European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T103103.20060202 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 Februar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1031/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95109370.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61K 7/50 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Duschöl | ||||||||
Name des Anmelders: | Beiersdorf Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Merz Pharma GmbH & Co. KGaA Unilever PLC KPSS-Kao Professional Salon Services GmbH |
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Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - unzulässige Erweiterung (bejaht) - alle Anträge | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die Patentanmeldung Nr. 95 109 370.7 wurde das europäische Patent Nr. 0 691 127 mit 10 Ansprüchen erteilt.
II. Patentanspruch 1 des erteilten Patents hatte folgenden Wortlaut:
"Verwendung von Zusammensetzungen mit
(a) einem Gehalt von höchstens 55 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, eines oder mehrerer Tenside, gewählt aus der Gruppe Fettalkoholethoxylate, Fettalkoholsulfate, Amide der Fettalkoholsulfate, Fettalkoholethersulfate, Amide der Fettalkoholethersulfate, Fettsäuremonoethanolamide, Fettsäurediethanolamide, sowie
(b) einem Gehalt von mindestens 45 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, einer oder mehrerer Ölkomponenten, gewählt aus der Gruppe der Öle mit einem hohen Gehalt an Triglyceriden gesättigter und/oder ungesättigter, verzweigter und/oder unverzweigter Fettsäuren oder ausschließlich solche Triglyceride enthaltend,
(c) die im übrigen im wesentlichen wasserfrei sind,
zur Herstellung kosmetischer oder dermatologischer Duschöle."
III. Die Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) haben mit der Begründung Einspruch eingelegt, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht neu, ergäbe sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 100 a) EPÜ) und sei nicht nacharbeitbar (Artikel 100 b) EPÜ). Die Einsprechende 02 stützt sich mit der Behauptung der unzulässigen Erweiterung des angemeldeten Gegenstands zusätzlich auf Artikel 100 c) EPÜ. Auch der Ausschluss des Gegenstands des Streitpatents von der Patentierbarkeit als Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers nach Artikel 52 (4) EPÜ wurde vorgebracht.
IV. Die folgenden Entgegenhaltungen wurden unter anderen im Einspruchsverfahren und im anschließenden Beschwerdeverfahren genannt:
(1) DE-A-42 05 548
(18) WO-A-93/01797
(20) Datenblatt "Zetesol 100" der Firma Zschimmer & Schwarz GmbH & Co, Max-Schwarz-Straße 3-5, D 56112 Lahnstein/Rhein, mit der Bezeichnung "5028 Surfactants (VII/88) e 295 500 A:1"
(31) Testbericht IV und Testbericht V der Patentinhaberin; eingereicht mit der Beschwerdebegründung
(32) Datenblatt "Texapon® WW 99" der Firma Henkel KGaA, CFC Cospha, D 40191 Düsseldorf, mit der Bezeichnung "4494415-400.012 Register 6" vom April 1994
(33) Datenblatt "Texapon® WW 99" der Firma Henkel KGaA, R-CFC Cospha PM, D 40191 Düsseldorf; Register 6, Kosmetik, Ausgabe 5 vom Februar 1987
V. Die Einspruchsabteilung hat das Streitpatent mit der am 24. Juli 2003 zur Post gegebenen Entscheidung nach Artikel 102 (1) EPÜ widerrufen.
Zum Einwand der unzulässigen Erweiterung führte sie aus, dass das erteilte Patent den Vorschriften des Artikel 123 (2) EPÜ genüge. Der Gegenstand des erteilten Patents gehe nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, weil sich die angegriffene Formel im erteilten Patentanspruch 4 eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung ableiten ließe. In einer sich von einer allgemeinsten Formel in Richtung auf die spezielle Substanz entwickelnden Reihe werde dort MIPA-Laurethsulfat als engste Form genannt. Daher sei es für den Fachmann klar, wie er die dazwischen erkennbar falsch dargestellte, allgemeine Formel korrigieren müsse.
Im Übrigen erfülle die im erteilten Patent offenbarte Lehre die Bedingungen von Artikel 83 EPÜ, da sie jedenfalls zu Duschpräparaten führe. Der Begriff "Duschöl" sei demgegenüber zum Prioritätszeitpunkt nicht ausreichend definiert gewesen. Aus diesem Grund sei auch die Neuheit gegenüber Entgegenhaltung (1) nicht gegeben.
