T 0390/03 () of 1.7.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T039003.20040701
Datum der Entscheidung: 01 Juli 2004
Aktenzeichen: T 0390/03
Anmeldenummer: 99124701.6
IPC-Klasse: E03C 1/06
B05B 15/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schwenkbare Wandstange für Brausegarnituren
Name des Anmelders: Jörg Schiffer Metallveredlung GbmH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin ist die Anmelderin der europäischen Patentanmeldung Nr. 99 124 701.6, die durch die am 18. November 2002 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen worden ist.

II. Die Prüfungsabteilung kam in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 im Lichte der Druckschrift (D2) CH-A-252 317 nicht neu und der Gegenstand des damals geltenden unabhängigen Anspruchs 7 im Hinblick auf die Lehre der Druckschrift (D1) EP-A-786 561 und unter Berücksichtigung der Kenntnisse des durchschnittlichen Fachmanns auf dem aktuellen Fachgebiet naheliegend sei.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 14. Januar 2003 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt.

IV. Am 15. März 2003 reichte sie eine Beschwerdebegründung zusammen mit den Anträgen auf Berücksichtigung zweier neuer Anspruchssätze und auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ein, hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

V. Die mündliche Verhandlung wurde mit Ladung vom 2. Dezember 2003 auf den 1. Juli 2004 anberaumt.

VI. Mit Schreiben vom 1. Juni 2004, das am 3. Juni 2004 beim EPA einging, wurde ein weiterer (dritter) Anspruchssatz mit sechs Ansprüchen zusammen mit angepaßter Beschreibung und Zeichnungen eingereicht. Die Fassung der europäischen Patentanmeldung gemäß diesem Antrag stimmt überein mit der Fassung des deutschen Patents, erteilt vom Bundespatentgericht auf die Prioritätsanmeldung DE-A-19 902 171.2.

Während einer telephonischen Rücksprache am 29. Juni 2004 erklärte die Beschwerdeführerin, sie mache diesen dritten Anspruchssatz mit den geänderten Anmeldungsunterlagen zu ihrem Hauptantrag und den ersten und zweiten Anspruchssatz zu den Hilfsanträgen 1 bzw. 2. Gleichzeitig teilte sie ihre Absicht mit, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 des Hauptantrags lauten wie folgt:

"1. Vorrichtung zum Befestigen einer Wandstange für Brausegarnituren, die einen Wandhalter (1)aufweist, der die Wandstange (2) aufnimmt, an der ein Brausehalter (3) angeordnet ist, der entlang der Wandstange (2) verschiebbar ist, wobei die Wandstange (2) in dem Wandhalter (1) schwenkbar angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wandhalter (1) zwei Aufstellfüße (11) aufweist, die miteinander in Verbindung stehen, dass die Verbindung mit Hilfe einer Stange (13) verwirklicht ist, auf der ein Gelenk (14) für die Aufnahme der Wandstange (2) angeordnet ist, dass das Gelenk (14) auf der Stange (13) um deren Längsachse drehbar ist, wodurch die in dem Gelenk (14) angeordnete Wandstange (2) in ihrem Neigungswinkel veränderbar ist und dass an dem Gelenk (14) eine Arretierung (141) vorgesehen ist."

"5. Vorrichtung zum Befestigen einer Wandstange für Brausegarnituren, die einen Wandhalter (1) aufweist, der einen Aufstellfuß (11) aufweist und die Wandstange (2) aufnimmt, an der ein Brausehalter (3) angeordnet ist, der entlang der Wandstange (2) verschiebbar ist, wobei die Wandstange (2) in dem Wandhalter (1) schwenkbar angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass im Übergang zwischen dem Aufstellfuß (11) und einer Aufnahmehülse (112) eine Kugel (16) vorgesehen ist, die eine Schwenkbarkeit eines die Wandstange (2) tragenden Mittelteils (17) und der Wandstange (2) mit Hilfe einer Kugelpfanne (162) nach Art eines Kugelgelenks ermöglicht, wobei an der dem Aufstellfuß (11) abgewandten Seite des Mittelsteils (17) ein Feststellknopf (173) vorgesehen ist."

