T 0371/03 () of 9.9.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T037103.20050909
Datum der Entscheidung: 09 September 2005
Aktenzeichen: T 0371/03
Anmeldenummer: 94250279.0
IPC-Klasse: H05K 9/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Abschirmelement und Verfahren zu dessen Herstellung
Name des Anmelders: EMI-tec elektronische Materialien GmbH
Name des Einsprechenden: XENON Technologie- und Qualitätsberatung GmbH
Laird Technologies S.A.S
Nolato Silikonteknik AB
Parker Hannifin GmbH
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Aufrechterhaltung auf Grundlage des Hilfsantrags 4
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen den Widerruf des europäischen Patents Nr. 654 962 wegen mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit.

Folgende Dokumente wurden unter anderen in der Entscheidung berücksichtigt:

D2/EV = GB 2 261 324 A

D6/EV = JP 4-215500 A, mit beglaubigter Übersetzung

D18 = Parker Seals, "Parshield conductive elastomers", Copyright 1990, 1991, Parker Hannifin Corp., Cleveland, OH.

D24 = Hewlett Packard Journal, Dezember 1985, Seiten 14- 15, "Internally modular signal generator. Mechanical design"

II. Anspruch 1 des von der Prüfungsabteilung erteilten Patents lautet:

"1. Abschirmelement zur Vergrößerung der elektromagnetischen Verträglichkeit von elektrischen, insbesondere elektronischen, Funktionsgruppen, welche mindestens teilweise von elektrisch leitenden, abschirmenden Gehäusewandungen umgeben sind oder Leiterplatten (2, 4; 2', 4') enthalten, welche elektrisch leitende abschirmende Bereiche aufweisen, wobei das Abschirmelement ein Zwischenelement zur dichtenden leitenden Überbrückung derartiger abschirmender Bereiche bildet, dessen Längserstreckung groß ist zu den Abmessungen seines, insbesondere nach Art einer Profildichtung gestalteten, Querschnitts, wobei

das Abschirmelement ein im wesentlichen starres Trägerelement (1; 1'; 11 bis 19; 910 bis 912) umfaßt, welches mindestens eine aus elektrisch leitfähigem Material unmittelbar auf einer seiner längsgerichteten Deckflächen aufgebrachte kompressible oder elastische Schicht (8; 8'; 81 bis 89; 810a bis 813b) bzw. einen entsprechenden Strang aufweist.

III. Gegen das erteilte Patent wurden Einsprüche der Firma Xenon Technologie- und Qualitätsberatung GmbH (Einsprechende I), der Firma Altoflex S.A., die durch Namensänderung unter Wahrung der Unternehmensidentität die Firma Laird Technologies S.A.S.(Einsprechende II) geworden ist, der Firma Nolato Silikonteknik AB (Einsprechende III), der Firma Parker Hannifin GmbH (Einsprechende IV) und der Firma Telefonaktiebolaget L M Ericsson (Einsprechende V) fristgerecht eingelegt.

Die Einsprüche aller Einsprechenden richteten sich gegen das Patent in vollem Umfang und beriefen sich auf die Gründe des Artikels 100 (a) EPÜ, und zwar darauf, daß der beanspruchte Gegenstand weder neu sei (Artikel 54 EPÜ) noch auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe.

IV. Die Einspruchsabteilung ließ den Hauptantrag der Patentinhaberin, nämlich die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, als verspätet nicht zu und stellte in ihrer Entscheidung fest, dass die Gegenstände der Ansprüche gemäß der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verhandlungs-Hilfsanträge 1 bis 3 (VH1 bis VH3) aus folgenden Gründen nicht patentfähig seien:

VH1: Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der Lehre des Dokuments D24, da das in diesem Dokument dargestellte Aluminiumgrundelement als ein Abschirmrahmen anzusehen sei.

VH2: Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit in Anbetracht der Lehren der Dokumente D24 und D2/EV.

VH3: Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit in Anbetracht der Lehren der Dokumente D6/EV und D2/EV.

V. In der mündlichen Verhandlung beantragte die beschwerdeführende Patentinhaberin, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage eines Hauptantrags bzw. Hilfsanträge 2 bis 4 aufrecht zu erhalten.

Der Hauptantrag und die ersten zwei Hilfsanträge sind mit den vor der Einspruchsabteilung eingereichten Verhandlungs-Hilfsanträgen 1 bis 3 (VH1 bis VH3) identisch.

Die Beschwerdegegnerinnen I und III (Einsprechende I und III) stellten während des Beschwerdeverfahrens keine Anträge und nahmen nicht an der mündlichen Verhandlung teil.

