European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T062603.20031127 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 November 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0626/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98966209.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01B 15/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Abstandsmeßvorrichtung und Verfahren zur Bestimmung eines Abstandes | ||||||||
Name des Anmelders: | Mikrowellen-Technologie Und Sensoren GmbH, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen (zulässig) Klarheit (Hauptantrag - nein) Zurückverweisung an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung nach zügig durchgeführtem Beschwerdeverfahren |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 29. Januar 2003, die europäische Patentanmeldung Nr. 98 966 209.3 (Internationale Veröffentlichungsnummer WO-A- 9. 931 463) zurückzuweisen. In ihrer Entscheidung war die Prüfungsabteilung der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1. sei nicht durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt (Artikel 123 (2) EPÜ), da das Merkmal des Anspruchs, wonach die Einspeisung einer "frequenzmodulierten elektromagnetischen Welle" erfolgt "um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen" nicht offenbart sei. Ausserdem wurden in der Entscheidung weitere Einwände unter Artikel 84 EPÜ und Artikel 56 EPÜ gegen die Anspruchssätze des damals vorliegenden Hauptantrags und der Hilfsanträge erhoben.
II. Am 27. März 2003 legte die Anmelderin Beschwerde ein bei gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 30. Mai 2003 eingereicht.
III. Am 27. November 2003 fand eine mündliche Verhandlung statt. Während der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Hauptantrag: Patentansprüche 1 bis 22 ("Hauptantrag"), überreicht in der mündlichen Verhandlung;
Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 22 ("Hilfsantrag"), überreicht in der mündlichen Verhandlung,
im übrigen mit den eingereichten Unterlagen (Beschreibung Seiten 1 bis 16, 5 Seiten Zeichnungen, Figuren 1 bis 5).
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet nach Korrektur offensichtlicher Schreibfehler wie folgt:
"Abstandsmeßvorrichtung mit einer Sensoreinrichtung und einer Auswerteelektronik, wobei die Sensoreinrichtung zumindest eine Koppelsonde zur Einspeisung eines Sendesignals in eine Leitungsstruktur aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Koppelsonde planar ist und die Koppelsonde ein frequenzmoduliertes Hochfrequenz- Dauerstrichsignal einspeist, um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen."
Anspruch 16 gemäß Hauptantrag lautet nach Korrektur offensichtlicher Schreibfehler wie folgt:
"Verfahren zur Bestimmung eines Abstands, insbesondere unter Verwendung einer Abstandsmeßvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 15, mit folgenden Schritten
a) Bereitstellen eines Sendesignals, welches über eine Koppelsonde in eine Leitungsstruktur eingeleitet wird;
b) Messung des Abstands zwischen dem von der Koppelsonde definierten Einspeisepunkt und einem vorbestimmten Teil der Leitungsstruktur;
c) Bereitstellen eines frequenzmodulierten Hochfrequenz- Dauerstrichsignals, welches von der Koppelsonde in die Leitungsstruktur eingespeist wird, mit dem kontinuierlich der zu messende Abstand bestimmt wird."
Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet:
"Abstandsmeßvorrichtung mit einer Sensoreinrichtung und einer Auswerteelektronik, wobei die Sensoreinrichtung zumindest eine Koppelsonde zur Einspeisung eines Sendesignals in eine Leitungsstruktur aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Koppelsonde planar ist und die Koppelsonde ein frequenzmoduliertes Hochfrequenz- Dauerstrichsignal einspeist, um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen, wobei die Messung des Abstandes zwischen dem von der Koppelsonde definierten Einspeisepunkt und einem vorbestimmten Teil der Leitungsstruktur durch eine Laufzeitmessung des Sendesignals erfolgt."
Anspruch 16 des Hilfsantrags lautet wie folgt:
"Verfahren zur Bestimmung eines Abstands, insbesondere unter Verwendung einer Abstandsmeßvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 15, mit folgenden Schritten
a) Bereitstellen eines Sendesignals, welches über eine Koppelsonde in eine Leitungsstruktur eingeleitet wird;
b) Messung des Abstands zwischen dem von der Koppelsonde definierten Einspeisepunkt und einem vorbestimmten Teil der Leitungsstruktur;
c) Bereitstellen eines frequenzmodulierten Hochfrequenz- Dauerstrichsignals, welches von der Koppelsonde in die Leitungsstruktur eingespeist wird, mit dem kontinuierlich der zu messende Abstand bestimmt wird;
d)Bestimmen des zu messenden Abstandes zwischen dem von der Koppelsonde definierten Einspeisepunkt und dem vorbestimmten Teil der Leitungsstruktur durch eine Laufzeitmessung des Sendesignals."