VIII. Die schriftlich vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der angefochtenen Entscheidung könne nicht darin gefolgt werden, daß die Verbindung der Aufstellfüße gemäß D2 mit Hilfe einer Stange verwirklicht werde, auf der ein Gelenk für die Aufnahme der Verbindungsstange angeordnet sei. Vielmehr sei bei der aus D2 bekannten Vorrichtung der Wandhalter 1 sowohl Wandhalter als auch Verbindungsstange. Diese Stange erfülle nicht die Funktion eines für die Aufnahme der Wandstange angeordneten Gelenks. Der Gegenstand des Hauptanspruchs sei somit gegenüber D2 neu.

Ferner könne der angefochtenen Entscheidung nicht darin gefolgt werden, daß D1 eine mit dem zweiten unabhängigen Anspruch äquivalente Lösung aufzeige. Die Wandstange bei D1 sei als Arm 14 bezeichnet, der als Rohr ausgebildet sei. Der Arm 14 werde lediglich an einem Ende an einer Basis 12 gehalten, und zwar so, daß der Arm 14 um die Basis 12 entlang der Drehachse (a) rotieren könne. Vorrausgesetzt die Basis 12 sei an einer Wand befestigt, insbesondere an einer senkrechten Wand, verbliebe der Arm stets in gleichbleibendem Abstand von der Wand, unabhängig davon, in welchem Umfang die Rotationsbewegung erfolge. Bei D1 wirke die Basis nicht nach Art eines Kugelgelenks. Im Gegensatz zu der angefochtenen Entscheidung, die die vorgenannten Merkmale als unterschiedlich zu dem zweiten unabhängigen Anspruch herausstellt, ihnen aber keine erfinderische Tätigkeit beimißt, beschreibe dieser Patentanspruch eine patentfähige Erfindung.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes auf der Grundlage des Anspruchssatzes des Hauptantrags oder hilfsweise des Anspruchssatzes des Hilfsantrags 1 oder des Hilfsantrags 2. Ferner beantragt sie, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen wegen Verletzung des Artikels 113 (1) EPÜ bezüglich der in der Entscheidung erstenmals genannten Druckschriften D3 (US-A-5 788 160), D4 (US-A-4 174 822) und D5 (FR-A-2 197 395).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen

Der Hauptanspruch geht auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 3 bis 5 in Verbindung mit Seite 5, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung zurück, der Patentanspruch 2 ist auf Seite 5, letzter Absatz der ursprünglichen Beschreibung offenbart, der Patentanspruch 3 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 6, der unabhängige Patentanspruch 5 ergibt sich aus Seite 6, Absatz 2 der ursprünglichen Beschreibung und der Patentanspruch 6 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 9.

Die geltende Beschreibung unterscheidet sich von der ursprünglich eingereichten Fassung durch ihre Anpassung an die geltende Anspruchsfassung. Gegen diese Fassung der Beschreibung bestehen daher keine Bedenken.

Die Unterlagen genügen somit den Forderungen des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit

Die Vorrichtung gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 1 bzw. 5 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart eine Vorrichtung mit sämtlichen im Anspruch 1 bzw. 5 aufgeführten Merkmalen.

Bei der Vorrichtung nach Druckschrift D1 ist der Wandhalter nicht mit zwei Aufstellfüßen versehen, die mit Hilfe einer Stange in Verbindung stehen, auf der - wie im Anspruch 1 beansprucht - ein Gelenk für die Aufnahme der Wandstange angeordnet ist. Auch die Ausgestaltung nach Anspruch 5, bei der im Übergang zwischen dem Aufstellfuß und einer Aufnahmehülse eine Kugel vorgesehen ist, die eine Schwenkbarkeit eines die Wandstange tragenden Mittelteils und der Wandstange mit Hilfe einer Kugelpfanne nach Art eines Kugelgelenks ermöglicht und somit freie Verschwenkbarkeit im Raum zuläßt, ist dort nicht zu entnehmen.

Bei der Vorrichtung nach D2 ist keine Verschwenkbarkeit im Sinne der Ansprüche 1 bzw. 5 erreichbar.

Die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ sind somit erfüllt.