Die Beschwerdegegnerinnen II, IV und V (Einsprechende II, IV und V) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach Einreichung der Beschwerde der Patentinhaberin zog die Beschwerdegegnerin und Einsprechende V ihren Einspruch zurück.

VI. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Anordnung von zwei gestapelten Leiterplatten mit einem als Zwischenlage dienenden Abschirmelement zur Vergrößerung der elektromagnetischen Verträglichkeit von elektrischen, insbesondere elektronischen, Funktionsgruppen, in welchen die Leiterplatten (2, 4, 2', 4') enthalten sind, wobei die Leiterplatten elektrisch leitende abschirmende Bereiche aufweisen, wobei das Abschirmelement in Form eines Abschirmrahmens oder einer Abschirmleiste ein Zwischenelement zur dichtenden leitenden Überbrückung derartiger abschirmender Bereiche bildet, wobei die Längserstreckung des Zwischenelements groß ist zu den Abmessungen seines, insbesondere nach Art einer Profildichtung gestalteten Querschnitts, wobei das Abschirmelement ein im wesentlichen starres Trägerelement (1, 1', 11-19, 910-912) umfasst, welches mindestens eine aus elektrisch leitfähigem Material unmittelbar auf einer seiner längsgerichteten Deckflächen aufgebrachte kompressible oder elastische Schicht (8, 8', 81-89. 810a-813b) bzw. einen entsprechenden Strang aufweist."

Gemäß Hilfsantrag 1 wurde der Ausdruck "aus Kunststoff gebildeten" vor dem Wort "Material" eingefügt.

Gemäß Hilfsantrag 2 wurde im ersten Hilfsantrag der Wortlaut "bzw. einen entsprechenden Strang aufweist." gestrichen und folgender Wortlaut hinzugefügt:

"wobei das Trägerelement aus nicht leitendem Material besteht und wobei die Schicht als eine in einem Kantenbereich des Trägerelements diesen zusammenhängend umgreifende und die einander gegenüberliegenden Flächen jeweils mindestens teilweise bedeckende Schicht (811) ausgebildet ist."

Gemäß Hilfsantrag 3 wurde im Hauptantrag folgender Wortlaut hinzugefügt:

"wobei das elektrisch leitfähige Material ein schnell luft- und raumtemperaturtrocknendes Silikonpolymer ist."

Gemäß Hilfsantrag 4 wurde im Hauptantrag folgender Wortlaut hinzugefügt:

"wobei das elektrisch leitfähige Material ein luft- und raumtemperaturtrocknendes Silikonpolymer ist und wobei mindestens eine elastische bzw. kompressible Schicht bzw. ein kompressibler Strang (81 bis 89) mindestens bereichsweise aus jeweils mehreren Teilschichten bzw. Teilsträngen (81a bis 89c) aufgebaut ist."

Der Anspruch 9 des Hilfsantrags 4 ist auf ein Verfahren zur Herstellung einer Anordnung nach einem der vorangehenden Ansprüche gerichtet. Die Ansprüche 2 bis 8 dieses Antrags sind abhängige Anordnungsansprüche und die Ansprüche 10 bis 12 abhängige Verfahrensansprüche.

VII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes aus:

- Die Erfindung befasse sich mit der elektro- magnetischen Abschirmung von elektronischen Bauteilen. Mit der Einführung der Digitaltechnik bei Mobiltelefonen sei man bemüht gewesen, eine hochwirksame, raumsparende und kostengünstige Abschirmung herzustellen. Im Unterschied zum Stand der Technik nehme die Erfindung davon Abstand, einen Faraday-Käfig um die Leiterplatten herumzubauen. Es würden vielmehr die Leiterplatten, die zumindest bereichsweise selbst abschirmend ausgebildet seien, zum Bestandteil der Abschirmung. Zwischen den Leiterplatten werde ein rahmenförmiges Abschirmelement so positioniert, dass es zugleich die abschirmenden Bauteile umschließe und die Leiterplatten verbinde. Die Abschirmdichtung sei auf dieses Element "aufgebracht"; dies mache deutlich, dass das Dichtmaterial in einem verformbaren, pastösen Zustand vorliege, bevor es mit der Deckfläche in Kontakt gebracht werde.