Die Erfordernisse von Artikel 52 (4) EPÜ seien mit der streitpatentgemäßen Lehre nicht tangiert, da es sich lediglich um die Herstellung eines Duschpräparats handle, und nicht um die Verwendung am menschlichen Körper.
Die Einführung einer Untergrenze von 30% für die Verwendung der Tensidkomponente (a) im Patentanspruch 1 eines Hilfsantrags müsse mangels Offenbarung in den Ursprungsunterlagen scheitern.
Werde der Anspruchswortlaut auf die Verwendung einer streitpatentgemäßen Zusammensetzung als kosmetisches Duschöl gerichtet, so liege eine Erweiterung des Schutzbereichs und damit ein Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ vor, weil die erteilten Patentansprüche ein reines Herstellungsverfahren beträfen und eine Verwendung am menschlichen Körper nicht umfassten.
Schließlich beruhe eine Lehre, die auf die Verwendung eines Gemisches aus MIPA-Laurethsulfat, Laureth-4 und Kokosfettsäurediethanolamid als Tensidkomponente (a) gerichtet sei, nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber den Entgegenhaltungen (1) und (20).
VI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde erhoben und mit der Beschwerdebegründung vom 2. Dezember 2003 unter Berücksichtigung der nachgereichten Unterlagen vom 2. Februar 2004 insgesamt dreizehn Anspruchsfassungen als Hauptantrag und Hilfsanträge vorgelegt.
Diese Anträge waren parallel zueinander in Antragssatz A mit Hilfsanträgen 1 bis 5 und Antragssatz B mit Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 gegliedert. Darüber hinaus bestand jeder der ersten Hilfsanträge aus einer Alternative 1 und einer dazu parallelen Alternative 2.
VII. Die Kammer hat die Patentinhaberin in einem zusammen mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Post gegebenen Bescheid aufgefordert, eine eindeutige Reihung der Anträge bezüglich ihrer Behandlung herzustellen und dabei insbesondere nebeneinander angeordnete Alternativen (Block A und Block B bzw. Alternative 1 und Alternative 2) zu vermeiden.
Ergänzend wurde auf mögliche Mängel der geltenden Anspruchsfassungen und der geltenden Beschreibung hinsichtlich Artikel 123 (2) EPÜ hingewiesen. Insbesondere betreffe das die Formel für das Tensid im erteilten Patentanspruch 4 und die Einführung einer Konzentrationsuntergrenze für das Tensid.
Darüber hinaus scheine der Begriff "Duschöl" nicht geeignet zu sein, die abgrenzende Wirkung von technischen Merkmalen zu entfalten und die Formulierung "zur Herstellung dermatologischer Duschöle" sei möglicherweise nicht im Sinne einer zweiten medizinischen Indikation zu lesen.
Mit Bezug auf alle Anträge wurde gebeten, wegen der erforderlichen Beachtung von Artikel 123 EPÜ jeweils die Basis sowohl in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als auch in den patentierten Unterlagen zu erläutern.
VIII. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 hat die Beschwerdeführerin die Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 17 eingereicht.
Sie erklärt zu der im Wesentlichen unveränderten Wiederholung von zwölf der vorher bestehenden Anträge und zu der Einreichung von sechs zusätzlichen Anspruchsfassungen, dass möglicherweise noch weitere Änderungen erforderlich seien, und zwar in Abhängigkeit davon, ob die Kammer bei ihrer im Bescheid geäußerten Meinung bleiben wolle. Gegebenenfalls würde sich die Zahl der Anträge aber drastisch reduzieren, wenn die Kammer über diverse Probleme der Formulierung der Anträge im Zusammenhang mit medizinischen bzw. nichtmedizinischen Indikationen entschieden hätte.
Nach Erhalt einer weiteren Eingabe der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden 01) wurden mit Schreiben vom 24. November 2005 sechs neue Anspruchsfassungen zum Ersatz der bisherigen Hilfsanträge 6 bis 11 vorgelegt. Die darin relevante Wortwahl bezüglich der Aufnahme des Gegenstands des jeweiligen Anspruchs 4 in den Anspruch 1 sei von "den Einsprechenden" moniert worden, und daher seien entsprechende Änderungen erforderlich geworden.