4. Erfinderische Tätigkeit

Aus der dem Erfindungsgegenstand am nächsten kommenden Druckschrift D1 ist eine Vorrichtung zum Befestigen einer Wandstange für Brausegarnituren bekannt, die einen Aufbau aufweist, wie er im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bzw. 5 beschrieben ist. Dabei ist eine Wandstange, welche an einem Brausehalter eine Handbrause trägt, in einem Wandhalter verschwenkbar gelagert. Aus den Figuren läßt sich entnehmen, daß der Wandhalter als einzelner, von einer Wand vorstehender Aufstellfuß ausgebildet ist. Hinsichtlich der Lagerung der Wandstange in dem Wandhalter ist insbesondere aus den Figuren 4 und 5 zu entnehmen, daß dort lediglich eine Verschwenkbarkeit der Wandstange um eine in horizontaler Richtung verlaufende Achse a vorhanden ist.

Die Vorrichtung gemäß D2 weist zwar auch einen Wandhalter mit zwei in Verbindung miteinander stehenden Aufstellfüßen auf, jedoch zeigt Figur 4, daß die Schwenkbarkeit der Wandstange im Vergleich zu dem Wandhalter das Muffenstück (3) übernimmt, welches mit einem Lagerauge (5) versehen ist, an welchem die Auslegerstange (6) mittels eines Lagerauges (7) schwenkbar ist.

Im Hinblick auf den aus D1 und D2 bekannten Stand der Technik bestand für den Fachmann - einen mit der Konstruktion von Sanitärarmaturen befaßten Fachhochschulingenieur - weder eine Veranlassung, gemäß Patentanspruch 1 zunächst den dort bekannten Wandhalter durch zwei über eine Stange miteinander in Verbindung stehende Aufstellfüße zu ersetzen und auf der Stange dann ein Gelenk um deren Längsachse drehbar anzuordnen, wodurch die in dem Gelenk angeordnete Wandstange in ihrem Neigungswinkel veränderbar wird, noch ein Grund, die Schwenklagerung in der im Patentanspruch 5 angegebenen Art und Weise auszubilden, um eine freie Schwenkbarkeit der Wandstange im Raum zu erreichen.

Dem Erfindungsgegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 5 liegt somit eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ zugrunde.

Die Ansprüche 1 und 5 und die auf sie rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 bzw. 6, die auf besondere Ausführungsarten der Vorrichtung nach dem Hauptanspruch bzw. nach dem unabhängigen Anspruch 5 gerichtet sind, sind deshalb patentfähig im Sinne des Artikels 52 EPÜ.

In Verfahren vor den Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts darf über Fragen der Patentierbarkeit allein auf der Grundlage des EPÜ entschieden werden. Nationale Entscheidungen sind nicht für das Europäische Patentamt verbindlich. Die Gründe jedoch, die für das nationale Gericht maßgebend gewesen sind, könnten, wie im vorliegenden Fall, eine Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts durchaus zu einer auf das EPÜ gegründeten vergleichbaren Entscheidung gelangen lassen.

5. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Wie bereits in dem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid seitens der Kammer festgestellt wurde, basiert die angefochtene Entscheidung auf mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit der damals geltenden Patentansprüche 1 und 7 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen D1 und D2. Die Entscheidung ist somit nur auf Gründe gestützt, zu denen rechtliches Gehör gewährt wurde - vgl. Bescheide der Prüfungsabteilung vom 17. Mai 2001 und vom 10. Januar 2002.

Die übrigen erstmals in der Zurückweisung genannten Entgegenhaltungen D3, D4 und D5 waren für die Entscheidungsfindung nicht von erheblicher Bedeutung.

Dieser Feststellung hat die Beschwerdeführerin nicht widersprochen.

Die Kammer sieht im vorliegenden Fall keinen Verfahrensfehler, der die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen könnte, da die Entscheidung auf Gründe gestützt war, die der Beschwerdeführerin bekannt waren (Artikel 113 (1) EPÜ).

Der Antrag auf die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird deshalb zurückgewiesen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1 bis 6

- Beschreibung Seiten 1 bis 6

- Figuren 1 bis 9 (Blätter 1 bis 4),

sämtliche Dokumente eingereicht am 3. Juni 2004.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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