T 0456/03 () of 19.10.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T045603.20051019
Datum der Entscheidung: 19 October 2005
Aktenzeichen: T 0456/03
Anmeldenummer: 95115790.8
IPC-Klasse: F25B 39/02
F25B 41/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kältegerät
Name des Anmelders: BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
Name des Einsprechenden: Whirlpool Europe Srl
Evidal Schmöle GmbH & Co.KG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende OI (Beschwerdeführerin) hat mit Schreiben vom 16. April 2003 gegen die Zwischenentscheidung vom 12. März 2003, mit welcher die Einspruchsabteilung das Patent Nr. 0 711 963 in geändertem Umfang aufrechterhalten hat, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Mit ihrer am 10. Juli 2003 eingegangenen Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung dieser Entscheidung und den Widerruf des Patents beantragt.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte mit Schreiben vom 18. März 2004 die Zurückweisung der Beschwerde.

II. Anspruch 1, wie von der Erstinstanz aufrechterhalten, hat den folgenden Wortlaut:

" Kältegerät mit wenigstens einem Kälteraum, welcher von einem in einem geschlossenen Kältekreislauf (10) eingebundenen, aus einem Plattenverbund gebildeten Verdampfer (16) gekühlt ist, welcher mit nach dem Rollbond-Verfahren hergestellten Kältemittelkanälen (22) zur Führung des im Kältekreislauf (10) von einem Verdichter (11) angetriebenen Kältemittels ausgestattet ist, dadurch gekennzeichnet, dass als Kältemittel in bekannter Weise ein auf Kohlenwasserstoffen basierendes Kältemittel eingesetzt ist, welches in Kältemittelkanälen (22) geführt ist, deren Kanalquerschnitt (a) an den im Vergleich zu den auf Fluor-Kohlenwasserstoffen oder Fluor-Chlorkohlenwasserstoffen basierenden Kältemitteln höheren Volumenstrom der auf Kohlenwasserstoffen basierenden Kältemittel zur Vermeidung von durch den Verdampfer bedingten Leistungseinbußen im Kältesystem angepasst ist und dass die neben dem Verdampfer (16) im Kältekreislauf (10) vorgesehenen Kältemittel-Fließstrecken (12,14) hinsichtlich ihres zur Führung von auf Fluor-Kohlenwasserstoffen oder auf Fluor-Chlorkohlenwasserstoffen basierenden Kältemittel dienenden durchströmbaren Querschnitts im wesentlichen unverändert sind."

III. Folgender Stand der Technik wurde inter alia berücksichtigt:

a) Beweismittel zum Nachweis einer geltend gemachten öffentlichen Vorbenutzung OV1:

D1: "Service Manual" für einen Kühl-/Gefrierschrank des Typs "ARB503";

D6: Zeichnung Nr. 4619 500 0983 0 eines Verdampfers "Piast Evap RB" der Firma Whirpool, mit Datum vom 15.12.1992 und 13.01.1994;

D25: Eidesstattliche Erklärung von H. Tagliabue;

D26: Eidesstattliche Erklärung von H. Rivis;

D27: Artikelliste eines Artikels mit

Nr 8500 503 38052, datiert vom 01.03.1993;

D28: Rechnung, datiert vom 25.11.1988, vom Verkauf von unter anderen zwei Kühlgeräten des Typs ARB503/01/PH;

b) Andere Dokumente:

D2: "Boilers, evaporators, and condensers", Sadik Kakaç, Florida, published by John Wiley & Sons, INC, 1991;

D4: Information paper "Elimination of CFC refrigerants from domestic refrigeration manufacture", Industry and Environment, United Nations Environment Programme, October 1994;

D8: DE-U- 91 15 640.8;

D9: DE-U- 94 05 447.9;

D12: "Evaporators for refrigeration appliances", Firma Danfoss, März 1987.

