European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T014503.20051108 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 November 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0145/03 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96911986.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16K 37/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Überwachung und zum Betrieb von insbesondere motorgetriebenen Armaturen | ||||||||
Name des Anmelders: | Institut für Sicherheitstechnologie (ISTEC) GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Framatome ANP GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die am 15. November 2002 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent wegen mangelnder Ausführbarkeit zu widerrufen, hat die Patentinhaberin (Institut für Sicherheitstechnologie GmbH) am 15. Januar 2003 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr bezahlt. Am 25. März 2003 hat sie die Beschwerdebegründung eingereicht.
II. Mit Ladung vom 15. Juni 2005 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen, die am 8. November 2005 stattfand.
III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs.
IV. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Überwachung der betriebssicheren Arbeitsweise und zur vorbeugenden Instandhaltung bzw. Schadensverhütung von Armaturen mit Stellantrieben, insbesondere motorgetriebenen Armaturen, wobei die Armaturen, unter Verwendung von Armaturen-Meßdaten bzw. durch spezifische Meßwertaufnehmerermittlungssignale in funktionseingebundenem eingebauten Zustand überwacht werden,
dadurch gekennzeichnet, dass
a) in einer Kalibriermessung auf dem Prüfstand oder im eingebauten Zustand die analytische Abhängigkeit des Antriebssignals, insbesondere der Motorwirkleistung, von dem erforderlichen Drehmoment für die Armaturenspindel bzw. von der Spindelkraft mit Hilfe der Regressionsanalyse bestimmt wird,
b) in Diagnosemessungen im funktionseingebundenem eingebauten Zustand der Armatur Diagnoseparameter oder Merkmale für die Komponente Armatur und die Komponente Stellantrieb separat mit Hilfe der Analyse des Antriebssignals, insbesondere der Motorwirkleistung, und in Verbindung zusätzlicher Meßgrößen wie der Spindelkraft oder der der Spindelkraft proportionalen Kraft am Gehäusedeckel bzw. Gehäuseflansch zwischen Armatur und Stellantrieb sowie des abgeleiteten Drehmomentes auf der Basis statistischer Verfahren ermittelt und z. B. in einer Datenbank abgespeichert werden,
c) Änderungen der definierten Diagnoseparameter bezüglich des Arbeitsbereiches für die Auf- und Zu- Fahrtrichtung der Armatur in Zeitabständen gemessen werden und mit einer Referenzmessung bei gleichen Prüfbedingungen verglichen und separat für Armatur und Stellantrieb als Trend dargestellt werden und
d) Änderungen in bestimmten Parameterzuordnungen oder Merkmalsvektoren für die Diagnose von Armaturen mit Stellantrieb, insbesondere motorgetriebener Armaturen, mit Hilfe von entwickelten Identifikationsverfahren hinsichtlich der Zustandsveränderungen von Armatur und Stellantrieb separat bewertet werden."
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden.
Die Fachkenntnisse des Durchschnittsfachmanns, insbesondere in Bezug auf die Regressionsanalyse und die Identifikationsverfahren, die durch zahlreiche Dokumente belegt worden seien, erlaubten es ihm zu verstehen, was in Anspruch 1 gemeint sei und es entsprechend auszuführen.
Insbesondere sei Schritt d) in Anspruch 1 so zu verstehen, dass nach Erkennung einer Abweichung in Schritt c) diese Abweichung in Schritt d) dann genauer untersucht werde.
Schritt c) erlaube nämlich nur eine Abweichung im Funktionieren des gesamten Antriebsstranges festzustellen, während Schritt d) hingegen zum Ziel habe, diese Abweichung genauer zu analysieren, um gegebenenfalls herausfinden zu können, welche Stelle des Antriebsstranges für die Abweichung verantwortlich sei.
Unter den in Schritt d) erwähnten entwickelten Identifikationsverfahren seien Verfahren zu verstehen, die es erlauben sollen, die Zuordnung der Zustandsveränderungen genauer zu bestimmen. Diese Verfahren könnten zum Beispiel Regressionsanalysen sein, die für einen engeren Bereich des Antriebsstranges als in Schritt a) und b) vorgenommen würden.
Genauso könnten es aber auch iterative Verfahren sein, bei denen durch iteratives Ändern von Parameterwerten in dem physikalischen Modell des Antriebsstranges versucht werde, eine ähnliche Abweichung wie die, die durch die Regressionsanalyse in den Schritten b) und c) festgestellt worden sei, zu erreichen, so dass dann die Abweichung dem bestimmten Parameter zugeordnet werden könne.
Diese Feststellung und Zuordnungen seien unter Umständen in einer Anlage erst nach Erfahrungsgewinnung möglich.
Durch diese Zuordnung der Abweichung könne eine Diagnose festgestellt werden und somit entschieden werden, ob die Armatur und welches Teil der Armatur instand gesetzt werden müsse.
