European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T034103.20050303 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 März 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0341/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95113662.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B02C 17/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zum kontinuierlichen autogenen Mahlen eines fließfähigen Behandlungsguts | ||||||||
Name des Anmelders: | Bühler GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Netzsch-Feinmahltechnik GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen das erteilte Patent Nr. 0 700 724 hatte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, da der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 24 nicht neu bzw. nicht erfinderisch (Artikel 100 a) i. V. m. 52 (1), 54 (1) und 56 EPÜ) und der Gegenstand des abhängigen Anspruchs 7 nicht ausführbar sei (Artikel 100 b) i. V. m. 83 EPÜ). Die Einspruchsabteilung kam jedoch zum Ergebnis, daß die genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden und wies mit ihrer Entscheidung vom 17. Oktober 2002, zur Post gegeben am 30. Januar 2003, den Einspruch zurück. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 21. März 2003 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und die Beschwerdebegründung am 3. Juni 2003 eingereicht.
II. Stand der Technik
Während des Einspruchsverfahrens wurden inter alia die folgenden Druckschriften genannt:
D4: EP-B-0 214 145
D5: Fachzeitschrift "Verfahrenstechnik", 23 (1989) Nr. 7/8,
Seiten 40 bis 41.
D7: EP-A-0 278 041
D7 war nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegt und von der Einspruchsabteilung aufgrund von Artikel 114 (2) EPÜ als prima facie nicht relevant abgelehnt worden (Punkt 3 der Entscheidungsgründe).
Die Beschwerdeführerin nimmt in der Beschwerdebegründung auf D7 sowie auf das im Streitpatent erwähnte Dokument
D10: DE-C-3 431 636
Bezug und verweist ferner auf die folgenden Druckschriften:
D11: N. Stehr, "Naßfeinstmahlung mit Rührwerksmühlen in der Keramik - Grundlagen und technische Ausführungen", Keramische Zeitschrift, 42. Jahrgang, Nr. 3, 1990.
D12: M. Digre, "Developments in Autogenous Grinding", XVI. International Mineral Processing Congress, edited by E. Forssberg, Elsevier Publishers B. V., Amsterdam 1988.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2005 nennt sie weiter:
D13: H. Mörtel, "Keramische Rohstoffe", Institut für Werkstoffwissenschaften, Erlangen, Juni 1988.
D14/15: Gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e.h. K. Schönert vom 2. Februar 2005.
III. Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdebegründung vorgebracht, daß D10 alle Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und der Vorrichtung gemäß Anspruch 8 des Streitpatents offenbare und das Streitpatent aus Gründen des Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ zu widerrufen sei. Sie vertritt die Auffassung, daß Anspruch 1 und 8 gegenüber D7 nicht neu bzw. nicht erfinderisch seien. Im Schreiben vom 3. Februar 2005 hat sie auf den Einspruchsgrund des Artikels 100 b) EPÜ verwiesen und argumentiert, das Patent stelle keine hinreichende Offenbarung für den Fachmann zur Nacharbeitung des Gegenstands des Unteranspruchs 7 bereit.
Die Beschwerdegegnerin hat mit den Eingaben vom 26. April 2004 und 27. Januar 2005 ihre Gegenargumente vorgebracht. Mit Schreiben vom 27. Januar 2005 hat sie außerdem zwei Anspruchsätze als Hilfsanträge eingereicht.
Eine mündliche Verhandlung hat am 3. März 2005 stattgefunden.
Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ nicht weitergefolgt. Die Beschwerdegegnerin hat als einzigen Antrag geänderte Ansprüche eingereicht, deren unabhängige Ansprüche 1 und 7 wie folgt lauten:
"1. Verfahren zum kontinuierlichen autogenen Mahlen eines mit Flüssigkeit in fließfähige Form gebrachten, unlösliche Partikel unterschiedlichen Durchmessers enthaltenden Behandlungsguts,
wobei das Behandlungsgut einem in einem eine Wand (13) und einen Boden (15, 15'') aufweisenden, waagerecht angeordneten Mahlbehälter (12, 12'', 12''') befindlichen Mahlraum (16) zugeführt und dort konzentrisch zu einer horizontalen Achse (17) in Rotation versetzt wird, und wobei unlösliche Partikel größeren Durchmessers im Vergleich zu Partikeln kleineren Durchmessers im Mahlraum (16) verstärkt in Richtung zur Wand geschleudert und damit überproportional aufkonzentriert werden,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Behandlungsgut an einem Ende des durch einen Deckel (14, 14'') verschlossenen vollständig mit Behandlungsgut gefüllten Mahlraumes (16) im Bereich der Achse (17) aus dem Mahlraum (16) durch eine Auslaßöffnung abgeführt wird, deren minimale Weite a wesentlich größer ist als die Partikel größeren Durchmessers."
"7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
mit einem einen mahlhilfskörperfreien Mahlraum (16) mittels einer Wand (13, 13'') und eines Bodens (15, 15'') umschließenden, waagerecht angeordneten Mahlbehälter (12, 12''),
mit einem konzentrisch zur Achse (17) des Mahlbehälters (12, 12'') in diesem drehbar angeordneten Rührwerk, mit an dem Rührwerk angebrachten Rührwerkzeugen (20), mit einem mit dem Rührwerk gekoppelten Antriebsmotor (5, 5''),
mit mindestens einem - bezogen auf die Achse (17) - an einem Ende des Mahlraums (16) in den Mahlraum (16) mündenden Zulaufstutzen (23) für Behandlungsgut und mit mindestens einem am anderen Ende des Mahlraums (16) angeordneten Auslaß (25; 29; 31, 31'') für behandeltes Behandlungsgut,
dadurch gekennzeichnet
daß der Mahlraum (16, 16') mittels eines Deckels (14) verschlossen ist und daß der mindestens eine Auslaß (25; 29; 31, 31'') im Bereich der Achse (17) angeordnet ist und keine Mahlhilfskörper-Rückhaltevorrichtung aufweist."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 und 8 bis 18 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des in Anspruch 1 definierten Verfahrens bzw. der in Anspruch 7 definierten Vorrichtung.
IV. Vorbringen der Parteien
Die Beschwerdeführerin führte aus, daß das Verfahren nach Anspruch 1 in Hinblick auf die D10 nicht neu sei. Insbesondere hat sie zum Merkmal "Verfahren zum kontinuierlichen autogenen Mahlen eines fließfähigen, unlösliche Partikel unterschiedlichen Durchmessers enthaltenden Behandlungsguts" folgendes vorgetragen:
Nach dem in D10 beschriebenen Verfahren würden die Partikel mit Hilfe von Mahlperlen gemahlen. Da gemäß Spalte 7, Zeilen 8 bis 14, die Mahlperlen aus dem gleichen Material wie das zu zerkleinernde Gut bestehen könnten, handele es sich um autogenes Mahlen. Der Begriff "autogenes Mahlen" sei nicht darauf beschränkt, daß das Mahlgut nur mit sich selber bzw. durch sich selber zerkleinert werde. Zu diesem Punkt verweise sie auf das Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 3 bis 11, und Spalte 7, Zeilen 15 bis 15, woraus sich ergebe, daß beim Streitpatent nicht nur Mahlgut mit Partikeln unterschiedlichen Durchmessers in die Rührwerksmühle eingeführt würden, sondern eine Aufbereitung der Partikel stattfinde, bei der die Partikel größeren Durchmessers ausklassiert würden. Diese groben Partikel könnten als Mahlhilfskörper angesehen werden.
Die Beschwerdeführerin verwies ferner auf D12, in der drei verschiedene Modi zum autogenen Mahlen angegeben würden, nämlich "straight autogenous grinding", "semi- autogeneous grinding" und "pebble/lump mill grinding". Beim "pebble/lump mill grinding" würden durch Klassieren des zu mahlenden Guts "pebbles" gewonnen. Diese "pebbles" würden dem zu mahlenden Gut zugeführt, ebenso wie beim Streitpatent und bei der D10.
