerüstes zu einem Bruch des Bandes und/oder zu Bildung von Riffelungen führen. Diese Problematik stellt sich jedoch nur bei Reversieranlagen, die mit Hilfe eines Ansatzteils 7 zwischen der Reversierhaspel und dem Walzband betrieben werden. Die Argumentation der Beschwerdeführerin übersieht, dass das Konzept einer doppelgerüstigen Reversieranlage als solches in der D1 ohnehin offenbart ist und zwar mit der Zielsetzung, eine gegenüber einer eingerüstigen Reversieranlage erhöhte Produktivität mit vergleichsweise wenig Aufwand zu erreichen. Auf Seite 8, dritter Absatz der von der Beschwerdegegnerin II eingereichten Übersetzung der D1 wird ausdrücklich erwähnt, dass zur Erzielung einer Produktivitätserhöhung die beiden hintereinander angeordneten Gerüste dieser Reversieranlage gleichzeitig angestellt werden. Der fachmännische Leser der D1 erkennt unschwer, dass dieses Ergebnis nicht durch den Schlingenbildner erzielt wird. Aufgabe des Schlingenbildners 6 bei der Reversierwalzanlage nach der D1 ist es, das bestehende Bandzugniveau aufrechtzuerhalten, wenn eine der Reversierhaspel 4 zur Öffnung bzw. Schließung des ihr zugeordneten Gerüstes 1 gestoppt wird und das zweite Gerüst 2 in der einen Bewegungsrichtung des Walzgutes weiter arbeitet. Das Öffnen und Schließen des betroffenen Gerüstes dient zum Durchgang eines zwischen dem Ansatzteil 7 und dem Walzband 3 vorgesehenen verdickten Verbindungsteils mit der Zielsetzung, Bandmaterialverluste des gegebenenfalls teueren Walzgutes zu vermeiden.

Nach Auffassung der Kammer steht es dem Fachmann frei, auf den Schlingenbildner zu verzichten, wenn er Materialverluste in Kauf nehmen kann oder wenn die Aufrechterhaltung des Bandzuges während des Öffnens des betroffenen Gerüstes nicht erfordert wird oder wenn die Gerüste ohne Ansatzteil betrieben werden, wie dies zum Beispiel in der D2 gezeigt wird. Dementsprechend hält die Kammer das Argument der Beschwerdeführerin, dass das Merkmal d) des Patentanspruchs 1 durch die vorliegenden Entgegenhaltungen nicht nahegelegt wird, für nicht überzeugend.

Die D1 löst eine spezifische Aufgabe, die sich aus der Durchführung des verdickten Verbindungsteils ergibt, und schlägt ein Verfahren zur Lösung dieser Aufgabe vor. Das vorliegende Patent hat zu dieser Problematik nichts anzubieten. In dem Verzicht auf den Schlingenbildner kann daher aus der Sicht der Kammer nicht die Überwindung eines Vorurteils erkannt werden. Das Merkmal d) leistet somit keinen Beitrag zum Stand der Technik und kann auch keine erfinderische Tätigkeit begründen.

5. Zu den Merkmalen e) und f):

In der D6 ist ein Gerüst beschrieben, das mit Arbeitswalzen-Schnellwechselvorrichtungen ausgestattet ist, damit die Arbeitswalzen im Durchschiebebetrieb gewechselt werden können, wobei gleichzeitig die Arbeitswalzen-Einbaustücken ausgetauscht werden (Merkmale e) und f)). Mit einer derartigen Vorrichtung kann ein gebrauchter Arbeitswalzensatz durch einen neuen Arbeitswalzensatz sehr schnell ausgetauscht werden. Eine solche Austauschmöglichkeit lässt sich selbstverständlich auch bei den Gerüsten einer Reversieranlage verwirklichen. Die Beschwerdeführerin hat angezweifelt, dass die Arbeitswalzen-Einbaustücken der D6 in Kassettenbauweise aufgebaut seien. In der Beschreibung des vorliegenden Patents wird jedoch die beanspruchte "Kassettenbauweise" nicht näher erläutert, so dass die Kammer keine Veranlassung sieht, diesem Begriff eine andere Bedeutung beizumessen, als was dem Anspruch 1 zu entnehmen ist, nämlich dass die jeweilige Arbeitswalze und ihre Einbaustücke in einer Baueinheit zusammengefasst werden, die kassettenartig in das Walzgerüst hineingeschoben werden kann ("Durchschiebebetrieb"). Dies ist offensichtlich beim Stand der Technik gemäß D6 der Fall.

6. Zum Merkmal g):

Das Merkmal g) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag verlangt, dass ein Wechsel gegen Arbeitswalzen unterschiedlichen Durchmessers und/oder unterschiedlicher Oberflächenrauhigkeit möglich sein soll. Es ist offensichtlich, dass die Walzenwechselvorrichtung der D6 eine solche Möglichkeit anbietet.

Aber selbst wenn laut Merkmal g) des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag verlangt wird, dass ein Wechsel gegen Arbeitswalzen mit unterschiedlicher Oberflächenrauhigkeit erfolgt, so zeigt die D23 ein Reversiergerüst, bei dem zur Erhaltung eines Fertigproduktes von ausgezeichneter Oberflächenqualität der letzte Stich mit einem Arbeitswalzensatz anderer Oberflächenrauhigkeit durchgeführt wird.

7. Insgesamt gelangt die Kammer angesichts der obigen Ausführungen zum Ergebnis, dass eine Zusammenschau der Schriften D1/D6, bzw. D1/D6/D23, in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, bzw. zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag, führt.

8. Nach Wegfall des Patentanspruchs 1 können auch die übrigen Ansprüche keinen Bestand haben, da das Patent als ein Ganzes zu betrachten ist und nicht aufrechterhalten bleiben kann, wenn nur ein einziger unabhängiger Anspruch die Erfordernisse des EPÜ nicht erfüllt. Es erübrigt sich daher, näher auf den Gegenstand des unabhängigen Verfahrensanspruchs 8 einzugehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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