IX. Am 2. Februar 2006 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.
Hinsichtlich der Erwartungen der Patentinhaberin zu Entscheidungen bezüglich der Formulierung der Anträge und wegen der Ankündigung, gegebenenfalls Formulierungsänderungen oder Streichungen vornehmen zu wollen (siehe vorstehenden Punkt VIII.), verwies der Vorsitzende darauf, dass man sich nicht mehr im Prüfungsverfahren befinde, und dass wegen der Gleichbehandlung der Parteien keine weitergehenden Hinweise seitens der Kammer mehr möglich seien.
Nach Diskussion der Zulässigkeit der Anträge und der Erfordernisse nach Artikel 123 (2) und (3) EPÜ ersetzte die Patentinhaberin die Anspruchssätze der achtzehn Anträge durch achtzehn neue. Diese sind mit Bezug auf diskutierte Punkte und unter Berücksichtigung von in den vorherigen Vorlagen noch vorhandenen, offensichtlichen Schreibfehlern korrigiert worden. Insbesondere ist im Hauptantrag der Anspruch 2 (analog in den entsprechenden Hilfsanträgen jeweils Anspruch 2 bzw. Anspruch 3) gestrichen worden.
Patentanspruch 1 des Hauptantrags entspricht weitestgehend dem erteilten Patentanspruch 1; es sind lediglich die Begriffe "Amide der Fettalkoholsulfate" und "Amide der Fettalkoholethersulfate" gestrichen worden. Der Anspruch lautet:
"Verwendung von Zusammensetzungen mit
(a) einem Gehalt von höchstens 55 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, eines oder mehrerer Tenside, gewählt aus der Gruppe Fettalkoholethoxylate, Fettalkoholsulfate, Fettalkoholethersulfate, Fettsäuremonoethanolamide, Fettsäurediethanolamide, sowie
(b) einem Gehalt von mindestens 45 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, einer oder mehrerer Ölkomponenten, gewählt aus der Gruppe der Öle mit einem hohen Gehalt an Triglyceriden gesättigter und/oder ungesättigter, verzweigter und/oder unverzweigter Fettsäuren oder ausschließlich solche Triglyceride enthaltend,
(c) die im übrigen im wesentlichen wasserfrei sind,
zur Herstellung kosmetischer oder dermatologischer Duschöle."
Im Patentanspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag ist zusätzlich die Formulierung "kosmetischer oder" gestrichen worden, und stattdessen ein unabhängiger Patentanspruch 2 angefügt, der auf die "Verwendung von Zusammensetzungen mit (a) , (b) , (c) , als kosmetische Duschöle" abstellt (Fettdruck von der Kammer ergänzt).
Patentanspruch 1 des zweiten Hilfsantrags ist mit der Formulierung "Verwendung von Zusammensetzungen mit (a) , (b) , (c) , als kosmetische oder dermatologische Duschöle" insgesamt auf eine Verwendung als Duschöle gerichtet.
Die drei Formulierungsvarianten in den jeweiligen Patentansprüchen 1
"Verwendung von Zusammensetzungen mit (a) , (b) , (c) , zur Herstellung kosmetischer oder dermatologischer Duschöle.",
"Verwendung von Zusammensetzungen mit (a) , (b) , (c) , zur Herstellung dermatologischer Duschöle."
und
"Verwendung von Zusammensetzungen mit (a) , (b) , (c) , als kosmetische oder dermatologische Duschöle."
wiederholen sich nun in jeder folgenden Dreiergruppe von Anträgen. Jede dieser Dreiergruppen unterscheidet sich von den anderen Dreiergruppen in Änderungen, die im Folgenden jeweils für die ersten Vertreter dieser Dreiergruppen dargestellt sind, das sind die Patentansprüche 1 des dritten, sechsten, neunten, zwölften und fünfzehnten Hilfsantrags:
Im dritten Hilfsantrag ist die Gehaltsangabe des Tensids (a) auf "30 bis 55 Gew.%" konkretisiert und die Passage "eines oder" vor "mehrerer Tenside" gestrichen.
Im sechsten Hilfsantrag sind die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 4 in den Anspruch 1 aufgenommen worden.