IV. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung sämtliche geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen (die im Beschwerdeverfahren behandelte OV1, OV2 der OI sowie OV3, OV4 und OV5 der zweiten Einsprechenden OII) als nicht substantiiert zurückgewiesen bzw. außer Betracht gelassen. Sie kam zum Ergebnis, dass der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ erfüllt, und insbesondere, ausgehend von dem nächstliegenden Stand der Technik gemäß D8, auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Im Beschwerdeverfahren wurde nur noch die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung OV1 (D1: Prospekt des Geräts ARB503 zusammen mit Zeichnung D6) diskutiert.

Die im Einspruchsverfahren erhobenen Einwände der Einsprechenden OII bezüglich mangelnder Offenbarung nach Artikel 83 bzw. 100 b) EPÜ wurden im Beschwerdeverfahren nicht mehr weiterverfolgt.

V. Am 19. Oktober 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt. Die ordnungsgemäß geladene, am Verfahren beteiligte Einsprechende OII ist nicht erschienen; sie hat im Beschwerdeverfahren auch nicht schriftlich Stellung genommen.

VI. Die Beschwerdeführerin hat zur Stützung ihres Antrags im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

Das Serviceheft D1 des Kühlgeräts ARB503 wie auch die technische Zeichnung D6 seien beide für gefertigte und auch vertriebene Erzeugnisse erstellt worden. Der in der Rechnung D28 ersichtliche Verkauf von zwei Kühlgeräten ARB503 habe bereits im Jahre 1988 statt gefunden. Ferner stünde außer Zweifel, dass ein Verdampfer gemäß D6 in das Gerät ARB503 eingebaut wurde; dieser Sachverhalt sei schriftlich durch die Komponentenliste D27 dargelegt und von der eidesstattlichen Erklärung (D26) von H. Rivis bestätigt. Der angebliche Widerspruch in den Daten der D6 und D28 ließe sich wie folgt erklären: das erste Datum 15.12.92 der Zeichnung D6, welches später als das Verkaufsdatum gemäß D28 (1988) ist, könne dadurch erklärt werden, dass es nicht dem ursprünglichen Erstellungsdatum der Zeichnung, sondern einer aufgrund des Firmenwechsels von Philips zu Whirpool erneuten Auflage entsprochen habe, wobei das zweite Datum der D6, 13.01.94, lediglich den Kältemittelwechsel von R12 zu R134A betroffen habe.

Der Erfindungsgegenstand sei also gegenüber dem Gegenstand ARB503 der OV1 nicht neu, da die Konstruktionsmerkmale, und insbesondere der größere Querschnitt der Verdampferkanäle, durch die D1 zusammen mit D6 vorweggenommen wären und da Kühlmittel auf der Basis von Kohlenwasserstoffen, wie im Kennzeichen des Anspruchs 1 bereits selbst ausgesagt wird, an sich bekannt seien und kein Unterschied gegenüber dem Stand der Technik bewirken könnten.

Zudem beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit, da er aus der Zusammenschau der D9 mit einer der Druckschriften D2, D4 oder D12 für den Fachmann in naheliegender Weise herleitbar sei. Das Kühlgerät gemäß D9 offenbare die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 und arbeite mit Kohlenwasserstoffen als Kühlmittel.