- Dokument D24, das als nächstliegender Stand der Technik angesehen werde, offenbare weder einen Abschirmrahmen noch eine Abschirmleiste. Die in Figur 1 dieses Dokuments dargestellte Alu-Mittelpatte sei hingegen eine durchgehende, die gesamte Fläche der Leiterplatten bedeckende Platte, wobei offene Durchlässe zwischen den Leiterplatten zu vermeiden seien. Auch Dokument D6/EV offenbare kein rahmenförmiges Abschirmelement im Sinne des Patents. Ferner offenbare dieses Dokument keine Leiterplatten, welche elektrisch abschirmende Bereiche aufwiesen. Die im Dokument D24 offenbarte Abdichtung in Form einer Metallspirale sei nicht auf die Deckfläche "aufgebracht", sondern in einer Nut "angebracht" oder "befestigt". Dokument D6/EV offenbare kein Dichtmaterial. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags neu.

- Durch die rahmenförmige Ausbildung und das unmittelbare Aufbringen des Dichtmaterials auf der Rahmenoberfläche werde eine raumsparende, kostengünstige Lösung dargestellt, die durch den Stand der Technik nicht nahegelegt sei. Durch den erfindungsgemäßen Aufbau sei es möglich geworden, die Leiterplatten wesentlich näher zusammenzurücken, wobei sogar eine Verzahnung der Bauelemente auf den gegenüberliegenden Leiterplatten möglich sei. Ferner könne man auf ein externes Gehäuse durch diese Maßnahmen verzichten, da die Leiterplatten selbst zur Abschirmung beitrügen und einen Faraday-Käfig bildeten.

- Obwohl ein luft- und raumtemperaturtrocknendes Silikonpolymer aus dem Stand der Technik an sich bekannt sei, sei die konkrete Verwendung nicht dargestellt.

VIII. Die Beschwerdegegnerin IV hat folgendes geltend gemacht:

- Wie schon die Einspruchabteilung zu Recht festgestellt habe, fehle der Anordnung des Anspruch 1 des Hauptantrags die Neuheit gegenüber der in Dokument D24 offenbarten Anordnung, da das bekannte Aluminium-Mittelteil einen Abschirmrahmen darstelle, der als Stütze für die gesamte Konstruktion diene.

- Ferner seien einerseits ein elektrisch leitendes Kunststoffmaterial zur Abdichtung elektronischer Leiterplatten aus Dokument D2/EV, andererseits ein luft- und raumtemperaturtrocknendes Silikonpolymer aus Dokument D18 bekannt. Die Verwendung dieser Materialien zur Herstellung einer Abdichtung sei deshalb offensichtlich.

- Die Verwendung eines nicht leitenden Materials zur Herstellung des Abschirmrahmens werde durch die Dokumente D2/EV und D6/EV nahe gelegt, wobei der in D6/EV offenbarte Aufbau mit dem vom Dokument D24/EV her bekannten Aufbau identisch sei.

- Ferner sei der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 verwendete Begriff "schnell luft- und raumtempemperaturtrocknendes Silikonpolymer" unklar, da es sich um einen relativen Begriff handele. Was der Fachmann jedoch als schnell ansehe, hänge von Umständen ab, die im Anspruch nicht präzisiert seien.

IX. Die Beschwerdegegnerin II schloss sich im wesentlichen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin IV an.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Neuheit

2.1 Die Neuheit der im Anspruch 1 dargestellten Anordnung wurde im Hinblick auf das Dokument D24 schon im Einspruchsverfahren bestritten. Es handelt sich im wesentlichen um die Frage, ob das in Figur 1 des Dokuments D24 dargestellte Aluminiumgrundelement ('cast aluminum base') einen Abschirmrahmen oder Abschirmleiste im Sinne des Patents darstellt. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung diese Frage bejahend beantwortet (vgl. Punkt 4.3 der Entscheidungsgründe).

2.2 Die Frage der Neuheit kann jedoch im vorliegenden Fall unbeantwortet bleiben, da, wie nachfolgend dargestellt, die im Hauptantrag beanspruchte Anordnung keine erfinderische Tätigkeit aufweist, selbst wenn man von der Annahme ausgehen würde, dass das Dokument D24 keinen Abschirmrahmen oder Abschirmleiste im Sinne des Patents offenbart.

3. Hauptantrag, Hilfsantrag 1 und 3 - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Die Anordnung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von der entsprechenden Anordnung des Hauptantrags dadurch, dass das auf dem Abschirmrahmen oder Abschirmleiste aufgebrachte, elektrisch leitfähige Dichtungsmaterial aus Kunststoff gebildet ist. Die Anordnung gemäß dem Hilfsantrag 3 spezifiziert zusätzlich, dass dieses Material ein schnell luft- und raumtemperaturtrocknendes Silikonpolymer ist.

