T 0740/03 () of 16.5.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T074003.20070516
Datum der Entscheidung: 16 Mai 2007
Aktenzeichen: T 0740/03
Anmeldenummer: 99101243.6
IPC-Klasse: G06K 19/077
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Text der Entscheidung in DE (PDF, 22 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: RFID-Transponder mit bedruckbarer Oberfläche
Name des Anmelders: X-ident technology GmbH
Name des Einsprechenden: GIESECKE & DEVRIENT GmbH
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 114
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Zulassung erstmalig mit der Beschwerdebegründung vorgelegter Dokumente (ja)
Zurückverweisung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0113/96
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 9. Juli 2003 zusammen mit der Beschwerdebegründung und unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde der Einsprechenden richtete sich gegen die am 7. Mai 2003 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch zurückzuweisen.

II. Der Einspruch wurde auf Artikel 100a) EPÜ gestützt und im Hinblick auf den Grund der erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ substantiiert.

Die Beschwerdebegründung nahm Bezug auf die Dokumente:

E1 : EP-A-0 704 816;

E14 : EP-A-0 158 925;

E15 : DE-A-44 11 868;

E16 : EP-A-0 546 675; und

E17 : Klaus Finkenzeller, RFID Handbuch, Carl Hanser Verlag München, Wien, 1998, Seiten 9, 10, 19 und 210,

von denen die Dokumente E14 bis E17 erstmalig im Beschwerdeverfahren genannt wurden.

III. Die Parteien wurden auf ihren Antrag zu einer mündlichen Verhandlung geladen, die am 16. Mai 2007 stattfand.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

VI. Der Anspruch 1 des erteilten Patents lautet wie folgt:

" 1. RFID-Transponder mit bedruckbarer Oberfläche, mit einer Polymerfolie als Träger für mindestens eine Antenne und einer mit einer Schutzschicht als Deckschicht abgedeckten Kleberschicht,

dadurch gekennzeichnet, daß die bedruckbare 0berfläche als eine auf einer Oberfläche der Polymerfolie teilchenförmiges Pigment und Bindemittel enthaltende Schicht ausgebildet ist und die mit einer Schutzschicht als Deckschicht abgedeckte Kleberschicht auf der der bedruckbaren Oberfläche gegenüberliegenden Oberfläche der Polymerfolie angeordnet ist, und die RFID-Transponder jeweils mindestens eine Antenne und einen damit elektrisch verbundenen auf der Polymerfolie befestigten Schaltungschip aufweisen."

Die Ansprüche 2 bis 9 sind davon abhängig. Die Ansprüche 10 und 11 richten sich auf bestimmte Verwendungen von RFID-Transpondern nach einigen der vorausgehenden Ansprüche.

VII. Die Beschwerdeführerin erachtete den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 als eine dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß den Dokumenten E14 bis E17 nahegelegte Modifikation eines aus dem Dokument E1 bekannten RFID-Transponders.

Die Vorlage der neuen Dokumente E14 bis E17 im Beschwerdeverfahren stelle eine Reaktion auf die in der angefochtenen Entscheidung gegebenen Begründung der Einspruchsabteilung dar. Diese Begründung sehe den Schwerpunkt der Erfindung in einem Sachverhalt, dessen Bedeutung dem erteilten Patent nicht ohne weiteres entnehmbar gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sah sich daher veranlasst, mit Hilfe der neu vorgelegten Dokumente den von der Einspruchsabteilung bestrittenen Umfang des Fachwissens am Prioritätstag des Patents zu belegen.

Aufgrund des einfachen und leicht zu überschauenden Sachverhaltes sei trotz der Vorlage der neuen Dokumente im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung nicht erforderlich.

VIII. Die Beschwerdegegnerin widersprach dem Vortrag der Beschwerdeführerin. Insbesondere bestritt sie die Relevanz der neu vorgelegten Dokumente für den Gegenstand des Patents. Im Falle der Zulassung der neuen Dokumente durch die Kammer beantragte sie hilfsweise, ihr mit einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung die Gelegenheit zu geben, sich mit der dann neu entstandenen Sachlage in zwei Instanzen auseinandersetzen zu können.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.

2. Die Kammer wertet die erstmalige Vorlage der Dokumente E14 bis E17 mit der Beschwerdebegründung als eine Untermauerung eines entsprechenden Vortrags vor der Einspruchsabteilung (vgl. T 113/96: "catchwords"). Die diesbezüglich von der Beschwerdeführerin gegebenen Erläuterungen erscheinen der Kammer plausibel. Insbesondere vermag die Kammer in der späten Vorlage der Dokumente keinen Missbrauchstatbestand, wie z.B. die Absicht einer Verfahrensverzögerung, zu erkennen.

Darüber hinaus betrifft der Inhalt der Dokumente E14 bis E16 ersichtlich einen von der Einspruchsabteilung als entscheidungserheblich erkannten Sachverhalt, nämlich die Bedruckbarkeit von Polymerfolien, während sich Dokument E17 auf Fachwissen in Bezug auf RFID-Transponder bezieht. Diese Dokumente erscheinen damit prima facie so relevant, dass die Frage der erfinderischen Tätigkeit bei Berücksichtigung ihrer Lehren einer erneuten Prüfung bedarf.

Aus diesen Gründen hat die Kammer unter Ausübung des ihr mit Artikel 114(2) EPÜ gegebenen Ermessens entschieden, die Dokumente E14 bis E17 ins Verfahren zuzulassen.

3. Die durch die Vorlage und Zulassung der neuen Dokumente E14 bis E17 entstandene Sachlage erlaubt es der Kammer nicht, über den Hauptantrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückweisung der Beschwerde zu entscheiden, ohne selbst die erforderliche erneute Prüfung der erfinderischen Tätigkeit durchzuführen.

Artikel 111 (1) EPÜ stellt es in das Ermessen einer Beschwerdekammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder ob sie diese an die Vorinstanz zurückverweist.

Werden im Einspruchsbeschwerdeverfahren erstmals relevante Dokumente vorgelegt und von der Beschwerdekammer ins Verfahren zugelassen, so wird die Angelegenheit normalerweise an die erste Instanz zurückverwiesen (vgl. hierzu "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 5. Auflage 2006, Seite 720.)

Da im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung von der durch die Zulassung der neuen Dokumente betroffenen Beschwerdegegnerin ausdrücklich beantragt wurde, die Beschwerdeführerin hierzu keine grundsätzlichen Einwände vortrug, und darüber hinaus keine besonderen Umstände erkennbar waren, die gegen eine Zurückverweisung gesprochen hätten, entscheidet die Kammer, dem diesbezüglichen Antrag der Beschwerdegegnerin stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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