T 1135/03 () of 30.1.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T113503.20060130
Datum der Entscheidung: 30 Januar 2006
Aktenzeichen: T 1135/03
Anmeldenummer: 98810283.6
IPC-Klasse: E03C 1/01
E03D 11/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rahmen für die Montage von Sanitärartikeln
Name des Anmelders: GEBERIT TECHNIK AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 4. Juni 2003, mit der die Europäische Patentanmeldung Nr.98810283.6, Veröffentlichungsnummer EP-A-0 877 125, wegen mangelnder erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß einem Hauptantrag im Hinblick auf die EP-A-0 731 224 (D1) in Verbindung mit den allgemeinen Kenntnissen des Fachmanns zurückgewiesen worden ist.

Die Entscheidung der Prüfungsabteilung richtete sich auch gegen einen Hilfsantrag mit geänderten Unterlagen, der wegen verspätetem Vorbringen nicht zugelassen wurde.

II. Die Anmelderin (im folgenden Beschwerdeführerin) hat am 30. Juli 2003 gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr bezahlt.

Am 2. Oktober 2003 hat sie die Beschwerdebegründung eingereicht; sie beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis des Haupt- bzw. Hilfsantrags.

Nach einer Mitteilung der Beschwerdekammer, in der die Ansprüche gemäß Hauptantrag im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ als patentfähig angesehen wurden, hat die Beschwerdeführerin am 28. Juli 2005 einen endgültigen Satz geänderter Ansprüche 1 bis 9 und eine angepasste Beschreibungsseite 3 eingereicht.

Der Hauptantrag enthält folgende Unterlagen:

- Ansprüche 1 bis 9 vom 28. Juli 2005,

- Beschreibungsseiten 1 und 2 vom 21. Oktober 2002,

- Beschreibungsseite 3 vom 28. Juli 2005,

- Beschreibungsseiten 4 bis 7 und Figuren 1 bis 11 wie ursprünglich eingereicht.

III. Der geltende Anspruchssatz des Hauptantrags enthält den folgenden einzigen unabhängigen Anspruch:

"Rahmen für die Montage von Sanitärartikeln, insbesondere Urinalen, mit zwei Vertikalstreben (2) und wenigstens einer Traverse (8,9,11), die wahlweise in unterschiedlichen Höhen an den Vertikalstreben (2) befestigbar ist, mit Mitteln zum Befestigen der Traverse (8,9,11) an den Vertikalstreben (2), wobei die Traverse (8,9,11)an ihren Enden jeweils höhenverschiebbar an einer Lochrastschiene (4) einer Vertikalstrebe (2) geführt ist und die Traverse (8,9,11) Rastorgane (2) aufweist, mit denen sie an ihren Enden lösbar an den Lochrastschienen (4) befestigt ist und die Rastorgane (5) zum Verschieben der Traverse (8,9,11) in eine Position bringbar sind, in der sie mit den Vertikalstreben nicht im Eingriff sind, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Lochrastschienen (4) jeweils separat hergestellt und jeweils an einem Rahmenprofil (3) befestigt sind und dass jede der beiden Lochrastschienen (4) mit einem Rahmenprofil (3) einen vertikal verlaufenden Führungskanal (25) bildet, in den ein Ende der Traverse (8,9,11) eingreift."

IV. Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag im wesentlichen wie folgt:

Im Gegensatz zur Analyse der ersten Instanz, welche das Merkmal:

- M1: die beiden Lochrastschienen sind jeweils separat hergestellt und jeweils an einem Rahmenprofil befestigt,

als einzigen Unterschied zum Stand der Technik würdigte, sei auch folgendes Merkmal M2 des Anspruchs 1 neu gegenüber der D1:

- M2: jede der beiden Lochrastschienen bildet mit dem Rahmenprofil einen vertikal verlaufenden Führungskanal, in den ein Ende der Traverse eingreift.

Der beanspruchte Gegenstand ließe sich somit durch beide Merkmale M1 und M2 des Kennzeichens des Anspruchs 1 vom Stand der Technik nach D1 unterscheiden. Die daraus resultierende Aufgabe betreffe deshalb nicht nur, wie in der angefochtenen Entscheidung definiert, eine übliche Auswahl einer bestimmten Herstellungsmethode, sondern bestehe darin, einen gattungsgemässen Rahmen so weiterzubilden, dass er eine einfachere und rationellere Montage ermöglichen könne.