3.2 Die Gründe die gegen eine erfinderische Tätigkeit der Anordnung gemäß Hilfsantrag 3 sprechen, sprechen auch gegen die Patentfähigkeit des Haupt- und Hilfsantrags 1, da diese die Anordnung in einer allgemeineren Form beanspruchen. Im folgenden wird daher auf die Anordnung des Hilfsantrags 3 Bezug genommen.

3.3 Dokument D24 offenbart ein Abschirmgehäuse für einen Signalgenerator, welches aus zwei Gussaluminium-Deckeln ('cast aluminum cover') und einem -Mittelteil ('cast- aluminum base') gebildet ist (vgl. Figur 1). Die Deckel und die Leiterplatten werden am Mittelteil durch Schraubverbindungen befestigt. Ein aus einer Metallspirale geformtes und in eine Nut in den Deckel und Mittelteil gelegtes Dichtungsprofil ('spiral RF gasket') gewährleistet die elektromagnetische Abschirmung der Verbindung, indem es beidseitig die Leiterplatten kontaktiert. Zwischen Deckel und Mittelteil befindet sich jeweils eine Leiterplatte, welche durch die auf sie aufgebrachten, elektrisch leitenden Bereiche mit dem Gehäuse elektrisch verbunden ist. Die Deckel und das Mittelteil weisen ferner innere Wandungen in Form einer Leiste auf, die innere leitende Bereiche der Leiterplatten kontaktieren und somit nebeneinander liegende Bereiche der Leiterplatten voneinander abschirmen (vgl. Seite 15, rechte Spalte, letzter Absatz). Auch diese inneren Wandungen sind mit einem spiralförmigen Dichtungsprofil ausgestattet, um einen sicheren elektrischen Kontakt zwischen Gehäuse und Leiterplatte zu gewährleisten. Hiermit wird ein Gehäuse mit einer vollständigen Abschirmung der verschiedenen Bereiche der Leiterplatten erzielt, das leicht auseinander genommen werden kann, um Testläufe durchzuführen oder Störungen an den Leiterplatten zu beheben (vgl. Seite 5, rechte Spalte, 1. Absatz).

3.4 Die Anordnung des Anspruchs 1 unterscheidet sich hiervon durch folgende Merkmale:

a) das sich zwischen den Leiterplatten befindende Abschirmelement, welches dem Mittelteil der Anordnung gemäß D24 entspricht, hat die Form eines Abschirmrahmens oder einer Abschirmleiste, und

b) im Gegensatz zu der in D24 verwendeten Metallspirale als Abdichtung, ist eine Schicht oder ein Strang aus einem schnell luft- und raumtemperaturtrocknenden Silikonpolymer auf das Abschirmelement aufgebracht.

3.5 Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass Dokument D24 keinen Abschirmrahmen im Sinne des Patents offenbare, da das Mittelteil eine durchgehende Aluminiumfläche aufweise. Dies verhindere ein näheres Zusammenrücken der Leiterplatten und erhöhe das Gewicht der Anordnung. Dieses Dokument offenbare ein Gehäuse für einen Signalgenerator. Bei solch einem Laborinstrument spielten Größe, Gewicht und Herstellungskosten keine Rolle. Ganz anders verhalte es sich bei Mobiltelefonen, die klein, leicht und kostengünstig herzustellen seien. Es gäbe weiterhin keinen Hinweis im Stand der Technik, ein Silikonpolymer als Abdichtmaterial zu verwenden.

3.6 Das objektiv zu lösende technische Problem kann somit darin gesehen werden, eine Leiterplatten-Anordnung bereitzustellen, die materialökonomisch herstellbar sei und eine leichte, automatisierbare Handhabung ermögliche. Dies entspricht auch der im Patent gestellten Aufgabe (vgl. Spalte 2, Zeilen 48 bis 54).

