T 0748/03 () of 26.1.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T074803.20060126
Datum der Entscheidung: 26 Januar 2006
Aktenzeichen: T 0748/03
Anmeldenummer: 00905062.6
IPC-Klasse: A61N 1/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Pyramiden-Generator
Name des Anmelders: Bauer, Armin C.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 R 27(1)
European Patent Convention 1973 R 29(1)
Schlagwörter: Technischer Charakter der Erfindung - (nein)
Ausführbarkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Anmelder) legte gegen die am 20. März 2003 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 00 905 062.6 eine am 5. April 2003 eingegangene Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung ging am 17. Juni 2003 ein.

II. Am 26. Januar 2006 fand eine mündliche Verhandlung statt. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen zu erteilen.

III. Der Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Rechteckiger Hohlkörper, vorzugsweise aus Holz oder Metall, bei dem die Seitenlängen im Außenmaß

20-120 mm und 90-190 mm betragen.

Im Hohlraum des Körpers sind leitende Kontaktflächen unter Zwischenschaltung von Dioden (1) leitend miteinander verbunden. Diese leitenden

Verbindungen werden an bevorzugt zwei Stellen nach außen zu Kontaktzwecken geführt, wobei zumindest ein Teil der Kontaktflächen mit Pyramiden (5) versehen werden."

IV. Die Ansprüche 2-5 sind abhängige Ansprüche.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Technischer Charakter einer Erfindung

2.1 Der Beschwerdeführer bestritt die Schlußfolgerung der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, daß die Erfindung keinen technischen Charakter aufweise, und insbesondere daß der Erfindung keine technische Aufgabe zugrunde liege (Regel 27(1)c) EPÜ).

2.2 Das Erfordernis des technischen Charakters der Erfindung ergibt sich explizit aus der Ausführungsordnung zum EPÜ, insbesondere Regel 27(1)a) EPÜ (Angabe des "technischen Gebiets" der Erfindung), Regel 27(1)c) EPÜ (Darstellung der der beanspruchten Erfindung zugrunde liegenden "technischen Aufgabe") und Regel 29(1)a),b) EPÜ (Angabe der "technischen Merkmale" der beanspruchten Erfindung).

2.3 Eine in sich geschlossene Definition des Begriffs des technischen Charakters wird von der Rechtsprechung der Beschwerdekammern nicht gegeben und vermag der Vielgestaltigkeit und ständigen Wandlung der Lebenswirklichkeit wohl auch nicht gerecht zu werden.

Die Kammer ist aber der Auffassung, daß für Fälle wie dem vorliegenden eine dem Patentschutz zugängliche technische Erfindung sinnvoll so abgegrenzt werden kann, daß sie eine Lehre zum praktischen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolgs darstellt, was auch im Erfordernis der Ausführbarkeit der Erfindung nach Artikel 83 EPÜ seinen Ausdruck findet (vgl. Schulte, PatG, 7. Auflage, Carl Heymanns Verlag KG, § 1 Rdn 34-37). Diese sich an die Rechtsprechung des Deutschen Bundesgerichtshofs anlehnende Begriffsbestimmung erscheint im vorliegenden Fall als Kriterium für die Patentierbarkeit deshalb geeignet, weil die in der Beschreibung der Anmeldung erwähnte "Urenergie" vom Anmelder als eine "Naturkraft" angesehen wird.

Das Kriterium der gezielten Ausnutzung des Wirkens von objektiv feststellbaren und meßbaren Naturkräften als Voraussetzung für einen technischen Charakter einer Erfindung im patentrechtlichen Sinne kann im Hinblick auf Artikel 83 EPÜ wie folgt präzisiert werden.

3. Ausführbarkeit einer Erfindung

3.1 Mit dem technischen Charakter einer Erfindung eng verbunden ist das Erfordernis der Ausführbarkeit gemäß Artikel 83 EPÜ. Ein Fachmann muß in der Lage sein, das mit der offenbarten Lehre angestrebte Ergebnis mit den vorgeschlagenen Mitteln in wiederholbarer Weise zu erreichen.

3.2 Die Ausführbarkeit der Erfindung setzt einerseits einen Kausalzusammenhang zwischen den Anleitungen zum technischen Handeln und dem angestrebten Ergebnis voraus. Regel 27(1)c) EPÜ bringt dies zum Ausdruck, indem sie verlangt, daß die beanspruchte Erfindung so darzustellen ist, daß danach die technische Aufgabe und deren Lösung verstanden werden können. Das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs bedeutet aber nicht, daß der Erfinder die naturwissenschaftlichen Grundlagen der erfindungsgemäßen Lehre durchschauen muß. Es genügt, daß der äußere Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung erkannt und dargestellt ist.

3.3 Zur Ausführbarkeit gehört andererseits auch die Wiederholbarkeit der Erfindung. Ausführbar ist eine technische Lehre nur dann, wenn der Fachmann sie aufgrund der Angaben in der Anmeldung im Prinzip beliebig oft und mit im wesentlichen gleichbleibendem Erfolg ausführen kann.

4. Vorliegende Erfindung

4.1 Im vorliegenden Fall mangelt es der Erfindung an einem technischen Charakter und insbesondere an der Ausführbarkeit.

Die Erfindung setzt es sich zum Ziel, "göttliche Energie" bzw. "Urenergie", wie sie von Pyramiden aufnehmbar sei, einem Patienten als Pyramiden-Energie zur Optimierung der Homöostase in ausreichendem Maße und nachweisbar zuzuführen (vgl. Seite 1 der Anmeldung).

