T 0698/03 () of 8.7.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T069803.20040708
Datum der Entscheidung: 08 Juli 2004
Aktenzeichen: T 0698/03
Anmeldenummer: 99914571.7
IPC-Klasse: B01J 21/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers unter Verwendung eines Metalloxidsols, Formkörper, seine Verwendung bei der Herstellung eines Alkenoxids
Name des Anmelders: BASF Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - (bejaht) product-by-process-Anspruch
Zurückverweisung (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Anmeldung Nr. 99 914 571.7, die auf die am 7. April 1999 eingereichte internationale Anmeldung PCT/EP/02355 zurückgeht und für die die Prioritäten vom 8. April 1998 (DE 19 815 879.3) und 22. Dezember 1998 (DE 19 859 561.1) in Anspruch genommen sind, wurde als WO-A- 99/52626 veröffentlicht. Sie enthielt unter anderem die folgenden unabhängigen Ansprüche 1, 6 und 8:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers, umfassend mindestens ein poröses oxidisches Material und mindestens ein Metalloxid, das die folgende Stufe (i) umfaßt:

(i) Vermischen des mindestens einen porösen oxidischen Materials mit mindestens einem Metalloxidsol, das einen niedrigen Gehalt an Alkali-und Erdalkalimetallionen aufweist, und/oder mindestens einem Metalloxid, das einen niedrigen Gehalt an Alkali-und Erdalkalimetallionen aufweist."

"6. Formkörper, umfassend mindestens ein poröses oxidisches Material und mindestens ein Metalloxid, herstellbar durch ein Verfahren, das die folgende Stufe (i) umfaßt:

(i) Vermischen des mindestens einen porösen oxidischen Materials mit mindestens einem Metalloxidsol, das einen niedrigen Gehalt an Alkali-und Erdalkalimetallionen aufweist, und/oder einem Metalloxid, das einen niedrigen Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen aufweist."

"8. Verwendung eines gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellten Formkörpers oder eines Formkörpers gemäß Anspruch 6 oder 7 oder eines Gemisches aus zwei oder mehr davon als Katalysator."

II. Mit Beschluß der Prüfungsabteilung vom 13. Februar 2003 wurde die Anmeldung nach Artikel 97 (1) EPÜ wegen mangelnder Neuheit zurückgewiesen. Die Entscheidung war auf folgenden Stand der Technik gestützt:

D7: WO-A-98/55 229

Im internationalen vorläufigen Prüfungsbericht war zusätzlich noch auf folgenden Stand der Technik Bezug genommen:

D2: DE-A-19 623 611

Der Entscheidung lagen geänderte Ansprüche 1 bis 10, eingereicht mit Schreiben vom 16. Juli 2002, als einziger Antrag zugrunde. Sie enthielten unter anderem die folgenden unabhängigen Ansprüche 1 und 5:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers, umfassend mindestens einen Titansilicaliten und mindestens ein Metalloxid, das folgende Stufen (i) bis (iv) umfasst :

(i) Vermischen des mindestens einen Titansilicaliten mit mindestens einem Metalloxidsol, und/oder einem Metalloxid, das einen Gehalt an Alkali-und Erdalkalimetallen kleiner als 700 ppm aufweist,

(ii) Verdichten des Gemisches aus Stufe (i),

(iii) Verformen der Masse aus Stufe (II),

(iv) Trocknen der Formkörper aus Stufe (iii),

dadurch gekennzeichnet, dass das Metalloxidsol einen Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 10 ppm aufweist, sowie dass der Formkörper weniger als 700 ppm an Alkali- oder Erdalkalimetallionen enthält."