Der Unterschied der Erfindung gegenüber der D9 liege also in der Vergrößerung der Verdampferkanäle unter Beibehaltung der restlichen Komponenten des Kühlgeräts, d.h. unverändert gegenüber einem Kühlgerät gleicher Kühlleistung aber mit einem Fluor-Kohlenwasserstoff als Kühlmittel betrieben. Der Fachmann wüsste, dass Kohlenwasserstoffe eine geringere Dichte als Fluor-Kohlenwasserstoffe aufwiesen, und dass die Kältemittelkanäle dementsprechend zu dimensionieren seien, wie aus in D2, D4 oder D12 belegt werden könne. Bei einer derartigen Optimierung würde der Fachmann zunächst die Kanäle des Verdampfers anpassen, da der Verdampfer das wichtigste Element des Kühlgeräts bei einem Kühlmittelwechsel darstelle. Hierzu verfüge der Fachmann lediglich über zwei Anpassungsmöglichkeiten: die Kühlmittelströmung im Verdampfer könne durch eine Vergrößerung entweder der Kanaldurchmesser oder der Anzahl der Kanäle an das bestimmte Kühlmittel angepasst bzw. erhöht werden. Die Auswahl einer dieser Alternative könne an sich nicht erfinderisch sein. Letztlich bewirke das unveränderte Beibehalten der restlichen Komponenten des Kühlgeräts, wie z.B. des Kondensers oder des Kompressors, keine zusätzliche technische Wirkung; es sei ausschließlich eine ökonomische Optimierung, da die sonstigen, bereits zur Verfügung stehenden Elemente bei der Produktherstellung weiter benutzt werden könnten, so dass die durch die Kältemittelumstellung verursachten Herstellungskosten des Geräts beschränkt werden könnten.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung sei verspätet im Verfahren belegt und auch nicht ausreichend nachgewiesen worden. Auch wenn man davon ausgehen könne, dass Kühlgeräte ARB503 im Jahre 1988 vertrieben wurden, so sei stets unklar, welcher Verdampfer in diesen Geräten eingebaut war, bzw. ob dieser Verdampfer im Rollbond-Verfahren hergestellt war und wie die restlichen Komponenten des Kühlgeräts dimensioniert waren. Es würde auch nicht nachgewiesen sein, dass ein Verdampfer nach der mit Datum 1992, bzw. 1994 versehenen technischen Zeichnung D6 in den 1988 vertriebenen Erzeugnissen eingebaut wurde.

In der Komponentenliste D27 vom Jahre 1993 sei zwar ein Verdampfer mit der Code-Nummer wie in D6 aufgelistet, aber es sei nicht erkennbar, für welche Kühlgeräte diese Liste erstellt wurde. Es ginge ferner aus keiner der vorliegenden Unterlagen der OV1 hervor, dass ein Kältemittelwechsel zu Kohlenwasserstoff überhaupt stattgefunden haben soll, bzw. zu welchen Änderungen im Kältekreislauf dies geführt haben könnte.

Zusammenfassend könnten auch die verspätet ins Verfahren eingebrachten Unterlagen den Sachverhalt der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nicht klarstellen. Das Kühlgerät könne deshalb nicht einmal den Stand der Technik, wie im Oberbegriff definiert, darlegen.

Somit sei der beanspruchte Gegenstand neu.

Ausgehend von der D9 beruhe die Erfindung auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei einer Kältemittelumstellung würde der Fachmann zwar einen aufgrund der geringeren Dichte des Kältemittels erhöhten Volumenstrom zu berücksichtigen bzw. zu kompensieren haben, aber dafür bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: der Kompressor könnte verstärkt oder der Verdampfer vergrößert werden. Zur Vergrößerung des Verdampfers könne entweder der Querschnitt der Kanäle vergrößert oder die Anzahl der Kanäle erhöht werden, was übrigens auch in D12 dargestellt worden sei. Aufgrund der Herstellung des Verdampfers nach dem Rollbond-Verfahren und der damit verbundenen Schwierigkeit bei der Formung von großen Kanälen würde der Fachmann bei der Risikoabwägung letztendlich die Erhöhung der Anzahl der Kanäle bevorzugt haben. Die Vergrößerung des Querschnitts der durch das Rollbond-Verfahren hergestellten Verdampferkanäle sei deshalb nicht die naheliegende Lösung. Ferner werde in keinem Dokument die Lehre vermittelt, ausschließlich den Verdampfer an das Kühlmittel anzupassen und die restliche Komponenten des Geräts unverändert zu lassen.

