T 0903/03 () of 4.5.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T090303.20050504
Datum der Entscheidung: 04 Mai 2005
Aktenzeichen: T 0903/03
Anmeldenummer: 98111012.5
IPC-Klasse: H02G 3/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schutzummantelung für Kabel, Litzen, Kabelbäume und dergleichen
Name des Anmelders: Mohr, Karl Eugen
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 98 111 012.5 zurückgewiesen worden ist.

II. Die angefochtene Entscheidung nennt folgende Dokumente des Standes der Technik:

D1: GB-A-2 249 753,

D2: US-A-5 178 923,

D3: US-A-4 930 543,

D4: DE-A-3 619 399, und

D5: DE-U-29 510 907.

Als Grund für die Zurückweisung gibt die angefochtene Entscheidung an, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 nicht neu sei, während die Gegenstände des unabhängigen Anspruchs 2 und der abhängigen Ansprüche 3 bis 10 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Insbesondere gibt die angefochtene Entscheidung an, dass das Dokument D5 eine Vielzahl von Materialen offenbare, unter anderen eine Filzschicht und eine Vliesschicht. Daher könnten die bekannten Materialen gleichgesetzt werden. Selbst wenn man Unterschiede zwischen Filz und einem Spinnfaservlies anerkennen wollte, würden diese Unterschiede keine erfinderische Tätigkeit mit sich bringen.

III. Der Beschwerdeführer (Anmelder) beantragte, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche:

1. bis 10, eingereicht mit Schreiben vom 3. Mai 2005;

Beschreibung:

Seiten 1, 1a und 2, eingereicht mit Schreiben vom 31. März 2005, und

Seiten 3 bis 5 wie ursprünglich eingereicht;

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:

"1. Schutzummantelung für Kabel, Leitungen, Litzen, Hüllrohre und dergleichen langgestreckte, bewegliche Gegenstände, die in rotierenden bzw. vibrierenden Maschinen, Anlagen oder Fahrzeugen verlegt werden, insbesondere für Kabelbäume in Kraftfahrzeugen, in Waschmaschinen, in Kompressoren, in Schaltschränken usw., umfassend

- eine textile Außenschicht (10),

- darauf wenigstens eine weitere Schicht (12), und

- einen selbstklebenden Verschlussstreifen (15) entlang der einen Längskante der Schutzummantelung, abgedeckt durch ein Schutzpapier (16),

gekennzeichnet durch die Merkmale:

- die Außenschicht (10) und die weitere Schicht (12) sind gebildet durch eine fest verbundene Einheit aus einem Spinnfaservlies und einem Gewirke, und

- entlang der anderen Längskante der Schutzummantelung ist ein weiterer selbstklebender Klebstreifen (13) befestigt, abgedeckt durch ein Schutzpapier (14)."

"2. Schutzummantelung für Kabel, Leitungen, Litzen, Hüllrohre und dergleichen langgestreckte, bewegliche Gegenstände, die in rotierenden bzw. vibrierenden Maschinen, Anlagen oder Fahrzeugen verlegt werden, insbesondere für Kabelbäume in Kraftfahrzeugen, in Waschmaschinen, in Kompressoren, in Schaltschränken usw., umfassend

- eine textile Außenschicht (10),

- darauf wenigstens eine weitere Schicht (12),

- und einen Verschlussstreifen entlang der einen Längskante der Schutzummantelung,

gekennzeichnet durch die Merkmale:

- die Außenschicht (10) und die weitere Schicht (12) sind gebildet durch eine fest verbundene Einheit aus einem Spinnfaservlies und einem Gewirke,

- entlang der anderen Längskante der Schutzummantelung ist ein selbstklebender Klebstreifen (13) befestigt, abgedeckt durch ein Schutzpapier (14),

- der Verschlussstreifen ist das Hakenband (21) eines Klettverschlusses,

- das Flauschband (22) des Klettverschlusses befindet sich auf der Außenschicht (10) entlang der anderen Längskante der Schutzummantelung."

Die Ansprüche 3 bis 10 sind von den Ansprüchen 1 oder 2 abhängig.

V. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 der Anmeldung unterschieden sich von dem Stand der Technik nach dem Dokument D5 insbesondere dadurch, dass die Einheit aus Außenschicht und weiterer Schicht Spinnfaservlies statt Filz umfasse. Filz bestehe aus ungebundenen Haaren von Tieren, insbesondere Schafen, d. h. aus Wolle. Er entstehe durch Walken der Wolle mit warmem Wasser und Seife. Die Kombination von warmem Wasser und Seife lasse die Schuppen der Haare aufquellen, bis sie fast wie Tannenzapfen aussähen. Durch das ständige Kneten, Reiben und Walken würden sich die Schuppen so stark ineinander verkeilen, dass sie nicht mehr zu lösen seien. Die endgültige Form werde nahtlos aus einem Stuck herausgearbeitet. Aufgrund dieses Herstellungsverfahrens hätten Filze ein sehr gutes Dämpfungsverhalten, jedoch eine geringe Abriebfestigkeit, eine geringe Formstabilität und eine geringe Temperaturfestigkeit. Spinnfaservliese dagegen würden aus Spinnfasern, d. h. Fäden aus synthetischem Material, hergestellt. Diese Fäden würden in Ebenen übereinander in Wellen oder im Zick-Zack verlegt, wobei die einzelnen Schichten anschließend miteinander vernadelt würden. Spinnfaservliese seien daher von Natur aus erheblich dünner und hätten deswegen schlechtere akustische Dämpfungseigenschaften, aber aufgrund der Faserlage und der Materialien eine höhere Oberflächenfestigkeit. Je nach verwendetem Kunststoffmaterial hätten sie auch eine höhere Temperaturfestigkeit. Die anmeldungsgemäße Rezeptur sei somit in erster Linie auf eine geringe Dicke, eine hohe Abriebfestigkeit und/oder höhere Temperaturfestigkeit hin optimiert.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die Gegenstände der jetzigen Ansprüche 1 und 2 waren schon durch die Ansprüche 1 und 2 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung definiert. Die jetzigen abhängigen Ansprüche 3 bis 10 entsprechen den Ansprüchen 4, 3 und 5 bis 10 der ursprünglich eingereichten Fassung. Die Änderungen in der Beschreibungseinleitung betreffen die Würdigung des Standes der Technik und die Anpassung an den Wortlaut der Ansprüche 1 und 2. Die Änderungen gehen daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und verstoßen nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit

3.1 Das Dokument D5 beschreibt eine Schutzummantelung für Kabel und ähnliche bewegliche Gegenstände mit einer textilen Außenschicht 3 und einer weiteren Schicht 1, wobei die Außenschicht 3 insbesondere aus einer Vlies- oder Gewirkbahn und die weitere Schicht 1 aus einem Filz- oder Schaumstoffstreifen bestehen kann. Außenschicht 3 und weitere Schicht 1 können ganzflächig miteinander verklebt sein und somit eine fest verbundene Einheit bilden. Ein Verschlussstreifen 4, der entlang einer Längskante der Schutzummantelung angeordnet ist, besteht aus einem mit Schutzpapier abgedeckten, selbstklebenden Klebstoff 6. Klebstoff 5 ist für eine teilflächige Verklebung auf der Innenseite der weiteren Schicht 1 in Wellenform aufgetragen.

3.2 Die Entgegenhaltung D1 beschreibt eine Schutzummantelung mit einer Einheit aus einem Elastomer 2 und einem Gewirke 1.

3.3 Das Dokument D2 beschreibt eine aus einem Gewirke gebildete Schutzummantelung, wobei das Flauschband 13 eines Klettverschlusses entlang einer Längskante der Schutzummantelung vorgesehen ist. Das Hakenband 15 des Klettverschlusses befindet sich entlang der anderen Längskante der Schutzummantelung.

3.4 Die Druckschrift D3 offenbart eine Schutzummantelung mit Klettverschluss. Die Schutzummantelung besteht aus einer inneren Dämpfungsschicht 20, die beidseitig durch äußere Schichten 18 aus widerstandfähigem flexiblem Material, wie einem mit Vinyl abgedeckten Nylonmaterial, abgedeckt ist.

3.5 Die Entgegenhaltung D4 beschreibt eine Schutzummantelung, die durch einen aus Kunststoffmaterial mit gummielastischen Eigenschaften bestehenden Strangpressteil gebildet ist.

3.6 Wie der Beschwerdeführer dargelegt hat, bezeichnen die Worte "Spinnfaservlies" und "Filz" unterschiedlichen Materialen. D5 offenbart daher keine Einheit aus einem Spinnfaservlies und einem Gewirke. Eine solche Einheit ist auch nicht in den übrigen zitierten Dokumenten offenbart. Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gelten daher als neu im Sinne des Artikels 54 (1) EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Wie die Prüfungsabteilung geht die Kammer für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von Dokument D5 als nächstliegendem Stand der Technik aus. D5 offenbart eine Schutzummantelung, die die Merkmale der Oberbegriffe der jetzigen Ansprüche 1 und 2 aufweist. Sowohl der Gegenstand des Anspruchs 1 als auch der Gegenstand des Anspruchs 2 unterscheiden sich vom Stand der Technik nach D5 insbesondere dadurch, dass die Außenschicht (10) und die weitere Schicht (12) durch eine fest verbundene Einheit aus einem Spinnfaservlies und einem Gewirke gebildet sind. Nach der Anmeldung wird damit eine Schutzummantelung geschaffen, die bei minimaler Stärke eine noch ausreichende Dämpfungs- und Isolierungswirkung aufweist, und die durch das Gewirke formstabil und trotzdem sehr flexibel ist.

4.2 Die Filz- oder Schaumstoffschicht der in D5 beschriebenen Schutzummantelung dient offensichtlich dazu, eine Geräuschbildung zu vermeiden (siehe in D5 den die Seiten 5 und 6 überbrückenden Satz). Die vom Beschwerdeführer dargelegten unterschiedlichen Eigenschaften von Filz und Spinnfaservlies sprechen dafür, dass es für den Fachmann nicht nahegelegen hat, die in D5 vorgesehen Filz- oder Schaumstoffschicht durch eine Schicht aus Spinnfaservlies zu ersetzen. Eine Einheit aus einem Spinnfaservlies und einem Gewirke wird auch nicht durch die weiteren zitierten Dokumente des Standes der Technik angeregt. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhen, da sie sich aus dem zitierten Stand der Technik für den Fachmann nicht in naheliegender Weise ergeben.

5. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 3 bis 10 gelten durch ihren Rückbezug auf die Ansprüche 1 und 2 ebenfalls als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche:

1 bis 10, eingereicht mit Schreiben vom 3. Mai 2005;

Beschreibung:

Seiten 1, 1a und 2, eingereicht mit Schreiben vom 31. März 2005, und

Seiten 3 bis 5 wie ursprünglich eingereicht;

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

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