"5. Formkörper, umfassend mindestens einen Titansilicaliten und mindestens ein Metalloxid, herstellbar durch ein Verfahren das die folgenden Stufen (i) bis (iv) umfasst :

(i) Vermischen des mindestens einen Titansilicaliten mit mindestens einem Metalloxidsol, und/oder einem Metalloxid, das einen Gehalt an Alkali- oder an Erdalkalimetallen kleiner als 700 ppm aufweist,

(ii) Verdichten des Gemisches aus Stufe (i),

(iii) Verformen der Masse aus Stufe (II),

(iv) Trocknen der Formkörper aus Stufe (iii),

dadurch gekennzeichnet, dass das Metalloxidsol einen Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 10 ppm aufweist, sowie dass der Formkörper weniger als 700 ppm an Alkali- oder Erdalkalimetallionen enthält."

III. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung war im wesentlichen auf folgende Gründe gestützt:

In den Beispielen 2 und 3 von D7 werde ein Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers umfassend einen Titansilikalit und ein Metalloxid (SiO2) beschrieben, das folgende Stufen umfasse:

(i) Vermischen des Titansilikalits mit einem Siliziumdioxid, das durch Hydrolyse eines Metallsäureesters hergestellt wird,

(ii) Verdichten des Gemisches aus Stufe (i),

(iii) Verformen der Masse aus Stufe (ii),

(iv) Trocknen der Formkörper aus Stufe (iii).

Der Restalkaligehalt des in Beispiel 1 verwendeten Titansilikalits liege unter 100 ppm. Ferner seien nach D7, Seite 3, Zeilen 23-25, Bindemittel unerwünscht, die einen Gehalt von Alkali- und Erdalkalimetallen von größer als 100 ppm aufwiesen. Demgemäß liege der Gesamtgehalt an Alkali- und Erdalkalimetallen des Formkörpers auch unter 700 ppm. Daher sei der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 und 5 bis 10 nicht mehr neu.

IV. Am 15. April 2003 legte die Anmelderin (Beschwerdeführerin) gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein und reichte geänderte Ansprüche 1 bis 14 ein. Mit der am 18. Juni 2003 eingereichten Beschwerdebegründung wurden drei Hilfsanträge eingereicht.

V. In Reaktion auf den Ladungsbescheid der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Juni 2004 einen neuen Hauptantrag und sieben Hilfsanträge anstelle der bisherigen Anträge ein. Ferner wurden Scanning Electron Microscopy (SEM)- Aufnahmen (Anlage K1 bis K7) von Formkörpern des Beispiels 6 der Anmeldeunterlagen und des Beispiels 2 von D7 eingereicht. Mit Schreiben vom 7. Juli 2004 reichte die Beschwerdeführerin weitere (SEM)-Aufnahmen von Formkörpern des Vergleichsbeispiels A gemäß D2 ein.

VI. Die mündliche Verhandlung fand am 8. Juli 2004 statt, in der die Beschwerdeführerin in Reaktion auf formelle Beanstandungen der Kammer einen Satz von geänderten Ansprüchen 1 bis 13 als neuen Hauptantrag überreichte. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrages lauteten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers mit einem Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 500 ppm, umfassend mindestens ein pöröses oxidisches Material und mindestens ein Metalloxid, das die folgenden Stufen (i) bis (v) umfasst :

(i) Vermischen des mindestens einen porösen oxidischen Materials mit mindestens einem Metalloxidsol durch Versprühen einer Suspension, enthaltend das mindestens eine poröse oxidische Material und Metalloxidsol,

(ii) Verdichten des Gemischs aus Stufe (i), wobei weiteres Metalloxid eingebracht wird und als Metalloxidquelle Metalloxidsol dient,

(iii) Verformen der Masse aus Stufe (ii),

(iv) Trocknen der Formkörper aus Stufe (iii);

(v) Calcinieren der getrockneten Formkörper aus Stufe (iv),

wobei das in (i) und (ii) eingesetzte Metalloxidsol einen Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 10 ppm aufweist."