Es sei deshalb klar, dass sich der beanspruchte Gegenstand aus keiner Zusammenschau der D9 mit irgendeinem der Dokumente D2, D4 oder D12 herleiten lassen könne.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die geltenden Unterlagen des Antrags auf Aufrechterhaltung des Patents beinhalten eine einzige Änderung gegenüber dem erteilten Patent. Die im erteilten Patent auf einem Z-Bond-Verfahren beruhende Alternative des Herstellungsverfahrens der Verdampferkanäle wurde gestrichen. Diese Einschränkung des Erfindungsgegenstands erfüllt ganz offensichtlich die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Neuheit

Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass der beanspruchte Gegenstand von der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung OV1 neuheitsschädlich vorweggenommen sei.

Die Kammer kann sich dieser Betrachtung aus folgenden Gründen nicht anschließen.

Die Rechnung D28 beweist zwar, dass Kühlschränke des Typs ARB503 gemäß D1 im Jahre 1988 verkauft wurden, es konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass diese Geräte mit Verdampfern gemäß D6 versehen waren. Die Artikelbeschreibungsliste D27, in welcher der Verdampfer "Piast Evap RB" unter der mit D6 übereinstimmenden Nummer 4619 500 0983 0 aufgelistet ist, verweist nicht zweifelsfrei auf das Gerät ARB503; es ist lediglich erkennbar, dass die Produktreferenznummer 8500 503 38052 die 503 aufweist. Es kann aber daraus nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass die D27 die Komponenten des Kühlschranks ARB503 betrifft. Die Angabe in Punkt 2 der eidesstattlichen Erklärung D26 von H. Rivis, dass der Verdampfer gemäß D6 in dem Gerät ARB503 eingebaut war, beinhaltet auch keinen Nachweis, ob und wann derartige Kühlgeräte offenkundig gemacht wurden, und insbesondere ob die im Jahre 1988 verkauften Produkte mit derartigen Geräten identisch waren.

Außerdem wurde laut eigener Angabe der Beschwerdeführerin der Verdampfer nach D6 zuerst mit R12 und später, ab 1994, mit R134A, aber nie mit Kohlenwasserstoffen als Kühlmittel betrieben. Aus der in D6 angegebenen Größe der Verdampferkanäle von 25,5 mm**(2) allein kann keine Lehre entnommen werden, dass der Verdampfer für Kohlenwasserstoffe als Kühlmittel besonders geeignet gewesen wäre.

Zudem wurde in der Sache der OV1 keinerlei Information vermittelt, wie die restlichen Komponenten des Kühlgeräts ARB503 relativ zum Verdampfer dimensioniert waren.

Verschiedene Fragen hinsichtlich des Aufbaus der im Jahre 1988 verkauften Kühlgeräte ARB503 bleiben also unbeantwortet. Im Ergebnis kann lediglich davon ausgegangen werden, dass diese Kühlgeräte ARB503 dem in diesem Zeitraum allgemein bekannten Standard entsprachen.

Der in Anspruch 1 definierte Gegenstand unterscheidet sich von der offenkundigen Vorbenutzung OV1 zumindest durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs.

Auch die weiteren im Verfahren berücksichtigten Dokumente können die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 nicht offenbaren.

Somit ist der beanspruchte Gegenstand im Sinne von Artikel 54 (1),(2) EPÜ neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Nächstliegender Stand der Technik

Beide Druckschriften D8 und D9 befassen sich mit dem Gegenstand des Oberbegriffs. Der Gegenstand der D9 betrifft zwar hauptsächlich einen Verdampfer, dennoch wird explizit auf seine Anwendung in einem Kompressor-Kühlgerät verwiesen, siehe die Kurzbezeichnung der Fig. 1 auf Seite 4 und den Anspruch 1. Das im Verdampfer gemäß D9 benutzte Kühlmittel besteht aus Kohlenwasserstoffen, siehe Seite 1, Zeile 2 und letzter Absatz.

Somit kommt der Stand der Technik gemäß D9 der Erfindung näher als die Vorrichtung nach D8, welche in der angefochtenen Entscheidung als Ausgangspunkt der Analyse hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit berücksichtigt wurde.

