European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T105103.20050719 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Juli 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1051/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98945025.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02H 11/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Steuerschaltung für einen Gleichstrommotor | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Robert Seuffer GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 998 776 widerrufen worden ist.
II. Die folgende Dokumente des Standes der Technik sind im Beschwerdeverfahren berücksichtigt worden:
D1: US-A-5 012 381,
D2: DE-A-4 134 495, und
D4: US-A-5 142 433.
III. Das Dokument US-A-5 625 518, das im Rahmen von Einwendungen eines Dritten gemäß Artikel 115 EPÜ genannt worden ist, wurde nicht ins Verfahren eingeführt.
IV. Der Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung lautet:
"Steuerschaltung für einen Gleichstrommotor (2) mit einer außerhalb des Versorgungsstromkreises des Gleichstrommotors (2) angeordneten Verpolschutzeinrichtung (3), die einen Transistorschalter mit einer diesem parallel geschalteten Diode (D3) aufweist und zum einen in den Stromkreis einer Freilaufdiode (D2) geschaltet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Verpolschutzeinrichtung (3) zum anderen in den Stromkreis eines dem Gleichstrommotor (2) parallel geschalteten Elektrolytkondensators (C) geschaltet ist."
Die Ansprüche 2 bis 7 des Streitpatents sind von Anspruch 1 abhängig.
V. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 19. Juli 2005 statt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form (Hauptantrag) oder auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 20. Juni 2005 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
Der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.
VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Die als nächstliegender Stand der Technik angesehene Schrift D1 offenbare eine Steuerschaltung für einen Gleichstrommotor nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents. Die in dem Dokument D2 offenbarte Schaltung weise eine Voll- bzw. Halbbrückenschaltung mit vier bzw. zwei Schalttransistoren auf, während die Schaltung von D1 einen einzigen Schalttransistor aufweise. Angesichts ihrer grundlegend unterschiedlichen Topologien würde ein Fachmann die in den Dokumenten D1 und D2 beschriebenen Schaltungen nicht miteinander kombinieren. In der Schaltung nach D2 sei zur Glättung der Bordnetzwelligkeit ein Elektrolytkondensator vorgesehen. Dieser Elektrolytkondensator werde durch einen im Versorgungsstromkreis des Gleichstrommotors liegenden Transistor vor einer Verpolung geschützt. Aus der Kombination der Steuerschaltungen gemäß D1 und D2 gehe eine Steuerschaltung mit zwei Verpolschutzeinrichtungen hervor, wobei die Verpolschutzeinrichtung für den Elektrolytkondensator im Versorgungsstromkreis des Gleichstrommotors liege. Es sei nicht naheliegend, auf die Verpolschutzeinrichtung zu verzichten, die im Versorgungsstromkreis des Gleichstrommotors angeordnet sei, und den Elektrolytkondensator derart umzusetzen, dass die verbleibende Verpolschutzeinrichtung zum einem in den Stromkreis einer Freilaufdiode und zum anderen in den Stromkreis des dem Gleichstrommotor parallel geschalteten Elektrolytkondensators geschaltet sei. D2 lehre, bei Nichtansteuerung des Motors den Elektrolytkondensator mittels der Verpolschutzeinrichtung vom Netz zu trennen, um so die Verlustleistung der Schaltung zu verringern. Dagegen werde, wie in Figur 2 des Streitpatents sichtbar, der Elektrolytkondensator in der erfindungsgemäßen Schaltung nicht vom Netz getrennt. Es sei für den Fachmann nicht naheliegend, auf die Verpolschutzeinrichtung nach D2 zu verzichten oder diese an eine andere Stelle zu verlegen. Wenn der Fachmann die Halbbrückenschaltung gemäß D2 mit zwei Schalttransistoren und zwei Freilaufdioden im Hinblick auf D1 ändern wolle, wisse er nicht, wie er die Verpolschutzeinrichtung nach D1 in die Halbbrückenschaltung einsetzen soll. Die in D2 beschriebene Verpolschutzeinrichtung könne aus dem Versorgungsstromkreis des Gleichstrommotors nicht entfernt werden, da sie nicht nur die Funktion eines Verpolschutzes habe, sondern auch zur Steuerung des Gleichstrommotors diene. Die Verpolschutzeinrichtung gemäß Dokument D2 sei auch nicht im Stromkreis der Freilaufdioden angeordnet. Die Lösung des Streitpatents sei nicht die einzige mögliche Lösung des Problems, die Welligkeit in der Schaltung gemäß Dokument D1 zu glätten. Man könne, wie in der Schaltung nach dem Dokument D4, das in dem Streitpatent genannt sei, anstatt eines Elektrolytkondensators einen Kondensator verwenden, der kein Verpolschutz benötige, z. B. einen Folienkondensator.
VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Das Streitpatent gehe im Oberbegriff des Anspruchs 1 von dem Dokument D1 aus. Dieses Dokument beschreibe einen Verpolschutz, bei dem die Verlustleistung des Verpolschutzes verringert sei, da der Verpolschutz außerhalb der Zuleitung oder Ableitung der Motor- Stromversorgung liege. Die in der Streitpatentschrift in Spalte 1 im Absatz [0004] angegebene Aufgabe werde daher bereits im nächstliegenden Stand der Technik gelöst. Dem im Kennzeichnen angegebenen Lösungsmerkmal liege die Aufgabe zugrunde, die Welligkeit des Motorstroms zu glätten. Wenn ausgehend von D1 der Fachmann vor diesem Problem stehe, werde er, ohne erfinderisch tätig zu sein, den glättenden Elektrolytkondensator in die vorhandene Schaltung so einbauen, dass der vorhandene Verpolschutz den Elektrolytkondensator auch mitschütze. Als einzige sinnvolle Lösung ergebe sich dabei nur die, dass die Verpolschutzeinrichtung und der Elektrolytkondensator in den gleichen Stromkreis geschaltet seien, wie es aus der D2 für den Elektrolytkondensator 248 bekannt sei. Dabei werde der Fachmann den Stromkreis, welcher den Elektrolytkondensator und die Verpolschutzeinrichtung enthalte, so gestalten, dass die Funktion des Elektrolytkondensators nicht beeinträchtigt werde. Der Fachmann komme damit zwangsläufig zu der beanspruchten Lösung. Die von der Patentinhaberin in Erwägung gezogene Kombination mit zwei Verpolschutzeinrichtungen werde der Fachmann als viel zu aufwendig nicht aufgreifen, sondern die sich unmittelbar anbietende Lösung, den vorhandenen Verpolschutz in bekannter Weise mit dem Elektrolytkondensator zu verschalten, wählen. Unsinnige Lösungen, welche zwei Verpolschutzeinrichtungen aufweisen oder bei welchen der Elektrolytkondensator bei den Figuren 2 und 3 der D1 zwischen der Freilaufdiode 38 und dem Schalttransistor 34 sowie Masse geschaltet ist, kämen für den Fachmann nicht in Frage. Die Kombination von D1 und D2 falle jedenfalls in den Umfang des Anspruchs 1 des Streitpatents, da dieser Anspruch nicht ausschließe, dass die Verpolschutzeinrichtung zwei Komponenten umfasse. Die Argumente der Patentinhaberin beträfen überdies nur die in Figur 2 des Streitpatents dargestellte Schaltung. Der Anspruch 1 des Streitpatents sei aber viel allgemeiner und umfasse sowohl Stromkreise gemäß D1 als auch Stromkreise gemäß D2, insbesondere eine Halbbrückenschaltung mit Freilaufdioden. D1 gebe den Hinweis, wo die Verpolschutzeinrichtung anzuordnen sei, nämlich außerhalb des Stromkreises des Gleichstrommotors. D2 weise darauf hin, die Verpolschutzeinrichtung und den Elektrolytkondensator in den gleichen Stromkreis zu schalten. Somit sei der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das Dokument D1 offenbart eine Steuerschaltung, die die im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale aufweist. Insbesondere liegt die in D1 beschriebene Verpolschutzeinrichtung 40, 44; 68, 72 außerhalb des Versorgungsstromkreises des Gleichstrommotors 30, so dass die Verlustleistung der Verpolschutzeinrichtung gering ist. D1 sieht aber keinen dem Gleichstrommotor parallel geschalteten Kondensator vor. Die Steuerschaltung von D1 enthält daher nicht die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents.