Der Begriff "autogenes Mahlen" sei daher so zu verstehen, daß er grundsätzlich ein Mahlen mit artgleichen Mahlhilfskörpern zur Vermeidung von Kontamination des Mahlguts betreffe.
Dagegen hat die Beschwerdegegnerin argumentiert, daß D10 kein autogenes Mahlen offenbare. Ein autogenes Mahlen beinhalte begrifflich, daß das Mahlgut mit sich selber bzw. durch sich selber zerkleinert werde. Es sei nicht der Zweck der Mahlhilfskörper nach D10, zerkleinert zu werden; dagegen seien die Partikel größeren Durchmessers nach Anspruch 1 ein Teil des Mahlguts. Auch wenn in D10 gesagt sei, daß die Mahlhilfskörper aus dem gleichen Material bestünden, hätten sie keine absolut identische Zusammensetzung, weil zur Bildung von Mahlhilfskörpern immer Zuschlagstoffe hinzugefügt werden müßten.
Zum Merkmal des Anspruchs 1, daß "unlösliche Partikel größeren Durchmessers im Vergleich zu Partikeln kleineren Durchmessers im Mahlraum überproportional aufkonzentriert werden", hat die Beschwerdeführerin argumentiert, daß sich nach Spalte 4, Zeilen 32 bis 35, der D10 "ein vorgegebener Mahlperlenüberschuß sich in der radialen ringförmigen Kammer am oberen Ende des Mahlspalts (...) sammelt (...)", was ebenfalls bedeute, daß sich die durchmessergrößeren Mahlperlen in dem Mahlraum konzentrierten.
Die Beschwerdegegnerin führte aus, daß die Mahlperlen nicht ein Teil des Behandlungsgutes seien und daher das Verhältnis grober Partikel nicht offenbart sei.
Zur erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 verwies die Beschwerdeführerin auf D11, Bilder 9 und 10, welche horizontale Rührwerksmühlen bzw. eine vertikale Ringspaltmühle darstellten. Auf Seite 166, rechte Spalte sei ausgeführt, daß die vertikale Ringspaltmühle nach Bild 10 eine von den in Bild 9 gezeigten zylindrischen Mühlen abweichende Konstruktion sei, die sich zum Feinmahlen von Hartstoff eigne. Der Fachmann wisse somit, daß entweder eine horizontale oder eine vertikale Mühle eingesetzt werden könnte und es sei daher nicht erfinderisch, eine horizontale Anordnung zu wählen. Da darin kein Vorteil erkennbar sei, werde auch keine Aufgabe gelöst.
Die Beschwerdegegnerin macht geltend, daß horizontale und vertikale Mühlen nicht austauschbar seien. Die Ringspaltmühle nach D11, Bild 10 sei eine von den in Bild 9 dargestellten Rührwerksmühlen völlig verschiedene Art. Die Behauptung, sie seien äquivalent, könne nur mit nachträglicher Einsicht gemacht werden.
Zum Anspruch 7 hat die Beschwerdeführerin argumentiert, daß D4 alle Merkmale, insbesondere die Anordnung von Zulaufstutzen und Auslaß, offenbare. Figur 8 der D4 zeige Zulaufstutzen (3) und ein Auslaßrohr (21). Das Auslaßrohr (21) rage zwar in den Mahlraum hinein; dies sei aber beim Auslaßrohr (25) in Figur 1 des Streitpatents auch der Fall. Nach den in Figuren 2 bis 4 des Streitpatents gezeigten Ausführungsformen sei die Auslaßöffnung in der Welle (18) vom Ende des Mahlraums (15) beabstandet. Da sowohl der Auslaß beim Streitpatent als auch der Auslaß in Figur 8 der D4 vom Ende des Mahlraums entfernt angeordnet seien, sei das Merkmal, daß der Auslaß für behandeltes Behandlungsgut am anderen Ende des Mahlraums angeordnet sei, ebenfalls in D4 offenbart.