"8. Formkörper mit einem Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 500 ppm, umfassend mindestens ein poröses oxidisches Material und mindestens ein Metalloxid, herstellbar durch ein Verfahren, das die folgenden Stufen (i) bis (v) umfasst:

(i) Vermischen des mindestens einen porösen oxidischen Materials mit mindestens einem Metalloxidsol durch Versprühen einer Suspension, enthaltend das mindestens eine poröse oxidische Material und Metalloxidsol,

(ii) Verdichten des Gemischs aus Stufe (i), wobei weiteres Metalloxid eingebracht wird und als Metalloxidquelle Metalloxidsol dient,

(iii) Verformen der Masse aus Stufe (ii),

(iv) Trocknen der Formkörper aus Stufe (iii);

(v) Calcinieren der getrockneten Formkörper aus Stufe (iv),

wobei das in (i) und (ii) eingesetzte Metalloxidsol einen Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 10 ppm aufweist."

"12. Verwendung eines Formkörpers, erhältlich durch ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7 oder eines Formkörpers gemäß einem der Ansprüche 8 bis 11 oder eines Gemischs aus zwei oder mehr davon als Katalysator."

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefaßt werden:

a) Die Gegenstände der geänderten Ansprüche des Hauptantrages seien sowohl in den ursprünglichen Unterlagen als auch in der ersten Prioritätsanmeldung vom 8. April 1998 offenbart. Durch die Aufnahme der Verfahrensstufen (iv) und (v) sei ferner auch klargestellt, daß der Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen von weniger als 500 ppm sich auf den getrockneten und calcinierten Formkörper beziehe. Diese Anträge erfüllten somit die Voraussetzungen nach Artikel 84 und 123 (2) EPÜ.

b) Da die erste Priorität vom 8. April 1998 zu Recht in Anspruch genommen werden könne, sei D7 lediglich als Stand der Technik nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ zu berücksichtigen.

c) In D7 würden von der Mutterlauge abgetrennte Titansilikalitkristalle in Pulverform unter Zusatz von Tetraalkoxysilan durch Kneten verdichtet und zu Strängen verarbeitet. Da D7 keine Versprühung einer Suspension, die ein poröses oxidisches Material und ein Metalloxidsol enthält, und daher auch keine Verformung eines verdichteten Sprühgutes beschreibe, seien die Verfahrensansprüche neu. Auch in D2 sei keine Vermischungsstufe (i) durch Versprühung beschrieben.

Ferner würden durch die unterschiedliche Sprühbehandlung Produkte mit einer gröberen, kugelförmigen Granulatstruktur erhalten, die nach den Verfahren von D7 und D2 nicht erhältlich seien. Diese Granulatstruktur würde in den fertigen Formkörpern beibehalten und verleihe gute mechanische Festigkeit. Nach Auffassung der Anmelderin werde durch den anschließenden Verformungsschritt ein Produkt mit einem größeren Anteil an Makroporen erzielt. Wie durch SEM-Aufnahmen von Vergleichsbeispielen belegt sei, wiesen die erfindungsgemäß hergestellten Formkörper kugelförmige Teilchen mit einer Größe von 5. bis 10 Mikrometer auf, während die nach D7 und D2 hergestellten Produkte nur Teilchen mit einer Größe von maximal etwa 0,2 Mikrometer enthielten. Die Vergleichsversuche belegten auch die unterschiedliche Makroporenverteilung in den jeweiligen Produkten. Da somit belegt sei, daß durch den Sprühschritt eine andere Formkörperstruktur resultiere, sei eine weitere Einschränkung nicht erforderlich.

d) Die Aufrechterhaltung eines Product-by-process Anspruches sei gerechtfertigt, da nur diese Formulierung eine signifikante Unterscheidung in der physikalischen Struktur der Formkörper von solchen nach D7 erlaube und da in den Anmeldeunterlagen keine anderen meßbaren physikalischen Parameter beschrieben seien, die mit Sicherheit zu einer Abgrenzung gegenüber D7 führten. So sei ohne weitere experimentelle Untersuchung nicht feststellbar, ob das Porenvolumen gemäß Anspruch 9 zu einer Abgrenzung gegenüber D7 führe.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage von Ansprüchen 1 bis 13 des in der mündlichen Verhandlung überreichten Hauptantrags oder auf der Grundlage eines der sieben mit Schreiben vom 8. Juni 2004 eingereichten Hilfsanträge zu erteilen. Ferner beantragte sie, die Sache zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Änderungen