In den neunten Hilfsantrag sind sowohl die Änderungen des dritten Hilfsantrags als auch die des sechsten Hilfsantrags aufgenommen worden.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 12 betrifft hinsichtlich des Tensidgehalts (a) nur noch ein bestimmtes Gemisch von Einzelstoffen. Er hat folgenden Wortlaut (Unterschiede zum Anspruch 1 nach Hauptantrag in Fettdruck hervorgehoben):
"Verwendung von Zusammensetzungen mit
(a) einem Gehalt von höchstens 55 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, eines Gemisches aus MIPA-Laurethsulfat, Laureth-4 und Kokosfettsäurediethanolamid, sowie
(b) einem Gehalt von mindestens 45 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen einer oder mehrerer Ölkomponenten, gewählt aus der Gruppe der Öle mit einem hohen Gehalt an Triglyceriden gesättigter und/oder ungesättigter, verzweigter und/oder unverzweigter Fettsäuren oder ausschließlich solche Triglyceride enthaltend,
(c) die im Übrigen im Wesentlichen wasserfrei sind,
zur Herstellung kosmetischer oder dermatologischer Duschöle."
In den fünfzehnten Hilfsantrag sind sowohl die Änderungen des dritten Hilfsantrags als auch die des zwölften Hilfsantrags aufgenommen worden.
X. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
Der ursprünglich eingereichte Patentanspruch 1 habe als Sachanspruch kosmetische oder dermatologische Duschzubereitungen betroffen. Der Wechsel der Patentkategorie zu einem Anspruch, der die Formulierung "Verwendung zur Herstellung " enthalte, sei zulässig, und der jetzige Bezug auf ein Duschöl ergäbe sich aus der Überschrift der Beschreibung sowie aus einer Passage in der Beschreibung. Ansonsten entspräche der beantragte Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1. Ergänzend führte die Patentinhaberin aus, dass zwar in den ursprünglichen Unterlagen nicht expressis verbis offenbart sei, dass "Zusammensetzungen mit einem Gehalt an den Komponenten (a) und (b)" oder die Komponenten (a) und (b) bei ihrer Verwendung zur Herstellung von Duschölen im Wesentlichen wasserfrei sein müssten. Es ergäbe sich jedoch aus dem Zusammenhang, dass eine im Wesentlichen wasserfreie Zubereitung (Duschöl) zu ihrer Herstellung des Einsatzes von im Wesentlichen wasserfreien Komponenten bedürfe. Im übrigen verstehe es sich dann von selbst, dass auch das hergestellte Produkt im Wesentlichen wasserfrei sein müsse, wie es ursprünglich für die beanspruchten Duschzubereitungen offenbart war.
Bezüglich der weiteren, von den Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden), von der Einspruchsabteilung und im Bescheid der Kammer angesprochenen Problempunkte wurde im Wesentlichen die Argumentation aus den Schriftsätzen aufgegriffen.
XI. Die Beschwerdegegnerinnen haben den Argumenten der Beschwerdeführerin widersprochen. Ihre Argumente aus dem schriftlichen Verfahren und aus der mündlichen Verhandlung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Zahl der Anträge sei exzessiv und es sei keine Weiterentwicklung gegenüber den Argumenten der Einspruchsabteilung und gegenüber den im Bescheid geäußerten Bedenken zu erkennen.
Mit Bezug auf die behauptete unzulässige Erweiterung des patentierten Gegenstands gegenüber den ursprünglichen Unterlagen sei festzustellen, dass streitpatentgemäß mit der Bezeichnung Duschöl auch eine deutlich wasserhaltige Duschzubereitung hergestellt werden könne, wogegen die im ursprünglich eingereichten Patentanspruch definierte Duschzubereitung "im Wesentlichen wasserfrei" sein müsse.
Die chemische Formel nach dem patentierten Anspruch 4 könne nicht als Ergebnis einer zulässigen Berichtigung der ursprünglichen Unterlagen akzeptiert werden, da sie sich daraus nicht eindeutig und ohne Zweifel ableiten ließe. Der Fachmann müsse gleichermaßen davon ausgehen, dass mit der fehlerbehafteten allgemeinen Formel ursprünglich ein n-Propanolamid gemeint war und nicht das mit variabler Kettenlänge formulierte Laurethsulfat des Isopropanolamins (MIPA-Laurethsulfat), wie es dann tatsächlich im erteilten Patentanspruch 4 erschienen sei.
Die in einige Hilfsanträge eingeführte Untergrenze für den Tensidgehalt sei aus den Beispielen in dieser Form nicht verallgemeinerbar und auch sonst nicht ursprünglich offenbart.