Die Beschwerdegegnerin war der Meinung, daß das in D4, Figur 8 dargestellte Auslaßrohr (21) bezüglich der drei Einlaßöffnungen (3) nicht am anderen Ende des Mahlraums angeordnet sei. Die Vorrichtung nach D4 weise eine radiale Durchströmung des Behandlungsgutes auf. Demgegenüber habe die Vorrichtung nach Anspruch 7 eine axiale Durchströmung mit einer daraus folgenden gleichmäßigen Mahlung über die volle Länge des Mahlraums.
V. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in verändertem Umfang aufgrund folgender, in der mündlichen Verhandlung eingereichter Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche: 1 bis 18;
Beschreibung: Spalte 1 bis 9 und Einschub in Spalte 2 zwischen Absätze [0004] und [0005];
Zeichnungen: Figuren 1 bis 5.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anspruch 1 - Das Verfahren
2.1 Neuheit
Anspruch 1 definiert ein Verfahren zum kontinuierlichen autogenen Mahlen eines unlösliche Partikel unterschiedlichen Durchmessers enthaltenden Behandlungsguts, wobei unlösliche Partikel größeren Durchmessers im Vergleich zu Partikeln kleineren Durchmessers im Mahlraum überproportional aufkonzentriert werden.
Beim Mahlverfahren nach D10 (siehe Spalte 7, Zeilen 6 bis 14) wird das Behandlungsgut in den Mahlraum eingeführt; danach werden Mahlperlen als Mahlhilfskörper zugegeben. Die Mahlperlen können aus dem gleichen Material wie das zu zerkleinernde Gut bestehen, damit der Abrieb der Mahlperlen das Behandlungsgut nicht verunreinigt.
Da die Mahlperlen aus dem gleichen Material wie das zu zerkleinernde Gut bestehen können, handele es sich nach Auffassung der Beschwerdeführerin beim Verfahren nach D10 um autogenes Mahlen. Nach dem Streitpatent werde das Behandlungsgut klassiert und die groben Partikel würden in den Mahlraum als Mahlhilfskörper eingegeben. Es gebe daher keinen Unterschied zwischen dem Einsatz der Mahlperlen nach D10 und dem Einsatz der klassierten Partikel größeren Durchmessers nach dem Streitpatent.
Für die Kammer liegt jedoch ein Unterschied zwischen diesen Verfahren vor. Das in Anspruch 1 definierte Verfahren verwendet Mahlpartikel aus dem Behandlungsgut selbst, während beim Verfahren nach D10 Fremdpartikel (Mahlperlen) verwendet werden. Zu diesem Punkt sind die Lehren aus D12 und D11 relevant.
D12 beschreibt den Begriff "autogenes Mahlen" im ersten Absatz der Seite 45 wie folgt:
"Autogenous grinding is a term whose meaning isn't internationally agreed upon. Here I use it in a wide meaning, including all a grinding processes where the ore/rock to be ground performs an appreciable part of the comminution by acting as grinding media in the mill".
D11 (Absatz 3.2) erklärt wie folgt:
"... Häufig werden artgleiche Mahlkörper mit möglichst ähnlicher Zusammensetzung wie das zu vermahlende Produkt eingesetzt. In einigen Fällen wird eine Art Autogenmahlung unter Verwendung von groben Körnungen im Bereich 1...2 mm des Mahlgutes selbst als Mahlkörper eingesetzt. Hierbei ist es wichtig, daß die unregelmäßig geformten Mahlkörper zunächst durch geeignete Betriebsbedingungen konditioniert werden,...."
Aus beiden Druckschriften ergibt sich eindeutig, daß zwei Varianten existieren, eine erste mit dem Mahlgut zugegebenen Mahlkörpern mit möglichst ähnlicher Zusammensetzung wie das Mahlgut und eine zweite Variante, bei der ein Teil des Mahlgutes selbst als Mahlkörper verwendet wird. D10 beschreibt die erste und Anspruch 1 die zweite Variante.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 definiert ferner einen waagerecht angeordneten Mahlbehälter in einer Mühle mit horizontaler Achse, während der Mahlvorgang nach D10 in einer Ringspalt-Kugelmühle mit senkrechter Achse stattfindet. Das Verfahren nach Anspruch 1 wird somit im Unterschied zur D10 in einer horizontal angeordneten Mühle durchgeführt, was als weiteres Unterschiedsmerkmal anzusehen ist.