Die Beschwerdeführerin meinte auch, dass insbesondere die Figur 6 und deren Kurzbeschreibung (Absatz 23 der Patentschrift) dem Fachmann genügend Auskunft geben würden über die "bestimmten" Parameterzuordnungen oder Merkmalsvektoren, die in dem Schritt d) erwähnt sind.
VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Die in Anspruch 1 beanspruchten Schritte seien in der Patentschrift nicht so offenbart, dass sie den Fachmann in die Lage versetzen würden, den beanspruchten Gegenstand auszuführen. Insbesondere werde in Bezug auf Schritt d) in der Patentschrift weder das Identifikationsverfahren noch die dabei verwendeten Parameterzuordnungen oder Merkmalsvektoren offenbart. Die alleinige Angabe in dem Anspruch, dass solche Identifikationsverfahren zum Einsatz kommen sollen, sei keine ausreichende Offenbarung.
Eine Offenbarung über die Art und Weise der Einbettung dieser Identifikationsverfahren in das Gesamtverfahren und derer Ein- und Ausgangsparameter fehle außerdem völlig.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 und der Regeln 1 und 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. In der Beschreibung der Patentschrift ist kein einziges vollständiges Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben worden, so dass der fachkundige Leser allein aus dem Anspruchswortlaut, der allgemein formulierten Beschreibung, den Figuren und seinem Fachwissen in der Lage sein muss, die beanspruchte Erfindung zu erkennen und auszuführen, damit die Erfordernisse des Artikel 83 EPÜ erfüllt sind.
3. In Bezug auf Schritt d) erklärte die Beschwerdeführerin, dass nach Erkennung einer Abweichung in Schritt c), diese Abweichung in Schritt d) genauer untersucht werde, um gegebenenfalls herausfinden zu können, welche Stelle des Antriebsstranges für die Abweichung verantwortlich sei.
Unter den in Schritt d) erwähnten entwickelten Identifikationsverfahren seien Verfahren zu verstehen, die es erlauben sollen, die Zuordnung der Zustandsveränderungen genauer zu bestimmen. Es könnten feinere Regressionsanalysen, aber auch iterative Verfahren sein, bei denen durch iteratives Ändern von Parameterwerten in dem physikalischen Modell des Antriebsstranges versucht werde, eine ähnliche Abweichung wie die, die durch die Regressionsanalyse in den Schritten b) und c) festgestellt worden sei, zu erreichen, so dass dann die Abweichung dem bestimmten Parameter zugeordnet werden könne.
Durch diese Zuordnung der Abweichung könne dann eine Diagnose herausgearbeitet werden und somit entschieden werden, ob die Armatur und welches Teil der Armatur instand gesetzt werden müsse.
Diese Feststellung und Zuordnungen seien unter Umständen in einer Anlage erst nach Erfahrungsgewinnung möglich.
4. Die Kammer kann zwar akzeptieren, dass diese Vorgehensweise auf den Wortlaut des Schritts d) des Anspruchs 1 gelesen werden kann, sie muss aber feststellen, dass diese Vorgehensweise weder in der Patentschrift beschrieben worden ist, noch die einzige ist, die sich auf den Wortlaut des Schritts d) lesen lässt.
Der Wortlaut des Schritts d), dass "Änderungen in bestimmten Parameterzuordnungen oder Merkmalsvektoren für die Diagnose von Armaturen mit Stellantrieb, insbesondere motorgetriebener Armaturen, mit Hilfe von entwickelten Identifikationsverfahren hinsichtlich der Zustandsveränderungen von Armatur und Stellantrieb separat bewertet werden", scheint vielmehr auf eine Weiterverarbeitung der Diagnoseparameter oder Merkmalsvektoren, die in Schritt b) ermittelt worden sind, hinzudeuten.
Dieser Wortlaut legt die Deutung nahe, dass bestimmte von den in Schritt a) oder b) ermittelten Diagnoseparametern oder Merkmalsvektoren in Schritt d) irgendwie weiterverarbeitet werden, um eine Zustandsveränderung irgendwie bewerten zu können.
Darüberhinaus legt der Wortlaut von Schritt d) auch nicht fest, welche Merkmalsvektoren mit dem Ausdruck "bestimmten Merkmalsvektoren" gemeint sein sollen. Es wird vielmehr dem Fachmann völlig überlassen herauszufinden, welche Merkmalsvektoren eigentlich gemeint sein könnten.
Auch die unterschiedliche Wortwahl "Diagnoseparameter" in Schritt c) und "Parameterzuordnungen" in Schritt d), bei gleichzeitiger Benutzung des Begriffs "Merkmale" bzw. "Merkmalsvektoren", sowohl in Schritt b) als auch in Schritt d), führt den Fachmann irre, da völlig offen bleibt, ob nun unterschiedliche oder doch dieselben Elemente gemeint sein sollen.