Die Patentansprüche 1 nach dem zweiten und dem dritten Hilfsantrag (wie auch die analog formulierten in den weiteren Hilfsanträgen) stellten nach wie vor reine Herstellungsansprüche dar. Sie entsprächen in keiner Weise den Anforderungen an Ansprüche mit dem Ziel des Schutzes einer zweiten medizinischen Indikation. Dieser sei nämlich als "Verwendung eines Stoffes zur Herstellung eines Medikaments zur Heilung einer Krankheit" zu formulieren, wobei den angegriffenen Ansprüchen insbesondere nicht zu entnehmen sei, worin die zu heilende Krankheit bestünde. Der Begriff "dermatologisch" müsse eher ganz allgemein als "die Haut betreffend" gelesen werden.
Die Ansprüche, die in der Form "Verwendung als " formuliert seien, bedeuteten eine Verletzung von Artikel 123 (3) EPÜ. Daraus, dass sich der Schutzbereich bei einem Herstellungsverfahren auf das unmittelbar durch das Verfahren hergestellte Produkt erstrecke, lasse sich nämlich nicht ableiten, dass für irgend eine Verwendung dieses Produkts jeweils auch ein eigener Patentanspruch gewährbar sei.
Bezüglich des Hilfsantrags, der auf die Verwendung eines Gemisches aus MIPA-Laurethsulfat, Laureth-4 und Kokosfettsäurediethanolamid als Tensidkomponente (a) gerichtet ist, wurde die mangelnde Neuheit gegenüber Beispiel F4 in der Entgegenhaltung (18) angeführt. Als zusätzliche Entgegenhaltungen zu diesem Hilfsantrag hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 01) unter den Nummern (32) und (33) Firmenbroschüren verschiedenen Alters betreffend das Handelsprodukt Texapon® WW 99 eingereicht. Darüber hinaus wurde die Argumentation zur Frage der erfinderischen Tätigkeit mit dem Hinweis ergänzt, dass kein Vergleichsversuch mit dem nächstliegenden Stand der Technik vorliege, und dass insbesondere die eigenen Testberichte der Patentinhaberin (31) zeigten, dass die Aufgabe nicht über die volle beanspruchte Breite gelöst werde.
Ansonsten werden von den Beschwerdegegnerinnen im Wesentlichen die Widerrufsargumente der Einspruchsabteilung aufgegriffen.
XII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags oder auf der Grundlage eines der gleichzeitig eingereichten Hilfsanträge 1 bis 17.
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 bis 17, wie sie im schriftlichen Verfahren vorgelegt wurden, können zusammen mit der begleitenden Argumentation insgesamt im Ergebnis als bona fide Versuche angesehen werden, den Argumenten des angefochtenen Beschlusses zu begegnen. Auch die mit Eingabe vom 24. November 2005 eingereichten, geänderten Hilfsanträge 6 bis 11 sind immerhin noch über zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung vorgelegen und sie sind auch verhältnismäßig einfach strukturiert. Die Änderung und erneute Vorlage aller Anträge während der mündlichen Verhandlung war zur Bereinigung der in der Verhandlung neu angesprochenen Problematik gedacht. Daher hat die Kammer unter Ausschöpfung ihres Ermessensspielraums zu Beginn der mündlichen Verhandlung alle achtzehn vorliegenden Anspruchsfassungen und auch alle achtzehn während der Verhandlung geänderten Fassungen als Ersatz für die vorstehend genannten zugelassen.
3. Das erteilte Patent ist im Einspruchsschriftsatz der Einsprechenden 02 unter Artikel 100 c) EPÜ angegriffen worden. Damit ist die Überprüfung des gesamten Patents nach Artikel 123 (2) EPÜ jedenfalls auch Gegenstand des Einspruchsbeschwerdeverfahrens.
In den ursprünglich eingereichten, die Offenbarung betreffenden Unterlagen sind kosmetische oder dermatologische Duschzubereitungen mit einem Gehalt an Tensid(en) (a) und Ölkomponente(n) (b) beansprucht. Diese Duschzubereitungen sollen gemäß Punkt (c) im Wesentlichen wasserfrei sein. Sie entsprechen in der patentierten Anspruchsfassung den u.a. in der Überschrift der Beschreibung genannten Duschölen.
Über eine möglicherweise vorliegende, entsprechende Wasserfreiheit der Tenside (a) oder Öle (b) selbst oder über ein im Wesentlichen wasserfreies Zwischenprodukt mit einem Gehalt an (a) und (b) ist nichts offenbart.