Dieser Sachverhalt wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

Der nächstliegende Stand der Technik, wie aus D9 ersichtlich, zeigt also folgende Merkmale des Anspruchs 1:

ein Kältegerät mit wenigstens einem Kälteraum (4), welcher von einem in einem geschlossenen Kältekreislauf eingebundenen, aus einem Plattenverbund gebildeten Verdampfer (1) gekühlt ist, welcher mit nach dem Rollbond-Verfahren (siehe zweiter Absatz der Seite 1 und Anspruch 9) hergestellten Kältemittelkanälen (8) zur Führung des im Kältekreislauf von einem Verdichter (Kompressor) angetriebenen Kältemittels ausgestattet ist, wobei als Kältemittel ein auf Kohlenwasserstoffen basierendes Kältemittel (siehe letzter Absatz der Seite 1) eingesetzt ist.

4.2 Unterschied - Aufgabe

Das Gerät nach Anspruch 1 unterscheidet sich von D9 wie folgt:

- der Kanalquerschnitt der Kältemittelkanäle ist an den im Vergleich zu den auf Fluor-Kohlenwasserstoffen (FKW) oder Fluor-Chlorkohlenwasserstoffen (FCKW) basierenden Kältemitteln höheren Volumenstrom der auf Kohlenwasserstoffen (KW) basierenden Kältemittel zur Vermeidung von durch den Verdampfer bedingten Leistungseinbußen im Kältesystem angepasst, und

- die neben dem Verdampfer im Kältekreislauf vorgesehenen Kältemittel-Fließstrecken sind hinsichtlich ihres zur Führung von auf (FKW) oder (FCKW) basierenden Kältemittel dienenden durchströmbaren Querschnitts im wesentlichen unverändert.

Die aus diesen Merkmalen herleitbare Aufgabe entspricht der im Patent definierten Aufgabe und besteht darin, einen mit Kohlenwasserstoffen (KW) als Kältemittel betriebenen Kältekreislauf mit einer vorbestimmten Kühlleistung hinsichtlich seiner Komponenten herstellungsbedingt zu optimieren, und insbesondere die Druckverluste im System zu minimieren.

4.3 Naheliegende Lösung

Es ist unumstritten, dass bei einer Kältemittelumstellung zunächst der Einfluss der Dichte des Kältemittels vom Fachmann zu betrachten ist. Bei einer verminderten Dichte ist mit einem größeren Volumenstrom zu rechnen, was beim Gestalten und Dimensionieren des Kältekreislaufs zu berücksichtigen ist, siehe z. B. D4, Seite 13, dritter Absatz.

Entgegen der Argumentation der Beschwerdegegnerin ist die Kammer überzeugt, dass der Fachmann diesbezüglich zunächst den Verdampfer anpassen würde, da der erhöhte Volumenstrom vor allem in diesem Teil des Kältekreislaufs einen wesentlichen Druckabfall und somit größere Leistungsverluste verursachen könnte. Die Leistung des Verdichters könnte natürlich auch beeinflusst werden, allerdings als Konsequenz eines durch die geringere Dichte des Kältemittels auftretenden, - also nicht kompensierten -, Druckabfalls im Verdampfer. Die Tatsache, dass das kritische Teil eines Kältekreislaufs bei Kältemittelumstellung der Verdampfer darstellt, wird auch in der Literatur dokumentiert, siehe z. B. das Diagramm der Figur 12.2 der D2 und dessen Erläuterungsabsatz auf Seite 636.

In einem weiteren Aspekt kann der Beschwerdegegnerin zugestimmt werden, dass der Fachmann für die konkrete Vergrößerung des gesamten Durchflussquerschnitts des Verdampfers über zwei Varianten verfügt: entweder kann er die Anzahl der Verdampferkanäle durch Hinzufügen von zusätzlichen parallelen Kanälen erhöhen oder den Querschnitt der bereits vorhanden Verdampferkanäle vergrößern; beide Alternativen sind beispielsweise in D12 (Seite 3, Punkt 05 und 06) erläutert.