4.2 Der Beschwerdeführer war der Meinung, daß die vorliegende Erfindung schon deshalb einen technischen Charakter besitze, weil sie einen Pyramiden-Generator betreffe, dessen Aufbau technische Elemente aufweise. In einem rechteckigen Hohlkörper sei eine elektrische Schaltung angeordnet, die im wesentlichen aus elektrisch leitenden, unter Zwischenschaltung von Dioden miteinander verbundenen Flächen bestehe. Die Flächen seien mit Pyramiden versehen. An zwei Anschlußbuchsen der Schaltung seien Handgriffe leitend angeschlossen. Halte ein Patient beide Handgriffe in seinen Händen, so fließe Energie durch seinen Körper, die eine Verbesserung bzw. Optimierung der Homöostase bewirke, sollte eine diesbezügliche Störung vorliegen.

4.3 Die Argumentation des Beschwerdeführers überzeugt nicht, denn sie versäumt, sich aus der Sicht des Patentrechts mit dem wesentlichen Aspekt der in der Beschreibung der Anmeldung geltend gemachten, gezielten Ausnutzung der sogenannten "Urenergie" bzw. "göttlichen Energie" kritisch auseinanderzusetzen. Die erfindungsgemäße Lehre zum praktischen Handeln betrifft zwar die Bereitstellung und Verwendung eines technische Merkmale aufweisenden Pyramiden-Generators, aber sie basiert auf dem Einsatz einer den menschlichen Gesundheitszustand angeblich positiv beeinflußenden Naturkraft (vgl. Beschreibung, Seite 2), deren Wesen und Wirkung der Naturwissenschaft und Technik unbekannt sind. An dieser Tatsache scheitern die Erklärungsversuche des Beschwerdeführers, die jeder experimentellen Grundlage entbehren. Gemeint sind hier die Behauptungen, daß die Urenergie "die aufbauende und erhaltende Kraft von Makro- und Mikrokosmos" sei (vgl. Beschreibung, Seite 2), und daß die Urenergie eine Energieform darstelle, "die von der Wissenschaft u.a. bei der Erklärung der Existenz des Kosmos in der Urknall-Theorie Verwendung findet und weiter von der Wissenschaft zur Erklärung diverser Erscheinungen (z.B. Magnetismus, Gravitation etc.) mit herangezogen wird" (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 2, vorletzter Absatz). Unbewiesen sind auch die weiteren Aussagen des Beschwerdeführers über die Funktionsweise der Pyramiden des Generators, die vermeintlich "aus ihrem Aufbau heraus" die Fähigkeit besäßen, von der Spitze aus die Urenergie aufzunehmen und vom Sockel aus weiterzugeben (vgl. Beschreibung, Seite 2), oder, mit anderen Worten, daß von einer "antennenähnlichen Aufnahme von Urenergie" auszugehen sei (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 7, Nr. 11, letzter Absatz).

Unter diesen Umständen kann die Frage, ob die Urenergie "metaphysischer (göttlicher) Natur" sei (vgl. Entscheidungsbegründung, Nr. 1.2), offengelassen werden.

4.4 Zusammenfassend ist festzustellen, daß nach dem heutigen Stand des allgemein anerkannten technischen Wissens die geltend gemachte Urenergie jedenfalls keine beherrschbare, d.h. objektiv feststellbare und meßbare, Naturkraft ist. Diesbezüglich hat der Anmelder keine gegenteiligen Nachweise erbracht.

Deshalb fehlt es der Erfindung an einem technischen Charakter.

5. Würdigung der vorgelegten experimentellen Beweismittel

5.1 Aufgrund des Umstandes, daß eine "Urenergie" im Sinne der Anmeldung der Technik unbekannt ist und sich einer Beobachtung und Messung entzieht, ist es unmöglich zu entscheiden, ob bestimmte beanspruchte Maßnahmen in ursächlichem Zusammenhang mit geltend gemachten physiologischen oder therapeutischen Wirkungen stehen, oder ob derartige Wirkungen, ihre Existenz einmal unterstellt, nicht auf andere, bisher nicht erkannte Umstände und Strukturen zurückgehen. Wenn somit nicht erkennbar ist, welche technischen Maßnahmen ursächlich für welche technischen Wirkungen sind, dann fehlt es dem Gegenstand der Anmeldung an der von Artikel 83 EPÜ geforderten Ausführbarkeit.

5.2 Diese Lücke in der Kausalkette von beanspruchten Maßnahmen und davon hervorgerufenen technischen Wirkungen läßt sich nicht durch die vom Anmelder vorgelegten Untersuchungen schließen. Abgesehen davon, daß die Ergebnisse dieser Untersuchungen schon wegen einer unzureichenden Beschreibung des jeweiligen Versuchsaufbaus sich nicht zweifelsfrei in Verbindung mit in der vorliegenden Anmeldung und speziell den Ansprüchen angegebenen Maßnahmen bringen lassen, ersetzen weder Beobachtungen zur behaupteten Verbesserung der Befindlichkeit von Patienten oder der Wasserqualität, noch Beobachtungen zum Trocknungsverhalten von Blutproben, noch andere Untersuchungen indirekter Wirkungen den erforderlichen Nachweis einer durch den gezielten Einsatz von Naturkräften kausal und reproduzierbar hervorrufbaren Wirkung.

Insbesondere erscheinen behauptete physiologische oder therapeutische Wirkungen am Menschen ungeeignet als Beweis eines eindeutigen Kausalzusammenhangs im Falle einer Anmeldung wie der vorliegenden, die es sich zum Ziel setzt, eine unbekannte Energie oder Kraft nutzbar zu machen, und bei der keine unmittelbare technische Wirkung der eingesetzten, an sich technischen Mittel erkennbar ist.

6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde unbegründet.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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