European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T090803.20060112 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Januar 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0908/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00952861.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C21C 7/068 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Rückgewinnung von metallischem Chrom aus Chromoxid enthaltenden Schlacken | ||||||||
Name des Anmelders: | SMS Demag AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. In ihrer Entscheidung hatte die Prüfungsabteilung festgestellt, der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 1 sei zwar gegenüber der Lehre der Druckschrift
D1: DATABASE WPI Section Ch, Week 198203 Derwent Publications Ltd., London, GB, Class M24, AN 1982-05168E XP002151241 & JP 51028502A Nisshin Steel Co Ltd, 10. März 1976 (1976-03-10)
neu, denn diese offenbare nicht, während der Reduktion der in der Schlacke enthaltenen Oxide von Cr, Mn, Mn den Elektroofen (i) auch mit einer üblichen Charge aus Schrott zu chargieren und (ii) Kohlenstoff in den Elektroofen zuzugeben. Die beiden unterscheidenden Merkmale stellten jedoch übliche Maßnahmen zur Reduktion von Schlacken in Elektroöfen dar, wie man aus Druckschrift
D2: US-A-5 882 375
erkennen könne. Da der Anspruchsgegenstand die für die Erteilung eines europäischen Patentes erforderliche erfinderische Tätigkeit somit nicht aufwies, wurde die Anmeldung mit der am 28. Februar 2003 zur Post gegebenen Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) hat gegen diese Entscheidung am 7. April 2003 Beschwerde eingelegt und selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 30. Juni 2003 beim Europäischen Patentamt eingegangen.
III. In ihrer Beschwerdebegründung hat die Anmelderin auf die anmeldungsgemäße Aufgabe hingewiesen. Diese bestehe darin, ein einfaches und wirtschaftliches Verfahren zur Rückgewinnung von metallischem Chrom aufzuzeigen, bei dem der herkömmliche Schritt der Schlackenreduktion, wie ihn die Druckschrift D1 zeige, vermieden werden solle. Die Besonderheit der erfindungsgemäßen Lösung bestehe in der Nutzung des Elektro-Ofens in seiner eigentlichen Funktion, nämlich als Schmelzaggregat, wobei beim Schrotteinschmelzen die Rückgewinnung von metallischem Chrom quasi im Nebenverfahren ablaufe. Durch den Wegfall gesonderter Energiekosten und die Zeiteinsparung sei das beanspruchte Verfahren einfacher und wirtschaftlicher. Weiterhin weiche die beanspruchte Lösung von dem in D1 genannten Verfahren dadurch ab, daß anmeldungsgemäß Si nur in Ausnahmefällen zugesetzt werde, denn der im eingesetzten Schrott oder den Reststäuben enthaltene Siliziumanteil reiche in der Regel für die Reduktion der oxidischen Schlacke aus. Ausgehend von Druckschrift D1 komme der Fachmann auch unter Zuhilfenahme der Lehre von D2 nicht zur beanspruchten Verfahren. Neuheit und erfinderische Tätigkeit seien somit gegeben.
Die Anmelderin beantragte deshalb
- die Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung und
- die Erteilung eines Patents zu beschließen.
Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
IV. In dem der Ladung für die mündliche Verhandlung beigefügten Bescheid teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Bewertung der Sachlage mit. Danach wurde der Gegenstand des einzigen Anspruchs im Hinblick auf den genannten Stand der Technik in Verbindung mit dem fachmännischen Wissen als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen.
V. Mit ihrem Antwortschreiben, eingegangen am 25. November 2005, zog die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und beantragt ohne weitere Stellungnahme eine Entscheidung nach Lage der Akten.
VI. Der der Entscheidung der Prüfungsabteilung zugrunde liegende, an 9. Juli 2001 eingereichte, einzige Anspruch lautet wie folgt:
"Verfahren zur Rückgewinnung von metallischem Chrom aus Chromoxid enthaltenden Schlacken von Konverterprozessen wie AOD, MRP, AOD-L, MRP-L, CLU, ASM, Conarc-Stainless steel oder Vakuumprozessen wie VOD, SS-VOD, RH, RH mit Lanze, wobei die am Ende eines Blas- oder Behandlungsvorgangs in einem Konverter oder einer Vakuumanlage anfallende Schlacke unreduziert abgestochen oder abgezogen wird,
diese Schlacke in einen Elektroofen chargiert wird,
der im Übrigen mit einer üblichen Charge aus Schrott und ggf. Reststäuben chargiert wird,
zusätzlich Kohlenstoff und ggf. Silizium zugegeben werden und
beim Einschmelzen das in der zugegebenen Schlacke enthaltene Chromoxid durch den Kohlenstoff und das Silizium direkt zu metallischem Chrom reduziert wird."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das beanspruchte Verfahren richtet sich auf die Rückgewinnung von metallischem Chrom aus chromoxid haltigen Schlacken in einem Elektroofen. Solche Schlacken fallen bei der Herstellung von rostfreien Stählen an und enthalten zum Teil beträchtliche Anteile an Chromoxid, Eisenoxid und Manganoxid. Beim beanspruchten Verfahren verläuft die Rückgewinnung von Cr gleichzeitig mit dem Einschmelzen einer Schrottcharge und der Zugabe von Kohlenstoff ab.