Schließlich könne der Fachmann nicht ausschließlich auf seine Fachkenntnisse zurückgreifen, um die aus D1 bekannte Vorrichtung durch die Merkmale M1 und M2 in naheliegender Weise zu ändern.

Die kennzeichnenden Merkmale seien an sich aus keiner weiteren Schrift ersichtlich.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 wurde in der angefochtenen Entscheidung im wesentlichen damit begründet, dass die D1 sämtliche Merkmale des Anspruchs, bis auf das kennzeichnende Merkmal M1, offenbare und dass dieser Unterschied im Rahmen dessen liege, was der Fachmann anhand seines allgemeinen Fachwissens zu tun pflege.

2.2 Diese Begründung trifft schon deshalb nicht zu, weil das gesamte Kennzeichen des Anspruchs 1, also auch das Merkmal M2, gegenüber der D1 neu ist.

2.2.1 Der Stand der Technik D1 (siehe insbesondere Figuren 5 und 13) betrifft einen Rahmen für die Montage von Sanitärartikeln. Der Rahmen weist zwei Vertikalstreben 3 und Traversen 35 auf, welche wahlweise in unterschiedlichen Höhen an den Vertikalstreben befestigbar sind (Spalte 11, Zeilen 19-24). Ferner sind Mittel zur Befestigung der Traversen 35 an den Vertikalstreben in Form von in Rastlöcher 36 des Längsstegs 5 einsetzbaren Rastnasen 37 an beiden Enden der Traversen und jeweils einer mittels einer Schraube 42 an der Traverse befestigbaren Arretierplatte 41 vorgesehen. Auch wenn nicht explizit in D1 beschrieben, ergibt es sich aus dieser Konstruktion, dass durch ein Aufschrauben der Schraube 42 (Figur 13) ein "Auflockern" der Arretierplatte 41 gegenüber dem Längssteg 5 durchgeführt werden kann, so dass die Rastnasen 37 aus den Rastlöchern 36 herausgenommen werden können und dadurch die Traverse 35 gegenüber dem Längssteg 5 in vertikaler Richtung verschiebbar ist.

Somit sind sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aus der D1 vorbekannt.

2.2.2 In der Entscheidung der ersten Instanz wurde zusätzlich noch das Merkmal M2 als bekannt angesehen mit der Begründung, dass das Merkmal M2 des Anspruchs die genaue Form des Führungskanals offen lasse und dass die in Fig. 13 der D1 ersichtlichen Flächen des 90º-Winkels (Eckwinkels) zwischen dem Längssteg 5 und dem Grundkörper 3 demnach auch eine Art Führungskanal im Sinne der Erfindung bildeten, insbesondere wenn die Traverse um 180º um ihre Längsachse gedreht werde.

Eine derartige Auslegung des Merkmals M2 ist aus folgenden Gründen nicht haltbar.

Die erwähnte Konstruktion der D1 weist, wenn überhaupt und höchstens von der Funktion her, eine offene L-förmige Gleitfläche (Eckwinkel) auf, welche nicht ausreicht, um die Traverse beim vertikalen Gleiten zu führen, denn dafür müsste noch die Arretierplatte als Gegenpart an dem Längssteg 5 die Bewegung mitführen, was aus folgenden Gründen auch nicht zutreffend ist.

Die Bewegung der Traverse 35 entlang des Längsstegs 5 kann insoweit kontrolliert ausgeführt werden, als entweder die Auflagefläche 43 der Traverse an einer ersten Seitenfläche des Längsstegs 5 oder die Arretierplatte 41 an der anderen Seite des Längsstegs 5 gleitet. Eine gleichzeitige und beidseitige Führung der Traverse, wie es üblicherweise von einem Führungskanal zu erwarten ist, kann mit der bekannten Vorrichtung nicht gewährleistet werden. Damit die Traverse 35 vertikal bewegt werden kann, muss durch Aufschrauben der Arretierschraube 42 ein Abstand in horizontaler Richtung zwischen der Traverse 35 und der Arretierplatte 41 geschaffen werden, der groß genug ist, um die Rastnasen 37 der Traverse 35 aus den Rastlöchern 36 des Längsstegs 5 heraus zu bewegen. Damit wird jedoch jede Führung der Traverse am Längssteg aufgehoben. Dies gilt umso mehr, wenn man die Verbindung zwischen Arretierplatte und Traverse vollständig löst und die Traverse um 180º um ihre Längsachse dreht. Sie kann dann zwar am Längssteg entlang gleiten, wird aber nicht mehr daran geführt. Die geometrischen und konstruktiven Besonderheiten der bekannten Vorrichtung schließen deshalb einen Führungskanal im Sinne der Erfindung aus.