Die Beschwerdegegnerin hat diesbezüglich ferner geltend gemacht, dass die zweite Variante vom Fachmann nicht bevorzugt wäre, da die Formung der Kanäle zwischen den Platten eines durch das Rollbond-Verfahren hergestellten Verdampfers durch ein Aufweiten bzw. Aufblähen einer Platte geschieht, welches mit erheblichen Herstellungs risiken, wie z. B. Rissbildungen im Material, bei Kanälen größerer Abmessung verbunden sei.

Die Kammer kann dieses Argument aus folgenden Gründen nicht nachvollziehen. Das Patent beinhaltet keinerlei Hinweise für den Fachmann, wie die Herstellung des Verdampfers durch das Rollbond-Verfahren so kontrolliert werden sollte bzw. könnte, dass die angesprochenen negativen Nebenerscheinungen vermieden werden könnten. Außerdem scheint eine derartige Herstellungs schwierigkeit, falls in der Tat vorhanden, für die Erfindung nicht ausschlaggebend zu sein, zumal das bevorzugte, in der Beschreibung (Spalte 4, Zeile 35) sowie im abhängigen Anspruch 4 genannte Beispiel der Kanälgrösse einen Wert von 18 mm**(2) angibt, welcher aber noch deutlich unter der in D12 (Seite 3, Paragraph 05) nachlesbaren Größenordnung von 22 mm**(2) der Verdampfer kanäle liegt, wobei der Verdampfer gemäß D12 im Zusammenhang mit den vorhergehenden Absätze 02 bis 04 der D12 offensichtlich auch durch das Rollbond-Verfahren hergestellt wird. Der Fachmann wird deshalb in naheliegender Weise zuerst den Verdampfer nach D9 optimieren, um die von dem Kältemittelwechsel verursachten Druckverluste zu vermindern. Dabei würde er über zwei konkrete Maßnahmen verfügen, von denen er eine auswählen würde, ohne dabei erfinderisch sein zu müssen.

Bleibt noch die Frage der Gestalt der restlichen Komponenten des Kältegeräts, und insbesondere von dessen Kältekreislauf.

Die Kammer stimmt diesbezüglich der Beschwerdeführerin zu, dass das unveränderte Beibehalten, also ohne Anpassung der restlichen Teile, wie Kompressor, Kondenser, und sonstige Fliesstrecken, keine zusätzlichen technischen Effekte bewirkt, sondern eine auf rein ökonomische Überlegungen basierende Entscheidung in Form einer "Kompromiss-Auswahl" ist, welche in dem Sinne als "ökonomisch" bezeichnet werden kann, dass die bereits vorhandenen Teile für die Herstellung der Kühlgeräte für den Betrieb mit einem anderen Kältemittel weiter verwendet werden können.

Es wurde von der Beschwerdegegnerin diesbezüglich argumentiert, dass der Fachmann zusätzlich zum Verdampfer auch noch den Kompressor hinsichtlich seiner abgefragten erhöhten Leistung abändern müsse. Diese Meinung wird nicht geteilt, da die benötigte Verdichter leistung in einem Kühlgerät in der Regel und bis zu einem gewissen Grad durch die Frequenz und Dauer der Einschaltintervalle des Kompressors bestimmt und kontrolliert wird. Eine konstruktive Änderung des Kompressors bei einem Kältemittelwechsel erscheint aus technischer Hinsicht nicht systematisch notwendig zu sein, vor allem dann nicht, wenn die Kühlleistung bereits durch gezielte Vorkehrungen an der Verdampfer gestalt schon im Wesentlichen gewährleistet wird.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Fachmann, bei der zwangsläufigen Anpassung des Kälte kreislaufs eines Kältegeräts nach D9 an ein Kältemittel mit geringer Dichte, zumindest den Verdampfer durch Vergrößerung seiner Kanäle abändern würde.

4.4 Der beanspruchte Gegenstand wird somit durch den vorliegenden Stand der Technik für den Fachmann nahegelegt und beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Europäische Patent Nr. 0 711 963 wird widerrufen.

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