Dennoch ist durch den Wortlaut des Streitpatents bezüglich des patentierten Gegenstands festgelegt, dass zur Herstellung des Duschöls "Zusammensetzungen mit einem Gehalt an (a) und (b)" verwendet werden müssen, die im Wesentlichen wasserfrei sind, wobei aber über den Wassergehalt des Duschöls als Produkt nichts mehr ausgesagt ist.
Diese Definition des Patentgegenstands eröffnet zum einen die Möglichkeit, dass Duschöle darunter fallen, die mehr Wasser enthalten, als "im Wesentlichen wasserfrei" bedeuten kann. Solche Duschöle sind ursprünglich nicht offenbart.
Zum anderen wird streitpatentgemäß den zu verwendenden "Zusammensetzungen mit einem Gehalt an (a) und (b)" zugeschrieben, dass sie selbst oder ihre Komponenten im Wesentlichen wasserfrei sein sollen, was aber den ursprünglichen Unterlagen ebenfalls nicht entnehmbar ist.
Überdies ist der Patentgegenstand damit auf den Einsatz solcher Komponenten (a) und (b) oder diese Komponenten enthaltender, im Wesentlichen wasserfreier Zusammensetzungen festgelegt.
Diese Problematik betrifft alle Patentansprüche 1 der vorliegenden achtzehn Anträge gleichermaßen, weil die entscheidende Formulierung
"Verwendung von Zusammensetzungen
mit (a) , (b) ,
(c) die im Übrigen im Wesentlichen wasserfrei sind,
zur Herstellung kosmetischer oder dermatologischer Duschöle."
bzw.
" als (kosmetische oder) dermatologische Duschöle."
konsequent in allen Anspruchsfassungen enthalten ist. Dies führt dazu, dass sie allesamt bereits aus diesem Grund nicht gewährbar sind.
Über alle anderen im Verfahren angesprochenen Problempunkte braucht bei dieser Sachlage nicht mehr entschieden zu werden.
4. Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang weitere Argumente vorgebracht, denen die Kammer aber nicht zu folgen vermag:
4.1 So kann der Einwand nicht greifen, der Begriff "Öl" würde selbstverständlich weiterhin identisch zu den ursprünglichen Unterlagen eine im Wesentlichen gegebene Wasserfreiheit des Produkts Duschöl bedeuten.
Dies ist allein schon deshalb nicht möglich, weil es sich beim Duschöl anspruchsgemäß um ein Tensid/Öl-Gemisch handelt, das unschwer auch erhöhte Mengen an Wasser - sogar noch in einem klaren Produkt - enthalten kann, was der Wortwahl "im Wesentlichen wasserfrei" eindeutig widerspricht.
4.2 Auch die Argumentation, dass man selbstverständlich wasserfreie Komponenten einsetzen würde, um ein wasserfreies Produkt zu erhalten, ist nicht zielführend.
Gerade bei der gegebenen Anspruchsfassung, die zwar ein Herstellungsverfahren betrifft, aber kein einziges wirkliches Verfahrensmerkmal enthält, können zwischen dem Vermischen von (a) und (b) und dem Erhalt des Endprodukts beliebige Verfahrensschritte liegen. Diese können den Wassergehalt der Mischung ohne weiteres auch reduzieren und so für das Endprodukt eine im Wesentlichen gegebene Wasserfreiheit gewährleisten, ohne dass die eingesetzten Komponenten (a) und/oder (b) wasserfrei gewesen wären.
Im Übrigen gebraucht die Patentinhaberin im Anspruch 1 des Streitpatents zur Benennung dessen, was mit einem Gehalt an (a) und (b) zur Herstellung der Duschöle oder als Duschöle verwendet werden soll den Begriff "Zusammensetzung".
Im Zusammenhang mit der einzigen Nennung dieses Begriffs in den die Ursprungsoffenbarung des Streitpatents betreffenden Unterlagen ist auf Seite 8 im Absatz 5 ausgeführt:
Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen enthalten außer den vorgenannten Tensiden Wasser und .
Insofern kann es sich nicht von selbst verstehen, dass eine Zusammensetzung mit einem Gehalt an (a) und (b) aus den von der Beschwerdeführerin angegebenen Gründen im Wesentlichen wasserfrei sei.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.