T 0229/03 () of 30.5.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T022903.20060530
Datum der Entscheidung: 30 Mai 2006
Aktenzeichen: T 0229/03
Anmeldenummer: 94927636.4
IPC-Klasse: F16B 19/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Selbststanzende Befestigungsvorrichtung
Name des Anmelders: AUDI AG
Name des Einsprechenden: Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd.
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 R 20
European Patent Convention 1973 R 61
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/88
T 0870/92
T 0670/95
T 1137/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0006/05
T 0426/06
T 1032/10
T 2357/12

Sachverhalt und Anträge

I. Die Bekanntmachung des Hinweises auf Erteilung des Patents EP-B-0720695 fand am 2. Dezember 1998 im Europäischen Patentblatt 1998/49 statt.

II. Die Firma Aylesbury Automation Limited, nachstehend die Einsprechende, hat am 1. September 1999 gegen das Patent EP-B-0720695 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 3 zu widerrufen.

In ihrer Entscheidung vom 13. November 2002, zur Post gegeben am 11. Dezember 2002, hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß Hilfsantrag das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

III. Gegen diese Entscheidung wurde am 4. Februar 2003 von der Firma Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd., nachstehend die Beschwerdeführerin, Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig wurde in der Beschwerdeschrift darauf hingewiesen, dass gemäß einer Kauf- und Verkaufsvereinbarung vom 26. August 1999, das Geschäft der Aylesbury Automation Limited von der Firma Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd. erworben wurde.

IV. Über Aufforderung durch die Kammer wurde am 4. April 2003 eine vollständige Kopie der Kauf- und Verkaufsvereinbarung vom 26. August 1999 eingereicht, der zu entnehmen ist, dass einzelne Geschäftsbereiche (Certain of the business and assets of Aylesbury Automation Limited) von der Firma Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd. gekauft worden waren.

V. In einem Schreiben vom 27. Juni 2003 vertrat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) die Auffassung, gestützt auf die Entscheidung T 0870/92, dass ein Wechsel in der Parteistellung erst erfolgen könne, nachdem der Nachweis des Rechtsüberganges erbracht worden sei. Die Beschwerdeführerin sei am Tag des Einlegens der Beschwerde nicht dazu berechtigt gewesen, eine Beschwerde einzulegen. Diese hätte vielmehr von der Aylesbury Automation Limited eingelegt werden müssen.

VI. In einem Schreiben vom 20. August 2003 vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die in der Akte befindlichen Unterlagen ausführlich bewiesen, dass vor dem Einlegen der Beschwerde die Beschwerdeführerin die Rechtsperson war, die die mit dem gegen das Streitpatent eingelegten Einspruch zusammenhängenden Rechte besessen habe, so dass die Beschwerde rechtsmäßig eingelegt worden sei und nicht, wie von der Beschwerdegegnerin beantragt, aus formellen Gründen zurückgewiesen werden solle.

VII. In einer Mitteilung vom 29. Juli 2005 vertrat die Kammer die Auffassung, dass die Beschwerde unzulässig sei. In einer Erwiderung vom 10. Oktober 2005 hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen, zu den Ausführungen der Kammer aber nicht Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde wurde von der Firma Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd. eingelegt. Es ist zu prüfen, ob sie durch einen der Beschwerdekammer entsprechend nachgewiesenen Rechtsübergang in die Stelle der ursprünglichen Einsprechenden getreten ist und somit das Recht hatte, die Beschwerde einzureichen.

2. Aus der eingereichten Kauf- und Verkaufsvereinbarung geht hervor, dass diese Vereinbarung nur einige Bereiche der Einsprechenden betrifft, die in den Besitz der Beschwerdeführerin übergehen sollen. Dazu gehört auch der Bereich, der sich mit Befestigungsmitteln beschäftigt.