3. Erfinderische Tätigkeit
Ein solches Rückgewinnungsverfahren beschreibt Druckschrift D1. Dabei wird die bei der Herstellung von rostfreiem Stahl in einem Konverter anfallende flüssige Schlacke in eine feuerfest ausgekleidete Pfanne abgezogen, mittels Elektroden beheizt und in einen Elektro-Ofen übergeführt. Dort werden durch die Zugabe von Silizium als Reduktionsmittel die oxidischen Anteile von Cr, Mn, Mg, Fe und Ca etc reduziert, die sich in einem Metallbad unter der Schlacke sammeln. Druckschrift D1 erwähnt allerdings nicht die gleichzeitige Zugabe von Schrott und/oder Reststäuben und Kohlenstoff in den Elektroofen. Dieser Unterschied vermag jedoch nicht das Vorliegen eines erfinderischen Schrittes zu begründen, wie im Folgenden dargelegt wird.
Wie bei dem beanspruchten Verfahren wird bei dem in D1 beschriebenen Wiedergewinnungsverfahren die chromoxid-manganoxid-eisenoxidhaltige Schlacke unreduziert aus dem Konverter abgezogen und in einen Elektro-Ofen chargiert. Zur Reduktion der oxidischen Schlackenbestandteile, z. B. des Chromoxids zu metallischem Chrom, ist stets die Zuführung eines Elementes notwendig, das in der elektrochemischen Reihe negativer als Cr ist. Zu diesen zählt z.B. das Silizium, welches aus Kostengründen und wegen seiner Verträglichkeit mit der Zusammensetzung der rostfreien Stahllegierungen zumeist bevorzugt wird. Dieses Reduktionsmittel wird beim bekannten und auch beim beanspruchten Verfahren eingesetzt. Auch Kohlenstoff ist in der Metallurgie ein bekanntes und preiswertes Reduktionsmittel. Es ist auch eine Kostenfrage und liegt dabei im Ermessen des Fachmanns, ob das Reduktions mittel (C, Si) entweder
a) in direkter hochaffiner Form als Ferrosilizium (FeSi) auf die Schlacke oder
b) in indirekter Form als im Schrott oder in Reststäuben enthaltenes Begleitelement, dessen reduzierende Wirkung sich erst nach dem Aufschmelzen dieser Stoffe entfaltet, zugegeben wird.
Die Zugabe von siliziumhaltigem Schrott oder Reststäuben zu oxidischen Schlacken liegt deshalb für den Fachmann nahe.
Die Wiedergewinnung von Cr und V aus oxidischen Schlacken mit Hilfe geeigneter Reduktionsmittel (C, Si, Al, Ca) wird auch in Druckschrift D2 ausführlich beschrieben (siehe D2, Spalte 1 bis Spalte 4, Zeile 20). Auch in diesem Verfahren wird die flüssige Stahlwerks schlacke mit Additiven wie z. B. Reststäuben, metallischem Rücklaufmaterial (metallic vaste substances) und sonstigen Abfällen gemischt und auf diese Weise in einer ersten Stufe reduziert (siehe D2, Spalte 2, Zeilen 11 bis 25 und 35 bis 67). Anschließend werden in einer zweiten Stufe bei dem in Druck schrift D2 beschriebenen Rückgewinnungsverfahren die Anteile von Chromoxid und Vanadiumoxid durch die Zugabe von Reduktionsmitteln wie Ca, Al, Si im Zusammenwirken mit den im Metallbad vorhandenen Anteilen von Kohlenstoff aus der darüber liegenden Schlacke zurückgewonnen (siehe D2, Spalte 3, Zeilen 40 bis 44, Spalte 4, Zeilen 11 bis 20). Da der Reduktionsvorgang von Me-oxid ? Me mit Si ? SiO2 exotherm verläuft, wird durch die Reduktion mit FeSi auch die Energiebilanz des Verfahrens vorteilhaft beeinflusst (siehe D2, Spalte 2, Zeilen 35 bis 40). Diese dem Metallurgen bekannten Zusammenhänge werden in der Praxis genutzt, um das Rückgewinnungsverfahren wirtschaftlich effizient durchzuführen.
Es ist dem Fachmann ebenfalls seit langem bekannt, daß die Chromverteilung von (Cr-oxid)Schlacke zu [Cr]Metallbad ungefähr proportional dem FeO-Gehalt in der Schlacke ist (siehe z. B. D2, Spalte 3, Zeilen 5 bis 8). Wird also durch die Zugabe von Reduktionsmitteln wie C und Si auf die Schlacke oder durch hohe Anteile an C in der Eisenschmelze der FeO Gehalt in der Schlacke stark erniedrigt, so erfolgt gleichzeitig eine Reduktion des Cr-oxids der Schlacke. Die Wirkungsweise des Kohlenstoffs bei der Rückgewinnung von Cr aus chromoxidhaltigen Schlacken ist somit für den Fachmann eine bekannte Maßnahme, die er, wie D2 belegt, erfolgreich nutzt.
4. Das beanspruchte Verfahren läßt somit keine technischen Merkmale erkennen, die über die Lehre von D1 oder D2 und das Fachwissen eines Metallurgen hinausgehen und eine erfinderische Tätigkeit rechtfertigen könnten. Dieser von der Kammer bereits im Ladungsbescheid vorgetragenen Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes ist von der Beschwerdeführerin nicht widersprochen worden.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.