Selbst wenn der Fachmann Kenntnisse über die Regressionsanalyse und Identifikationsverfahren besitzt, was im Übrigen nicht in Zweifel gezogen wird, bedeutet dies nicht, dass er im konkreten Fall aus dem Wortlaut des Schritts d) erkennen kann, was die Patentinhaberin eigentlich ausdrücken wollte, und dass es dem Fachmann dementsprechend auch möglich ist, dies auszuführen.
Hinzu kommt, dass die Erläuterungen, die die Beschwerdeführerin gegeben hat, sich auf motorgetriebene Armaturen, und nicht auf andersartige Armaturen mit Stellantrieb bezogen, so dass es auch hier dem Fachmann überlassen wird, herauszufinden, wie er Schritt d) bei anders gearteten Armaturen mit Stellantrieb auszulegen und auszuführen hat.
Die Beschwerdeführerin meinte weiterhin, dass die Figur 6 und deren Kurzbeschreibung (Absatz 23 der Patentschrift) dem Fachmann genügend Auskunft geben würden über die "bestimmten" Parameterzuordnungen oder Merkmalsvektoren, die in dem Schritt d) erwähnt sind.
Die Kammer kann dem nicht zustimmen. In dem Absatz 23 der Beschreibung, außer der Bezugszeichenliste der einzige Absatz, in dem die Figur 6 beschrieben wird, heißt es: "Figur 6 zeigt die bei der automatischen Auswertung des Wirkleistungssignals separaten Bereichen im Zeitverlauf für die Bestimmung der Diagnoseparameter (Merkmalsvektoren) in schematischer Darstellung."
Für den Fachmann könnte das Erwähnen von Diagnoseparametern und Merkmalsvektoren in diesem kurzen Absatz sowohl im Zusammenhang mit Schritt b) als auch mit Schritt d) verstanden werden.
Nichts in diesem Absatz verweist auf Änderungen in bestimmten Merkmalsvektoren, die dann mit Hilfe von entwickelten Identifikationsverfahren bewertet werden sollen. Im Gegenteil, der Fachmann kann sehr wohl glauben, dass dies die Bereiche sind, in denen die Diagnosemessungen des Schritts b) durchgeführt werden und wird dann völlig im Dunkeln gelassen über deren möglichen Benutzung oder Verwertung im Schritt d).
Auch die Tatsache, dass eine Verknüpfung zwischen den Parameterveränderungen und deren Ursachen möglicherweise erst nach Erfahrungsgewinnung erfolgen kann, ist aus der Patentschrift nicht zu erkennen, so dass auch hier der Fachmann zuerst erkennen muss, dass die in Schritt d) angesprochene Bewertung nicht ein unmittelbares Ergebnis einer Analyse, sondern vielmehr ein Ergebnis aus einem längeren Untersuchungs- und Versuchsverfahren ist.
5. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass schon der Schritt d) für den Fachmann nicht ohne erfinderische Tätigkeit auszuführen ist.
6. Da schon Schritt d) des beanspruchten Verfahrens nach Auffassung der Kammer die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllt, erübrigt sich eine ausführliche Untersuchung der Ausführbarkeit der Schritte a), b) und c).
Die Kammer möchte trotzdem darauf hinweisen, dass sie auch erhebliche Bedenken bezüglich der Ausführbarkeit des Schrittes b) hat, insbesondere wegen der mangelnden Definition der Diagnoseparameter.
Auch hier ist die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Erklärung, wonach die Diagnoseparameter die gleichen Parameter sein sollen wie die, die in dem Schritt a) mittels Regressionsanalyse ermittelt worden sind, zwar eine mögliche Interpretation des Wortlauts, aber nicht die einzige. Und auch hier bleibt es dem Fachmann überlassen, herauszuarbeiten, was eigentlich gemeint sein kann und wie es auszuführen ist.
7. Im vorliegenden Fall stellt das Fehlen eines im Detail beschriebenen Ausführungsbeispiels in der Beschreibung der Patentschrift für den Fachmann eine ungewöhnliche Schwierigkeit dar, da er jegliches Detail einer konkreten Ausführung selber herausarbeiten muss.
Das Erfordernis der deutlichen und vollständigen Offenbarung der Erfindung gemäß Artikel 83 EPÜ betrifft ein grundlegendes Erfordernis des Patentsystems, das auch seinen Ausdruck in der Regel 27 EPÜ der Ausführungsordnung findet, und dessen Zweck es ist zu gewährleisten, dass die Erfindung so offenbart wird, dass sie für die Fachwelt eine Bereicherung des Wissensstandes darstellt, entsprechend dem Grundgedanken des Patentsystems.
Da im vorliegenden Fall dieser in Artikel 83 EPÜ ausgedrückten Offenbarungspflicht nicht nachgekommen wurde, kann auch das damit verbundene Eigentums- und Verbotsrecht in Form eines Patents nicht gewährt werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.