3. Ausgehend von dem Stand der Technik nach D1 als nächstliegendem Stand der Technik ist nach Auffassung der Kammer die objektive Aufgabe der Erfindung darin zu sehen, die Spannung auf dem Gleichstrommotor zu glätten und das dafür eingesetzte Glättungsmittel gegen Verpolung zu schützen, wobei die Verlustleistung der Verpolschutzeinrichtung gering bleiben sollte.
4. Es ist nicht bestritten, dass es an sich allgemein bekannt ist, die Spannung auf einem Gleichstrommotor mittels eines Kondensators, insbesondere eines Elektrolytkondensators zu glätten. Das Dokument D2 beschreibt eine Steuerschaltung für einen Gleichstrommotor 282, wobei ein Elektrolytkondensator 248 dem Gleichstrommotor parallel geschaltet ist, um eine Bordnetzspannung zu glätten. Die Steuerschaltung enthält eine Vollbrückenschaltung mit vier Schalttransistoren, oder eine Halbbrückenschaltung mit zwei Schalttransistoren und zwei Freilaufdioden 261, 303. Ein Transistor 236 ist zwischen dem Bordnetz (Batterie) und der Brückenschaltung mit dem Gleichstrommotor 282 angeordnet. Der Transistor 236 wird abgeschaltet, wenn die Steuerschaltung nicht betrieben wird. Durch den Transistor 236 kann der Elektrolytkondensator 248 vom Bordnetz entkoppelt werden, was unnötige Verlustleistung vermeidet und die Lebensdauer des Elektrolytkondensators verlängert. Der Transistor 236 wird auch bei falscher Polarität der Bordnetzspannung durch eine Schaltung 24 abgeschaltet. Nach D2 weist dieser Verpolschutz 24, 236 einen geringen Eigenverlust auf.
5. Im Falle einer Halbbrückenschaltung ist der Transistor 236 gemäß D2 so angeordnet, dass er den Elektrolytkondensator 248 und die Freilaufdioden 261, 303 schützt. Selbst wenn der Fachmann diese aus D2 bekannte Anordnung in einer Steuerschaltung mit einem einzigen Schalttransistor gemäß D1 anwenden würde, würde er dabei nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gelangen. Die Verpolschutzeinrichtung würde nämlich dann im Versorgungsstromkreis des Gleichstrommotors liegen.
Der zitierte Stand der Technik gibt dem Fachmann keinen Anlass, die Verpolschutzeinrichtung für einen Elektrolytkondensator und die Freilaufdioden so anzuordnen, wie es Anspruch 1 des Streitpatents verlangt. So wird in der Schaltung gemäß D4 der Glättungskondensator außerhalb des Stromkreises der Verpolschutzeinrichtung angeordnet. In der Schaltung nach D2 liegt die Verpolschutzeinrichtung im Stromkreis des Gleichstrommotors und außerhalb des Stromkreises der Freilaufdioden. Ohne unzulässige rückschauende Betrachtung ist es daher nach Auffassung der Kammer für den Fachmann nicht naheliegend, einen Elektrolytkondensator in den Stromkreis der Verpolschutzeinrichtung einzubauen. Das gleiche gilt auch, wenn man von der Schaltung nach D2 als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht, da der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Zutun nicht wüsste, wo die Verpolschutzeinrichtung gemäß D1 in der Schaltung nach D2 anzuordnen sei.
Nach dem Anspruch 1 des Streitpatents weist die Verpolschutzeinrichtung einen Transistorschalter mit einer diesem parallel geschalteten Diode auf. Die Kombination der Schaltungen gemäß D1 und D2 fällt nicht in den Umfang des Anspruchs 1 des Streitpatents, da dann keiner der Transistorschalter der kombinierten Verpolschutzeinrichtung zum einen in den Stromkreis einer Freilaufdiode und zum anderen in den Stromkreis des dem Gleichstrommotor parallel geschalteten Elektrolytkondensators geschaltet ist.
6. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik ergibt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag gilt also als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (Artikel 56 EPÜ).
Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 7 gelten durch ihren Rückbezug auf den Anspruch 1 ebenfalls auch als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.