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 16 (Haupt- und Hilfsantrag) ist das in der Beschreibung auf Seite 11, 3. Absatz und Seite 12 beschriebene "Suchverfahren" oder "Suchmodus". Das in diesen Ansprüchen von der Prüfungsabteilung beanstandete Merkmal, wonach "die Koppelsonde ein frequenzmoduliertes Hochfrequenz-Dauerstrichsignal einspeist um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen", wird wortwörtlich in Anspruch 17 der ursprünglichen Patentanmeldung offenbart. Außerdem wird gemäß ursprünglichem Anspruch 18 die kontinuierliche Messung dahingehend konkretisiert, dass "... ein frequenzmoduliertes Hochfrequenz-Dauerstrichsignal bereitgestellt wird, mit dem kontinuierlich der zu messende Abstand absolut bestimmt wird". In diesem Zusammenhang definiert der Begriff "Dauerstrichsignal" ein kontinuierlich ausgestrahltes Signal mit einer bestimmten Frequenz, welche allerdings nicht fest sein muss, sondern auch frequenzmoduliert sein kann, wie z. B. bei dem auf Seite 12, letzte zwei Absätze, beschriebenen Suchmodus. Das weitere Merkmal der Ansprüche 1 und 16 des Hilfsantrags, dass die Messung durch eine Laufzeitmessung des Sendesignals erfolgt, findet seine Offenbarung auf Seite 3, letzten 4 Zeilen und Seite 11, 2. Absatz der ursprünglichen Patentanmeldung. Eine unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ liegt somit nicht vor. Was den von der Prüfungsabteilung beanstandeten Begriff "kontinuierlich" betrifft, ist dessen Bedeutung aus der Beschreibung eindeutig: auf Seite 1 wird ausgeführt, dass im Gegensatz zur "diskreten" Positionsbestimmung eines Kolbens, welche nur an einzelnen Positionen möglich ist (nämlich: an der Stelle wo ein Sensor angebracht ist), eine "kontinuierliche" Positionsbestimmung an jeder beliebigen Position des Kolbens möglich ist. Daher sind die Änderungen zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit
Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Das in Anspruch 1 eingefügte Merkmal, wonach die Koppelsonde planar ist, ist den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen zu entnehmen; vgl. Figur 2 und den dazugehörenden, die Seiten 9 und 10 überbrückenden Absatz der Beschreibung. Die weiteren in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 16 erfolgten Änderungen finden ihre Stützung in den von der Beschwerdeführerin angegebenen, ursprünglichen Ansprüchen 16 bis 18 und in der Beschreibung, insbesondere in den den Suchmodus betreffenden Textpassagen auf Seite 12. Damit sind die vorgenommenen Änderungen im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden.
2.2. Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 stellt der Ausdruck "um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen" eine reine Zweckangabe dar. Weder aus dem Ausdruck alleine noch aus dem Anspruch insgesamt wird klar, wie dieser Zweck erfüllt wird, bzw. welche Einschränkungen oder technische Merkmale der beanspruchten Vorrichtung durch dieses Merkmal ausgedruckt werden sollen. Damit ist nach Auffassung der Kammer der Anspruch nicht deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ. Der Hauptantrag ist deshalb nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag
3.1. Das weitere in die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 gemäß Hilfsantrag eingeführte Merkmal bezüglich der Messung durch Laufzeitmessung des Sendesignals ist auf Seite 3, letzten 4. Zeilen der ursprünglichen Anmeldung offenbart und in Zusammenhang mit dem Suchverfahren auf Seite 11, 2. Absatz beschrieben. Diese Änderung erfüllt daher ebenfalls die Bedingung des Artikels 123 (2) EPÜ.
3.2. Durch die Aufnahme dieses Merkmals in die Ansprüche wird die Art der kontinuierlichen Abstandsbestimmung im Sinne einer solchen Bestimmung bei jedem beliebigen Abstand durch die Definition der Messanordnung und der Auswertung des Messsignals präzisiert. Dieses Merkmal ist daher zusammen mit dem Ausdruck "um kontinuierlich den Abstand zu bestimmen" nach Artikel 84 EPÜ nicht zu beanstanden.
3.3. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 des Hilfsantrags sind deshalb in Hinblick auf die formellen Erfordernisse der Artikel 84 und 123 (2) EPÜ zulässig.
4. Weiteres Vorgehen
4.1. In die Ansprüche 1 und 16 des Hilfsantrags wurde das Merkmal neu aufgenommen, dass die Messung des Abstandes durch eine Laufzeitmessung des Sendesignals erfolgt. Dieses Merkmal war in den der Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssätzen nicht enthalten und sein Beitrag zur Patentfähigkeit deren Gegenstände ist folglich in der Entscheidung nicht diskutiert worden.
4.2. Nachdem nach Auffassung der Kammer die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 des Anspruchssatzes des vorliegenden Hilfsantrags den formellen Erfordernissen des EPÜ genügen und im Hinblick darauf, daß sich die Prüfungsabteilung noch nicht zur Patentfähigkeit der ihnen zugrunde liegenden Gegenstände (Artikel 52 (1) EPÜ) äußern konnte und das zügig durchgeführte Beschwerdeverfahren insgesamt nur acht Monate beanspruchte, macht die Kammer von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und verweist die Sache zur weiteren Prüfung der Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ an die ersten Instanz zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 22 des Hilfsantrags, überreicht in der mündlichen Verhandlung.