2.2 Erfinderische Tätigkeit
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich somit von D10 durch die zwei obengenannten Merkmale, nämlich a) die Verwendung von Partikeln aus dem Behandlungsgut anstelle von zugegebenen Mahlperlen als Mahlhilfskörper; b) die Waagerechtanordnung der Mühle.
Dem Streitpatent (siehe die Beschreibung, Spalte 2, Absatz [0005]) liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu schaffen, das ein kontinuierliches autogenes Mahlen von Behandlungsgut in besonders einfacher Weise auch bei hohen Durchsätzen ohne Betriebsstörungen ermöglicht.
Wie oben erläutert, beschreiben D12 und D11 zwei Ausführungen von autogenem Mahlen. Insbesondere beschreibt die D11, Seite 165, Absatz 3.2 den Einsatz von Fremdmahlkörpern und alternativ den Einsatz von Partikeln aus dem Mahlgut selbst als Mahlkörper. Da die zweite Möglichkeit die Herstellung von Fremdmahlkörpern vermeidet und damit offensichtlich das Verfahren vereinfacht, kann die Wahl dieser Option im Hinblick auf die gestellte Aufgabe nicht als erfinderisch angesehen werden.
Im Bezug auf Merkmal b) ist zu prüfen, ob es naheliegend ist, die in D10 beschriebene Mühle horizontal zu betreiben, um die oben genannten Aufgabe zu lösen.
D10 betrifft ein Verfahren mit einer Ringspalt- Kugelmühle, die einen senkrechten Rotor (13) aufweist. Der Mahlspalt (20) befindet sich zwischen der Außenfläche des Rotors (13) und der Innenfläche des Mahlbehälters. Das Mahlgut wird durch die untere Speiseöffnung (21) in den Mahlspalt (20) eingeführt und bewegt sich ganz langsam nach oben; es ergibt sich somit ein enges Kornspektrum des Mahlgutes. Die groben, schweren Mahlperlen vermahlen unten im Mahlspalt die groben Teile des Mahlguts und die feinen leichteren Mahlperlen vermahlen oben im Mahlspalt die feineren Teile, weil die Zentrifugalkraft und damit der Auftrieb der leichteren Partikel nach oben zunimmt (siehe D10, Spalte 4, Zeilen 54 bis 64). Mahlperlen, die sich nach oben bewegen, sammeln sich in der radialen ringförmigen Kammer (24) und bilden dort eine schwimmende Sperrschicht, die die aktiven Mahlperlen im Mahlspalt zurückhält. Das gemahlene Behandlungsgut im Auslaufspalt (23) enthält praktisch keine Mahlperlen, die durch die Schwerkraft bzw. Zentrifugalkraft in der radialen ringförmigen Kammer (24) zurückgehalten werden (D10, Spalte 4, Zeilen 40 bis 50).
Die obengenannten Bewegungen der Partikel und Mahlperlen im Mahlspalt hängen somit vom Zusammenwirken von Schwerkraft und Zentrifugalkraft ab. Da eine horizontale Lage der Mühle ein derartiges Zusammenwirken ausschließt, würde der Fachmann erkennen, daß die Mühle dann nicht in dieser Weise funktionieren kann.
Ausgehend von D10 ist es daher für den Fachmann nicht naheliegend, den Mahlbehälter mit einer horizontalen Achse waagerecht anzuordnen, um kontinuierliches autogenes Mahlen in besonders einfacher Weise auch mit hohen Durchsätzen ohne Betriebsstörungen zu ermöglichen, wenngleich eine horizontale Anordnung an sich beispielsweise aus der D4 bekannt ist. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht somit hinsichtlich D10 auf einer erfinderischen Tätigkeit und wird auch durch den sonst vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt.