3.7 Die Kammer stimmt im folgendem der Argumentation der Beschwerdegegnerin IV zu:

Dokument D18 offenbart frei stehende Abdichtungsprofile, die aus einem leitfähigen, bei Raumtemperatur trocknendem Silikonpolymer bestehen ('silicon based sealants filled with silver plated copper or silver plated aluminum') (vgl. der Abschnitt 'Parbond conductive adhesives & sealants'). Ferner ist aus Dokument D2/EV bekannt, ein leitendes Abdichtungsmaterial, z.B. durch Extrudieren, auf Gehäuseteile aufzubringen, um eine elektromagnetische Abschirmung zu gewährleisten. Unter den möglichen Abdichtungsmaterialien sind in D2/EV leitende Kunststoffe, Elastomere, Kohlenstoffmassen oder andere Polymermassen genannt (vgl. Seite 1, letzter Absatz; Seite 2, vierter und fünfter Absatz). Es ist deshalb für den Fachmann naheliegend, die aus D18 bekannten Silikonpolymere als Abdichtungsmasse für das im Dokument D2/EV beschriebene Verfahren zu verwenden. Weder stellt die vorgeschlagene Verwendung den Fachmann vor neu zu lösende Aufgaben noch bietet sie unvorhersehbare Vorteile.

Das Ersetzen der in D24 verwendeten Metallspirale durch eine aufgebrachte Silikonpolymermasse, wie aus der Zusammenlegung von D2/EV und D18 bekannt, ist eine weitere naheliegende Maßnahme, die die Herstellungskosten verringert, jedoch keine unerwarteten oder unvorhersehbaren Vorteile mit sich bringt. Das Verwenden eines bekannten Materials in einem bekannten Verfahren zum Erzielen bekannter Ergebnisse impliziert keine erfinderische Tätigkeit.

3.8 Es ist ferner für den Fachmann offensichtlich, dass das in Dokument D24 dargestellte Mittelteil zwei unterschiedliche Aufgaben bewältigt. Einerseits schirmt der rahmenförmige Randbereich des Mittelteils die Leiterplatten gegen Umwelteinflüsse ab, andererseits werden beide Leiterplatten durch den durchgehenden Mittelteil voneinander abgeschirmt. Auch die verschiedenen Bereiche der Leiterplatten selbst werden durch die inneren Wandungen am Mittelteil und am Deckel gegeneinander abgeschirmt. Sollte nur eine Abschirmung gegen Umwelteinflüsse erwünscht sein, dann ist es nahe liegend, das bekannte Mittelteil als Rahmen auszubilden und die inneren Wandungen sowie die durchgehenden Aluminiumflächen wegzulassen, da dies die anfallenden Materialkosten und das Gewicht der Anordnung verringert.

3.9 Dem Argument der Beschwerdeführerin, die im Dokument D24 offenbarten Leiterplatten seien nicht geeignet, um eine vollständige Abschirmung in Form eines Faraday-Käfigs zu ermöglichen, kann die Kammer nicht folgen, da weder die Form der abschirmenden Bereiche der Leiterplatten noch eine vollkommene Abschirmung im Sinne eines Faraday- Käfigs im Zusammenhang mit einem Abschirmrahmen in der Beschreibung offenbart ist. Der Fachmann müsste hinsichtlich des Patents noch zusätzlich erfinderisch tätig werden, um eine vollständige Abschirmung der Leiterplattenanordnung mit den im Anspruch präzisierten Mitteln zu erreichen.

Des Weiteren wird im Patent die Verwendung einer zusätzlichen Abschirmung in Form eines externen Gehäuses in keiner Weise ausgeschlossen, sollte eine vollkommene Abschirmung der Leiterplattenanordnung erforderlich sein.

3.10 Die Kammer kommt deshalb zu der Entscheidung, dass die Anordnung gemäß Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ nicht genügt. Wie schon weiter oben erwähnt sprechen diese Gründe auch gegen die Patentierbarkeit der Anordnung gemäß Haupt- und Hilfsantrag 1.

4. Hilfsantrag 2 - Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die Anordnung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags unterscheidet sich von der aus Dokument D24 bekannten Anordnung durch folgende Merkmale:

a) das Abschirmelement hat die Form eines Abschirmrahmens oder einer Abschirmleiste,

b) das Abschirmelement besteht aus nicht leitendem Material, und

c) eine Kunststoff-Schicht ist auf den Kantenbereich des Rahmens so aufgebracht, dass es diesen umgreift und die gegenüberliegenden Flächen bedeckt.

4.2 Die objektiv gestellte Aufgabe kann darin gesehen werden, eine Leiterplatten-Anordnung darzustellen, die eine noch größere Gewichts- und Kostenreduzierung ermöglicht.

4.3 Wie schon bei der Besprechung des Hilfsantrags 3 ausgeführt, ist es für den Fachmann naheliegend das aus Dokument D24 bekannte Mittelteil als Abschirmrahmen zu gestalten und die gegenseitige Abschirmung der beiden Leiterplatten wegzulassen. Sollen z.B. die Materialkosten weiter verringert werden, dann wird der Fachmann nach weiteren Lösungen Ausschau halten.

4.4 Aus Dokument D6/EV ist ein Gehäuse eines Mobiltelefons bekannt, in dem eine Steuerplatine 4 und eine Funkteilplatine 6 an einem aus Kunstharzguss gefertigten Abschirmbehälter angebracht sind. Um eine leitende Überbrückung zwischen den Leiterplatten und dem Gehäusedeckel zu gewährleisten wird die Oberfläche des Abschirmbehälters durch eine entsprechende Behandlung (z.B. Beschichtung) leitend gemacht (vgl. Seite 3, Absatz [0011] der deutschen Übersetzung und Figur 1).

4.5 Dokument D2/EV offenbart andererseits, dass eine abdichtende, elektrisch leitende Schicht auch durch Eintauchen des entsprechenden Gehäuseteils in die flüssige Masse aufgebracht werden kann (vgl. Seite 2). Hierdurch werden alle eingetauchten Flächen von dem elektrisch leitendem Material vollständig bedeckt und eine flächige Abschirmung gewährleistet.

4.6 Es ist jedoch für den Fachmann naheliegend, aus einer Vielzahl bekannter Möglichkeiten auszuwählen, um die von jeder Möglichkeit vorhersehbaren Vorteile zu erzielen. Aus diesem Grund, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass unter Berücksichtigung der Dokumente D24, D6/EV und D2/EV die Auswahl eines nicht leitenden Rahmens und die Beschichtung dieses Rahmens mit einem leitenden Kunststoff zur elektrischen Überbrückung der Teile keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beinhaltet, da diese Maßnahmen nicht über die schon im Stand der Technik offenbarten und voraussehbaren Vorteile hinausgehen.

5. Hilfsantrag 4

5.1 Die Anordnung dieses Antrags beschränkt sich gegenüber der Anordnung des Anspruchs 1 des erteilten Patents auf die Ausgestaltung in Form eines Abschirmelements, das eine leitende Überbrückung zwischen zwei Leiterplatten bildet. Diese Ausgestaltung ist u. a. in der Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 39 bis 47 und 51 bis 52 offenbart. Die im Anspruch 1 des erteilten Patents auch beanspruchte Ausgestaltung in Form eines die Leiterplatten umgebenden Gehäuses wird nicht weiter verfolgt. Es handelt sich somit um eine Einschränkung des erteilten Schutzbereichs (Artikel 123 (3) EPÜ).

Ferner wird die abdichtende, leitfähige und kompressible Schicht 8 durch mehrere Teilschichten gebildet. Dieses Merkmal ist im Anspruch 6 des erteilten Patents offenbart. Die Verwendung eines luft- und raumtemperaturtrocknenden Silikonpolymers ist in Spalte 6, Zeilen 23 bis 26 offenbart (Artikel 123 (2) EPÜ).

Weiterhin wurde die Beschreibung an die geänderte Nummerierung der Ansprüche angepasst.

Aus diesen Gründen sind die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ erfüllt.

5.2 Der gegen dem Hilfsantrag 3 erhobene Einwand der mangelnden Klarheit (Artikel 84 EPÜ) bezüglich der Verwendung des relativen Begriffs "schnell" in Bezug auf ein luft- und raumtempemperaturtrocknendes Silikonpolymer wurde im vorliegenden Antrag durch die Streichung dieses Begriffs entkräftet.

5.3 Die Möglichkeiten, die sich durch eine von mehreren Teilschichten gebildete Schicht eröffnen, sind in Figur 2 des Patents dargestellt (vgl. Spalte 7, Zeile 8 bis Spalte 8, Zeile 47). Es können dabei leitende, weniger elastische mit nicht leitenden, aufgrund der fehlenden Metallbeimengung elastischeren Dichtungsteile kombiniert werden, wobei eine optimale Verbindung von Dicht- und Abschirmwirkung erreicht werden kann. Auch der Querschnitt der Abdichtung kann hierdurch den individuellen Erfordernissen angepasst werden.

5.4 Da die im Verfahren vorliegenden Druckschriften weder eine mehrschichtige Abdichtung offenbaren noch seine Vorteile andeuten, erfüllt nach Beurteilung der Kammer der Hilfsantrag 4 die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage das Patent mit folgenden Unterlagen, aufrechtzuerhalten

1) Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 4, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung

2) Beschreibung: Spalten 1 bis 10 wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung

3) Figuren und Zeichnungen: 1 bis 5 wie erteilt.

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