Das Patent der Beschwerdegegnerin, auf welches sich diese Beschwerde bezieht, betrifft ebenfalls ein Befestigungsmittel, nämlich ein Niet, so dass davon ausgegangen werden kann, dass der Einspruch, der von der Einsprechenden eingelegt wurde, in Zusammenhang mit demjenigen Bereich des Geschäftbetriebes steht, der gemäß oben erwähnter Vereinbarung verkauft wurde.

Der vorliegende Fall betrifft daher eine Teilübernahme einer Firma. Die Übertragung der Einsprechendenstellung in einem solchen Fall ist grundsätzlich möglich (siehe die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 0004/88 ABl. 1989, 480).

3. Aus der Rechtsprechung der Beschwerdekammern geht jedoch eindeutig hervor, dass zunächst die Rechtsnachfolge dem Europäischen Patentamt nachgewiesen werden muss, bevor ein Parteienwechsel im Verfahren stattfinden kann (siehe insb. T 0870/92, T 0670/95, T 1137/97, alle nicht veröffentlicht).

Parteistellung als Einsprechender und im Beschwerdeverfahren erlangt daher der neue Rechtsnachfolger erst und nur dann, wenn er einen den Übergang der Einsprechendenstellung rechtfertigenden Rechtsübergang nachweist. Bis dahin wird das Verfahren mit dem ursprünglichen Einsprechenden geführt.

4. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde bereits von der Firma Textron Fastening Systems (Aylesbury Automation) Ltd. eingelegt. Maßgebliche Beweismittel lagen der Kammer jedoch erst nach Ablauf aller für die Einreichung einer Beschwerde und deren Begründung maßgeblichen Fristen vor.

Zum Zeitpunkt des Einreichens der Beschwerdeschrift hatte dementsprechend die Beschwerdeführerin die Einsprechendenstellung noch nicht erlangt, und konnte somit auch nicht als Partei im Einspruchsverfahren betrachtet werden. Mangels Parteistellung kann die Beschwerdeführerin daher auch nicht als beschwert erachtet werden. Somit stand ihr kein Beschwerderecht nach Art. 107 EPÜ zu. Dieses verblieb weiterhin bei der seinerzeitigen Einsprechenden, der rechtmäßigen Partei vor dem EPA. Nur dieser stand der Beschwerdeweg offen.

5. Das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, wonach sie schon vor dem Einlegen der Beschwerdeschrift alle mit dem gegen das Streitpatent eingelegten Einspruch zusammenhängenden Rechte besessen habe, so dass die Beschwerde rechtsmäßig eingelegt worden sei, kann die Beschwerdekammer im Lichte der ständigen Rechtsprechung nicht gelten lassen.

Wie bereits ausgeführt, wird in Verfahren vor dem Europäischen Patentamt eine Partei erst dann durch eine andere ersetzt, wenn der Rechtsübergang bewiesen wurde. Erst dann wird der Rechtsübergang dem Europäischen Amt gegenüber wirksam. Dies geht für einen Rechtsübergang der europäischen Patentanmeldung oder dem europäischen Patent eindeutig aus den Regeln 20 und 61 EPÜ hervor. Was im Prüfungs- und Einspruchsverfahren für die Anmeldungs- und Patentübertragung gilt, hat die Rechtsprechung auch auf den Fall der Einspruchsübertragung ausgedehnt.

Somit führt das Europäische Patentamt das Verfahren mit dem ursprünglichen Einsprechenden weiter, und der ursprüngliche Einsprechende bleibt dem Verfahren verpflichtet bis der Nachweis des Rechtsübergangs erbracht wurde. Erst dann kann der neue Rechtsinhaber auch in allen formellen und materiellen Rechte gegenüber dem Europäischen Patentamt eintreten.

Die bloße Erklärung der Beschwerdeführerin, sie sei Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden, ist ohne den Vortrag und Nachweis aller Tatsachen, die eine Rechtsnachfolge im oben dargelegten Sinn begründen könnten, nicht ausreichend, um den Übergang der Einsprechendenstellung und damit der Stellung als Partei im Beschwerdeverfahren zu rechtfertigen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

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