3. Anspruch 7 - Die Vorrichtung
3.1 Anspruch 7 definiert eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, die einen waagerecht angeordneten Mahlbehälter mit mindestens einem - bezogen auf die Achse - an einem Ende des Mahlraums in den Mahlraum mündenden Zulaufstutzen für Behandlungsgut und mit mindestens einem am anderen Ende des Mahlraums angeordneten Auslaß für behandeltes Behandlungsgut aufweist.
Da die Vorrichtung eine waagerecht angeordnete Mühle betrifft, ist sie aus den oben erwähnten Gründen hinsichtlich D10 neu und erfinderisch.
Die Beschwerdeführerin hat erstmalig in der mündlichen Verhandlung mangelnde Neuheit der Vorrichtung nach Anspruch 7 gegenüber der Druckschrift D4 geltend gemacht. Die Kammer hat diese Druckschrift zum Verfahren zugelassen, da sie sehr relevant erschien, während des Einspruchsverfahren berücksichtigt wurde und von der Beschwerdegegnerin keine Einwände erhoben wurden.
Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, daß das in D4, Figur 8 dargestellte Auslaßrohr zwar in den Mahlraum hineinrage, in den Figuren des Streitpatents aber ebenfalls alle Auslaßöffnungen vom Ende des Mahlraum beabstandet seien, so daß das Merkmal "mit mindestens einem - bezogen auf die Achse - an einem Ende des Mahlraums in den Mahlraum mündenden Zulaufstutzen für Behandlungsgut und mit mindestens einem am anderen Ende des Mahlraums angeordneten Auslaß für behandeltes Behandlungsgut" in Anspruch 7 des Streitpatents, wie es vom Fachmann im Hinblick auf die Gesamtoffenbarung des Streitpatents verstanden werde, ebenfalls aus der D4 entnehmbar sei.
Nach Auffassung der Kammer ist der von der Beschwerdeführerin angesprochene Abstand des Auslasses vom Boden gegenüber dem axialen Abstand von Zulaßstutzen und Auslaß so gering, daß bei allen Ausführungsformen im Vergleich zum Zulaufstutzen der Auslaß am anderen Ende des Mahlraums angeordnet ist (auch wenn wie bei Figuren 2 bis 4 des Streitpatents die Auslaßöffnung selbst in der Welle ist). Das Behandlungsgut fließt daher in einer im wesentlichen axialen Richtung vom Zulaufstutzen zur Auslaßöffnung.
D4, Figur 8 weist drei Zulaufstutzen (3) entlang des Mahlbehälters (1) auf. Das Auslaßrohr (21) erstreckt sich vom linken Ende bis über die Mitte in den Mahlraum hinein; dieser Betrag ist erheblich größer als der entsprechende Abstand in Figuren 1 bis 4 des Streitpatents. Dies bedeutet, daß bei D4 eine im wesentlichen radiale Durchströmung des Behandlungsgutes durch den Mahlraum stattfindet mit einem geringeren Mahleffekt als bei der Vorrichtung nach Anspruch 7. Um trotzdem dieselbe Mahlwirkung zu erreichen, fließt das Behandlungsgut nach Figur 8 in einem geschlossenen Kreis und wird mehrmals durch den Mahlraum geführt.
Die Anordnung der Ein- und Auslaßöffnung in Anspruch 7 nutzt dagegen die volle Länge des Mahlraums zur Erzielung einer gleichmäßigen Mahlung, wodurch auf den Kreislauf verzichtet werden kann.
Um zur beanspruchten Vorrichtung zu gelangen, müßte ausgehend von D4, Figur 8 der Zulauf auf den rechten Zulaufstutzen beschränkt, das Auslaßrohr wesentlich verkürzt, der Mahlraum verlängert und der Kreislauf entfernt werden. Da diese Maßnahmen die Funktionsweise der Vorrichtung nach der D4 völlig verändern würden, indem von einer für radiale Durchströmung angelegten Mühle auf eine axiale Durchströmung übergegangen wird, können sie nicht als naheliegend angesehen werden.
Die Vorrichtung nach Anspruch 7 ist somit neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in verändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 18;
- Beschreibung Spalten 1 bis 9, Einschub in Spalte 2;
- Figuren 1 bis 5
sämtliche Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung.