T 1088/03 (Lichtschutzformulierungen/BEIERSDORF) of 4.4.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T108803.20060404
Datum der Entscheidung: 04 April 2006
Aktenzeichen: T 1088/03
Anmeldenummer: 96941601.5
IPC-Klasse: A61K 7/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kosmetische und dermatologische Lichtschutzformulierungen in Form von O/W-Emulsionen
Name des Anmelders: Beiersdorf Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: HENKEL KGaA
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht) - nicht alle Merkmale eindeutig aus dem Stand der Technik entnehmbar
Erfinderische Tätigkeit (verneint) - naheliegende Ausführung der Beispiele im Stand der Technik führt zum Patentgegenstand
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die Patentanmeldung Nr. 96 941 601.5 wurde das europäische Patent Nr. 0 868 168 mit 6 Ansprüchen erteilt.

II. Der Patentanspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"O/W-Emulsionen,

- enthaltend eine Wasserphase, gegebenenfalls übliche, in Wasser lösliche oder dispergierbare Substanzen,

- enthaltend eine Ölphase, in welcher ein oder mehrere hydrophobe anorganische Mikropigmente, in suspendierter Form vorliegen,

- enthaltend mindestens einen Emulgator, gewählt aus der Gruppe der verzweigten Alkancarbonsäuren."

III. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) hat mit der Begründung Einspruch eingelegt, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht mehr neu und ergäbe sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 100 a) EPÜ).

IV. Die folgenden Entgegenhaltungen wurden unter anderen im Einspruchsverfahren und im anschließenden Beschwerdeverfahren genannt:

(1) AU-A-59330/94

(2) WO-A-93/04666

(3) US 5 041 281

V. Die Einspruchsabteilung hat mit der am 4. August 2003 zur Post gegebenen Entscheidung nach Artikel 102 (2) EPÜ den Einspruch zurückgewiesen.

Der antragsgemäß unveränderte Gegenstand des Streitpatents sei neu, weil keiner der Gegenstände der Patentansprüche 1, 5 und 6 in den Entgegenhaltungen (l) und (3) spezifisch offenbart sei.

Insbesondere offenbarten die Ausführungsbeispiele in (l) keine hydrophoben Pigmente.

Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit ging die Einspruchsabteilung davon aus, dass die den Ansprüchen 1, 5 und 6 zugrunde liegende technische Aufgabe in der Stabilisierung der O/W-Emulsion gegen die Migration der anorganischen Pigmente, insbesondere der hydrophoben anorganischen Mikropigmente aus der Ölphase in die Wasserphase bestünde.

Die Verwendung von Isostearinsäure bzw. verzweigten Alkancarbonsäuren zur Stabilisierung gegen Migration könne aus der technischen Lehre von Druckschrift (1) nicht abgeleitet werden. Auch in Druckschrift (3) sei dieser Verwendungszweck nicht beschrieben.

VI. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben.

Ihr Vorbringen im schriftlichen Verfahren kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

Die Neuheitsschädlichkeit von Dokument (1) ergäbe sich aus der Gesamtoffenbarung der Schrift, wonach gewöhnlich mit Aluminiumstearat hydrophobiertes und mikronisiertes Titandioxid eingesetzt werde, was dann auch für die fünfundzwanzig Ausführungsbeispiele vorauszusetzen sei, die ansonsten alle weiteren Merkmale des Patentanspruchs 1 vorwegnähmen.

Im Übrigen sei die streitpatentgemäße Lehre auch nicht erfinderisch.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat mit Schreiben vom 2. November 2005 mitgeteilt, dass sie an der für den 4. April 2006 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Entsprechendes teilte die Beschwerdeführerin mit Fax vom 3. April 2006 mit.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat sich im Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht mehr sachlich geäußert.

IX. Die mündliche Verhandlung hat ordnungsgemäß am 4. April 2006 stattgefunden.

X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 868 168.

Die Beschwerdegegnerin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. In Entgegenhaltung (1) sind

O/W-Emulsionen (siehe Patentanspruch 1),

- enthaltend eine Wasserphase (siehe Beispiel 1, Seite 12, z.B. Tabelle 1, Zeile 1 unter der Überschrift),

- enthaltend eine Ölphase, in welcher ein oder mehrere hydrophobe anorganische Mikropigmente (mikrofeines Titandioxid), in suspendierter Form vorliegen (siehe Beispiel 1, Seite 9, Zeile 23 bis Seite 10, Zeile 5),

- enthaltend mindestens einen Emulgator, gewählt aus der Gruppe der verzweigten Alkancarbonsäuren (Isostearinsäure; siehe Beispiel 1, Seite 10, Zeile 22;)

offenbart, die mit Ausnahme der Eigenschaft der anorganischen Titandioxid-Mikropigmente, hydrophobisiert zu sein, alle Merkmale des streitpatentgemäßen Patentanspruchs 1 vorwegnehmen. Gleiches gilt für die Beispiele 3 und 4, in denen ebenfalls Isostearinsäure als verzweigte Alkancarbonsäure eingesetzt wird.

Auf Seite 3, Zeile 20 bis Seite 4, Zeile 3, insbesondere Seite 4, Zeilen 1 bis 3 von (1) ist offenbart, dass die Titandioxid-Mikropigmente (mikrofeinen Titandioxidpartikel) üblicherweise z.B. mit Aluminiumstearat oberflächenbehandelt, also hydrophobisiert sind. Jedoch ist diese Eigenschaft nicht zwingend den in den Beispielen 1, 3 und 4 verwendeten Titandioxidpartikeln zugeordnet.

Daher ist der Gegenstand des streitpatentgemäßen Patentanspruchs 1 als neu zu bezeichnen.

3. Im Hinblick auf die unmittelbar zu erkennende Aufgabe der Nacharbeitung der Lehre der Entgegenhaltung (1) in Form der Beispiele 1, 3 und 4 wird der Fachmann jedoch bei der Wahl des mikronisierten Titandioxids jedenfalls in erster Linie das übliche, also hydrophobisiertes Titandioxid einsetzen. Jeglicher dabei möglicherweise auftretende Effekt fiele ihm dabei als Gratiseffekt zu, so dass es ausgehend von Entgegenhaltung (1) keiner erfinderischen Leistung bedarf, um zur Lehre nach Patentanspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.

4. Die Beschwerdegegnerin hat im Einspruchsbeschwerdeverfahren keine sachlichen Argumente mehr vorgebracht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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