2.3 Aus diesen Gründen unterscheidet sich der beanspruchte Rahmen gegenüber der D1 durch beide kennzeichnenden Merkmale M1 und M2:

- M1: dass die beiden Lochrastschienen jeweils separat hergestellt und jeweils an einem Rahmenprofil befestigt sind;

- M2: dass jede der beiden Lochrastschienen 5 mit dem Rahmenprofil 3 einen vertikal verlaufenden Führungskanal bildet, in den ein Ende der Traverse eingreift.

Die daraus zu ermittelnde technische Aufgabe besteht infolgedessen darin, einen Rahmen zu schaffen, der eine einfachere und rationellere Montage ermöglicht und an verschiedene Betriebsbedingungen angepasst werden kann.

2.4 Die in der Patentanmeldung vorgeschlagene Lösung lässt sich für den Fachmann nicht ohne weiteres herleiten.

2.4.1 Auch wenn ausschließlich das Merkmal M1 den Unterschied zu D1 bilden würde, ergäbe sich dieses Merkmal nicht in naheliegender Weise aus der D1, auch nicht durch Heranziehen des allgemeinen Fachwissens, wie es in der angefochtenen Entscheidung angenommen wurde.

Die Erfindung gemäß D1 lehrt als grundlegende technische Lösung, siehe Anspruch 1 und Spalte 1, Zeilen 42-49, den die Lochrastschiene bildenden Längssteg 5 durch mehrfaches Falten des dünnen Materials des Rahmenprofils 3 herzustellen.

Es ist daher nicht angebracht, das allgemeine Fachwissen (mehrteiliges statt einteiliges Herstellen) auf D1 so anzuwenden, dass der Längssteg wieder separat vom restlichen Teil des Längsstegs gefertigt und am Rahmen befestigt wird. Eine derartige Änderung des Rahmens der D1 steht zur Erfindungslehre der D1 im Widerspruch und würde auch keinen ersichtlichen, die Gleitführung des Längsstegs betreffenden Vorteil bewirken.

2.4.2 Die Kombination der Merkmale M1 und M2 gemäß der Erfindung ermöglicht eine größere Flexibilität (verschiedene Lochrastschienen für ein einziges Rahmenprofil) durch die separate Fertigung der Lochrastschiene und gleichzeitig eine zuverlässige Führung der Traversen in dem vorgesehenen Führungskanal. Die Merkmale M1 und M2 wirken dadurch funktionell zusammen, dass der Rahmen den Hauptteil des Führungskanals bildet und die auszuwählende Lochrastschiene das Rastmuster an die gegebenen Bedingungen anpassen kann.

Diese technische Lösung ist im zitierten und gemäß Recherchenbericht ermittelten Stand der Technik ohne Vorbild und kann auch nicht allein durch das allgemeine Fachwissen gefunden werden, zumindest nicht ausgehend von dem Stand der Technik nach D1 und auch nicht, ohne dass der Fachmann dabei erfinderisch tätig sein müsste.

2.5 Zusammenfassend ist der beanspruchte Gegenstand gemäß Hauptantrag nicht naheliegend. Er beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

3. Hilfsantrag

Da der Hauptantrag gewährbar ist, erübrigt sich die Prüfung des Hilfsantrags.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Beschreibungsseiten:

- 1 und 2, wie eingereicht am 24. Oktober 2002 mit Schreiben vom 21. Oktober 2002,

- 3, wie eingereicht am 1. August 2005 mit Schreiben vom 28. Juli 2005,

- 4 bis 7, wie ursprünglich eingereicht;

- Ansprüche: 1 bis 9, wie eingereicht am 1. August 2005 mit Schreiben vom 28. Juli 2005,

- Figuren: 1 bis 11, wie ursprünglich eingereicht.

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