2. Die Ansprüche des Hauptantrages finden ihre Basis in der ursprünglichen Beschreibung wie folgt:

Ansprüche 1 und 8: Ansprüche 1, 5 und 6 in Verbindung mit Seite 3, Zeile 21, Seite 4, Zeile 27 bis Seite 5, Zeile 2, Seite 5, Zeilen 23 bis 30, Seite 12, Zeilen 29 bis 31, Seite 18, Zeilen 8 bis 23 und Beispiele 2, 3, und 6 bis 8;

Ansprüche 2, 3, 5, und 12: ursprüngliche Ansprüche 2, 3, 4, und8;

Anspruch 4: Seite 4, Zeile 19 bis 21;

Ansprüche 6 und 11: Seite 10, Zeilen 16-17;

Anspruch 7: Seite 16, Zeilen 1 bis 4

Anspruch 9: Seite 15, Zeilen 13 bis 18;

Anspruch 10: Seite 4, Zeile 28, Seite 6, Zeile 26, Seite 8, Zeilen 20 bis 22;

Anspruch 13: Seite 21, Zeilen 7 bis 9.

Damit sind die Voraussetzungen nach Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt.

3. Die geänderten Ansprüche 1 und 8 umfassen die Verfahrensstufen (i) bis (v). Dadurch ist sichergestellt, daß der Gehalt an Alkali- und Erdalkalimetallionen sich auf den getrockneten und calcinierten Formkörper bezieht, wie sich auch aus den ursprünglichen Beispielen 6 bis 8 ergibt. Demgemäß ist die Klarheit dieses Merkmals gegeben. Da die Prüfungsabteilung keine Klarheitsbeanstandungen erhoben hat und die Kammer auch keine weiteren Klarheitseinwände sieht, sind die Voraussetzungen nach Artikel 84 EPÜ erfüllt.

Neuheit

4. Die Prüfungsabteilung hatte ihre Entscheidung damit begründet, daß D7 dem beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich gegenübersteht.

4.1. D7 beschreibt einen mindestens ein poröses Material enthaltenden Formkörper, der erhältlich ist durch ein Verfahren, das die folgenden Stufen umfaßt:

(I) Versetzen eines Gemischs enthaltend ein poröses, oxidisches Material oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon mit einer Mischung enthaltend mindestens einen Alkohol und Wasser, und

(II) Kneten, Verformen, Trocknen und Calcinieren des gemäß Stufe (I) versetzten Gemischs (Anspruch 1). Das Gemisch in Stufe (I) kann zusätzlich mit einem Metallsäureester oder einem Gemisch aus zwei oder mehr davon versetzt werden (Anspruch 3). Der Metallsäureester kann eine Orthokieselsäureester oder ein Tetraalkoxysilan sein (Anspruch 4) und das poröse Material ist ein Zeolith, vorzugsweise ein Titansilikalit (Anspruch 8).

Im Beispiel 1 von D7 wird ein Ti-haltiger Zeolith (Titansilikalit-Pulver) hergestellt, der identisch ist mit dem Beispiel 1 der Streitanmeldung und einen Restalkaligehalt von unterhalb 100 ppm aufweist. In Beispiel 2 wird dieses Titansilicalit-Pulver mit Methylcellulose, Tetramethoxysilan und einer Wasser- Methanol-Mischung vermischt und angeteigt und in einem Kneter verdichtet. Die erhaltenen Stränge werden getrocknet und bei 500°C 5h lang calciniert. Beispiel 3 unterscheidet sich von Beispiel 2 im wesentlichen nur dadurch, daß beim Misch- und Verdichtungsvorgang Tetraethoxysilan anstelle von Tetramethoxysilan sowie eine Wasser-Ethanol-Mischung verwendet wird. Tetra(m)ethoxysilan ist ein Bindemittel, das beim weiteren Verarbeiten (Hydrolyse, Calcinieren) ein Metalloxid bildet (vgl. D7, Seite 9, Zeilen 1 und 2, sowie zweiter und letzter Absatz).

Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich gegenüber D7 im wesentlichen dadurch, daß in einem ersten Schritt (i) eine Suspension des porösen oxidischen Materials und Metalloxidsol versprüht wird und das Sprühgut anschließend mit weiterem Metalloxidsol verdichtet wird. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, ob das beanspruchte Verfahren gegebenenfalls weitere Unterschiede gegenüber D7 aufweist. Demgemäß ist der Verfahrensanspruch durch die in den Stufen (i) und (ii) definierten Maßnahmen gegenüber D7 neu.

4.2. Bei dem Formkörperanspruch ist zu beachten, daß dieser durch eine Reihe von Produktmerkmalen aber auch durch eine Product-by-process Formulierung "herstellbar durch ein Verfahren, das die folgenden Stufen (i) bis (v) umfasst: .. " gekennzeichnet ist. Wie in der mündlichen Verhandlung von der Anmelderin erläutert wurde, führt der in Stufe (i) definierte Sprühvorgang zu gröberen, kugelförmigen agglomerierten Granulatteilchen, da die in der Suspension vorhanden porösen Metalloxidteilchen einerseits durch das Metalloxidsol als Bindemittel verklebt und andererseits durch die Versprühung zu kugelförmigen Granulatteilchen getrocknet werden. Der mit diesem granularen Sprühgut durchgeführte Verdichtungs- und Verformungsschritt führe dann weiterhin zu einem Formkörper, der zwangsläufig gegenüber D7 auch eine andere Makroporenverteilung aufweise. Diese Struktur bleibe im Formkörper erhalten und habe auch Einfluß auf ihre mechanische Festigkeit.

4.3. Diese Ausführungen sind nicht nur plausibel sondern auch durch Vergleichsversuche belegt. Hierzu hat die Anmelderin Formkörper gemäß Beispiel 6 der Anmeldeunterlagen und gemäß Beispiel 2 von D7 nachgearbeitet und an Strangbruchflächen der Formkörper verschiedene SEM-Aufnahmen gemacht. Wie durch die SEM-Aufnahmen K1 bis K4 der erfindungsgemäß hergestellten Formkörper nach Beispiel 6 gezeigt ist, weisen die Bruchflächen kugelförmige agglomerierte Granulat-Teilchen mit einer Größe von 5 bis 10 Mikrometer auf. Demgegenüber weisen die nach den Beispiel 2 von D7 hergestellten Formkörperstränge keine solchen gröberen, agglomerierten Granulatteilchen auf. Vielmehr haben die darin vorkommenden Teilchen eine maximale Größe von etwa 0,2 Mikrometer (Anlage K5 bis K7). Dies wird insbesondere bei Vergleich der bei gleicher Vergrößerung gemachten SEM-Aufnahmen K3 und K6 deutlich. Ferner zeigen die SEM-Aufnahmen die ausgeprägten Unterschiede in der Makroporenverteilung, die auf die Unterschiede in den Verfahrensstufen (i) bis (iii) zurückgeht. Somit ist ausreichend belegt, daß die nach den erfindungsgemäßen Beispielen erhaltenen Formkörper signifikante Unterschiede in der physikalischen Teilchen- und Porenstruktur gegenüber derjenigen der Produkte nach D7 zeigen. Es ist auch glaubhaft, daß die beispielhaft belegten strukturellen Unterschiede auch in der beanspruchten Breite auftreten, da gröbere, kugelförmige, agglomerierte Granulatteilchen bereits dann erhalten werden, wenn der Verfahrensschritt (i) verwirklicht wird.

4.4. Die Kammer hat auch die Frage untersucht, inwieweit die Anmeldeunterlagen Angaben enthalten, um die vorstehend erläuterte Struktur anstelle von Verfahrensmaßnahmen durch meßbare physikalischen Parameter zu definieren. Als einziger Anhaltspunkt ergibt sich ein Hinweis auf das Porenvolumen der Meso- und Makroporen gemäß Anspruch 9. Die Anmelderin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß ohne eine experimentelle Messung nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, ob mit diesem Parameter ein Unterschied zu D7 begründet werden könne.

4.5. Ferner ist zu beachten, daß die durch den Sprühvorgang (i) erhältliche Granulatstruktur gerade nicht durch das Porenvolumen definiert werden kann und die Anmeldeunterlagen auch keine Angaben enthalten, die gerade diese Granulatstruktur durch einen Parameter definieren. Darüber hinaus ist zu beachten, daß die Verfahrensstufen (i) und (ii) keine bloßen Verfahrensschritte darstellen, wie etwa eine unterschiedliche Temperatur- oder pH-Werteinstellung oder ein anderes Lösungsmittel. Vielmehr ist durch die Anwesenheit des Bindemittels neben dem porösen Metalloxid in der Sprühstufe (i) auch ein Material vorhanden, das in das entstehenden körnige Granulat-Erzeugnis eingebaut wird und in Verbindung mit der Sprühtrocknung zwangläufig zu einem anderen inneren Formkörperstruktur führen wird, im Vergleich zu Bedingungen nach D7, bei denen das poröse Metalloxid unmittelbar in dem Bindemittel verformt und stranggepreßt wird.

4.6. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Unterschiede gegenüber D7 auf den Herstellungsschritten (i) bis (iii) beruhen und zu Formkörpern führen, die im Inneren strukturell andersartig aufgebaut sind. Damit sind aber die Formkörperansprüche gegenüber D7 neu und erfüllen somit gegenüber D7 dieses Erfordernis der Patentierbarkeit (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 4. Auflage, 2001, II.B.6.2). Da andererseits die Anmeldung keine anderen Angaben enthält, die es der Anmelderin ermöglichen, die Struktur seiner Formkörper anderweitig durch Parameter zu kennzeichnen, liegen auch die Voraussetzungen vor, nach denen die Rechtsprechung solche "Product-by-process" Ansprüche zugelassen hat (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, supra, II.B.6.1 und 6.3).

5. Ergänzend hat die Kammer auch die Frage untersucht, ob D7 ein Dokument nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ ist.

5.1. D7 wurde am 5. Juni 1998 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 6. Juni 1997 eingereicht und am 10. Dezember 1998 veröffentlicht. Die vorliegende Anmeldung nimmt zwei Prioritäten vom 8. April 1998 und 22. Dezember 1998 in Anspruch, wobei nur die erste Priorität vor dem Veröffentlichungstag von D7 liegt. Für den Fall, daß die Ansprüche durch die erste Priorität gestützt wären, wäre D7, für die die Voraussetzungen nach Artikel 158 (2) EPÜ erfüllt sind, als Stand der Technik nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ anzusehen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Gegenstände der geänderten Ansprüche in der ersten Prioritätsanmeldung DE 19. 815 879.3 offenbart sind:

5.2. Die Merkmale der Ansprüche des Hauptantrages haben ihre Basis in der ersten Prioritätsanmeldung wie folgt:

Ansprüche 1 und 8: Anspruch 1, 5, 6 und 7 in Verbindung mit Seite 4, Zeile 30 bis Seite 5, Zeile 4, Seite 5, Zeilen 26 bis 29, Seite 10, Zeilen 24-27 sowie Beispiele 2, 3 und 6-8;

Ansprüche 2, 3, 5 und 12: ursprüngliche Ansprüche 2, 3, 4. und 8;

Anspruch 4: Seite 4, Zeilen 22 bis 24;

Ansprüche 6 und 11: Seite 10, Zeilen 21-22;

Anspruch 7: Seite 12, Zeile 26:

Anspruch 9: Seite 12, Zeilen 1 bis 6;

Anspruch 10: Seite 4, Zeilen 19, 20 und 31, Seite 6, Zeile 27, Seite 8, Zeilen 22 bis 24;

Anspruch 13: Seite 17, Zeilen 23-25.

5.3. Aus dem vorstehenden ergibt sich, daß die Gegenstände der Ansprüche des Hauptantrages eine Basis in der ersten Prioritätsanmeldung haben. Somit ist D7 gegenüber den Gegenständen des Hauptantrages ein Stand der Technik nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ. Daher ist D7 nur für die Neuheit relevant.

6. Obwohl der einzige Zurückweisungsgrund durch den nunmehr beanspruchten Gegenstand bereits ausgeräumt ist, hat die Kammer dennoch die Frage der Neuheit gegenüber der Druckschrift D2 untersucht, da diese im internationalen vorläufigen Prüfungsbericht als einziges weiteres Dokument herangezogen wurde.

6.1. D2 beschreibt Katalysatoren für die Herstellung von Epoxiden aus Olefinen und Wasserstoffperoxid, die sich unter anderem durch ausreichende Härte und Abriebfestigkeit auszeichnen und für den Einsatz in Festbettkatalysatoren interessant sind (Spalte 4, Zeilen 20 bis 25). Diese Oxidationskatalysatoren umfassen Titan- oder Vanadiumsilikalite mit Zeolith-Struktur und werden durch verfestigende Formgebungsschritte geformt (Anspruch 1). Sie haben einen Mindestpartikeldurchmesser von 0.5 mm und enthalten, bezogen auf die Gesamtmasse des Katalysators, bis zu 10 Gew.-% Bindemittel (Ansprüche 2 und 3).

6.2. Im Beispiel 3 wird ein poröser Titansilikalit, der aus einem Ausgangstitansilikalit nach den Beispielen 1 und 2 mit einem Restalkaligehalt von unterhalb 100 ppm gewonnen wird, naß-chemisch weiterverarbeitet, getrocknet und calciniert. Der so hergestellte Titansilikalit wird nach Beispiel 5 mit Methylcellulose trocken gemischt, in einem Kneter unter Zugabe von Wasser und Kieselsol (Ludox AS 40) verdichtet und zu Strängen verarbeitet. Diese Stränge werden getrocknet und calciniert und enthalten 4,8 Gew.-% an Binder. Im Vergleichsbeispiel A wird ein analoges Verfahren wie in Beispiel 5, jedoch mit anderen Mengen an Methylcellulose, Wasser und Kieselsol durchgeführt, wobei die Stränge 20 Gew.-% an Binder enthalten.

6.3. Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von D2 durch die Verfahrensstufe (i) und den anschließend mit dem Sprühgut durchgeführten Verdichtungsschritt (ii). Diese Unterschiede sind die gleichen, wie gegenüber D7 (siehe oben Pt. 4.4). Daher unterscheidet sich der beanspruchte Formkörper gegenüber demjenigen von D2 durch seine gröberen, kugelförmigen, agglomerierten Granulatteilchen. Dies wird auch durch die weiteren SEM-Aufnahmen von Formkörpern K8 bis K10, eingereicht mit Schreiben vom 7. Juli 2004, bestätigt. Die Formkörper wurden in enger Anlehnung an Vergleichsbeispiel A von D2 hergestellt, da deren höherer Bindergehalt von 20 Gew.-% mit demjenigen von Beispiel 6 der Anmeldungsunterlagen (32 Gew.-%) besser vergleichbar ist als derjenige von Beispiel 5 gemäß D2 (4,8 Gew.-%). Damit ist der Verfahrensanspruch wie auch der Formkörperanspruch gegenüber D2 als neu anzusehen, ohne daß die Kammer auf mögliche weitere Unterschiede einzugehen braucht.

6.4. Da die Prüfungsabteilung nur über die fehlende Neuheit gegenüber D7 nicht aber über die erfinderische Tätigkeit entschieden hat und die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zurückverweisung gestellt hat, hält es die Kammer für zweckmäßig, die Angelegenheit zur weiteren sachlichen Prüfung, insbesondere auf erfinderische Tätigkeit zurückzuverweisen (Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Hauptantrags zurückverwiesen.

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